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Logbuch MSM116

MARIA S. MERIAN mit Kurs auf den Rio Grande-Rücken

Das deutsche Forschungsschiff MARIA S. MERIAN wird am 3. April 2023 aus Montevideo, Uruguay, in See stechen, und beginnt die Expedition MSM116. Ziel der MARUM-Expedition ist der Rio Grande-Rücken, eine unterseeische Erhebung zwischen Südamerika und Afrika im Südatlantik. Zusammen mit der Besatzung der MARIA S. MERIAN werden der Fahrtleiter Heiko Pälike vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und 21 weitere Forschende des MARUM, der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität São Paulo und der Universität Federal Fluminense, Niterói, Brasilien, Forschungen zur Klimageschichte und Ozeanzirkulation durchführen.

Forschungsziel ist es, zwei kontinuierliche Sedimentsequenzen, als erdgeschichtliches Geschichtsbuch, aus dem zentralen Rio Grande Rücken zu erhalten. Diese erlauben eine Rekonstruktion der klimatischen Entwicklung der Erdgeschichte, zurück bis zu einer erdgeschichtlichen Epoche, dem Miozän (vor ca. 5-23 Millionen Jahren), deren Umweltbedingungen einem zukünftigen wärmeren Erdklima entsprechen. Die Analyse von sehr gut erhaltenen Ablagerungen von kalkhaltigen Mikrofossilien aus diesen Proben wird dann die Untersuchung von Oberflächen und Bodenwassertemperaturen, Veränderungen in der Zusammensetzung der Fauna und Komponenten des Kohlenstoffkreislaufes erlauben.

Logo der Expedition MSM116

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind mit dem Forschungsschiff MARIA S. MERIAN unterwegs. Foto: Reederei Briese/Emmerich Reize
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind mit dem Forschungsschiff MARIA S. MERIAN unterwegs. Foto: Reederei Briese/Emmerich Reize
Das MARUM Mebo-200 kommt während der Expedition zum Einsatz. Foto: MARUM; V. Diekamp
Das MARUM Mebo-200 kommt während der Expedition zum Einsatz. Foto: MARUM; V. Diekamp
Geplante Fahrtrouten und generelles Arbeitsgebiet der MERIAN Expedition MSM116 von Montevideo nach Recife. Das Hauptarbeitsgebiet von MSM116 ist auf dem Rio Grande Rise in der Nähe von der DSDP Bohrung 516 (+ Symbol).
Geplante Fahrtrouten und generelles Arbeitsgebiet der MERIAN Expedition MSM116 von Montevideo nach Recife. Das Hauptarbeitsgebiet von MSM116 ist auf dem Rio Grande Rise in der Nähe von der DSDP Bohrung 516 (+-Symbol).

Während der fünf Wochen andauernden Ausfahrt wird dafür das Meeresbodenbohrgerät MARUM-MeBo 200 eingesetzt. So kann das Team tief genug in die Sedimentablagerungen auf dem Rio Grande-Rücken eindringen, um die entsprechenden Zeitintervalle in Sedimentkernen zu bergen. Daneben werden Wasserproben sowie Informationen über den Wärmefluss im Untergrund gesammelt.

Die Fahrt ist Teil des Forschungsprogramms im Exzellenzcluster der Universität Bremen „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“, der am MARUM angesiedelt ist.

 

Das Team der Expedition MSM116 wird über die Fahrt und den Alltag an Bord in einem Expeditionslogbuch berichten:

Dienstag, 28.03.2023; "Abreise des MeBo Teams"

Bremen. 

Heute ist trotz landesweiten Streikaktionen gestern unser MARUM-MeBo Vorab-Team erfolgreich in Richtung Südamerika abgereist. Das Team will rechtzeitig vor Eintreffen der MARIA S. MERIAN im Hafen von Montevideo am 30. März 2023 bereitstehen, um die aufwendige Installation des MeBo-Systems, verschifft in acht Containern, durchzuführen. Forschungsfahrten brauchen oft einen langen Planungs- und Logistikvorlauf, um alle wissenschaftlichen Instrumente, Labormaterialien, Schutzkleidung etc. zum Schiff zu transportieren. So haben wir schon Anfang des Jahres in Bremen unsere Kisten verpackt, die dann ab Mitte Februar auf Containerschiffen die lange Reise von Hamburg über Tangier und Santos nach Montevideo zurückgelegt haben, und dort dann vier Wochen später eintrafen. Wir konnten unsere Containerschiffe auf der Weltkarte verfolgen, und es ist wirklich beindruckend, wie viele Schiffe täglich auf den Weltmeeren unterwegs sind. Die MARIA S. MERIAN hat heute schon den größten Teil der Rückreise von Expedition MSM115 von der Elefanteninsel, etwa 250 Kilometer von der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel, zurückgelegt.

 

Abbildung von der einer frei zugänglichen Webseite des globalen Schiffsverkehrs am 28.3.2023. Die Position der MARIA S. MERIAN heute auf dem Weg nach Montevideo ist mit einem roten Kreis umrahmt.
Abbildung von der einer frei zugänglichen Webseite des globalen Schiffsverkehrs am 28.3.2023. Die Position der MARIA S. MERIAN heute auf dem Weg nach Montevideo ist mit einem roten Kreis umrahmt.

Mittwoch, 29.03.2023; "Rendezvous mit dem Team der DUST 2023-Expedition im Flughafen Bremen"

Bremen. 

Heute reist das Fahrtleiterteam von Bremen nach Montevideo. Schon der erste Flug verspätet sich etwas, da das ankommende Flugzeug ausgetauscht werden musste. Dies hat allerdings die kuriose Konsequenz, dass wir noch am Abfluggate das wissenschaftliche Team aus Bremen treffen und begrüßen können, die gerade von Ihrer Reise DUST 2023 mit dem niederländischen Forschungsschiff RV Pelagia zurückkehren, was für ein Zufall! Nach einem kurzen Austausch freut sich das heimkehrende Team, nach knapp einem Monat wieder nach Hause zu reisen, und wir uns, endlich loszulegen. Das MeBo-Team ist schon in Montevideo angekommen.

Donnerstag, 30.03.2023; "Ankunft in Montevideo"

Montevideo. 

Nach langer etwa 20-stündiger Reise sind wir gut in Montevideo angekommen und werden vom Agenten zu unserer Unterkunft gebracht. Mit im Handgepäck sind einige kleinere wissenschaftliche Instrumente, die entweder erst gerade von einer anderen Expedition zurückkamen oder die nicht im Container transportiert werden können.

