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Logbuch SONNE SO263

Am 1. Juni 2018 werden wir die Expedition SO263 TONGARIFT mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE in Suva, Fidschi, beginnen.

An Bord werden insgesamt 34 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Institute sein: des GeoZentrum Nordbayern, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Fahrtleitung: Prof. Dr. Karsten Haase), der Jacobs University Bremen, der Universität Bremen, des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, des MPI in Bremen, der Universität Münster, der Universität Bayreuth, sowie internationale Partner der Universitäten Victoria und Ottawa in Kanada und der Universität Hawaii. Außerdem wird uns eine Beobachterin aus Tonga begleiten.

Unser Ziel befindet sich zwei Tagesreisen von Suva entfernt: der Tonga-Inselbogen, ein Unterwassergebirge mit Dutzenden von aktiven und inaktiven Vulkanen am Grund des Meeres zwischen 700 und 2000 Metern Wassertiefe.

Im Mittelpunkt unserer Expedition steht die Erforschung und Charakterisierung der geologischen und geochemischen Prozesse sowie biologischen Aktivitäten am Tonga-Inselbogen, da sich diese Hydrothermalsysteme stark von denen an mittelozeanischen Rücken unterscheiden.

Zur Probenahme an den aktiven hydrothermalen Quellen wird der Tiefseeroboter MARUM-QUEST eingesetzt, der auch Proben von Gesteinen, Erzen oder Organismen wie Muscheln mit an Bord bringt. Ein videogesteuerter Greifer wird große Mengen an Gesteinen sammeln, während ein Kranzwasserschöpfer, bestückt mit verschiedenen Onlinesensoren, mehrere Liter Wasserproben aus unterschiedlichen Tiefen nehmen kann.

Wir werden Wasserproben sowohl direkt an der hydrothermalen Quelle, als auch entlang der gesamten Wassersäule bis zur Oberfläche nehmen. Dabei geht es vor allem um die Charakterisierung der bisher wenig untersuchten Stoffeinträge von hydrothermalen Systemen des Tonga-Inselbogens in den Ozean und deren Bedeutung für den globalen Stoffhaushalt der Meere sowie die lokalen chemischen und biologischen Prozesse in der Wassersäule und am Meeresboden.

Hier berichten die Forscherinnen und Forscher in einem Logbuch vom Leben und Arbeiten an Bord.

Logo der Expedition
Logo der Expedition
FS SONNE im Hafen von Suva (Fidschi) (Foto: Christoph Beier (FAU))
FS SONNE im Hafen von Suva (Fidschi) (Foto: Christoph Beier (FAU))
Schwarzer Raucher entlang des Kermadec-Inselbogens, der südlichen Fortsetzung des Tonga-Bogens, aufgenommen vom Tauchroboter MARUM-QUEST während der Expedition SO253 im Januar 2017. (Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)
Schwarzer Raucher entlang des Kermadec-Inselbogens, der südlichen Fortsetzung des Tonga-Bogens, aufgenommen vom Tauchroboter MARUM-QUEST während der Expedition SO253 im Januar 2017. (Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)

26. Juni: Die Expedition SO263 geht zu Ende – Zahlen bitte!

Gruppenbild der Wissenschaftler der Expedition SO263. Foto: W. Borchert
Gruppenbild der Wissenschaftler der Expedition SO263. Foto: W. Borchert

Mittlerweile befinden wir uns schon wieder auf dem Transit zurück nach Suva, Fidschi, wo wir am Mittwoch den 27. Juni morgens gegen 8 Uhr einlaufen werden. Wir freuen uns schon mit „Bula“ begrüßt zu werden (fidschi für Hallo).

Alle Zargeskisten sind gepackt, im Container verstaut und gesichert. Nun werden noch die Labore gereinigt, letzte Daten ausgewertet, der Fahrtbericht geschrieben und Kammern aufgeräumt, bevor wir am Donnerstag die SONNE – unsere Heimat für die vergangenen vier Wochen – verlassen müssen.

Die Expedition war sehr erfolgreich, und insbesondere die Doktoranden und Postdoktorandinnen an Bord haben viel Material, um in den kommenden Jahren ihre Dissertationen und Publikationen zu schreiben.

