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Logbuch M70/3

Logbuch METEOR Nov-Dez 2006

Zu den kalten Quellen am Grund des Mittelmeers

Von Montag, 27. November, bis Freitag, 8. Dezember 2006, operierte das Forschungsschiff METEOR vor der türkischen Südküste. Ein internationales Meeresforscher-Team unter Leitung von Prof. Gerhard Bohrmann untersuchte knapp zwei Wochen lang Schlammvulkane und Methanaustritte in 1.500 bis 2.000 Metern Wassertiefe.

Fahrtleiter Gerhard Bohrmann berichtete in einem Logbuch über die Arbeiten an Bord (siehe unten).

Autor Achim Pollmeier und sein Kameramann Erik Sick dokumentierten die Expedition für die ZDF-Reihe "Abenteuer Wissen" (Sendung am 17. Januar 2007). Hier ein Eindruck von den Dreharbeiten.

Die aktuelle Position der METEOR sowie Informationen zu Wetter und Seegang finden Sie hier.

Das Logo der aktuellen Expedition.

Donnerstag, 7. Dezember, 19.30 Uhr

Schiffsposition:
35°15 Nord, 27°10 Ost,
10 Seemeilen südlich der griechischen Insel Karpathos

Wetter:
18°C, leicht bewölkt, östliche Winde 4 – 5 Beaufort,
Seegang um 1,5 Meter.

Der heutige Donnerstag ist unser letzter Tag auf See. Seit 7 Uhr dampfen wir Richtung Heraklion. Dort, auf Kreta, soll unsere Expedition am Freitag früh um 8 Uhr enden.

Am Mittwoch haben wir unseren neunten und letzten Tauchgang mit Tiefseeroboter QUEST durchgeführt. Ziel war ein Schlammvulkan mit Namen Thessaloniki; nach dem Amsterdam- und dem Athina- der dritte Schlammvulkan unserer Reise. In der Nacht zuvor hatten wir mit dem Schiffsecholot versucht, Gasblasen in der Wassersäule zu orten, die Hinweise auf Methanaustritte am Meeresboden geben. Und tatsächlich: unsere beiden Wachgänger konnten an der östlichen Flanke und über dem Gipfel des Schlammvulkans entsprechende „akustische Fahnen“ (siehe Abbildung) registrieren.

Während des Tauchgangs über dem Thessaloniki-Schlammvulkan versuchten wir, die Austrittsstellen am Meeresboden zu lokalisieren. Zwar konnten wir mit der HDTV-Kamera des QUEST keine direkten Blasenaustritte entdecken. Wir wurden aber entschädigt, weil wir viele Stellen entdeckten, an denen wässrige Lösungen aus dem Meeresboden austraten. Muscheln und Bartwürmer nutzen diese Fluidquellen in der Tiefe als bevorzugten Lebensraum.

Aus mehr als 2.000 Metern Tiefe steigen Methangasblasen durch die Wassersäule Richtung Meeresoberfläche auf. Unten im Echolotbild die Oberfläche eines Schlammvulkans.

Die Gipfelregion des Schlammvulkans ist durch chaotische Bodenstrukturen geprägt. Uns bot sich das schon vom Amsterdam-Vulkan bekannte Bild: Trichter, Mulden und Wälle bestimmten die Oberfläche des Thessaloniki. Diese Formen entstehen durch Gashydrate, die sich im Sediment bilden und, da sie leichter sind als das umgebende Sediment, irgendwann „aufschwimmen“. Ergebnis ist eine raue Oberflächenstruktur (siehe auch Logbuch vom 1. Dezember).

Zum Abschluss unserer Expedition sind wir noch einmal zum Amsterdam-Vulkan zurück gekehrt und haben dort in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zwei Schwerelote genommen. Beim Schwerelot handelt es sich im Prinzip um einen Hohlzylinder von gut zwölf Zentimetern Durchmesser. Er ist mit Bleiplatten beschwert (daher der Name) und wird vom Schiff an einem Draht zu Wasser gelassen. Durch das Gewicht der 1,5 Tonnen schweren Bleiplatten wird das Lot in den Meeresboden gepresst. Bei Hochziehen sorgt ein Verschlussmechanismus dafür, dass die aus dem Meeresboden gestanzten Ablagerungen nicht verloren gehen.

Am heutigen Donnerstag werten wir vor allem unsere Messergebnisse aus. Am späten Nachmittag stellten alle Wissenschaftlergruppe auf einem Meeting ihre bisherigen Befunde vor. Mit dem Verlauf unserer Reise sind wir hochzufrieden. Der Wettergott hat prima mitgespielt. Kapitän Jakobi und seine 34-köpfige Crew haben uns bei unseren Forschungen großartig unterstützt. Das gilt für die Männer auf der Kommandobrücke ebenso wie für die Besatzungsmitglieder auf dem Arbeitsdeck, im Maschinenraum und in der Kombüse. Sie alle haben zum Erfolg unserer Expedition beigetragen.

Während viele von uns noch ihre Ergebnisse für den Fahrtbericht schriftlich dokumentieren, treffen andere Kollegen schon Vorbereitungen für die große Abschlussparty. Sie soll in einer halben Stunde beginnen.

Daher schließe ich jetzt unser Logbuch und sage zum letzten mal im Namen aller Fahrtteilnehmer: Ahoi!!

Gerhard Bohrmann

Volldampf zurück nach Heraklion.

Das ZDF-Team außenbords. Von dem am Bordkran hängenden Korb nimmt Kameramann Erik Sick das Arbeitsdeck ins Visier.

