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Logbuch M190

FS METEOR mit Kurs auf den Mittelatlantischen Rücken

 

Kein Schwarzer Raucher gleicht dem anderen – das gilt für die Geologie ebenso wie für die Fluide, die aus den Hydrothermalquellen austreten. Nun startet eine etwa vierwöchige Forschungsfahrt, die von Prof. Wolfgang Bach vom MARUM geleitet wird. Ziel der Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR ist es, Unterschiede zwischen den einzelnen Schloten und Austrittsstellen zu untersuchen. Das gilt sowohl für die chemische Zusammensetzung der austretenden Fluide als auch die geologischen Rahmenbedingungen. Zudem werden auch die hier lebenden Mikroorganismen untersucht, die entweder frei oder in Symbiosen an den Rauchern leben.

Vom 8. Juni bis 10. Juli wird sich das 28-köpfige Expeditionsteam, neben bereits bekannten Hydrothermalquellen, außerdem auf die Suche nach bislang unbekannten Quellen begeben. Mit an Bord sind der Tauchroboter MARUM-QUEST 4000 sowie weitere wissenschaftliche Geräte zum Aufspüren und Beproben hydrothermaler Plumes, also den „Rauchfahnen“ der heißen Quellen. 

Zielgebiet ist der Mittel-Atlantische Rücken südlich der Azoren. Die Expedition M 190 soll Schlüsselergebnisse für den am MARUM angesiedelten Exzellenzcluster „Ozeanboden“ liefern, vor allem bei der Frage, wie Geosphäre und Biosphäre am Ozeanboden miteinander interagieren.

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Das Forschungsschiff METEOR kurz vor Abreise im Hafen von Las Palmas. Foto: Harald Strauss
Das Forschungsschiff METEOR kurz vor Abreise im Hafen von Las Palmas. Foto: Harald Strauss

Hier berichten die Forschenden von ihren Erlebnissen an Bord der FS METEOR.

Das Haupt-Arbeitsgebiet während der Expedition M190.
Das Haupt-Arbeitsgebiet während der Expedition M190.
Die rote Linie zeigt die Fahrtroute des Forschungsschiffes während der Expedition M190.
Die rote Linie zeigt die Fahrtroute des Forschungsschiffes während der Expedition M190.

Livestream der Tauchgänge des ROV MARUM-QUEST

Die Übertragungstechnik ist stark abhängig von den Bedingungen auf See. Daher können Tauchgänge kurzfristig abgesagt oder verschoben werden.

 

Die Tauchgänge des ROV MARUM-QUEST live miterleben.

Der nächste Tauchgang wird hier angekündigt werden.

08. Juni 2023 - [Bitte aktivieren Sie Javascript]

Das deutsche Forschungsschiff FS METEOR hat heute Morgen den Hafen von Las Palmas de Gran Canaria verlassen. An Bord befindet sich ein Wissenschaftsteam aus Geolog:innen, Biolog:innen, Geochemiker:innen und Ozeanograph:innen, darunter sieben Mitglieder des MARUM ROV-Teams. Das wissenschaftliche Ziel der Expedition M190 mit dem Titel "Dive@MAR" (Distribution of Venting Along the Mid-Atlantic Ridge (29-38°N) and Implications for Hydrothermal Exchange and vent Ecosystems) ist es, ein Verständnis für die Prozesse an hydrothermalen Quellen entlang des Mittelatlantischen Rückens zwischen 29 und 38° Nord und in Wassertiefen zwischen 3.100 und 800 Metern zu entwickeln. Die Fahrt wird vom Exzellenzcluster (EXC) "Meeresboden" des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen organisiert und durchgeführt. Im EXC sind Wissenschaftler:innen der Universität Bremen, der Hochschule Bremen und des Bremer Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie bei der Erforschung von Hydrothermalquellen zusammengeschlossen. Darüber hinaus sind Forschende der Universität der Azoren und der Universitäten Lyon, Göttingen und Münster sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover an dem Projekt M190 beteiligt. Viele Daten werden bereits während der Fahrt gesammelt. Doch damit sich ein endgültiges Bild ergibt, müssen die zahlreichen Proben, die in den kommenden Wochen gesammelt werden, in den Labors an Land eingehend untersucht werden.

09. Juni 2023 - Der Mittelatlantische Rücken

Tag 2 - die FS METEOR segelt auf westlichem Kurs zu den submarinen hydrothermalen Schlotsystemen am Mittelatlantischen Rücken. Von Las Palmas bis zu unserem ersten Arbeitsgebiet ist eine Strecke von 1.500 Seemeilen zurückzulegen. Bei einer Geschwindigkeit von 10 Seemeilen pro Stunde sind wir etwas mehr als sechs Tage unterwegs, bevor wir unser erstes Untersuchungsgebiet erreichen. Zeit, sich einige Details anzuschauen.

Der Mittelatlantische Rücken (MAR) ist Teil des längsten Gebirgszuges der Erde. Mit einer Gesamtlänge von rund 60.000 km sind diese so genannten mittelozeanischen Rücken in allen Ozeanen zu finden. Hier spreizen sich die großen tektonischen Platten der Erde auseinander und es bildet sich neuer Meeresboden. Im nördlichen Atlantik spreizen sich die Platten mit einer Geschwindigkeit von 2-3 cm/Jahr, wodurch sich der Abstand zwischen Europa und Nordamerika vergrößert. Der größte Teil dieses Meeresbodens besteht aus Basaltgestein, das sich bildet, wenn der obere Erdmantel unter dem MAR aufsteigt und teilweise schmilzt. Diese Aufwärtsbewegung des Mantels erfolgt als Reaktion auf die divergierende Bewegung der Platten entlang des MAR. Da heißes Material mit relativ geringer Dichte unter dem MAR aufsteigt, liegt der Meeresboden dort höher als anderswo im mittleren Atlantik. Dieser Kamm des MAR liegt zwischen 2.500 und 3.500 m Wassertiefe. Abseits des Rückenrückens kühlen Kruste und Mantel ab und werden dichter, was dazu führt, dass der Meeresboden in den Tiefseebecken auf beiden Seiten des MAR bis in Wassertiefen von > 4.000 bis 5.000 m absinkt.