Hier noch ein paar Zahlen zur SO263:

35 Wissenschaftler
21 Arbeitstage
131 Stationen

17 MARUM-QUEST Tauchgänge
62 TV-Greifer Stationen
22 Einsätze für das Vulkanitstoßrohr
19 Mal kam der Kranzwasserschöpfer (CTD) zum Einsatz

3000 Liter Wasser hat die CTD an Deck gebracht
300 Gesteinsproben und 50 Sulfidproben wurden vom Meeresboden genommen
162 separate Fluid- und Plume-Proben mit mehr als 500 Unterproben wurden bearbeitet
334 Grad Celsius hatte die heißeste Fluidprobe
277 Muscheln wurden gesammelt, wovon 140 direkt an Bord seziert worden
116 Zargeskisten mit wissenschaftlichen Equipment befinden sich in zwei Containern

4000 Eier haben wir gegessen
500 Kilogramm Fleisch wurden verarbeitet
405 Liter Kaffee haben wir getrunken

2 Inseln sorgten für Abwechslung im ewigen Blau
1 Hai hat die SONNE einen Tag lang begleitet

In zwei Monaten heißt es dann: Container und Kisten auspacken; wobei einige von uns schon wieder an Packlisten für die nächste Expedition denken.

Ein Weißspitzen-Riffhai, der uns einen ganzen Tag begleitet hat. Foto: W. Borchert
Ein Weißspitzen-Riffhai, der uns einen ganzen Tag begleitet hat. Foto: W. Borchert
Foto der SONNE, mit einer Drohne aufgenommen. Foto: S. Meinecke
Foto der SONNE, mit einer Drohne aufgenommen. Foto: S. Meinecke

25. Juni: Gesteine vom Meeresboden

Die Arbeitsgruppe um Fahrtleiter Prof. Dr. Karsten Haase beprobt im Rahmen der SO263 Gesteine, die häufig an Subduktionszonen und den damit verbundenen Vulkanen zu finden sind. Das Ziel ist es, die Prozesse, die bei der Bildung und beim Aufstieg von Magmen in Subduktionszonen eine Rolle spielen, besser zu verstehen und neue Erkenntnisse über die magmatischen und hydrothermalen Stoffkreisläufe zu erhalten.

 

Karsten Haase holt eine Gesteinsprobe aus dem TV-Greifer. Foto: S. Krumm, FAU
Karsten Haase holt eine Gesteinsprobe aus dem TV-Greifer. Foto: S. Krumm, FAU

Dafür werden Proben magmatischer Gesteine und Sulfide an aktiven hydrothermalen Austritten des Meeresbodens von sogenannten schwarzen Rauchern genommen. Viele der geologischen Proben werden mit einem hydraulischen, videogeführten Greifer (TV-Greifer) durchgeführt. Hier wird der Meeresboden punktuell an ausgewählten Lokalitäten beprobt. Diese Art der Probenahme ermöglicht es den Petrologen und Geochemikern an Bord, die Probenlokalitäten über die eingebaute Kamera des Greifers live zu sehen und mit Hilfe der großen Baggerschaufel eine größere Menge an Gesteinen gezielt an Deck des Schiffes zu hieven. Tagsüber werden zudem gezielt Probengebiete mit dem MARUM-QUEST erforscht.

Ein Stück eines schwarzen Rauchers, das mit dem TV-Greifer geborgen wurde. Foto: B. Schleifer, FAU
Ein Stück eines schwarzen Rauchers, das mit dem TV-Greifer geborgen wurde. Foto: B. Schleifer, FAU
Milena Schönhofen und Thomas Günther bei der Proben-Dokumentation im Labor. Foto: S. Krumm, FAU
Milena Schönhofen und Thomas Günther bei der Proben-Dokumentation im Labor. Foto: S. Krumm, FAU

Eine weitere Methode geologische Proben zu gewinnen, ist das Vulkanitstoßrohr – eine sehr verlässliche, da ohne viel moderne Technik auskommende Methode, bei der ein mit Gewichten beschwertes Rohr auf die Gesteine aufschlägt und vulkanisches Glas in bestimmten Vorrichtungen hängen bleibt. Diese Gläser entstehen, wenn heißes Magma (etwa 1.250 Grad Celsius) unter Wasser ausfließt und durch den Temperaturunterschied abgeschreckt wird. Diese Gläser gelten unter Geologen als wichtige Indikatoren für die Zusammensetzung der Magmen und sind ein wichtiger Bestandteil petrologischer und geochemischer Forschungsarbeiten. Wenn die Gesteins-, Sulfid- und Glasproben an Deck sind, werden sie von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftern für weitere, in den jeweiligen beteiligten Instituten stattfindende geochemische Analysen vorbereitet.

