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Logbuch METEOR 122

Die Reise M122 des deutschen Forschungsschiffs METEOR trägt den Expeditionsnamen ANNA, der für „Kaltwasserkorallen vor Angola und Namibia“ steht. Organisiert vom MARUM, dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, erforschen die 30 an Bord der METEOR eingeschifften Wissenschaftler vom 30.12.2015 bis zum 31.1.2016 den Meeresboden im Südost-Atlantik. Komplexe Gerüste bildende Kaltwasserkorallen, die nahezu weltweit in Wassertiefen von 40 bis über 1000 Metern zu finden sind, formen als Ökosystem-Ingenieure sehr artenreiche Ökosysteme, die gerade in Wassertiefen von mehr als 200 Metern häufig Oasen in einer ansonsten wenig spektakulären Umwelt bilden.

Heutige Erkenntnisse zum Vorkommen und zur Ökologie gerade von gerüstbildenden Kaltwasserkorallen sowie zu ihrer Sensitivität gegenüber Umweltveränderungen stammen hauptsächlich von Studien aus dem Nordatlantik. Für andere Regionen im Atlantik, vor allem in den niederen Breiten, gibt es dagegen nur sehr wenig bis gar keine Informationen. Abgesehen von zwei kleinen Gebieten, einmal vor Nord-Angola und einmal auf dem Walfisch-Rücken, gibt es aus dem Südost-Atlantik bisher überhaupt keine Informationen über Kaltwasserkorallen. Anhand von Vermessungen am Meeresboden gibt es aber indirekte Hinweise, dass es in dieser Region ausgedehnte Gebiete mit Meeresboden-Strukturen gibt, deren Größe und Form sehr den Kaltwasserkorallen-Hügeln im Nordost-Atlantik ähneln, bei denen es sich um über geologische Zeitskalen durch Korallen und Sediment entstandene Strukturen handelt.


In den folgenden Wochen werden Maren Bender, Studentin an der Universität Bremen, und Dierk Hebbeln, Expeditionsleiter vom MARUM, in diesem Logbuch in lockerer Folge vom Fortgang der Expedition berichten.

Logo der Expedition M122 - ANNA

Donnerstag, 28. Januar, bis Samstag, 30. Januar

Über die nächsten Tage (28.1.-30.1.2016) kamen wir Walvis Bay langsam näher. Dabei spaltete sich die wissenschaftliche Crew in zwei Gruppen: die erste schrieb emsig am Fahrtbericht, während für die zweite die große Packerei und Putzerei begann. Alles musste sorgfältig zurück in die zugehörigen Kisten und im Anschluss wurden alle Labore auf Hochglanz poliert, da die nächste Wissenschaftscrew, die am 2.2. auf der METEOR einschifft, schließlich auch in sauberen Laboren arbeiten möchte.

Sonnenaufgang über dem Südost-Atlantik (Foto: D. Hebbeln)

Am Sonntagmorgen wird die METEOR in Walvis Bay einlaufen und wir alle gehen mit der Gewissheit von Bord, an einer sehr erfolgreichen Expedition teilgenommen zu haben. Dass alles so gut gelaufen ist, wäre ohne die tolle Unterstützung von Kapitän Rainer Hammacher und der gesamten Besatzung der METEOR nicht möglich gewesen. Dafür möchten wir uns hier noch einmal ganz herzlich bedanken! Mit diesem Eintrag schließen wir den BLOG zur METEOR-Expedition M122 und wir hoffen, dass wir ein bisschen von unserer Faszination, von unserer Begeisterung und von unserer Arbeit an Bord auf diesem Weg mit den BLOG-Lesern teilen konnten.

Vielen Dank fürs treu bleiben und vielleicht bis zum nächsten Mal. Ahoi!

An diesem BLOG wird ständig und überall gearbeitet. (Foto: A. Freiwald)

Mittwoch, 27. Januar

Am nächsten Tag (27.1.2016) haben wir dann aber doch noch einmal das Schiff gestoppt, denn sozusagen en route sind wir endlich an eine Stelle mit einer Wassertiefe von 2000 Metern gekommen. An dieser nun wirklich allerletzten Station durfte das ROV noch eine weitere Jungfernfahrt machen – diesmal bis auf 1997 Meter. Bei diesem Gerätetest ging es darum, zu sehen, ob das ROV auch den Druck in 2000 Metern aushält, wie es der Hersteller versprochen hat. Es hat! Einmal durfte auch die CTD noch „auf Tiefe“, denn hier konnten wir noch einmal Daten bis in viel größere Wassertiefen bekommen, als es vorher für uns möglich war. Dann hieß es: Stationsende! Und da das nun unwiderruflich die letzte Station war, haben wir das mit einem lachenden und einem weinenden Auge noch ein wenig gefeiert.
 