Heute trifft endlich die MARIA S. MERIAN im Hafen von Montevideo um 8 Uhr Ortszeit (fünf Stunden Zeitunterschied zu Bremen) ein. Das MeBo-Team ist freudig überrascht, dass alle insgesamt zehn Container schon am Hafenrand bereitstehen, und die weitere Arbeit beim Beladens des Schiffes losgehen kann.
Mittlerweile sind auch die restlichen Wissenschaftler:innen aus Bremen, Frankfurt am Main und aus Brasilien nach Montevideo abgereist, um dann morgen einzutreffen. Wir haben noch etwas Zeit, einige Sehenswürdigkeiten in der alten Hafenstadt zu besuchen.

Abbildung vom Flugzeugmonitor: Das ungefähre Ziel unserer Reise ist schon sichtbar: Sedimente auf dem Rio Grande Rücken, einer Erhebung im Südatlantik.
Abbildung vom Flugzeugmonitor: Das ungefähre Ziel unserer Reise ist schon sichtbar: Sedimente auf dem Rio Grande Rücken, einer Erhebung im Südatlantik.
Punta Carretas Leuchtturm an der Südspitze von Montevideo. Fotos: H. Pälike
Punta Carretas Leuchtturm an der Südspitze von Montevideo (Fotos: H. Pälike)
Punta Carretas Leuchtturm an der Südspitze von Montevideo. Fotos: H. Pälike

Freitag, 31.03.2023; "Das Team ist vollständig, der Wind frischt auf"

Schaumkronen in Montevideo. Das Wasser ist durch Sedimenteintrag aus dem Rio de la Plata getrübt.. Foto: H. Pälike
Schaumkronen in Montevideo. Das Wasser ist durch Sedimenteintrag aus dem Rio de la Plata getrübt.. Foto: H. Pälike

Montevideo. 

Das wissenschaftliche Team ist jetzt vollständig eingetroffen, und die Reise hat bei allen gut geklappt. Die neu angereisten können sich noch etwas erholen, und das MeBo-Team hat schon erfolgreich den Schlitten getestet, der MARUM-MeBo zu Wasser lässt. Mittlerweile zieht an Montevideo ein stärkerer Sturm vorbei, und die See ist etwas unruhig. Wir verfolgen mit Interesse die Wind- und Wellenvorhersagen für die Route unserer Forschungsreise und unser Arbeitsgebiet. Starker Wellengang und Seekrankheit sind nicht unbekannt, aber meistens schnell vorbei. Schwieriger ist das Aussetzen von Forschungsgeräten bei starkem Seegang. Es sieht aber so aus, als ob der Wind und die Wellen bald schon wieder an uns vorbeiziehen.

Samstag, 01.04.2023; "Auspacken und Aufbauen"

Montevideo. 

Das MeBo-Team hat weiter gute Fortschritte beim Aufbau, Installation und Testen einiger Komponenten des MARUM-MeBo gemacht. Jetzt trifft sich auch die Fahrtleitung mit dem Kapitän der MARIA S. MERIAN und hat die Möglichkeit, die genaue Aufteilung der Labore zu überprüfen, und Kisten mit wissenschaftlichem Material in Position zu bringen. Es gibt viele Kisten zu entleeren, und den Inhalt fest auf den Arbeitsflächen zu fixieren oder „laschen“. Bei Schiffsbewegungen bewegen sich sonst leichte und schwere Geräte und kommen zu Schaden.

Ausrüstungsgegenstände für die Labore und wissenschaftlichen Instrumente (MultiSensor Core Logger). Fotos: H. Pälike
Ausrüstungsgegenstände für die Labore und wissenschaftlichen Instrumente (MultiSensor Core Logger). Fotos: H. Pälike
Ausrüstungsgegenstände für die Labore und wissenschaftlichen Instrumente (MultiSensor Core Logger). Fotos: H. Pälike
Das Forschungsschiff MARIA S. MERIAN im Hafenbecken von Montevideo. Das MARUM-MeBo200 LARS wird getestet. (Foto: H. Pälike)
Das Forschungsschiff MARIA S. MERIAN im Hafenbecken von Montevideo. Das MARUM-MeBo200 LARS wird getestet. Fotos: H. Pälike

Sonntag, 02.04.2023; "Alle an Bord!"

Montevideo. 

Heute ist der Tag, auf den viele Teilnehmer:innen schon lange gewartet haben: Wir dürfen an Bord und unsere Kabinen beziehen! Ein Transfer bringt uns alle und unsere Koffer zur Hafenanlage, die normalerweise nicht betreten werden darf. Das Wetter ist gut, die uns willkommende Besatzung unter Kapitän Ralf Schmidt ausgesprochen hilfsbereit. Wir freuen uns auf die weiteren Vorbereitungen vor dem Start unserer Reise morgen. Wir werden uns alle die nächsten fünf Tage auf COVID testen, damit wir die Reise sicher starten können. Wir haben auch unsere obligatorische Sicherheitsunterweisung unter der Leitung des 1. Offiziers absolviert.

Wissenschaftliche Teilnehmer:innen bringen Ihre persönlichen Gegenstände an Bord. Foto: H. Pälike
Wissenschaftliche Teilnehmer:innen bringen Ihre persönlichen Gegenstände an Bord. Foto: H. Pälike
Jacob Marrel: Bildnis der Maria Sibylla Merian, 1679. HxB: 59 x 50.5 cm; Öl auf Leinwand, links modern angestückt und auf Holzfaserplatte aufgezogen; Kunstmuseum Basel, Inv. 436. Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication
Jacob Marrel: Bildnis der Maria Sibylla Merian, 1679. HxB: 59 x 50.5 cm; Öl auf Leinwand, links modern angestückt und auf Holzfaserplatte aufgezogen; Kunstmuseum Basel, Inv. 436. Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication

Der heutige Tag, der 2. April, ist aus einem weiteren Grund ein besonderer: Er war der Geburtstag der Namensgeberin des Schiffes, der Maria Sybilla Merian, geboren am 2. April 1647. Sie war eine deutsche Entomologin, Naturforscherin und wissenschaftliche Illustratorin, die in Deutschland, Surinam und den Niederlanden weitbeachtete Folios, Illustrationen, und Forschung betrieb. Sie war eine der ersten europäischen Naturforscher, die Insekten direkt beobachteten.

Platte XXIII aus Metamorphosis insectorum Surinamensium, Boccaves-Frucht mit Entwicklungsstadien des Falters „Kleiner Atlas“ und Eidechse Maria Sibylla Merian (1647-1717), Public domain, via Wikimedia Commons
Platte XXIII aus Metamorphosis insectorum Surinamensium, Boccaves-Frucht mit Entwicklungsstadien des Falters „Kleiner Atlas“ und Eidechse Maria Sibylla Merian (1647-1717), Public domain, via Wikimedia Commons

Montag, 03.04.2023; "Leinen los!"

