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MARUM-NERIDIS erfolgreich in der Ostsee getestet

Bei sonnigem Winterwetter mit dem Benthosschlitten MARUM-NERIDIS im Schlepptau des Forschungsschiffs ALKOR hinaus auf die eisige Ostsee – herrlich! Dass sich die dünne Meereisdecke schon kurz hinter dem Kieler Anleger in kleine Schollen auflöst, stört die acht Bremer Meeresgeophysiker nicht im geringsten, denn der brandneue, fünfeinhalb Meter lange und knallgelbe Multisensor-Benthosschlitten MARUM NERIDIS III gleitet mit drei bis vier Knoten Fahrt schnurgerade über den Meeresboden. Seine Piloten an Bord der ALKOR verfolgen den Einsatz in den eisigen Tiefen der Eckernförder Bucht virtuell: in Form der digitalen Messdaten, die der Schlitten aus der Tiefe überträgt.

NERIDIS: Das Kürzel steht für „Neritic Discoverer“. Bei der Namensgebung standen die Nereiden Pate. In der griechischen Mythologie sind sie die Nymphen der Meeres, die in Höhlen am Grund des Meeres wohnen. Die Eigenschaften des Meeresbodens stehen denn auch im Fokus der Messgeräte des Schlittens. Sie übertragen pro Sekunde 25 Datenpakete in den Befehlsstand an Bord der ALKOR. Daraus gewinnen die Wissenschaftler u.a. Informationen über natürliche Süßwasser- und Gasaustritte. MARUM NERIDIS liefert aber auch Daten hinsichtlich Mineralgehalt, Porosität und Korngröße der Oberflächensedimente in 0 bis 50 Zentimeter Tiefe.

All diese Informationen werden durch kombinierte Messungen der elektrischen Leitfähigkeit einerseits und der magnetischen Suszeptibilität, d.h. des Grads der Magnetisierbarkeit der Sedimente andererseits erfasst. Der Meeresboden wird gewissermaßen elektromagnetisch kartiert. Andere aktuell auf NERIDIS installierte Sensoren messen den Wasserdruck, der Aufschluss über die Tauchtiefe des Schlittens gibt, sowie Salzgehalt, Temperatur und Trübungsgrad des Meerwassers.

Wie sich mittels elektromagnetischer Kartierungen diffuse Grundwasseraustritte in der Eckernförder Bucht detailliert identifizieren und daraus resultierende Reduktionsprozesse der Eisenminerale im Sediment aufklären lassen, legt ein kürzlich von Projekt- und Fahrtleiter Hendrik Müller und Mitautoren in der Zeitschrift Geo-Marine Letters publizierter Artikel dar, der auf Messungen mit dem Vorgänger NERIDIS II beruht. Anders als jener kann der neue modulare Profiler wegen seiner größeren Raum-, Batterie- und Rechnerkapazität einfach mit weiteren Sensoren ausgestattet werden, z.B. für die Sedimentechographie, Gammaspektroskopie, Massenspektrometrie oder ADCP Strömungsmessung.

Die zweitägige Ostsee-Messfahrt diente vorrangig dazu, erste Praxiserfahrungen mit dem aus Fiberglaselementen konstruierten und daher sowohl unmagnetischen wie nichtleitenden „Multi-Sensor Benthos Profiler“ zu gewinnen. Die entscheidenden Manöver zum Aussetzen, Absenken, Heben und Aufnehmen des 850 Kilogramm schweren Schlittens (unter Wasser: 400 Kilogramm) wurden erfolgreich getestet und optimiert, ebenso Zugpunkt und Gewichtsverteilung. Sowohl die Gleiteigenschaften über Grund als auch die Datenqualität und -übertragung erfüllen unsere hohen Erwartungen.

NERIDIS III wird für die im Mai 2011 anstehende Expedition 84/4 des Forschungsschiffs METEOR auf dem nordwestlichen iberischen Schelf eine zentrale Rolle spielen. Dann soll das Gerät Profile von mehr als 700 Kilometer Länge abfahren und dabei die Verteilungsmuster der Oberflächensedimente des Galizischen Schlammgürtels sowie die ober- und unterhalb der Schelfkante anzutreffenden Glaukonit haltigen und teilweise welligen Sandfelder kartieren. Damit wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie Sedimentexport, Ablagerungsformen und Sedimentzusammensetzung durch die Topographie und Hydrographie des Schelfs gesteuert werden.

Derweil werden die nächsten Einsätze des MARUM-NERIDIS bereits intensiv geplant. In naher Zukunft soll das Gerät in der Ost- und Nordsee sowie vor den Küsten der neuseeländischen Nordinsel auf Tauchfahrt gehen.

Dicker Fisch am Haken? Die Augen sind Einström- und Kameraöffnungen, die mit Polyäthylen ummantelte Bugnase soll über Hindernisse hinweggleiten.

Vor dem Einsatz: MARUM-NERIDIS auf dem Arbeitsdeck des Forschungsschiffs ALKOR.

Ein Blick in die Technik: Vorne das Steuer- und Rechnermodul und das Lithium-Batteriemodul, dahinter die ein Meter große Elektromagnetik Sensorspule.