Dienstag, 26. Januar

Nach einem weiteren nächtlichen CTD-Transekt blieb uns am 26.1.2016 nur noch, die drei immer noch verankerten Lander wiederaufzunehmen. Der Nervenkitzel, ob sie denn nun an die Oberfläche kommen, war wie immer zu spüren. Aber wie auch schon die Male davor ging alles gut. Tja, und das war es dann auch mit unseren Arbeiten im Kaltwasserkorallengebiet vor Angola. Nach dem letzten Lander hieß es: Kurs Walvis Bay. Damit war die Arbeit aber noch lange nicht vorbei. In den Laboren wurden Kerne geschlachtet, Daten prozessiert, Muscheln bestimmt und auch schon mit dem Packen weitergemacht.

Die rote Variante von Lophelia pertusa, die wir auch häufig gesehen haben. (Foto: A. Freiwald)

Die „Beute“ des Schwereloteinsatzes in handliche Meterstücke zerschnitten auf dem Arbeitstisch im Geo-Labor (Foto: C. Rohleder)

Montag, 25. Januar

Die letzte Woche unserer Reise war nun angebrochen (25.1.2016). Und damit kam auch die Feststellung, dass nun alles „zum letzten Mal“ dran ist. An diesem Tag gab es den letzten Backengreifer, den letzten Kastengreifer und das letzte Schwerelot für diese Expedition und damit auch die letzten Proben, die geschlämmt werden mussten. Irgendwie lag dann einerseits eine erleichterte, aber andererseits auch eine melancholische Stimmung in der Luft. Für die ersten, die Geologen und die Seismiker, ging es nun auch schon langsam ans Abbauen und Einpacken.
 

Sonntag, 24. Januar

In der Nacht zum 24.1.2016 fuhr das CTD-Team einen Transekt, das ist eine Abfolge von 9 Stationen in einer Linie gewesen, an denen jeweils mit der CTD die Temperatur und der Salzgehalt (und noch mehr) des Wassers von der Meeresoberfläche bis zum Meeresboden in mehreren hundert Metern Tiefe gemessen wurde. Mit diesen Daten kann man dann genau den Aufbau der Wassersäule und die Verteilung der einzelnen Wassermassen bestimmen. Nach dieser Nachtschicht fing auch dieser Sonntag wie so viele Tage mit einem ROV-Tauchgang an. Die Bilder, die das ROV aufs Schiff schickte, waren einfach wieder sensationell. Gerade wenn man bedenkt, dass nach dem bisherigen Stand des Wissens in diesen sauerstoffarmen Tiefengewässern gar keine Korallen sein sollten. Aber sie sind da! Die Unterwasserwelt, die wir zu sehen bekamen, verzauberte jeden auf dem Schiff – nicht nur, weil sie wissenschaftlich so spannend ist, sondern auch, weil sie einfach wunderschön ist.

Die Schublade mit den beim Tauchgang eingesammelten Proben wird aus dem ROV gezogen und kritisch beäugt. (Foto: C. Dullo)

Eine große Kolonie von Madrepora oculata (Foto: MARUM)

Samstag, 23. Januar

Viel langweiliger waren dagegen die Snake Mounds, die auch bis in rund 250 Metern Wassertiefe aufragen. Da gab es nur sehr wenige Korallen und somit auch nicht so viele andere Tierarten. Dieser Zusammenhang ergibt sich daraus, dass die Korallen auch als Ökosystem-Ingenieure bezeichnet werden. Durch ihr vielverzweigtes, hartes Kalkskelett bieten sie ganz viele kleine ökologische Nischen, die vielen anderen Tieren z.B. Schutz vor Räubern bieten. Zwischen all den Tauchgängen und den Sedimentbeprobungen, die auch täglich nach den Tauchgängen durchgeführt wurden, mussten wir auch regelmäßig Wasserproben nehmen, um die Korallen im Aquarium zu versorgen, die alle sechs Stunden „die Windeln gewechselt“ (= Wassertausch) bekommen und dafür spätestens alle zwei Tage frisches Wasser aus der Tiefe brauchen.