Position: Hafenbecken, Montevideo

Heute ist das Schiff zum Auslaufen bereit. Um ca. 10 Uhr örtlicher Zeit (UTC-3), 5 Stunden nach mitteleuropäischer Sommerzeit, wird allerdings ein letzter Test mit dem Einsetzen des MARUM-MeBo-Gerätes durchgeführt. Das MARUM-MeBo entspricht in seinen Abmessungen der Größe eines 20 Fuß-Containers und kann daher leicht transportiert werden.

Es wird mit einem Absatzgestell (Launch and Recovery System, LARS) aus der horizontalen in die Absatzposition mit Hilfe des A-Rahmens gebracht. Der Hafentest verlief wie erwartet, und um kurz vor 14 Uhr wurden die Leinen gelöst, und wir brechen Richtung Rio Grande-Rücken auf. Eine wichtige Übung ist der General Alarm Drill, wo wir alle üben, die Musterstation für den Fall einer Evakuierung aufzusuchen, Schwimmwesten anzulegen, und in das Rettungsboot zu klettern.

Hafentest mit dem MARUM-MeBo.
Wissenschaftler beobachten das Ablegemanöver...
Wissenschaftler beobachten das Ablegemanöver...
Hafentest mit dem MARUM-MeBo.
Hafentest des MeBo in Montevideo. Fotos: H. Pälike
...und führen einen Sicherheitsdrill durch.
...und führen einen Sicherheitsdrill durch.
 

Dienstag, 05.04.2023; "Reise auf Hoher See"

Position ca.: 33°21’S, 47°49‘W

Nach anfangs sehr ruhiger See dampfen wir jetzt in Richtung des Rio Grande Rückens. Nachdem wir zunächst über dem sehr flachen Schelf waren, sind wir jetzt in größeren Wassertiefen (über zwei Kilometer), und werden bald die typische Wassertiefe von vier Kilometer erreichen.

Das Science Team trifft sich, um die anstehenden Decksarbeiten und Arbeitsabläufe zu planen und vorzubereiten. Heute morgen haben wir internationale Gewässer erreicht, und können daher auch erste Wasserproben aus dem Reinwassereinlass der MARIA S. MERIAN untersuchen.

Test der Filteranlage zur Filtrierung von Seewasser und Extraktion von kleinsten Partikeln. Filtereinsätze erlauben die Extraktion von Partikeln >0.8µm. Foto: Prof. Dr. Jens Herrle, Goethe-Universität Frankfurt
Test der Filteranlage zur Filtrierung von Seewasser und Extraktion von kleinsten Partikeln. Filtereinsätze erlauben die Extraktion von Partikeln >0.8µm. Foto: Prof. Dr. Jens Herrle, Goethe-Universität Frankfurt

Gründonnerstag, 06.04.2023; "Erster Geräteeinsatz"

CTD-Kranzwasserschöpfer im Hangar der MARIA S. MERIAN. Fotos: H.Pälike
CTD-Kranzwasserschöpfer im Hangar der MARIA S. MERIAN. Fotos: H.Pälike

Position ca.: 31°38’S, 40°48’W

Heute werden wir am Nachmittag den ersten Geräteeinsatz durchführen. Zur Kalibrierung der Schallgeschwindigkeiten in der Wassersäule, die für unsere Kartierungen nötig sind, werden wir eine CTD mit Kranzwasserschöpfer vom Schiff an einem Kabel bis zum Meeresboden herunterlassen („fieren“). CTD steht für elektronische Leitfähigkeit (Salzgehalt), Temperatur und Tiefe, woraus sich die Schallgeschwindigkeit errechnen lässt. Der Kranzwasserschöpfer schließlich erlaubt die gezielte Beprobung von Meerwasser in verschiedenen Tiefen. Die 24 Flaschen können vom Schiff gezielt geöffnet und geschlossen werden und damit reine Wasserproben aus bestimmten Tiefen zur Analyse an Deck bringen. Wir sind im Besonderen an dem Antarctic Intermediate Water (AAIW) interessiert, welches sich etwa in der Tiefe unserer Station auf dem Rio Grande-Rücken befindet und wichtige Nährstoffe (Phosphat, Nitrat) an verschiedene Gebiete transportiert.

Ostersamstag, 08.04.2023; "Rio Grande Rise"

Position: DSDP Site 516, Rio Grande Rücken

Gestern Nacht sind wir an unserem geplantem ersten Einsatzort angekommen. Die Wetterbedingungen sind sehr gut: relative geringe Dünung mit schwachem Wind. Die letzten Systemtests für das MARUM-MeBo verliefen positiv, und wir waren voller Erwartung für unsere Forschung. Leider wurden wir von einem Marineschiff angewiesen, unsere Forschungsaktivitäten in diesem Bereich, etwa 1.000 Kilometer von der Küste entfernt, einzustellen.

Das MeBo befand sich zu diesem Zeitpunkt erst in der Wassersäule und wurde geborgen, ohne den Meeresboden erreicht zu haben. Wir machten uns dann auf den Weg Richtung Südwest, um das Gebiet zu verlassen, und wurden auf Abstand von dem Marineschiff begleitet.

Kurz nach Sonnenuntergang am Vorabend.
Kurz nach Sonnenuntergang am Vorabend.
Die letzten Vorbereitungen für MARUM-MeBo werden mit großem Interesse von allen verfolgt. Fotos: H.Pälike
Die letzten Vorbereitungen für MARUM-MeBo werden mit großem Interesse von allen verfolgt. Fotos: H.Pälike

Montag+Dienstag 10-11.04.2023, "Kartierung aber kein Sediment in MeBo Reichweite"

Position: ca. 34º38’S, 26º17’W

Früh morgens verließen wir letztendlich das Gebiet. Als erste Alternative haben wir uns eine Erhebung in der Nähe ausgesucht, die flach genug ist, um eventuell vom MARUM-MeBo beprobt zu werden. Bei der Suche helfen uns bestehende Meeresbodenkartierung von vielen internationalen Expeditionen, die mittlerweile knapp 25 Prozent des Meeresbodens im Detail mit Fächerecholotverfahren vermessen haben, und mit Satellitendaten ergänzt werden. Diese großen Datensätze sind frei zugänglich (zum Beispiel unter https://www.gebco.net und https://www.gmrt.org).

Wir konnten eine Kopie der GMRT Datenbank benutzen, die uns schon vor der Fahrt für solche Zwecke von GMRT zur Verfügung gestellt wurde, da wir auf See nicht die Möglichkeit haben, große Datenmengen online zu übertragen. Diese Lokation wurde schon vorher vom US Forschungsschiff Nathanial B. Palmer besucht. Nach Kartierung mit unserem Parasoundsystem stellte sich leider heraus, dass es zu wenig oder kein Sediment auf dieser vulkanischen Erhöhung in MeBo erreichbarer Tiefe gibt.

