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RV METEOR Cruise M70/3

Heraklion/Kreta - Heraklion/Kreta
26. November - 8. Dezember 2006

2. und letzter Wochenbericht 03.12. - 08.12.2006

In der zweiten Arbeitswoche unserer Expedition mussten wir bereits an den Abschluss unserer Untersuchungen denken, welche die Einstellungen der Stationsarbeiten am Donnerstag um 6:00 Uhr morgens vorsah. Daher haben wir am Sonntag während eines längeren Meetings die bisherigen Ergebnisse diskutiert und die Prioritäten der folgenden Tage festgelegt. Wichtiger Programmpunkt am Sonntag war der Tauchgang in den zentralen Teil des Amsterdam Schlammvulkans. Dort waren in der ersten Woche 2 Gasaustritte am Meeresboden mit QUEST untersucht worden. Die Besiedlung dieser Cold Seeps mit Pogonophoren, sowie kleinwüchsigen Muscheln bewegte unsere französische Kollegin, an einem der Gas Seeps sogenannte Kolonisatoren bis zum nächsten Jahr auszubringen. Die Idee dahinter ist, dass Seeporganismen die Substrate der Kolonisatoren nutzen und sich auch dort ansiedeln, so dass im nächsten Jahr mit dem französischen Forschungsschiff "Pourquoi pas" die Kolonisatoren mit den angesiedelten Organismen lebend geborgen werden können. Das Absetzen dieser schweren Geräte gelang und der verbleibende Rest des Tauchganges wurde dazu benutzt, um am Meeresboden weitere Gasaustritte zu explorieren. Eine dritte Gasaustrittsstelle mit deutlich größeren Mengen an freiem Gas wurde gefunden. Dort haben wir dann erstmals einen neu entwickelten druckdichten Gasprobennehmer eingesetzt. Gasblasen wurden in einem umgekehrten Trichter eingesammelt, die sich bei dem hohen Druck in 2000 m Wassertiefe und 14°C direkt in Gashydrat umwandelten. Das Gashydrat wurde aber dann in den druckdichten Behälter gezogen, so dass das ursprüngliche Gas über die Speicherung im Gashydrat in den Probenbehälter überführt werden konnte. Dies gelang und wir haben bei der Zusammensetzung der ehemals freien Gasphase festgestellt, dass neben der Hauptphase Ethan nur zu geringen Anteilen im freien Gas eine Rolle spielt. Die Gashydrate im Sediment haben deutlich höheren Ethangehalt.

Am Montag, den 4.12., haben wir MOVE noch ein zweites Mal ausgebracht. Während es autonom seine Messungen am Meeresboden durchführte, haben wir den 7. Tauchgang am Athina Schlammvulkan unternommen. Obwohl wir eigentlich ein längeres Tauchprofil über beide Gipfel des Schlammvulkans geplant hatten, haben wir nur den ersten Teil abarbeiten können. Dabei wurden aber riesige Areale mit authigenen Karbonaten und üppigen Bartwürmern entdeckt, die in dieser Dichte bisher aus dem östlichen Mittelmeer nicht bekannt waren (Abb. 1). In der Nacht konnte MOVE sicher geborgen werden und die Auswertung der Datenregistrierung zeigte, dass das System erstmals in 2000 m Wassertiefe erfolgreich gearbeitet hatte. Vor dem nächsten Tauchgang, bei dem das französische autonome Kamerasystem zur Registrierung der Veränderung der Seepgemeinschaften über ein Jahr ausgebracht wurde, gab es dann wieder ein Programm mit Autoklavkolbenlot und Schwerelot. In der folgenden Nacht wurden spezielle Parasoundprogramme zur Registrierung von akustischen Plumes in der Wassersäule gefahren und auch dies gelang (Abb. 2). Mit einem letzten Tauchgang auf dem Thessaloniki Schlammvulkan und einem nächtlichen Kernprogramm wurden die Stationsarbeiten am Donnerstag, den 7.12., um 6:00 Uhr für die M70/3 eingestellt. Obwohl sehr kurz, war die Fahrt mit 9 ROV-Tauchgängen, 10 Schwerelotstationen, 2 Multicorern, 5 Autoklavprobeneinsätzen, 2 MOVE-Einsätzen und zusätzlichem Vermessungsprogramm sehr erfolgreich. Wir danken Kapitän Niels Jakobi und seiner professionellen Mannschaft für die großartige Unterstützung während der Fahrt.