Weiterhin genießen wir das tropische, warme Wetter mit viel Sonnenschein und ein paar tropischen Schauern. Der Wind ist schwach, die See ist ruhig – also alles beste Voraussetzungen für gute Stimmung an Bord.

Der tropische Regenschauer kommt näher. (Foto: D. Hebbeln)

Ausbringen des SML-Landers mit dem Video-gesteuerten Launcher (Foto: Ch. Rohleder)

Freitag, 22. Januar

In den Tropen ist es ja nicht nur schön warm (jeden Tag über 28°C), sondern auch gerne mal feucht und auch so ein tropischer Regenguss ließ sich jetzt ab und an mal sehen – aber das war zum Glück immer ein warmer Regen. Glücklicherweise zog dieser am nächsten Tag aber durch, als das ROV gerade über die Scary Mounds tauchte, so dass in dem Moment keiner unbedingt auf dem Arbeitsdeck sein musste. Das etwas wechselhafte Wetter dieser Tage führte uns aber auch noch ganz andere Wetterphänomene, wie z.B. eine Wasserhose, vor Augen. Die Scary Mounds, die ihren Namen aufgrund ihrer recht eindrucksvollen Morphologie bekommen haben, boten aber trotz dieses Namens auch wieder sehr schöne Einblicke in das hiesige Kaltwasserkorallen-Ökosystem.

Wasserhose über dem Südost-Atlantik (Foto: F. Mienis)

Die namensgebende Morphologie der Scary Mounds (Abb.: MARUM)

Donnerstag, 21. Januar

War das Geschrei bei der Auster schon groß, so wurde es am nächsten Tag noch lauter, als beim Tauchgang zu den Buffalo Mounds plötzlich Acesta angolensis auftauchte. Von dieser Muschel sind bisher gerade einmal 60 Exemplare bekannt, von denen 55 in Museen liegen. Das heißt, in freier Wildbahn sah man diese Muschel bisher eher selten. Umso größer war das Glücksgefühl, als es auch noch gelang, eine sehr schöne Videosequenz aufzunehmen, die Acesta beim Öffnen und Schließen ihrer Klappe zeigt.

Acesta angolensis – in ihrer neuen Umgebung an Bord der METEOR (Foto: K. Matsuyama)

Der „Coral Garden“ auf den Buffalo Mounds vor Angola (Foto: MARUM)

Mittwoch, 20. Januar

Der nächste Tauchgang führte uns zu einer der flachsten Stellen in diesem Korallenhügelgebiet. Aber schon gleich zu Beginn des Tauchgangs, noch lange vor dem Gipfel, war das Geschrei im Labor groß: Auf dem Bildschirm tauchte plötzlich die Tiefseeauster Neopycnodonte auf, die bisher noch niemals auf der Südhalbkugel beobachtet worden ist – schon wieder eine Entdeckung! Aber das war noch nicht alles: Als wir an der flachsten Stelle ankamen, fanden wir dort zwar nur ganz wenige Lophelia, die aber bei über 14°C Wassertemperatur – ein neuer Rekord für diese Kaltwasserkorallenart. Was außerdem merkwürdig war, waren die vielen Felsen, die wir dort oben fanden. Bis jetzt haben wir noch keine gute Erklärung dafür, wie die dort hingekommen sein könnten.

Die erstmals auf der Südhalbkugel beobachtete Tiefseeauster Neopycnodonte (Foto: MARUM)

Dienstag, 19. Januar

Am Dienstag konnten wir dann wieder tauchen – um nicht zu sagen: eintauchen in die wunderschöne Welt der Kaltwasserkorallen: rote Korallen, weiße Korallen, bunte Schwämme und Weichkorallen, Fische und Krebse, und, und, und … Aber natürlich stellte sich dann auch die Frage, warum hier so viele Korallenhügel sind. Da mussten dann unsere Seismiker wieder ran, die mit Schallwellen den Aufbau des Meeresbodenuntergrundes erkunden. Deren Daten zeigen, dass es hier in der Region schon seit langem immer wieder vertikale Bewegungen im Untergrund gegeben hat, bei denen die Schichten gegeneinander verschoben wurden. Das passiert entlang von sogenannten Störungen, die auch dazu führen können, dass am Meeresboden durch so eine Bewegung plötzlich steile Kanten entstehen können. Und steile Kanten können mehr Strömung und Turbulenz bedeuten und das ist genau das, was die Korallen lieben.