Weitere Optionen weiter südlich sind leider aufgrund hoher Wellen und Winde nicht durchführbar. Daher fahren wir jetzt Richtung Norden, und steuern den Stocks Seamount an. Dieser ist auf unserer generellen Fahrtroute zum Zielhafen, und ist nach Theodor Stocks benannt, der auf der Meteor Expedition 1925 bis 1927 den Stocks Seamount entdeckt hat.

Vulkanische Erhebung (von https://www.gmrt.org unter CC Attribution 4.0, Ryan, W. B. F., S.M. Carbotte, J. Coplan, S. O'Hara, A. Melkonian, R. Arko, R.A. Weissel, V. Ferrini, A. Goodwillie, F. Nitsche, J. Bonczkowski, and R. Zemsky (2009), Global Multi-Resolution Topography (GMRT) synthesis data set, Geochem. Geophys. Geosyst., 10, Q03014, doi:10.1029/2008GC002332.)
Vulkanische Erhebung (von https://www.gmrt.org unter CC Attribution 4.0, Ryan, W. B. F., S.M. Carbotte, J. Coplan, S. O'Hara, A. Melkonian, R. Arko, R.A. Weissel, V. Ferrini, A. Goodwillie, F. Nitsche, J. Bonczkowski, and R. Zemsky (2009), Global Multi-Resolution Topography (GMRT) synthesis data set, Geochem. Geophys. Geosyst., 10, Q03014, doi:10.1029/2008GC002332.)

Freitag 14.04.2023, "In den Tropen und in der Nähe Archipelago Islas de Martim Vaz und Trindade"

Kurz nach Sonnenuntergang (mit sichtbarem Mars).
Kurz nach Sonnenuntergang (mit sichtbarem Mars).
Kurz nach Sonnenuntergang (mit sichtbarem Mars).

Position: ca. 20º38’S, 30º10’W

Auf unserem längeren Transfer passieren wir heute die vulkanische Inselgruppe um Islas de Martim Vaz und Trindade. Es ist deutlich fühlbar, dass wir uns jetzt in tropischen Gebieten befinden: Die Wassertemperatur beträgt 28ºC, die Lufttemperatur 27ºC.

Zusätzlich zu unseren Recherchen über Stocks Seamount gibt uns der Leitende Ingenieur eine sehr interessante und informative Tour durch den Maschinenraum der MARIA S. MERIAN und erklärt die umfangreichen Maßnahmen und Einrichtungen, die zur Selbstversorgung an Bord notwendig sind, zum Beispiel die Klärung des Abwassers, Herstellung von Trinkwasser durch Osmose, die komplette Mülltrennung und Lagerung (alles wird gesammelt!), sowie den dieselelektrischen Antrieb der zwei um 360º drehbaren Antriebspods der MARIA S. MERIAN und des Bugstrahlers.

Schiffsgroße Werkzeuge im Werkraum der MARIA S. MERIAN. Fotos: H.Pälike
Schiffsgroße Werkzeuge im Werkraum der MARIA S. MERIAN. Fotos: H.Pälike

Sonntag, 16.04.2023; "Bahia Seamounts"

Mehrere Fische zirkeln entlang der MARIA S. MERIAN. Die Lebewesen haben keine dorsale Rückenflosse, einen gezackten Schwanz, einen gerundeten Kopf und schimmernde gelbe Farben. Für uns Geowissenschaftler:innen haben diese Fische Ähnlichkeit mit dem Coryphaena Genus. Foto + Video U. Röhl: Ulla Röhl
Mehrere Fische zirkeln entlang der MARIA S. MERIAN. Die Lebewesen haben keine dorsale Rückenflosse, einen gezackten Schwanz, einen gerundeten Kopf und schimmernde gelbe Farben. Für uns Geowissenschaftler:innen haben diese Fische Ähnlichkeit mit dem Coryphaena Genus. Foto + Video U. Röhl: Ulla Röhl

Position: ca. 14º27’S, 032º18’W

Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel kartieren wir früh nachts mit Fächerecholot und Parasound einen der südlichen Seamounts der Bahia Kette, die in der Literatur als deutlich jünger als die umgebende Meeresbodenkruste datiert wurde. Unsere Echolotsysteme zur Kartierung senden Schallwellen aus und zeigen aus der Laufzeit des „Echos“ entweder die Entfernung zum Meeresbodens oder die verschiedenen Sediment oder Gesteinsschichten unterhalb des Meeresbodens.

 

Der Fächerecholot (engl. Multibeam) erstreckt sich in Segmenten von Steuerbord nach Backbord (daher „Fächer“), und erzeugt daher bei Fahrt ein zweidimensionales Bild der Bathymetrie. Zuästzlich kann auch das sogenannte „Backscatter“ etwas über die „Rauigkeit“ des Meeresbodenmaterials aussagen.

Um unterhalb des Meeresbodens zu kartieren, benutzen wir unser Parasoundsystem. Dieses System beruht auf dem sogenannten parametrischem Effekt und erzeugt innerhalb des Meeresbodens aus zwei höherfrequenten Signalen eine nicht-lineare Überlagerung. Dieses System erlaubt im Idealfall die Kartierung bis zu 100 Meter Tiefe. Beide Systeme benutzen Frequenzen, die von Lebewesen nicht zu hören sind.

Trotz des relative jungem Alters der Bahia Kette zeigt unser System an diesem Ort 30-40 Meter Sediment bei gut einem Kilometer Wassertiefe an: Ein gutes Zeichen! Nachmittags erreichen wir schließlich den Stocks Seamount, und kartieren bei reduzierter Geschwindigkeit, um eine gute Bathymetriekarte zu erhalten. Dabei besuchen uns auch die ersten größeren Fische, die sich von der MARIA S. MERIAN nicht irritieren lassen.

Montag, 17.04.2023; "MeBo Einsatz"

Position: ca. 12º14’S, 032º00’W

Am Vormittag haben wir jetzt unsere vorläufige Kartierung des Stocks Seamounts abgeschlossen und tatsächlich eine interessante Bathymetrie dieses Seamounts gefunden. Die Literatur geht davon aus, dass diese Erhebung vulkanischen Ursprungs schon über 80 Millionen Jahre alt ist und zunächst über Wasser war. Danach sank der erodierte Seamount (jetzt stark abgeflacht) tiefer und tiefer.

Heute befindet sich das obere Plateau in etwa 1.600 Meter Wassertiefe, und wir legen mit Spannung eine erste Bohrposition fest. Ab dem frühen Nachmittag ist der MARUM-MeBo-Systemtest abgeschlossen, und es geht in die Tiefe!