Diese Arbeiten umfassen das Auswählen und Sortieren der Proben sowie deren genaue Dokumentation. Zunächst werden die Gesteinsproben fotografiert, vermessen und gesägt. Darauf folgt die Beschreibung der Gesteine und Mineralvorkommen, sowie das Dokumentieren von Texturen und Aussehen. Die Proben sind dann bereit für ihren Transport nach Erlangen, an das GeoZentrum Nordbayern der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, wo weitere Analysen durchgeführt werden.

Das Team von Fahrtleiter Karsten Haase (von links): Karsten Haase, Bernd Schleifer, Thomas Günther, Stefan Krumm, Bettina Storch, Milena Schönhofen, Christoph Beier. Foto: W. Borchert
Das Team von Fahrtleiter Karsten Haase (von links): Karsten Haase, Bernd Schleifer, Thomas Günther, Stefan Krumm, Bettina Storch, Milena Schönhofen, Christoph Beier. Foto: W. Borchert

21. Juni: Mikrobielle hydrothermale Lebensgemeinschaften

Eine „Besiedlungs-Kammer“ in einer warmen, hydrothermalen Quelle. Die Kammer besteht aus einer durchlässigen Röhre, in der ein künstlicher Schwamm als Lebensraum dient. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Eine „Besiedlungs-Kammer“ in einer warmen, hydrothermalen Quelle. Die Kammer besteht aus einer durchlässigen Röhre, in der ein künstlicher Schwamm als Lebensraum dient. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Die auf der Erde vorkommenden Lebensformen werden in drei Bereiche eingeteilt. Zwei der Bereiche umfassen Lebewesen, die so klein sind, dass man sie nur mit einem Mikroskop sehen kann – die sogenannten Mikroorganismen, sie gehören zu den Domänen der Bakterien und Archaeen. Zur dritten Lebensform, den Eukaryoten, zählen alle Lebewesen, die wir tagtäglich um uns herum sehen – Pflanzen und Tiere zum Beispiel, aber zugleich auch viele Mikroorganismen – die Protisten, welche im Gegensatz zu den Bakterien und Archaeen einen komplexeren Aufbau und Lebensstil haben. Zwei der Mikrobiologinnen an Bord der SONNE versuchen herauszufinden, welche Mikroorganismen in diesem extremen Lebensraum nahe vulkanischer Systeme leben und wie sie das Leben auf dem Meeresgrund beeinflussen. 

Bledina Dede (Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland) ist an den Bakterien und Archaeen interessiert, welche auf und an den hydrothermalen Quellen leben. Das Meerwasser und die Gesteine in der Nähe dieser Systeme stellen einen Lebensraum für Millionen Mikroorganismen dar. Daher werden große Mengen an Wasserproben filtriert und Gesteinsoberflächen sorgfältig abgekratzt, um genügend Biomasse für DNS/RNS-Sequenzierungen zu sammeln. Diese ermöglichen eine genaue Charakterisierung der mikrobiellen Lebensgemeinschaften und ihrer metabolischen Fähigkeiten. Zusätzlich wird Meerwasser mit verschiedenen Substraten inkubiert, die von chemolithotrophen Bakterien als „Treibstoff“ verwendet werden können. Dabei wandeln die Bakterien Kohlenstoff in organische Materie um, ganz ohne Sonnenlicht. Die Inkubationsexperimente helfen uns, Veränderungen der mikrobiellen Lebensgemeinschaften auf Grund der Umwelt zu verstehen, und sie liefern zusätzliche Informationen über mögliche Nahrungsquellen der Mikroorganismen.