Große Artenvielfalt auf dem Korallenhügel (Foto: MARUM)

Behutsame Beprobung eines Seeigels (Foto: MARUM)

Montag, 18. Januar

Am nächsten Tag mussten wir feststellen, dass der am Tag zuvor aufgetretene Schaden am Unterwasserpositionierungssystem POSIDONIA, ohne das wir gar nicht wüssten, wo am Meeresboden das ROV gerade herumfliegt, nicht mehr zu reparieren ist. So mussten wir auf das Back-up System GAPS umstellen, was aber für das ROV-Team einen ganzen Tag rumschrauben und Software-Adaption bedeutete. Dafür konnte das Geo-Team wieder die Kontrolle über das Arbeitsdeck übernehmen und den Tag damit verbringen, die Korallenhügel in unterschiedlichen Wassertiefen mit dem Backengreifer und dem Schwerelot zu beproben. Auch beim Rauspicken der lebenden Organismen aus den Backengreiferproben zeigte sich, dass hier das Leben vielfältiger ist, als noch vor Namibia.

Das Schwerelot kommt wieder an Bord. (Foto: D. Hebbeln)

Sonntag, 17. Januar

Endlich vor Angola! Angekommen in unserem zweiten Arbeitsgebiet wurde das ROV vorbereitet und die Tauchfahrt ging los. Am Boden angekommen mussten wir gar nicht lange warten, und die ersten lebenden Kaltwasserkorallen kamen uns vor die Linse. Nun durfte nicht nur gestaunt werden, jetzt musste auch ordentlich beprobt werden, damit unsere Biologen ihre Aquarienversuche mit den Korallen endlich beginnen konnten. Von diesem Tag an leben jetzt ein paar Korallen mit Namen Lophelia pertusa im Kühlraum der METEOR im Aquarium. Alle 6 bis 12 Stunden werden sie mit frischem Seewasser versorgt. Da diese Korallen noch nie lebend in einer Region mit so geringen Sauerstoffgehalten im Wasser gefunden wurden wie hier vor Angola, stellt sich natürlich die Frage, wie sie damit klarkommen. Unsere Biologen hier an Bord wollen nun den Metabolismus der Korallen unter verschiedenen Sauerstoffbedingungen erforschen, um herauszufinden, was die Korallen hier anders machen als ihre Verwandten im Nordatlantik.

Lophelia pertusa im Glas – Korallenmetabolismus auf dem Prüfstand (Foto: C. Orejas)

Samstag, 16. Januar

Die Zeit auf dem Transit in unser nördliches Arbeitsgebiet vor Angola wurde für die unterschiedlichsten Arbeiten genutzt. Wenn man in die Labore der Biologen und Paläontologen ging, traf man dort auf aller Hand Schnecken, Muscheln, fluoreszierende Schwämme und Korallenbruchstücke. Die stärkeren Mägen konnten sich auch an Würmern und anderen Weichtieren erfreuen. Während dort über 50 Arten bestimmt wurden, schlachteten die Geologen ihre Sedimentkerne. Das Wort „schlachten“ passt eigentlich nicht so gut zum Aufschneiden der Kerne, doch bei diesen Kernen war es wirklich die beste Beschreibung. Wasser, schlammiges Sediment, Muscheln und Schnecken erforderten zum Teil schon recht rabiate Methoden beim Öffnen der Kerne. Waren sie dann aber erstmal der Länge nach aufgeschnitten, duftete es oft wieder nach faulen Eiern. Die geöffneten Kerne wurden dann fotografiert, die Sedimentfarbe wurde gescannt und es wurden Proben genommen – mit abgesägten Plastikspritzen. Damit kann man ganz gezielt immer die gleiche Menge Sediment (10 cm3) entnehmen, die dann später zuhause in den Laboren weiter untersucht wird.

Sedimentkernbeprobung mit zwei Spritzenserien (Foto: D. Hebbeln)

Die Zeit rast an uns vorbei – schon haben wir die Hälfte unserer Expedition hinter uns. Das ist natürlich der perfekte Anlass, ein „Bergfest“ zu feiern. Im Laufe des Tages wurde schon mal alles vorbereitet und geschmückt und dann wurde abends der Grill angeheizt. So konnten alle bei leckerem Essen, schönstem Wetter und bei toller Livemusik mal einen Abend außerhalb der täglichen Routine genießen.