Das MeBo ist über das Kabel per Video- und Steuertelemetrie mit einem Kontrollcontainer auf Deck verbunden, wo unser MeBo-Team sachkundig und mit großer Exaktheit jeden Schritt steuert und beobachtet. Dieser Einsatz wird von allen mit großer Spannung aus sicherer Entfernung verfolgt, und um etwa 19 Uhr berührt der Bohrkopf den Meeresboden – und die ersten hellen Cuttings sind per Videolink zu sehen.

Das Einsetzen des MARUM-MeBo wird von Wissenschaftlerinnen an Deck beobachtet. Foto: MARUM, H. Pälike
Das Einsetzen des MARUM-MeBo wird von Wissenschaftlerinnen an Deck beobachtet. Foto: MARUM, H. Pälike
Das MARUM-MeBo wird ins Wasser gelassen. Foto: MARUM, H. Pälike
Das MARUM-MeBo wird ins Wasser gelassen. Foto: MARUM, H. Pälike

Dienstag, 18.04.2023; "Bohren"

Position: 12º14.945’S, 032º00.696’W, Station GeoB25308-1

Wir verfolgen gespannt die Aktivitäten des MeBo-Einsatzes über die per Lichtfaserkabel übermittelte Telemetrie und Videos der verschiedenen Kameras, die im MeBo-Gerät eingebaut sind. Zu sehen sind das An- und Abbauen von Bohrgestänge, das Ein- und Ausfahren der Winde und Seiles des Kerngreifers, der die Innenrohre mit Sediment aus dem Bohrloch herausholt Außerdem die Sedimentfahnen, die in der Nähe des Bohrloches zu sehen sind, aus dem die Spülung des Bohrloches Sediment aus dem Bohrloch nach oben transportiert. Es stellt sich heraus, dass die oberen Sedimentlagen relativ schwierig zu erkernen sind, da sich weiches Sediment und wohl körnige Partikel auch auf dem Kernhaken ansammeln. Es ist spannend und zugleich langwierig, der Extraktion der Kerne zuzuschauen. Das Sediment, welches wir jetzt schon in der Spülung, sowie an der untersten Stelle in den Pilothülsen der Kerne sehen können, sieht weiß und wie typisches pelagisches Sediment aus.

Mittwoch, 19.04.2023; "MeBo zurück und Kernprozessierung"

Position: 12º14.945’S, 032º00.696’W, Station GeoB25308-1 (MeBo)

Nach vielen Versuchen hat das MeBo jetzt mittlerweile 24 Meter tief gebohrt, mit einerseits relative einfachem Eindringen, aber in den unteren Lagen einer Verringerung der Rotationsgeschwindigkeit, sowie unterhalb von 24 Metern Schwierigkeiten beim Rausfischen der Kernrohre.

MeBo zurück an Deck nach Einsatz, Foto: H.Pälike
MeBo zurück an Deck nach Einsatz, Foto: H.Pälike
MSCL-Messstation. Foto: Y. Zhang
MSCL-Messstation. Foto: Y. Zhang

Wir setzen nun eine Vollkernbohreinheit ein, die, ohne Kerne zu nehmen, das Bohrloch weiter vertiefen soll, um den Kerngewinn zu erhöhen. Allerdings wird ab ca. 35 Metern immer mehr Spüldruck notwendig, um weiterzubohren, bis schließlich der nötige Druck bei circa 49 Meter Bohrlochtiefe zu hoch wird. Daher entschließen wir uns, diesen Einsatz zunächst zu beenden, um etwas über die Art der Sedimente herauszufinden. Es gibt viel Spannung an Deck, die Kerne zu öffnen, um zu sehen welche Art von Sediment wir bekommen haben, sowie eventuell Altersbestimmungen per Biostratigraphie vorzunehmen. Nach dem Öffnen der sieben erhaltenen Kernrohre der oberen 24 Meter Sedimentschicht an Deck werden diese zunächst im Labor kuriert, das heißt katalogisiert und mit Endkappen versehen. Abschließend werden sie von unserem Physical Properties Team Yang und Christian im Multi Sensor Core Logger auf verschiedene Eigenschaften, wie magnetische Suszeptibilität und elektrische Leitfähigkeit, vermessen.

Donnerstag, 20.04.2023; "MeBo-Wartung, Kernbeschreibung und zweiter MeBo-Einsatz"

Kerne öffnen im Hangar, Foto: H.Pälike
Kerne öffnen im Hangar, Foto: H.Pälike

Position: 12º14.620’S, 032º00.455’W, Station GeoB25310-1 (MeBo)

Während das MeBo-Team das Gerät wartet und wieder einsatzbereit macht, läuft jetzt die weitere Kette der Kernbeschreibung und wissenschaftlichen Aufarbeitung ab: Die Sedimentkerne werden zunächst längsweise geöffnet und geteilt, um eine Arbeits- und Archivhälfte zu erhalten.

Diese werden einerseits mit einem Farbscanner fotografiert, als auch sedimentologisch und biostratigrafisch beschrieben. Erste Ergebnisse der Sedimentologie zeigen medium-grobkörnige Foraminiferensande sowie Foraminiferenschlämme mit Nannofossilien.

Farblinescanning der Sedimente (Bilder), Foto: U. Röhl
Farblinescanning der Sedimente (Bilder), Foto: U. Röhl

Es sind wohl die Foraminiferensande, also pelagische biogene Sedimente aber mit „Sand“-ähnlicher Korngröße, die beim Kernen einige Probleme bereiten. Die Wartungszeit des MeBo haben wir mit weiteren Kartierungen des neuen Arbeitsgebietes verbracht, und am Abend wird Meeresbodenbohrgerät erneut circa 800 Meter nordöstlich der ersten MeBo-Station ausgesetzt. An dieser Lokation ist die obere Schicht, die uns vielleicht Probleme beim Kernen verursachte, circa 7 Meter dünner.

Sedimentologische Beschreibung der Kerne, Foto: U. Röhl
Sedimentologische Beschreibung der Kerne, Foto: U. Röhl
 Sedimentlage im Kern. Foto: Y. Zhang.
Sedimentlage im Kern. Foto: Y. Zhang.
Beprobung der Kerne. Foto: U. Röhl
Beprobung der Kerne. Foto: U. Röhl

Freitag, 21.04.2023; "MeBo-Bohrloch-Logging"

Position: 12º14.620’S, 032º00.455’W, Station GeoB25310-1 (MeBo)

Als nächste Strategie haben wir uns vorgenommen, mit dem MeBo zunächst die oberen 100 Meter des Bohrloches mit einer Vollbohreinheit zu durchbohren um generelle Bohrverhältnisse zu beobachten. Dann mit mehreren Bohrlochsonden zu vermessen, um danach kurz mit dem MeBo abzuheben, es 30 Meter horizontal zu versetzen, und dann den Bereich unterhalb 30 Meter Sedimenttiefe zu erkernen, wo es vielleicht einfacher ist, Kerne zu erhalten. Wir entscheiden uns, auch aufgrund der bisher geborgenen Sedimente, etwas weichere Kernfänger einzusetzen.