Sheryl Murdock (Universität Victoria, Kanada) setzt für mehrere Tage „Besiedlungs-Kammern“ in den Quellen der warmen und diffusen Hydrothermalfluide aus, um so Protisten „einzufangen“ und – nach der Bergung des Moduls – im Labor weiter untersuchen zu können. Die „Besiedlungs-Kammern“ selber locken ersteinmal nur Bakterien und Archaeen an, welche in großen Mengen in den warmen Fluiden leben. Diese wiederum dienen dann als Köder für die Protisten. Im Labor werden die Protisten in „Labor-Röhrchen“ gezüchtet, unter anderem um ihr Verhalten zu charakterisieren und genug Material für DNS-Analysen zu erhalten. Informationen über die dazugehörigen Fluidproben (aus denen die Protisten stammen), helfen den Lebensraum dieser Organismen und ihrer chemischen Toleranzen gegenüber den extremen Lebensbedingungen weiter zu beschreiben.

Die Mikrobiologinnen Sheryl Murdock und Bledina Dede im Labor. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Die Mikrobiologinnen Sheryl Murdock und Bledina Dede im Labor. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Zwei Röhrchen in denen Bakterien gezüchtet wurden. Im linken Glas sieht man das Wachstum anhand der trüben Punkte. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Zwei Röhrchen in denen Bakterien gezüchtet wurden. Im linken Glas sieht man das Wachstum anhand der trüben Punkte. Foto: C. Kleint, Jacobs University

19. Juni: Spurenmetalleintrag in den Ozean

Neben den Fluidchemikern der Universität Bremen, die sich vor allem mit den Gasen in den Fluiden beschäftigen, besteht das Team der Fluidchemiker und Fluidchemikerinnen an Bord aus Annika Moje, Charlotte Kleint und David Ernst von der Jacobs Universität in Bremen, Britta Planer-Friedrich von der Universität Bayreuth, Ingo Meierhoff aus Münster, Christian Peters von der Universität Münster sowie Frederike Wilckens vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen.

Das Fluidchemie-Team der SO263. Oben, von links: Patrick Monien, David Ernst, Charlotte Kleint, Britta Planer-Friedrich, Christian Peters, Ingo Meyerhoff. Unten, von links nach rechts: Stefan Sopke, Alexander Diehl, Annika Moje, Frederike Wilckens. Foto: S. Krumm, FAU
Das Fluidchemie-Team der SO263. Oben, von links: Patrick Monien, David Ernst, Charlotte Kleint, Britta Planer-Friedrich, Christian Peters, Ingo Meyerhoff. Unten, von links nach rechts: Stefan Sopke, Alexander Diehl, Annika Moje, Frederike Wilckens. Foto: S. Krumm, FAU

Das Team arbeitet mit den Fluiden, die aus den hydrothermalen Plumes mithilfe des Kranzwasserschöpfers und von den heißen sowie diffusen Quellen mithilfe des MARUM-QUEST genommen werden. Eine Fragestellung, die uns interessiert, ist zum Beispiel, wieviel Arsen und Eisen aus den unterschiedlichen Quellen austritt und wie weit wir diese Elemente in der Wassersäule „verfolgen“ können. Schaffen sie es bis in die oberen 200 Meter des Meeres, die photische Zone, wo die Bioproduktivität am höchsten ist und die meisten Organismen wohnen? Eisen ist ein wichtiger, aber limitierter Nährstoff für fast alle marinen Organismen, wohingegen Arsen eine toxische Wirkung haben kann. Gerade im Umfeld von heißen Quellen gibt es jedoch auch viele Mikroorganismen, die Arsen zumindest tolerieren, teils sogar zum Energiegewinn nutzen können.

Bereits an Bord werden viele Parameter der Fluide bestimmt. So werden direkt nach der Probenahme der pH-Wert, Sauerstoffgehalt, der Salzgehalt und das Redoxpotential (Eh-Wert) der Fluide und Plumes gemessen. Zudem werden Eisen-, Sulfid-, Magnesium-, Calcium- und Chlor-Konzentrationen an den Fluiden bestimmt. Anhand dieser ersten Ergebnisse können wir bereits abschätzen, wie gut die Probenahme funktioniert hat, das heißt wie rein die gesammelten hydrothermalen Fluide sind. Außerdem können erste Aussagen darüber getroffen werden, welche Prozesse und Quellen die hydrothermalen Fluide beeinflusst haben.