Mit Lupe und Pinzette wird hier der Artenvielfalt zu Leibe gerückt. (Foto: K. Matsuyama)

Freitag, 15. Januar

Das ist uns dann auch schon am nächsten Morgen geglückt: gleich nördlich des Walfischrückens, der hier auf See auch die Grenze zwischen Namibia und Angola bildet, haben wir in den Daten verdächtige Strukturen entdeckt. Und auch später konnten wir noch ähnlich verdächtige Sachen entdecken. Dieser Tag hat uns auch „endlich“ dahin gebracht, wo es warm ist: Mit Wasser- und Lufttemperaturen von über 25°C können lange Hosen und Jacken jetzt endgültig weggepackt werden. Zum Glück blieb auch immer mal Zeit, die Sonne, den blauen Himmel, die Delfine und das tropische Klima zu genießen.
 

Donnerstag, 14. Januar

Nachdem wir Dienstag und Mittwoch (12. & 13.1.2016) bei einem Ausflug nach Walvis Bay noch ein paar Ersatzteile abgeholt hatten, konnten wir dann am 14.1.2016 die Arbeiten in unserem Gebiet vor Namibia abschließen. Von da an ging es dann in einem leichten Zick-Zack Kurs Richtung Angola. Auf diesem Kurs versuchten wir, immer so zwischen 200 Meter und 500 Meter Wassertiefe zu bleiben, um dort mit der Fächerlotvermessung des Meeresbodens vielleicht noch ganz neue Korallenhügelvorkommen zu entdecken.

Gemeinsam holen Matrosen und Wissenschaftler den Großkastengreifer nach erfolgreichem Einsatz wieder an Bord. (Foto: C. Rohleder)

Zwischendrin ein Blick auf die namibische Küste bei Walvis Bay (Foto: C. Rohleder)

Nach Größe getrennte Komponenten aus den Kasten- und Backengreiferproben
(Foto: D. Hebbeln)

Montag, 11. Januar

Am nächsten Tag (11.1.2016) gab es dann das Kontrastprogramm: ein ROV-Tauchgang ganz im Süden. Hier „tobte“ das Leben – zumindest für hiesige Verhältnisse. Offensichtlich gibt es hier einen deutlichen Nord-Süd-Trend in der Artenvielfalt. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass aufgrund der geringen Sauerstoffgehalte im Bodenwasser, dieser Trend – vergleicht man das mit anderen Gebieten – von sehr artenarm bis artenarm reicht. Am späten Abend gab es noch eine CTD-Station bei 1000 Meter. In so große Wassertiefen waren wir bisher ja noch nicht vorgedrungen und so wurde diese Station mit einem kleinen Malwettbewerb vorbereitet. Malwettbewerb? Jeder konnte einen Styroporbecher bemalen, die dann alle in einem Netz an die CTD gehängt wurden. Durch den großen Druck in 1000 Metern Wassertiefe wurde dann die Luft aus dem Styropor gedrückt und die Becher kamen in Miniaturformat zurück. Das Auspacken der Becher wurde dann zu einer großen Gaudi.

Ein Bild aus dem „artenreichen“ Süden unseres Arbeitsgebietes vor Namibia (Foto: MARUM)

Die bunt bemalten und in 1000 Metern Wassertiefe komprimierten Styroporbecher im Vergleich zum Original (Foto: D. Hebbeln)

Dokumentation eines Schwammes, der mit dem ROV vom Meeresboden geborgen wurde. (Foto: C. Rohleder)

Sonntag, 10. Januar

Neptun war uns gnädig gestimmt und hatte die Wellen wieder ein wenig glatt gebügelt, so dass wir am Sonntag endlich wieder mit dem ROV tauchen konnten. Diesmal ging es ganz in den Norden des Arbeitsgebietes. Korallenschutt gab es hier auch, aber ansonsten eher noch weniger Organismen als an den anderen Stationen weiter im Süden. Aber alles was anders ist, erregt die Neugier der Wissenschaftler und so wurden an dem gerade übertauchten Korallenhügel auch noch drei Backengreifer genommen, um das Bodenleben genauer untersuchen zu können. Dafür gab es an der Meeresoberfläche wieder Spektakel, als eine jagende Schule Delfine an der METEOR vorbeizog.