Abbildung: MSM116 Biostratigraphie Team H. Jones + J. Herrle. Planktische Foraminiferen (oben links), und verschiedene Discoaster Nannofossilien.
Abbildung: MSM116 Biostratigraphie Team H. Jones + J. Herrle. Planktische Foraminiferen (oben links), und verschiedene Discoaster Nannofossilien.

Während das MeBo-Team konzentriert arbeitet, das Bohrloch zu vertiefen, haben unsere Biostratigrafen Heather Jones und Jens Herrle mittlerweile mit Hilfe der Nannofossilien erste Altersbestimmungen der Kerne durchgeführt. Dabei stellt sich von oben nach unten eine progressive Alterssequenz vom Pleistozän (1.7 Ma) hin zum Pliozän (ca. 4-4.5Ma) in den oberen 24 Metern heraus: sehr vielversprechend für die tieferen Sequenzen!

Samstag und Sonntag, 22-23.04.2023; "MeBo-Bergung und Wärmeflussmessungen"

Position: 12º14.620’S, 032º00.455’W, Station GeoB25310-1 (MeBo)

Leider gab es beim Verstauen des allerletzten Bohrgestänges ein Problem, was uns am direktem umsetzen und weiterbohren hinderte. Am Sonntag nutzten wir die Zeit, um einen Wärmestrom- bzw. Temperaturgradiententransekt in der Umgebung durchzuführen, und setzten MeBo am Sonntagabend erneut an der vorherigen Position ab, um Kerne unterhalb von 30 Metern Tiefe zu gewinnen.

Wärmegradientenlanze mit angebauten Temperaturloggern zurück an Deck. Foto: U. Röhl
Wärmegradientenlanze mit angebauten Temperaturloggern zurück an Deck. Foto: U. Röhl

Montag, 22.04.2023; “Besuch auf hoher See”

Position: 11° 52.7` S, 33° 03.1 W

Heute war es sehr windig, mit starken Winden aus Südost.  Am Nachmittag bekam die MARIA S. MERIAN Besuch in Form eines jungen Reihers, der vom Kurs abgekommen zu sein schien. Mit seinen langen Beinen und kurzen Flügeln war er eindeutig nicht in seiner natürlichen Umgebung weit draußen auf dem Meer ~220 Seemeilen von der südamerikanischen Küste entfernt. Er verbrachte einige Zeit auf dem Beobachtungsdeck, um wieder zu Kräften zu kommen.

Es ist eine interessante Frage, woher er kommt. Kuhreiher sind in Afrika heimisch (~3.500 Seemeilen entfernt), wurden aber seit den 1930er Jahren in der Karibik nachgewiesen. Niemand weiß genau, wie sie die Atlantiküberquerung geschafft haben, vielleicht sind sie einen Teil des Weges auf vorbeifahrenden Schiffen per Anhalter gereist. Unser Besucher verließ uns nach einer kurzen Rast und wir wünschen ihm viel Glück bei der Weiterreise in Richtung Land.

Logbuch geschrieben von Heather Johnstone.

Ein Kuhreiher zu Besuch an Bord. Foto: MARUM/ U.Röhl
Ein Kuhreiher zu Besuch an Bord. Foto: MARUM/ U.Röhl

Dienstag, 25.04.2023; „Bohr-Fortschritt“

Position 12° 14.6` S, 32° 00.45`W

Das Meeresbodenbohrgerät MARUM MeBo-200 machte gestern gute Fortschritte bei der Bohrung in Richtung der Stelle, an der es mit den eigentlichen Kern-Entnahme beginnen sollte. Später blieb es jedoch beim Bohren in 45 Metern Tiefe stecken, so dass beschlossen wurde, es wieder nach oben zu bringen und an einer etwas anderen Stelle des Stocks Seamount einzusetzen. Es bleibt zu hoffen, dass der neue Standort weniger der problematischen Foraminiferensandabschnitte enthält, die so schwierig zu bohren sind.

Jeder neue Bohrkernabschnitt wird sorgfältig kuratiert und beschrieben. Foto: MARUM
Jeder neue Bohrkernabschnitt wird sorgfältig kuratiert und beschrieben. Foto: MARUM

Obwohl die Bohrungen weniger Material enthielten als ursprünglich erhofft, freute sich das Sedimentteam, einige neue Bohrkerne an Bord begrüßen zu können. Jeder Abschnitt wurde sorgfältig kuratiert und beschrieben. Die geborgenen Sedimente bestanden aus nannofossilem Schlamm mit Foraminiferen und grobem Foraminiferen-Sand. Das MeBo wird nun für eine schnelle Umkehr und einen erneuten Einsatz heute Abend vorbereitet.

Logbuch geschrieben von Heather Johnstone.

Ein neuer Bohrkern kommt an Bord. Foto: MARUM
Ein neuer Bohrkern kommt an Bord. Foto: MARUM

Mittwoch, 26.04.2023; „Blautöne“

Position: 12° 13.0’ S, 32° 06,2’ W

An Bord der MARIA S. MERIAN haben wir einiges mit Kern-, Proben- und Datenmaterial zu tun. Wir lassen es uns alle aufgrund des meist sonnigen Wetters bei Temperaturen um die 29°C in den weit niedrigeren Breitengraden als ursprünglich geplant, nicht nehmen, mal an Deck zu gehen – dort wo es die Arbeiten an Deck und den generellen Ablauf nicht stört.

 

Immer was zu beobachten. Foto: MARUM/ U. Röhl
Immer was zu beobachten. Foto: MARUM/ U. Röhl

Mehr Tageslicht, Frischluft und je nach Windsituation, mehr oder weniger angenehme Briese zu erfahren, ist wichtiger Bestandteil der Tagesstruktur. Immer wieder besonders eindrucksvoll sind Dimension, Weite, Veränderungen der Farben von Meer und Himmel. Keine An- oder Aussicht ist wie die andere, vor allem die umfangreiche Skala an verschiedenen Blautönen. Und für uns weit mehr als profane Streuung von kurzwelligem Licht in der oberen Wasserschicht. Das und der nächtliche Sternenhimmel der Südhemisphäre sind Augenblicke in denen man sich wirklich privilegiert fühlt.

Logbuch von Ulla Röhl.