Der Großteil der Arbeit im Labor an Bord besteht aber darin, die Proben für den Transport und die späteren Analysen im Labor zu Hause vorzubereiten. Da viele der Komponenten unter Oberflächenbedingungen nicht stabil sind, muss es immer sehr schnell gehen. So stehen alle Fluidchemiker ungeduldig bereit, sobald der Kranzwasserschöpfer oder das MARUM-QUEST an Bord kommen, um möglichst schnell die Proben zu bearbeiten. Abhängig von der späteren Methodik werden die Fluide in verschiedenen Größenfraktionen filtriert, teilweise angesäuert, gekühlt oder eingefroren. Für einige Analysen an Land werden zudem die leicht flüchtigen Komponenten der Fluide fixiert, um später richtige und präzise Ergebnisse zu gewährleisten.

Frederike Wilckens führt erste Messungen (Titration) der Proben durch. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Frederike Wilckens führt erste Messungen (Titration) der Proben durch. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Annika Moje beim Bearbeiten der Proben. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Annika Moje beim Bearbeiten der Proben. Foto: C. Kleint, Jacobs University

18. Juni: MARUM-QUEST findet Greifer-Beprobungsstelle

Das MARUM-QUEST hat bei unserem heutigen Tauchgang auf einer südlichen Erhebung in der Niuatahi Caldera eine Stelle gefunden, die am Tag zuvor mit dem videogesteuerten Greifer beprobt wurde – sichtbar ist die Stelle als „weißes Loch“ im Bild.

 

Die verschiedenen Kamera-Ansichten des MARUM-QUEST. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Die verschiedenen Kamera-Ansichten des MARUM-QUEST. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Trotz der Größe der Baggerschaufeln und der eher einfachen Technik zeigt sich, dass mit Hilfe des Greifers Proben sehr gezielt genommen werden können, ohne dabei größere Schäden am Meeresboden anzurichten.

Das Bild zeigt sehr eindrucksvoll die verschiedenen Kamera-Ansichten des MARUM-QUEST, die die detaillierte Navigation und Probenahme mit dem ferngesteuerten Tauchroboter ermöglichen.

15. Juni: Angekommen im dritten Arbeitsgebiet – Niuatahi Caldera

Heute haben wir unser Arbeitsprogramm im dritten Arbeitsgebiet der SO263, der Niuatahi Caldera, begonnen. Während des ersten Tauchgangs haben wir gleich zwei neue Temperaturrekorde für diese Expedition aufgestellt. Zwei schwarze Raucher mit Temperaturen von je 324 und 334 Grad Celsius wurden erfolgreich beprobt.

Die Petrologen und Fluidchemiker der Arbeitsgruppe „Petrologie der Ozeankruste“ der Universität Bremen und des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften – Wolfgang Bach, Patrick Monien, Alexander Diehl und Stefan Sopke – beschäftigen sich mit der Beprobung und Analyse der aus den Schloten der schwarzen und weißen Rauchern austretenden hydrothermalen Fluide.

Neben grundlegenden Parametern wie Temperatur und pH-Wert werden die Alkalinität, die sogenannte Säurepufferkapazität des Wassers, sowie die Konzentrationen an Wasserstoff und Methan direkt an Bord bestimmt.

Alexander Diehl füllt eine IGT-Probe in eine gasdichte Spritze. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Alexander Diehl füllt eine IGT-Probe in eine gasdichte Spritze. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Patrick Monien bestimmt die Alkalinität an einer IGT-Probe. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Patrick Monien bestimmt die Alkalinität an einer IGT-Probe. Foto: C. Kleint, Jacobs University

Für die Beprobung werden dabei sogenannte „IGT-Sampler“ eingesetzt. Die Abkürzung steht für „isobaric gas-tight“. Diese speziellen Fluidprobenschöpfer ermöglichen es, die am Meeresboden gewonnenen Proben ohne Druckentlastung an Bord des Schiffes zu holen und damit einen Verlust der im Fluid gelösten Gase zu verhindern. Eine Druckentlastung findet erst statt, wenn eine kleine Teilprobe in eine gasdichte Glasspritze gefüllt wird. Dort perlen die Gase aus der Flüssigkeit aus, ähnlich wie beim Öffnen einer Sprudelwasserflasche. Im Anschluss wird das ausgeperlte Gas in einen Gaschromatographen injiziert und in seine einzelnen Komponenten aufgeteilt, bevor zwei Detektoren simultan die Konzentrationen der Gase Methan und Wasserstoff ermitteln. Gerade die Konzentration des Gases Wasserstoff mit seiner reduzierenden Wirkung bestimmt das chemische Milieu im Untergrund und die Art der Wechselwirkung zwischen den heißen Lösungen und dem Vulkangestein.