Wieder Besuch von jagenden Delfinen (Foto: S. Floeter)

Samstag, 9. Januar

Allen Hoffnungen zum Trotz lies auch der nächste Morgen (9.1.2016) keinen Tauchgang zu, da die Dünung immer noch bei über 3 Metern lag. Das hatten wir auch die Nacht über gemerkt, in der man schon mal etwas unfreiwillig im Bett hin und her gerollt wurde. Trotzdem hatte der Tag sein Highlight – eigentlich sogar mehrere: (1) Auf einem Korallenhügel konnten wir einen weiteren 10 Meter langen Sedimentkern gewinnen! (2) Am Nachmittag tauchte neben dem Schiff plötzlich eine riesige Schule Delphine auf, die – so schien es – aus lauter Übermut die wildesten Kapriolen in der Luft schlugen. (3) Beide ALBEX-Lander unserer niederländischen Kollegen konnten heute problemlos geborgen werden. Das ist bei Weitem nicht so trivial, wie es klingt: Nachdem diese vor einer Woche verankert worden waren, mussten sie jetzt mit akustischen Signalen durch das Wasser angepiept werden, damit sie sich von ihren Grundgewichten lösen konnten. Wenn das geklappt hat, tauchen sie auf. Aber dann ist der Ozean auf einmal unendlich groß, wenn es heißt, ein paar kleine gelbe Kugeln zu entdecken. Aber heute hat es geklappt!

Ausgelassen tobende Delphine neben der METEOR. (Foto: D. Hebbeln)

Der gerade aufgetauchte ALBEX-Lander ist entdeckt! (Foto: D. Hebbeln)

Freitag, 8. Januar

In der Nacht brieste dann der Wind auf und auch die Wellen wurden höher. Bei einer mehr als 3 Meter hohen Dünung konnte dann am 8.1.2016 nicht – wie ursprünglich geplant – das ROV eingesetzt werden. Bei so einem Wellengang ist das zu gefährlich, da die Wellen das ROV gegen das Schiff drücken und beschädigen könnten. Also wurden den Tag über wieder eine Reihe von Sedimentproben gewonnen. Während der Beprobungen hatten die Hydroakustik-Vermesser, die eine bathymetrische Karte des Meeresbodens herstellen, schwer damit zu tun, die von den Wellen versursachten Störsignale aus den Daten der vorherigen Nacht zu entfernen. Allgemein machte uns der Seegang aber ziemlich viel Spaß. Die Schaukelei erschwerte einem das Laufen oder Stehen und auch das am PC arbeiten wurde deutlich komplizierter, aber da merkte man wenigstens mal, dass man auf dem Wasser ist und sich den Launen des Atlantiks anpassen muss. Es ist schwer zu beschreiben, wie witzig es war, dass man nicht selbst entscheiden konnte ob man geradeaus oder in Schlangenlinien über die Gänge läuft.

Eine Anemone, die jetzt im Aquarium im Kühlraum der METEOR lebt. (Foto: A. Freiwald)

Donnerstag, 7. Januar

Der darauffolgende Morgen (7.1.2016) fing ebenfalls mit einem ROV-Tauchgang an, um herauszufinden, ob nicht vielleicht im Süden unseres Arbeitsgebietes doch noch lebende Korallen zu finden sind. Diesmal gab es zwar sehr viele Fische zu sehen, aber lebende Korallen waren wieder nicht dabei.
 

Mittwoch, 6. Januar

Am 6.1.2016 war das ROV wieder im Einsatz. Von morgens bis in den späten Nachmittag hat das Team den Meeresboden überflogen und zahlreiche Bilder und Videos aufgenommen, wobei diesmal auch ein Korallenhügel in gerade einmal 160 Metern Wassertiefe dokumentiert werden konnte. Im Anschluss daran wurden auch heute wieder ein Schwerelot, Kasten- sowie Backengreifer gefahren. Das Material aus den letzteren beiden Geräten wurde dann geschlämmt, d.h. mit Wasser durch große Siebe gewaschen. Beim Schlämmen kommt immer Spaß auf, schließlich wird mit Wasser hantiert und den einen oder anderen Schwall bekommt man auch mal „aus Versehen“ ab. Das Wetter war super und die Laune an Bord ebenfalls. Über Nacht wurde mit der CTD/Rosette ein Profil vom tieferen Wasser (400 Meter) ins flachere Wasser (150 Meter) gefahren, um damit einen Überblick über Temperatur, Salzgehalt und Sauerstoffgehalt der gesamten Wassersäule zu erhalten.