Wellen und Gischt - immer wieder faszinierend. Foto: MARUM/ U. Röhl
Wellen und Gischt - immer wieder faszinierend. Foto: MARUM/ U. Röhl
Im Südatlantik. Foto: MARUM/ U. Röhl
Im Südatlantik. Foto: MARUM/ U. Röhl
Sonnenuntergang ist um ca. 17:00 Uhr. Foto: MARUM/ U. Röhl
Sonnenuntergang ist um ca. 17:00 Uhr. Foto: MARUM/ U. Röhl
Einfach nur blau. Foto: MARUM/ U. Röhl
Einfach nur blau. Foto: MARUM/ U. Röhl
Die karbonatische Sedimentfahne beim Bergen des MARUM-MeBo200 bringt durch die geänderte Lichtbrechung grüne und türkise Farben ins Spiel. Foto: MARUM/ U. Röhl
Die karbonatische Sedimentfahne beim Bergen des MARUM-MeBo200 bringt durch die geänderte Lichtbrechung grüne und türkise Farben ins Spiel. Foto: MARUM/ U. Röhl

Glatter ging es nicht mehr.  Foto: MARUM/ U. Röhl
Glatter ging es nicht mehr. Foto: MARUM/ U. Röhl
Himmel am späten Nachmittag mit u.a. Cirrocumulus-Wolkenspiel. Foto: MARUM/ U. Röhl
Himmel am späten Nachmittag mit u.a. Cirrocumulus-Wolkenspiel. Foto: MARUM/ U. Röhl

Donnerstag, 27.04.2023; "Spannende Momente an Bord“

Position: 12° 13.0’ S, 32° 06,2’ W

An Bord des Forschungsschiffes MARIA S. MERIAN gibt es so viele aufregende Momente, über die man in Zukunft herzlich lächeln wird. Aus meiner Sicht gehört "MeBo an Deck" definitiv zu den spannendsten Momenten. 

 

Da wir die Bohrfortschritte auf MeBoTV verfolgen können, werden wir alle kurz nachdem das MeBo aus dem Wasser kommt, bereit sein, den ersten Kern zu begrüßen.

Nachdem das MeBo-Team ein Kernrohr entriegelt hat, bringt Heiko den nummerierten Clip daran an – eine äußerst wichtige Arbeit, denn sie bestimmt, ob die Reihenfolge der geborgenen Sedimente stimmt und niemand erwartet eine durcheinander geratene Stratigraphie. Gleich danach trägt das Deck-Team den Kern zum vorderen Teil des Hängers, wo das Kernfänger-Team den Kernfänger abschraubt. Dies ist der nächste aufregende Moment, denn alle sind gespannt darauf, zu sehen, was im Inneren des Kernbehälters geborgen wurde!

Morgen früh erwarten wir das dritte mal "MeBo an Deck", und wir alle können es kaum erwarten, herauszufinden, welche Überraschung das MeBo uns dieses Mal bringen wird! Man kann den Fortschritt der Bohrungen über das MeBo-Fernsehen verfolgen - man kann immer einige von uns im Hangar finden, die den großen Bildschirm mit den MeBo-Kameras beobachten, die sich in etwa 1600 Metern Tiefe im Meerwasser befinden.

Erster Kern an Deck. Foto: Y. Zhang
Erster Kern an Deck. Foto: Y. Zhang
Erster Kern an Deck. Foto: Y. Zhang
Erster Kern an Deck. Foto: Y. Zhang

 

Meine Mitbewohnerin Heather Jones und ich werden vor dem Frühstück und vor dem Schlafengehen noch etwas Zeit in unserer Kabine verbringen. Wir werden jubeln, wenn das MeBo erfolgreich eine Bohrstange geborgen hat, und nervös werden, wenn es ein Problem bekommt. Ja, MeBo ist unser großer Held.

Logbuch von Yang Zhang.

Core Catcher - will manchmal nicht, dass wir sehen, welche Sedimente geborgen werden. Foto: Y. Zhang
Core Catcher - will manchmal nicht, dass wir sehen, welche Sedimente geborgen werden. Foto: Y. Zhang

Freitag, 28.04.2023; „Kerngewinn und Arbeit im Hangar“

Position: 12° 13.0’ S, 32° 06,2’ W

Heute morgen konnten wir das MeBo200 zurück an Bord empfangen, diesmal mit einer größeren Anzahl von Bohrkernen. Wir hatten eine Lokation ca. 6 Seemeilen von unseren letzten Positionen gewählt, um weiter grobkörnige Foraminiferensande zu vermindern. Diesmal haben wir tatsächlich Sedimente bis zum späten Paleozän (57 Ma), 

sogar mit eingearbeitetem Material aus der Kreide entdeckt und geborgen! Wir genießen es, jetzt konzentriert den eingeübten Arbeitsfluss durchzuspielen, und das Team hat sich gut eingefunden.

 

Grobkörnige Foraminiferensande mit Gastropodem. Foto: MARUM, U. Röhl
Grobkörnige Foraminiferensande mit Gastropodem. Foto: MARUM, U. Röhl
Öffnen der Bohrinnenkerne durch Entfernen des Kernfängers und der Pilothülse. Foto: MARUM, H. Pälike
Öffnen der Bohrinnenkerne durch Entfernen des Kernfängers und der Pilothülse. Foto: MARUM, H. Pälike
Arbeit im Hangar. Foto: MARUM, H. Pälike
Arbeit im Hangar. Foto: MARUM, H. Pälike
Arbeit im Hangar. Foto: MARUM, H. Pälike
Arbeit im Hangar. Foto: MARUM, H. Pälike
Eindeutig höherer Kerngewinn, wie die Anzahl der D-Tubes zeigt. Foto: MARUM, H. Pälike
Eindeutig höherer Kerngewinn, wie die Anzahl der D-Tubes zeigt. Foto: MARUM, H. Pälike

Sonntag, 30.04.2023; „Beginn der letzten Woche“

Position: 12° 13.0’ S, 32° 06,2’ W

Wie jeden Sonntag gibt es heute als Nachtisch Eis zum Mittagessen (und Croissants zum Frühstück). Ein eindeutiges Zeichen, dass unsere fünfte und letzte Woche dieser Reise beginnt. Wir haben unsere ergiebige Lokation der letzten Bohrung wieder besucht, und diesmal hat das MeBo-Team tatsächlich mit einem speziellem Innenkernrohr im Rotationsverfahren ca. 2 Meter in die sehr harte Schicht gebohrt, die wir bei der letzten Bohrung gefunden hatten. Das Logging, der Abbau des Bohrstranges und Bergung des MARUM-MeBo200 wird sich jetzt bis in die frühen Morgenstunden hinziehen, so dass wir bestimmen können, inwieweit wir unser stratigrafisches Profil vervollständigen konnten. Danach benutzen wir die Parasoundprofile unseres Hydroakustikteams, um eine weitere Lokation zu bestimmen.

