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Forschende nehmen erstmals lange Bohrkerne vom Agulhas-Plateau

11.02.2022
Das Forschungsbohrschiff JOIDES RESOLUTION im Hafen von Kapstadt. Foto: MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen; T. Westerhold
Das Forschungsbohrschiff JOIDES RESOLUTION im Hafen von Kapstadt. Foto: MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen; T. Westerhold

Das Forschungsbohrschiff JOIDES RESOLUTION ist auf dem Weg zum Agulhas-Plateau im Indischen Ozean. Ein Team internationaler Wissenschaftler, darunter auch Thomas Westerhold vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, wird in den kommenden acht Wochen an mindestens fünf Lokationen Kerne vom Ozeanboden erbohren. Anhand der Proben wollen die Forschenden untersuchen, wie in der Vergangenheit die Beschaffenheit des Ozeanbodens, die Ozeanzirkulation und das globale Klima zusammen interagiert haben. Die Expedition wird im Rahmen des internationalen Bohrprogramms IODP (International Ocean Discovery Program) organisiert.

Das Agulhas-Plateau ist ein großes ozeanisches Plateau, dass sich etwa 500 Kilometer südlich von Südafrika vom tieferen Meeresboden abhebt. Vermutlich ist es nach vulkanischer Aktivität entstanden, die mit dem Auseinanderbrechen von Gondwana in Antarktis, Afrika und Südamerika in Verbindung gebracht wird. Stand der Forschung ist, dass sich das Agulhas-Plateau ursprünglich auf oder nahe unterhalb des Meeresspiegels bildete. Seit der Entstehung des Plateaus lagerten sich über Millionen von Jahren mächtige Sedimente ab, an manchen Stellen sogar mehr als einen Kilometer dick. Darum werden hier umfassende Ablagerungen vermutet, die die Klimageschichte der Erde von den warmen Treibhausbedingungen der Kreidezeit bis zu den kühleren Klimaverhältnissen mit polaren Eisschilden im späten Känozoikum aufgezeichnet haben könnten.

Ziel der IODP-Expedition 392 „Agulhas Plateau Cretaceous Climate“ ist es, zum ersten Mal überhaupt längere Sedimentablagerungen aus dieser Ozeanregion zu bergen. Dieser Pionierfahrt soll den Ursprung des Agulhas-Plateaus erkunden, das sich an einer Schlüsselstelle im südwestlichen Indischen Ozean befindet. Hier, wo sich eine Dreiecksverbindung zwischen Indik, Atlantik und Südozean befindet, wollen die Forschenden das Klima der vergangenen 120 Millionen Jahren erkunden.

Langfristige Veränderungen der Ozean- und Atmosphärenzirkulation der Vergangenheit können möglicherweise durch das Agulhas-Plateau entscheidend beeinflusst worden sein. Das Plateau mit seiner besonderen Lage und seiner Erhabenheit machen es zu einer Art Bollwerk im Meeresgebiet südlich von Afrika. Die Forschenden erhoffen möglichst vollständige Sedimentaufzeichnungen zu bergen, um die tragende Rolle des Plateaus im Klimasystem Erde über die vergangenen circa 100 Millionen Jahre besser zu verstehen. Die Ablagerungen könnten wichtige Information aus einer vulnerablen Region liefern und so helfen, die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandel, im Besonderen auf höheren Breitengraden, besser zu verstehen.

Teil des mehr als 30-köpfigen internationalen Forschungsteams ist Dr. Thomas Westerhold vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen. Seine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass eine möglichst komplette Abfolge der Ablagerungen vom Meeresboden erbohrt wird. „Wir wissen noch sehr wenig aus der Region des Agulhas-Plateaus. Wenig über seine Bedeutung für das regionale und globale Klimageschehen. Und fast nichts über die Klimaarchive auf dem Agulhas-Plateau. Diese Forschungsreise ist nicht nur aufgrund der Logistik abenteuerlich. Sie ist auch abenteuerlich, weil wir überhaupt nicht wissen, was uns dort unten an Klimageschichten erwartet. Wir können zum ersten Mal Klimazeugnisse aus einer Region gewinnen, die als eine der Schnittstelle zwischen dem Klima niedriger und hoher Breiten gilt.“

Die IODP-Expedition 392 soll Sedimente und vulkanische Gesteine vom Meeresboden sammeln um: (1) die Entstehung des Agulhas-Plateaus selbst zu datieren; (2) das Zusammenspiel zwischen Ozeanzirkulation, Bildung des Agulhas-Plateaus und Veränderungen des regionalen und globalen Klimas abzuschätzen; (3) episodische Klimaveränderungen und die Reaktion marinen Planktongemeinschaften in hohen Breiten zu dokumentieren, im Besonderen für die warmen sogenannten Treibhausperioden der Erdgeschichte; und (4) die langfristige Entwicklung des Klimas von der Kreidezeit bis zum Känozoikum nachzuzeichnen.