Eine Bryozoe („Moostierchen“) wird mit dem Greifarm des ROV eingesammelt. (Foto: MARUM)

Der Backengreifer wird vorbereitet. (Foto: A. Freiwald)

Dienstag, 5. Januar

In der Nacht zum 5.1.2016 hat das Seismik-Team eine lange Vermessung durchgeführt. Dabei haben sie Schallwellen ausgesendet, die von den einzelnen Schichten unter dem Meeresboden reflektiert werden. Diese reflektierten Schallwellen werden von einem 120 Meter langen Streamer, einem Schlauch aus Vollschaum, in dem eine ganze Reihe von Hydrophonen eingelassen sind, aufgefangen. Aus diesen Echos kann dann der Aufbau der Erdschichten unter dem Meeresboden abgebildet werden. Nachdem sich das Seismik-Team nach durcharbeiteter Nacht schlafen gelegt hat, hat das Geo-Team wieder übernommen. An diesem Tag stand die direkte Beprobung der Sedimentoberfläche mit Kastengreifer und Backengreifer im Mittelpunkt. Jedes Mal, wenn ein Gerät an Bord kam, stürzten sich die Biologen und Paläontologen mit Pinzetten bewaffnet auf die Proben. Die Einen wollten lebendes Material, wie beispielweise Krabben, Würmer oder andere Weichtiere einsammeln, die anderen wollten dagegen die Gehäuse sämtlicher Kalkschaler inklusive der Korallen heraussammeln.

Die Probe des Backengreifers wird nach lebenden Organismen durchsucht. (Foto: D. Hebbeln)

Der Kastengreifer geht zu Wasser. (Foto: A. Freiwald)

Montag, 4. Januar

Am 4.1.2016 stand das Geo-Team im Mittelpunkt des Tagesprogramms. Es wurden 5 Schwerelote mit einer Länge von 6 bis 12 Meter gefahren, um Korallen- und Sedimentkerne zu ziehen. Bei einem Schwereloteinsatz wird ein langes Stahlrohr mit einem knapp 2 Tonnen schweren Gewicht darüber an einem starken Draht runtergelassen, wo es sich einfach aufgrund seines Gewichtes in den Meeresboden hineindrückt. Beim Herausziehen bleibt dann das ausgestanzte Sediment im Rohr und kommt als Probe an Bord. Die Spannung war groß als das erste 6-Meter-Schwerelot gefahren wurde, denn selbst nach ausführlichster Planung und Vorarbeit kann immer noch Unerwartetes passieren. Das Schwerelot könnte die oft kleinen Korallenhügel verfehlen oder es könnte auf einen der vielen Steine dort unten treffen. Das könnte dann auch zum Umkippen oder Verbiegen des Rohres führen. Aber zum Glück war alles gut gegangen. Das erste Schwerelot brachte einen grünen, nach faulen Eiern riechenden Sedimentkern an Bord. Der Geruch, ausgelöst von eingelagertem organischen Material, hat für viel Spaß gesorgt, denn jeder, der daran aus Versehen gerochen hat, hat sein Missfallen lautstark geäußert. Die größte Aufmerksamkeit hat dann aber das 12-Meter-Schwerelot bekommen. Es wurde genau auf einem Korallenhügel abgesetzt und brachte tatsächlich auch einen über 10 Meter langen Sedimentkern an Bord. Da wir mit so einem langen Kern auch an tiefere und somit ältere Sedimentschichten herankommen, erhoffen wir uns, damit noch weiter in die Zeit zurück schauen zu können.

Das Schwerelot macht sich auf den Weg zum Meeresgrund. (Foto: A. Freiwald)

Sonntag, 3. Januar

Der 3.1.2016 stand ganz im Zeichen der Sedimentbeprobung mit verschiedenen Geräten. Neben dem Kastengreifer, kamen auch der Backengreifer, mit dem sehr schnell eine kleine Sedimentoberflächenprobe gewonnen werden kann, und das Schwerelot zum Einsatz. Dabei konnten mit dem Schwerelot bis zu 6 Meter lange Sedimentkerne aus den Korallenhügeln gewonnen werden, mit denen wir später die langfristige Entwicklung der Korallen rekonstruieren können. Mit dem Kastengreifer gelang es dabei sogar einen knapp 50 Zentimeter großen fossilen Korallenstock an Bord zu holen.

Jetzt sind wir gespannt was die nächsten Tage bringen werden!