Dieser Schlüsselparameter wird uns ermöglichen, mithilfe von thermodynamischen Berechnungen die chemischen Prozesse, die tief am Ozeanboden unter den hydrothermalen Feldern stattfinden, zu verstehen. Die Gasgehalte spielen weiter eine wichtige Rolle für die an den Schloten lebenden Lebewesen, da sie unter anderem den „Treibstoff“ für die Chemosynthese-treibenden Organismen darstellen.

Die Proben aus den IGT-Samplern werden unter den beteiligten Fluidchemikern der Universität Bremen, der Jacobs Universität, der Universität Münster sowie der Universität Bayreuth aufgeteilt, um eine komplette Analyse dieser aufwendig geborgenen Fluide zu gewährleisten.

IGT-Probe in gasdichter Spritze; man sieht das Ausperlen der Gasblasen. Foto: A. Diehl, Universität Bremen
IGT-Probe in gasdichter Spritze; man sieht das Ausperlen der Gasblasen. Foto: A. Diehl, Universität Bremen
 

10. Juni: „Mussel Mania“ – Niua North

Nachdem wir in dem rund 1200 Meter tiefen Arbeitsgebiet Niua South jede Menge Gesteinsproben und Fluide über 300°C beproben konnten, ist unser nächstes Arbeitsgebiet Niua North.

Dieses liegt in nur circa 700 Meter Wassertiefe, und, wie der Name schon andeutet, etwa zehn Kilometer nördlich vom ersten Arbeitsgebiet Niua South.

Der Hydrothermalismus äußert sich hier ganz anders – nicht in Form von schwarzen Rauchern, sondern eher als weiße Raucher. Die Fluide sind sehr sauer (pH 1.8), sehr schwefelhaltig und gasreich; das Ventfeld wird auch Hellow Vents genannt.

Während wir in Niua South nur eine einzige Muschel gefunden haben, gibt es in Niua North gleich ein ganzes Feld von Muscheln: Mussel Mania.  Die Mikrobiologinnen und Mikrobiologen Merle Ücker und Miguel Ángel González Porras vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen warten schon gespannt auf die ersten Muscheln aus diesem Gebiet.

Das Netz, mit dem MARUM-QUEST jede Menge der Bathymodiolus Muscheln eingesammelt hat, wird in einer Schublade am ROV sicher verstaut. Sobald das MARUM-QUEST an Deck kommt, muss es schnell gehen: Um eine „Veränderung“ der Muscheln zu verhindern, werden sie sofort im Labor der FS SONNE seziert. Das für die Mikrobiologinnen und Mikrobiologen interessanteste Organ sind die stark ausgeprägten Kiemen, welche bakterielle Symbionten enthalten. Diese Symbionten sind der Grund, warum die Muscheln „da unten” überhaupt überleben können; wo es dunkel ist und eigentlich kein organisches Material als Nahrung zur Verfügung steht.

Miguel Ángel González Porras und Merle Ücker vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen mit zwei der Bathymodiolus Muscheln im Labor. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Miguel Ángel González Porras und Merle Ücker vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen mit zwei der Bathymodiolus Muscheln im Labor. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Mussel Mania in Niua North. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Mussel Mania in Niua North. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Weißer Raucher in Niua North, Hellow Vents. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Weißer Raucher in Niua North, Hellow Vents. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Die Symbionten sind in der Lage, die chemischen Verbindungen aus den hydrothermalen Fluiden als Energie zu nutzen, um Biomasse herzustellen, ein Prozess, der als Chemosynthese bekannt ist. Die Biomasse wird direkt an ihren Wirt weitergeleitet – die Muschel.