Es grüßt im Namen der Fahrtteilnehmer
Gerhard Bohrmann

FS METEOR, den 8. Dezember 2006

Abb.1: Überhängender Fels der vollkommen mit Bartwürmern überwachsen ist. An der Westseite des Athina Schlammvulkans wurde während des 135. Tauchgangs von ROV QUEST ein sehr großes Areal aktiver Fluidaustritte mit enorm dichter Besiedelung von chemosynthetischen Organismengemeinschaften entdeckt. Solche Cold Seeps waren bisher aus dem Mittelmeer unbekannt.

Abb. 3: Das Unterwasserfahrzeug MOVE ist eine mobile Plattform auf Rädern, die mit verschiedenen Sensoren bestückt längere Zeit autonom am Meeresboden operieren kann. Während der M70/3 kam das Gerät erstmals zum Einsatz in Wassertiefen um 2000 m.

1. Wochenbericht 26.11. - 02.12.2006

Am Sonntag den 28. November legte FS METEOR um 10 Uhr Ortszeit von der Pier im Hafen von Heraklion auf Kreta zu einer kurzen Reise in das ca. 75 Seemeilen südlich von Antalya gelegene Gebiet des Anaximander Gebirges ab. Das untermeerische Anaximander-Gebirge liegt im Übergangsbereich zwischen dem Zypernbogen und dem Hellenischen Bogen und stellt ein Verbindungselement innerhalb der Konvergenzzone zwischen der Eurasisch/Anatolischen Platte im Norden und der Afrikanischen Platte im Süden dar. Tektonisch ist das Anaximander Gebirge recht kompliziert aufgebaut, wobei vor allem sinnistrale Blattverschiebungen ein dominierendes Element sind. Im Rahmen der kompressiven Tektonik haben sich zahlreiche Schlammvulkane entwickelt, mit denen nicht nur Schlamm, sondern auch Fluide und Gase am Meeresboden austreten. Solche aktiven Austritte am Meeresboden sind ein globales Phänomen und werden im DFG-Forschungszentrum Ozeanränder in Bremen im Rahmen von mehreren Projekten interdisziplinär untersucht. Von besonderer Bedeutung sind dabei Gas-Emissionen, vorwiegend von Methanblasen, deren Aufstieg in die Wassersäule im Bereich der Gashydratstabilität durch dünne Gashydratwände vor der Auflösung im Methanuntersättigten Meerwasser geschützt werden. Solche Blasenaustritte am Meeresboden unterhalb der Gashydratstabilität sind immer mit Meeresbodennahen Gashydratvorkommen assoziiert. Da Gashydrat im Östlichen Mittelmeer nur aus dem Anaximander Gebirge bekannt ist, ist anzunehmen, dass auch hier Gasaustritte vorkommen, die aber bisher trotz zahlreicher Expeditionen nicht nachzuweisen waren. Diese Fragestellung der Gasaustritte steht im Mittelpunkt unserer Expedition, wobei wir neben dem ROV QUEST auch eine ganze Reihe von weiteren Geräten und Analysentechniken einsetzen wollen.

Dem Auslaufen der FS METEOR war eine Liegezeit von drei Tagen im Hafen von Heraklion vorausgegangen, wobei Wissenschaftler und ein Großteil der Geräte ausgetauscht wurden. Das ROV QUEST ist bereits seit Ende September an Bord und wird auch auf unserer Reise das Hauptinstrument sein. Die Wissenschaftler aus Deutschland, Frankreich, Türkei und Mazedonien kamen am Samstag, den 25.11. an Bord und die Zeit bis zum Auslaufen wurde zum Auspacken der Gerätschaften, Einrichten der Labore sowie für erste Meetings genutzt. Nach einem Tag Transit in das türkische Arbeitsgebiet begannen wir am Montag, den 27.11. mit einer Detail-Vermessung des Amsterdam Schlammvulkans, gefolgt von einer Übersichtsvermessung von drei weiteren Schlammvulkanen.