Großes fossiles Kaltwasserkorallengerüst aus dem Kastengreifer (Foto: D. Hebbeln)

Samstag, 2. Januar

Am Samstag ist MARUM-SQUID erneut losgeflogen, wie man auch beim ROV sagt. Neben den Korallen zeigen sich immer wieder Fische, Krebse und ähnliche Tiere, die von den Lichtern des ROV angelockt werden. Zusätzlich hat das Geo-Team einen Kastengreifer eingesetzt, mit dem circa 50x50 Zentimeter große Böcke aus dem Meeresboden ausgestanzt werden, die es den Wissenschaftlern erlauben, sehr genau das Leben auf und im Meeresboden zu untersuchen. Dafür wird das Sediment durch verschiedene große Siebe gewaschen. Als zusätzliches Highlight dieser Reise werden wir immer wieder von Robben bespaßt. Sie sind so neugierig, dass sie immer am Schiff oder in der näheren Umgebung auftauchen und kleine Kunstsprünge vorführen. Jederzeit kann man an Deck gehen und das Schauspiel beobachten. Haie und Wale wurden ebenfalls gesichtet, haben es aber leider noch nicht vor die Kamera geschafft.

Robbe beim Spielen neben dem FS METEOR (Foto. D. Hebbeln)

Freitag, 1. Januar

Am 1.1.2016 stieg dann die Spannung: Das SQUID, der nagelneue ferngesteuerte Tauchroboter des MARUM (engl.: ROV – remotely operated vehicle), stand jetzt vor seiner Jungferntauchfahrt. Wie erhofft, klappte alles reibungslos und erstmals war es möglich, mit den Kameras des SQUID einen echten Blick (!) auf diese Hügel zu werfen. Und tatsächlich war alles voll mit Kaltwasserkorallen – allerdings gab es nur fossile Korallen, die schon seit einiger Zeit tot sind. Wann die Korallen hier ausgestorben sind, werden erst die späteren Untersuchungen zuhause zeigen können. Trotz allem bildet diese Ansammlung von Korallenschutt eine Vielzahl von ökologischen Nischen, so dass mit den Kameras eine bunte Lebewelt mit Schwämmen, Bryozoen, Krebsen und vielen Fischen zu beobachten war – wenn auch nicht so divers, wie man es aus anderen Kaltwasserkorallen-Ökosystemen kennt. Für dieses Gebiet ist das – unseres Wissens nach – die allererste Beschreibung von (fossilen) Kaltwasserkorallen.

Stillleben am Meeresboden (Foto: MARUM)

ROV SQUID kehrt von seinem Jungferntauchgang zurück. (Foto: Ch. Rohleder)

Korallenschutt überwachsen mit Schwämmen, Bryozoen und vielen anderen Organismen in 230 Metern Wassertiefe (Foto: MARUM)

Gleich im Anschluss an den Tauchgang wurden drei Landersysteme ausgebracht, die über den Zeitraum von einigen Tagen bis zu drei Wochen vor allem ozeanographische Daten direkt am Meeresboden aufzeichnen.

Mini Satelliten Lander vom Geomar, Kiel (Foto: M. Bender)

Ausbringen des ALBEX Landers der niederländischen Wissenschaftler bei Nacht (Foto: C. Orejas)

Donnerstag, 31. Dezember

Bereits um kurz nach Mitternacht am 31.12.15 wurde das erste Arbeitsgebiet erreicht. Mit hydroakustischen und seismischen Vermessungen wurden erstmals Detailinformationen über die Bathymetrie und die interne Struktur des Meeresbodens im Arbeitsgebiet gewonnen. Der Meeresboden ist hier sehr stark strukturiert und tatsächlich konnten am unteren Ende eines etwas steileren Hanges verdächtige Hügelstrukturen entdeckt werden. Diese Vermessung lief bis zum nächsten Tag, so dass in die Nacht noch die Silvesterfeier fiel. Gerade für die meisten Wissenschaftler an Bord brachte das eine ganz neue Erfahrung mit sich: Silvester auf See! Nicht ganz unerwartet ließ sich dann aber auch auf See das Neue Jahr mit viel Spaß begrüßen.

3D-Tiefenkarte der Kaltwasserkorallenhügel vor Namibia

Mittwoch, 30. Dezember

Mit dem Ziel, diese Strukturen detailliert zu untersuchen, ist das interdisziplinäre Wissenschaftlerteam aus Bremen, Wilhelmshaven, Kiel, Heidelberg, den Niederlanden, Spanien und Angola am Morgen des 30.12.2015 von Walvis Bay in Namibia aus in See gestochen. Zusammen mit der nautischen Crew werden sie die nächsten Wochen auf der 98 Meter langen METEOR verbringen. In den folgenden Wochen werden Maren Bender, Studentin an der Universität Bremen, und Dierk Hebbeln, Expeditionsleiter vom MARUM, in lockerer Folge vom Fortgang der Expedition berichten.

Forschungsschiff METEOR im Hafen von Walvis Bay, Namibia