Zurück in Bremen werden die Kiemen der Muscheln im Labor weiter untersucht. Durch „Molekularsprache“ wollen die Mikrobiologinnen und Mikrobiologen verstehen, wie die Symbionten mit den Muscheln interagieren, wie divers die Symbionten sind und welchen Einfluss die Umwelt auf ihre Population hat.

 

 

Eine geöffnete Bathymodiolus Muschel, bereit für die Sezierung. Foto: C. Kleint, Jacobs University
Eine geöffnete Bathymodiolus Muschel, bereit für die Sezierung. Foto: C. Kleint, Jacobs University

7. Juni: Proben vom ersten Arbeitsgebiet – Niua South

Nachdem alle Labore nun vollständig eingerichtet sind und die Geräte bereit für ihre Einsätze, haben wir mit Freude und Neugier die ersten Proben erwartet.

Je vier erfolgreiche TV-Greifer-Einsätze in den Nächten vom 3. bis zum 7. Juni brachten jeweils viele Kilogramm Gesteine zwischen 600 und 1500 Metern Tiefe an Bord der SONNE.

Christoph Beier und Bernd Schleifer mit einem Basalt vor dem TV-Greifer (S. Krumm, FAU)
Christoph Beier und Bernd Schleifer mit einem Basalt vor dem TV-Greifer (S. Krumm, FAU)

Die Gesteine reichen von Bimsen, wie sie häufig in Inselbögen zu finden sind, zu basaltischen Gesteinen, die für das Verständnis der Bildungsprozesse von Niua South wichtig sind. Die Spannbreite der Gesteinstypen, die wir finden, erlaubt uns, die Probennahme der nächsten Nächte basierend auf den Gesteinen und Bildern der vorhergehenden TV-Greifer anzupassen und so eine effiziente Probennahme zu gestalten. An Bord der Sonne werden die Gesteine gleich bearbeitet, gesägt, beschrieben und für den Transport in die Heimat verpackt.

Im ersten Arbeitsgebiet Niua South wurden zusätzlich 4 Kranzwasserschöpfer-Profile (sogenannte tow-yos) gefahren, um mögliche Plumes in der Wassersäule zu detektieren. Hierfür wird der Wasserschöpfer in unterschiedlichen Tiefen hinter der SONNE (die mit nur 1 Knoten das ausgewählte Profil abfährt) hergezogen, wobei die angebrachten Sensoren kontinuierlich und live Messdaten wie Tiefe, Salinität, Druck und – als wichtigster Parameter für uns – Trübe übertragen. Ein Trübesignal deutet auf Partikel in der Wassersäule hin und ist meist ein Anzeichen für einen hydrothermalen Plume. In diesen Tiefen werden dann die Flaschen am Kranzwasserschöpfer per Knopfdruck aus dem Labor geschlossen. Bis zu 24 Flaschen mit je 12 Liter Volumen können so gefüllt werden. Wieder an Deck stehen schon alle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bereit, um sich Proben aus den entsprechenden Flaschen und Tiefen abzufüllen.

Durch diese Profile und spätere Analysen können wir abschätzen, wie weit sich der Plume ausbreitet – lateral und vertikal.

Wasserkranzschöpfer an Deck der SONNE (C. Kleint, Jacobs University)
Wasserkranzschöpfer an Deck der SONNE (C. Kleint, Jacobs University)
MARUM-QUEST an Bord der SONNE (M. Anderson, GEOMAR)
MARUM-QUEST an Bord der SONNE (M. Anderson, GEOMAR)
Aussetzen vom MARUM-QUEST (D. Ernst, Jacobs University)
Aussetzen vom MARUM-QUEST (D. Ernst, Jacobs University)

Unser wichtigstes Probenahme-Gerät, das „MARUM-QUEST“, taucht bereits zum zweiten Mal und liefert uns spektakuläre Bilder und Proben vom Meeresboden. Nachdem es 1200 Meter durch die Wassersäule abgetaucht ist, landete es direkt in einem Gebiet mit aktiven und inaktiven hydrothermalen Rauchern und wir konnten somit recht schnell mit der ersten Probenahme beginnen.