Abb. 1: Neuvermessung des Amsterdam Schlammvulkans mit dem Fächerecholot EM120. Der Schlammvulkan von 3 km Durchmesser zeigt deutlich einen konzentrischen Aufbau. Der äußere Wall wird nach innen von einer Ringdepression abgelöst. Der zentrale Teil bildet ein Plateau und ist durch rezenten Schlammaustritt gekennzeichnet. Ein Schlammfluss aus dem Vulkan in das südlich angrenzende Becken ist durch den Walldurchbruch im Süden zu erwarten. Weiterhin wird durch seitliche Versetzung des östlichen und westlichen Wallrandes eine sinnistrale Blattverschiebung verdeutlicht, die auch außerhalb des Vulkans ihre Fortsetzung hat.

Sehr viel genauer als ältere Vermessungen zeigte unsere Neuvermessung die Detailstruktur des Schlammvulkans (siehe Abb. 1), so dass wir unsere Tauchgänge mit dem Tiefseeroboter QUEST sehr viel genauer planen konnten. Während der ersten drei Tauchgänge am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag wurde die generelle Verteilung der aktiven Austrittsstellen im Schlammvulkan erfasst. Hochinteressant und ungewöhnlich ist, dass wir immer wieder entlang des äußeren Walls karbonatische Seeps nachweisen konnten, die mit Bartwürmern besiedelt sind. Bartwürmer (siehe Abb. 2) leben in perfekter Symbiose mit endosymbiotischen Bakterien und sind ein untrüglicher Anzeiger für aktive Fluidaustritte. Während ein Ende ihrer Röhre im Sediment steckt, wächst das andere Ende in die Wassersäule. Neben den Bartwürmern werden die Cold Seeps auch von chemoautotrophen Muscheln besiedelt, wobei mytilide, thyraside und lucinide Gruppen vertreten sind, die im Gegensatz zu anderen Seegebieten hier im Mittelmeer recht kleinwüchsig vorkommen. Sie sind mit dem Tiefseeroboter meist auch nur als bereits tote Schalen zu finden. Neben der Verbreitung auf dem randlichen Wall des Schlammvulkans sind Karbonate und Bartwürmer auch innerhalb des Walls vertreten, scheinen dort aber weniger deutlich massiv vorzukommen. Meist treten dort nur Einzelindividuen von Bartwürmern auf.
Im Krater selbst ist die Detailmorphologie des Meeresbodens sehr unterschiedlich. Während in der Ringdepression immer wieder plateauartige Streifen mit randlich frischen Bruchkanten von länglichen Gräben durchzogen sind, tritt im Bereich des zentralen Schlammvulkans morphologisch chaotischer Meeresboden auf, in dem wir mit mehreren Schwereloteinsätzen Gashydrate beproben konnten.

Bereits im zweiten Tauchgang konnten wir die postulierten Gasblasenaustritte am Meeresboden nachweisen. Sie wurden zunächst mit dem ROV-Sonar in der Wassersäule als akustische Anomalie identifiziert und lokalisiert. Danach folgte das ROV den Blasenströmen zum Meeresboden, wo die Austrittsstellen mit der neuen HDTV-Kamera in großen Details dokumentiert werden konnten. Es traten kontinuierlich Blasen an mehreren Stellen aus dem Meeresboden aus, wobei sich die Blasen mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit bildeten und dann vom Meeresboden ablösten. Dies erinnerte sehr an Seifenblasen. Die Austrittsstellen selbst waren auf ein kleines Areal von weniger als 1 Quadratmeter begrenzt und der Meeresboden war durch Schwefelwasserstoff deutlich dunkler gefärbt als außerhalb. In dem Gas-Seep waren sehr kleine Würmer (Pogonophoren), Muscheln, Schnecken und Krebse vertreten.