 

Eine Profillinie unserer vorletzten Station, erstellt mit Hilfe des Parasoundsystems. Ausdehnung NW-SE (links -> rechts) ca. 2.4 Seemeilen. Mächtigkeit bei Station 18-1 (orange Linie): ca. 75m. Grafik: P.Berndt, J.Quabeck, R.Azevedo , M.Lerman
Eine Profillinie unserer vorletzten Station, erstellt mit Hilfe des Parasoundsystems. Ausdehnung NW-SE (links -> rechts) ca. 2.4 Seemeilen. Mächtigkeit bei Station 18-1 (orange Linie): ca. 75m. Grafik: P.Berndt, J.Quabeck, R.Azevedo , M.Lerman

Montag, 01.05.2023; “Basalt“

Basalt im Core Catcher. Foto: MARUM/H. Pälike
Basalt im Core Catcher. Foto: MARUM/H. Pälike

Position: 12º 12.988’S, 032º 06.162’W

Heute kommen die Kerne von unserem MeBo-200 Einsatz 20-1 an Bord. Dieses Mal hat das Erkernen etwas länger gedauert, da wir versuchten, das vermutete Festgestein unterhalb des Sedimentes zu erkernen, um später genaue Messungen über das Gesteinsalter des Seamounts machen zu können. In der Literatur wurden dafür bisher die Kreidezeit für die Seamount Kette insgesamt, und circa 59 Millionenjahre (Ma) – also das Paläozän – für die jüngsten eruptiven Entstehungen von Vulkangestein angegeben. Und tatsächlich: nach circa fünf Stunden bohren auf einem harten Substrat ergeben die untersten Kerne tatsächlich gut einen Meter von gut erbohrtem Festgestein in circa 75 Meter Teufe; wir sind begeistert!

Kern mit Sediment über Basalt. Foto: MARUM/H. Pälike
Kern mit Sediment über Basalt. Foto: MARUM/H. Pälike
Unsere Innenbohrkrone mit Bohrzähnen nach dem Einsatz. Foto: MARUM/H. Pälike
Unsere Innenbohrkrone mit Bohrzähnen nach dem Einsatz. Foto: MARUM/H. Pälike
Handstück aus verwittertem Basalt mit kleinen „Löchern“, die beim Austreten der Magma aus Gasblasen entstehen. Foto: MARUM/H. Pälike
Handstück aus verwittertem Basalt mit kleinen „Löchern“, die beim Austreten der Magma aus Gasblasen entstehen. Foto: MARUM/H. Pälike

Donnerstag, 04.05.2023; “Last Core on Deck“

Position: 12º 12.625’S, 032º 06.691’W

Heute beendeten wir unseren letzten MeBo-200-Einsatz. Ziel war die Erkundung einer bisher unbeprobten Sedimenlage, die wir aus dem Parasound Profil erkundet hatten (in der Abbildung grün eingefärbt). Das Sediment darüber war nach unseren bisherigen Ergebnissen wohl Miozän oder jünger, während wir im unteren Bereich der bisherigen Bohrungen Eozän oder älter gefunden hatten. Mit den Kernen der letzten Bohrung konnten wir dieses Rätsel mit biostratigrafischen Proben von Nannofossilien (den Ablagerungen von kalkschaligen Algen) lösen, und nun hatten wir das gesamte Paläogen tatsächlich komplett, da die „grüne“ Lage aus Sedimenten des Oligozän (circa 34-23 Millionenjahre (Ma)) bestand. Damit sind wir sehr zufrieden, und können jetzt ein genaueres Altersmodell der gesamten Ablagerungen erzeugen.

 

Eine Profillinie entlang der Station 18, 20, 22, erstellt mit Hilfe des Parasoundsystems. Grün eingefärbt: Ein Ziel unserer letzten Bohrung ist diese Sedimentschicht bisher unbekannten Alters. Abbildung: H.Pälike, P. Berndt, J. Quabeck, R. Azevedo , M. Lerman
Eine Profillinie entlang der Station 18, 20, 22, erstellt mit Hilfe des Parasoundsystems. Grün eingefärbt: Ein Ziel unserer letzten Bohrung ist diese Sedimentschicht bisher unbekannten Alters. Abbildung: H.Pälike, P. Berndt, J. Quabeck, R. Azevedo , M. Lerman

Freitag, 05.05.2023; “Abrüsten, Saubermachen + Einpacken“

Position: ca. 12ºS, 032º 36’W

Nachdem die wissenschaftlichen Einsätze des MeBo-200 abgeschlossen sind, machen wir heute noch abschließende Kartierungsarbeiten. Jetzt gibt es auch noch viel Arbeit: Die Labore müssen gesäubert werden, Kisten wieder eingepackt. Am aller aufwendigsten: Das MeBo-200 und Ausrüstung müssen zurück in ihre acht Container, und der große schwere Block am Heckgalgen, über den das Kabel zum MeBo von der Winde läuft, muss abgenommen werden. Besonders für das MeBo-Team sowie die Bordcrew sind dies noch einmal schweißtreibende Arbeiten, und der Rest des Science Teams erstellt die Abschlussdokumentation der rohen Proben, Daten, sowie erste Ergebnisse.

Der Block für das MeBo-Kabel am Heckgalgen, jetzt abgebaut. Foto: MARUM/H. Pälike
Der Block für das MeBo-Kabel am Heckgalgen, jetzt abgebaut. Foto: MARUM/H. Pälike
MeBo-200 fertig für den Transport. Foto: MARUM/H. Pälike
MeBo-200 fertig für den Transport. Foto: MARUM/H. Pälike
Container im Schiffshangar. Foto: MARUM/H. Pälike
Container im Schiffshangar. Foto: MARUM/H. Pälike

Samstag, 06.05.2023; “Dampfen nach Recife“

Jetzt dampfen wir rund 300 Seemeilen nach Recife, und halten unser vorläufig letztes Science Meeting ab. Morgen früh, um circa 8 Uhr, sollen wir den Hafen in Recife erreichen, und damit das Ende der sehr spannenden, ereignisreichen und letztlich erfolgreichen Fahrt zu erreichen.

Sonntag, 07.05.2023; “Recife und Ende der Fahrt“

Position: Recife, Pier 5

Heute Morgen kam um circa 8 Uhr morgens der Lotse an Bord, und bereits um 9 Uhr war die MARIA S. MERIAN am Pier 5 in Recife festgemacht. Die Container können wir leider erst morgen beladen, aber wir haben noch Zeit unsere Kabinen zu reinigen, und ein letztes Gruppenfoto zu machen. Damit ist die Fahrt MSM116 beendet, und Rebecca Hummels vom GEOMAR übernimmt für die MSM117 „WB Circ Brazil“.

Gruppenfoto in Recife
Gruppenfoto in Recife