 

Schwarzer Raucher in Niua South (MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)
Schwarzer Raucher in Niua South (MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)
Fluidprobenahme am schwarzen Raucher in Niua South (MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)
Fluidprobenahme am schwarzen Raucher in Niua South (MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)

Neben Gesteinen und Erzen, sammelt „QUEST“ auch Fluide, sowie biologische Proben wie Muscheln, Schnecken oder Röhrenwürmer ein. Die erste Bearbeitung der Proben beginnt direkt in den Laboren der SONNE und dauert bis in die Nacht, während zeitgleich bereits das nächste Gerät von Deck gelassen wird, um weitere Proben an Bord zu bringen.   

Schnecke „Alviniconcha“ von aktiven hydrothermalen Quellen in Niua South (D. Ernst, Jacobs University)
Schnecke „Alviniconcha“ von aktiven hydrothermalen Quellen in Niua South (D. Ernst, Jacobs University)

03. Juni: SO263 TongaRift ist gestartet

Am Morgen des 31.05. bezogen alle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihre Kammern an Bord des “FS Sonne”. Da es auch alle Container samt Luftfracht rechtzeitig nach Suva geschafft haben, konnten wir pünktlich am 1. Juni gegen 9:00 Ortszeit den Hafen von Suva auf den Fidschi-Inseln Richtung Osten – Kurs Tonga – verlassen. An Bord sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen, wie Petrologie, Geochemie, Ozeanographie und Biologie. Starker Wind und deutlicher Seegang bereiten noch dem ein oder anderen Fahrtteilnehmer Probleme, aber die Wetterprognosen versprechen Besserung. Da ja ein voller Magen gut gegen Seekrankheit ist, sind wir sehr dankbar für das sehr leckere Essen an Bord.

An Bord gehen am Vormittag des 31.5.2018 (Foto: D. Ernst, Jacobs University)
An Bord gehen am Vormittag des 31.5.2018 (Foto: D. Ernst, Jacobs University)
Leeres Labor an Bord der SONNE (Foto: D. Ernst, Jacobs University)
Leeres Labor an Bord der SONNE (Foto: D. Ernst, Jacobs University)
Labor-Vorbereitungen und Einrichten (Foto: D. Ernst, Jacobs University)
Labor-Vorbereitungen und Einrichten (Foto: D. Ernst, Jacobs University)

Die zwei Tage Transit zum ersten Arbeitsgebiet verwenden wir dazu, die leeren Labore des Schiffes mit ihren jeweiligen Arbeitsgeräten in funktionierende Arbeitsplätze zu verwandeln. Das Spektrum ist groß und reicht von grober mechanischer Zerkleinerung wie Sägen bis hin zu Mini-Reinsträumen für spurenmetallfreies Arbeiten.

Zudem werden die mitgebrachten Instrumente, wie z.B. der Gaschromatograph zur Bestimmung von Gasgehalten oder das Photometer zur Analyse von Sulfid- und Eisenkonzentrationen, auf ihre Funktionsfähigkeit getestet. Aber nicht nur drinnen, auch draußen an Deck werden die Großgeräte, wie der Wasserschöpfer, der TV-Greifer und natürlich der Tauchroboter, das ROV MARUM-QUEST, für den Probeneinsatz vorbereitet. Hierbei unterstützt uns die sehr erfahrene und hilfsbereite Mannschaft und auch kleinere Anliegen werden schnell gelöst.

Am Nachmittag des 3. Juni findet die erste Probenahme statt. Hierbei werden mithilfe des Kranzwasserschöpfers Wasserproben aus unterschiedlichen Tiefen genommen. Diese Wasserproben dienen zur Analyse von “Hintergrund”-Konzentrationen und zur Kalibrierung der verschiedenen Geräte. Anschließend folgt ein Nachteinsatz des TV-Greifers, der die ersten Gesteinsproben vom Meeresgrund liefern wird. Die erste Probenahme durch das MARUM-QUEST ist für den 5. Juni geplant.

Seegang während des Transits (Foto. S. Krumm, FAU)
Seegang während des Transits (Foto. S. Krumm, FAU)
Auslaufen des FS SONNE aus Suva, Fiji (Foto: D. Ernst, Jacobs University)
Auslaufen des FS SONNE aus Suva, Fiji (Foto: D. Ernst, Jacobs University)

Wir sind gespannt und freuen uns schon auf die ersten Proben und spektakulären Bilder der Hydrothermalsysteme.