Neben den Tauchgängen wurden vorwiegend das Schwerelot und das Autoklavkolbenlot erfolgreich eingesetzt. Ein neues Meeresbodenfahrzeug mit Namen MOVE, welches während unserer Reise erstmals in tiefem Wasser eingesetzt wurde, hatte etwas Schwierigkeiten, die aber Dank ROV QUEST überwunden werden konnten.

Unser Arbeitsgebiet wurde in der ersten Woche von einem sommerlichen Wetter begleitet. Alle Fahrtteilnehmer sind gesund.

Es grüßt im Namen der Fahrtteilnehmer
Gerhard Bohrmann

FS METEOR, den 2. Dezember 2006
Das vornehmliche Ziel unserer Forschung ist, die den Cold Seeps zugrunde liegenden Prozesse zu entschlüsseln. Dies soll durch das interdisziplinäre Zusammenspiel aller am DFG-Forschungszentrum „Ozeanränder“ (RCOM) im Projektbereich Gas- und Fluidaustritte beteiligter Mitarbeiter erreicht werden. Zum Erreichen dieses Ziels ist das ROV QUEST das wesentliche Arbeitsmittel, um gezielte Beobachtungen und Beprobungen vorzunehmen. Mit dem ROV sollen autonome Geräte am Meeresboden positioniert und auch wieder eingesammelt werden.

Das Arbeitsgebiet der Anaximander Mountains vor der Türkei, in dem im Rahmen der Expedition M70/3 Stationsarbeiten durchgeführt werden sollen.

Bathymetrische Karten der Anaximander Mountains (Lykousis et al., 2004)

Literatur

Charlou JL, Donval JP, Zitter T, Roy N, Jean-Baptiste P, Foucher JP, Woodside J, Party MS (2003) Evidence of methane venting and geochemistry of brines on mud volcanoes of the eastern Mediterranean Sea. Deep-Sea Res 50:941-958

Lykousis V, Alexandri S, Woodside J, Nomikou P, Perissoratis C, Sakellariou D, de Lange G, Dahlmann A, Casas D, Rousakis G, Ballas D, Ioakim C (2004) New evidence of extensive active mud volcanism in the Anaximander mountains (Eastern Mediterranean): The "Athina" mud volcano. Environmental Geology 46:1030-1037

Olu-Le Roy K, Sibuet M, Fiala-Médioni A, Gofas S, Salas C, Mariotti A, Foucher JP, Woodside J (2004) Cold seep communities in the deep eastern Mediterranean Sea: composition, symbiosis and spatial distribution on mud volcanoes. Deep-Sea Res 51:1915-1936

ten Veen JH, Woodside JM, Zitter TAC, Dumont JF, Mascle J, Volkonskaia A (2004) Neotectonic evolution of the Anaximander Mountains at the junction of the Hellenic and Cyprus arcs. Tectonophysics 391:35-65

Woodside JM, Ivanov MK, Limonov AF, expedition Ssota (1998) Shallow gas and gas hydrates in the Anaximander Mountain region, eastern Mediterranean Sea. In: Henriet JP, Mienert J (eds) Gas Hydrates: Relevance to World Margin Stability and Climate Change, Vol 137. Geological Society, London, p 177-193

Abb. 2: Gasblasenaustritte am Meeresboden im Parasound durch akustische Anomalie in der Wassersäule sichtbar.

Abbildung 2: Bartwürmer besiedeln einen mit Karbonat präzipitierten Meeresbodenabschnitt eines Cold Seeps in 2000 m Wassertiefe am östlichen Wall des Amsterdam Schlammvulkans. Bartwürmer leben chemoautotroph an Fluidaustrittsstellen und sind in den allermeisten Fällen von Schwefelwasserstoff aus der anaeroben Methanoxidation abhängig. Einzelbid mit der neuen HDTV-Kamera.