Zusammen mit der Bewegung des basaltischen Magmas, das den Spalt zwischen den divergierenden Platten ausfüllt, werden enorme Wärmemengen zum Meeresboden gebracht. Dieser hohe Wärmestrom setzt die Zirkulation von Meerwasser durch den neu entstandenen und stark zerklüfteten Meeresboden in Gang. Kaltes Meerwasser sickert durch Risse zwischen den Gesteinen des Meeresbodens und wird dort aufgeheizt. Durch die Wechselwirkung mit dem heißen Gestein im Grundgebirge verändern sich die chemische Zusammensetzung und die physikalischen Eigenschaften des zirkulierenden Meerwassers, das zu einer heißen Flüssigkeit mit Temperaturen von bis zu 400 °C und mehr wird! Diese Flüssigkeiten sind mit einer Vielzahl von gelösten Metallen, Sulfiden und verschiedenen Gasen angereichert. Sie steigen schnell durch Risse im Meeresboden auf und werden durch hydrothermale Schlote in die Ozeane eingeleitet. Beim Kontakt mit dem 2 °C kalten Meerwasser fallen die gelösten Metalle und Sulfide sofort als Mineralien aus, die am Meeresboden hohe Schornsteinstrukturen bilden. Der größte Teil der Mineralien wird jedoch von der Spitze der Schornsteine als schwarzer Rauch in den Ozean ausgestoßen und bildet Partikelfahnen, die bis zu Hunderten von Metern über den Meeresboden aufsteigen, bevor sie sich seitlich ausbreiten.

An Deck der FS METEOR. Foto. Harald Strauss
An Deck der FS METEOR. Foto. Harald Strauss

10. Juni 2023 - Schlotfauna

Die Labore sind bereit für die ersten Proben, die eintreffen. Die Biologen kommen besonders gut ausgerüstet. Vielleicht ist dies dann ein guter Zeitpunkt, um über die Schlotfauna zu sprechen, die durch die zuvor beschriebenen geologischen Prozesse entstehen konnte. In der Nähe der hydrothermalen Schlote haben sich faszinierende und vielfältige Oasen des Lebens entwickelt. Die Grundlage des Nahrungsnetzes in den Ökosystemen der Tiefsee-Schlote ist nicht die Photosynthese; statt­des­sen nut­zen Mi­kro­ben chemische Energie der in den hei­ßen Flüs­sig­kei­ten ge­lös­ten Me­tal­le, Sul­fi­d und Ga­se, um Koh­len­di­oxid in Bio­mas­se um­zu­wan­deln. Diese Mikroben können freilebend sein und Matten bilden, die den Meeresboden bedecken, oder sie leben in Symbiose mit Muscheln und anderen Tieren, die Teil einer einzigartig angepassten Schlotfauna sind.

Das erste submarine hydrothermale Schlot-System wurde 1977 im östlichen Pazifik entdeckt. Seitdem wurden mehr als 120 Hydrothermalquellen in allen Teilen der Weltmeere untersucht. Ziel der Forschungsfahrt M190 ist es, vier Arbeitsgebiete zwischen 29 und 38°N entlang des Mittelatlantischen Rückens zu besuchen: Broken Spur, Rainbow, Lucky Strike und Menez Gwen. Diese Gebiete sind allen, die sich mit hydrothermalen Schloten befassen, gut bekannt. Dennoch gibt es noch viel zu entdecken, und das gesamte Wissenschaftsteam ist begierig darauf, das erste Arbeitsgebiet zu erreichen. Bis dahin installieren die Wissenschaftler:innen die mitgebrachten Geräte in den Labors des Schiffes. Die Wissenschaftlergruppe besteht aus Ingenieuren, Chemikern, Biologen und Geologen mit unterschiedlichen Zielen und Aufgaben. Tägliche Wissenschaftstreffen fördern den Austausch zwischen den verschiedenen Gruppen an Bord. Wir werden in den nächsten Blogs über die verschiedenen wissenschaftlichen Fragen und die Ansätze zu deren Beantwortung berichten.

11. Juni 2023 - Woher die Meteor-Bank ihren Namen hat

Der Greifarm des ROV. Foto: Harald Strauss
Der Greifarm des ROV. Foto: Harald Strauss

Heute überqueren wir die Meteorbank, einen sehr großen, flach aufragenden Seamount, der die Überreste einer großen Vulkaninsel darstellt. Nach dem Ende der vulkanischen Aktivität trug die Erosion den freiliegenden Vulkan bis zum Meeresspiegel ab, wo sich eine breite, von Wellen geformte Plattform bildete. Wie bereits erwähnt, führt die Abkühlung der Platte dazu, dass sich der Meeresboden absenkt. Aus diesem Grund liegt die durch Wellenschlag entstandene Plattform heute 300 m unter dem Meeresspiegel. Der umgebende Meeresboden ist >4000 m tief. Die Meteorbank wurde zu Ehren des Schiffes benannt, mit dem dieser große Tafelberg in der Mitte des Atlantiks entdeckt wurde: die erste FS METEOR.