Vollmond über dem Arbeitsdeck. Im Vordergrund das Kolbenlot.

Keine Fototapete: Blick aus dem Geolabor auf den von der untergehenden Sonne illuminierten Himmel.

Dienstag, 5. Dezember, 14 Uhr

Schiffsposition:
35°40 Nord, 31°20 Ost,
im östlichen Mittelmeer zwischen den Inseln Kreta und Zypern

Wetter:
22°C, südwestliche Winde 2-3 Beaufort,
wechselnd bewölkt,
Seegang etwa ein Meter

Fast schon Routine sind sie, die täglichen Tauchgänge mit dem Tauchroboter QUEST. Doch immer wieder ist auch etwas Besonderes dabei. Bis zum Sonntag, also während der ersten sechs Tauchgänge, haben wir den Amsterdam- Schlammvulkan untersucht und beprobt. Am Montag haben wir ein neues Ziel angepeilt: den Athina-Schlammvulkan. Er liegt in der Nachbarschaft des Amsterdam-Vulkans, ist aber mit etwa einem Kilometer Durchmesser sehr viel kleiner als dieser. Eigentlich sieht er gar nicht wie ein Schlammvulkan aus: Er überragt seine Umgebung nur um etwa 100 Meter, hat keinen ausgeprägten Kraterrand, sondern ein abgeflachtes Gipfelplateau mit zwei Erhebungen im Nordosten und Südwesten.

Ursprünglich wollten wir die Flanke des Schlammvulkans sowie über den beiden Gipfelpunkten tauchen. Doch der südwestliche Gipfel entpuppte sich als so spannend und wissenschaftlich ergiebig, dass wir uns dort bis zum Ende des Tauchgangs aufhielten.

Dort haben sich - vermutlich aus dem Kohlenstoff des Methans und dem Kalzium des Meerwassers - große Kalksteinformationen gebildet. Durch weitere chemische Analysen wollen wir diesen Bildungsmechanismus nachweisen. Die Kalksteine belegen, dass hier ehemals größere Methangasmengen aus dem Meeresboden ausgetreten sind.

Während des Tauchgangs konnten wir sehr üppige Bartwurm-Vorkommen beobachten, die sich über größere Flächen ausdehnten. Es war faszinierend zu sehen, wie die Kolonien selbst Steilhänge am Meeresboden überwuchern.

Gestochen scharf: Die neue HDTV-Kamera des QUEST liefert hochwertige Bilder - hier von Bartwürmern, die Kalksteinformationen am Meeresgrund besiedeln. Die Aufnahmen sind nicht nur ästhetisch ansprechend. Sie bieten auch eine verbesserte Grundlage für die wissenschaftliche Auswertung.

Ein weiterer Höhepunkt des gestrigen Montags war der zweite Tiefseeeinsatz unseres neuen Meeresmobils MOVE. Es bewegt sich autonom, d.h. ohne Kabelverbindung mit dem Schiff, über den Meeresboden und führt dabei wissenschaftliche Messungen durch. Wie so oft bei der Premiere von meereswissenschaftlichem Hightech waren auch beim ersten Einsatz des MOVE vor einigen Tagen technische Probleme aufgetreten. Das salzige Meerwasser, der hohe Druck in der Tiefe stellen ganz andere Anforderungen an die Technik als etwa beim Einsatz unter Landbedingungen. Allerdings verlief der zweite Tauchgang zur Freude von Dr. Christoph Waldmann und seinem Team reibungslos, und MOVE sammelte Daten in mehr als 2.000 Meter Wassertiefe.

Während ich diese Zeilen schreibe, ist das QUEST wieder im Einsatz. Es wird in 15 Minuten den Meeresboden erreichen. Zeit fuer mich, den Controllcontainer auf dem Arbeitsdeck aufzusuchen. Für heute also viele Grüße im Namen aller Fahrtteilnehmer aus dem sommerlichen Mittelmeer!

Gerhard Bohrmann

"Noch nie haben wir Bartwürmer so dicht wachsen sehen", berichtet Expeditionsleiter Gerhard Bohrmann von Bord der METEOR.

Stephane Dentrecolas, Ingenieur am französischen Meeresforschungsinstitut IFREMER, mit seinem Kamerasystem. Es soll vom QUEST abgesetzt und erst in einem Jahr wieder geborgen werden. (Siehe auch Logbuch vom 3. Dezember).

Auf dem Arbeitsdeck der METEOR: Das Meeresmobil MOVE geht zu Wasser.

Nach getaner Arbeit: Expeditionsteilnehmer in der Messe, der Bordkantine.

Sonntag, 3. Dezember, 16 Uhr (1. Advent)

Schiffsposition:
35°40 Nord, 31°20 Ost,
87 Seemeilen westlich von Zypern

Wetter:
18°C, östliche Winde 4-5 Beaufort,
bedeckt, mittlere Sicht,
Seegang bis 1,5 m Meter.

Heute haben wir auf unserem Forschungsschiff METEOR die Sonne etwas vermisst; es war fast den ganzen Tag bedeckt. Aber die See ist nach wie vor ruhig. So können wir alle Messgeräte wie geplant einsetzen. Wir haben also das Wetterglück auf unserer Seite. Auf Expeditionen wie dieser kommt es immer mal wieder vor, dass schweres wissenschaftliches Gerät aufgrund des hohen Seegangs nicht eingesetzt werden kann. Wenn das Schiff zu sehr schaukelt, ist die notwendige Sicherheit auf dem Arbeitsdeck nicht mehr gewährleistet. Als Wissenschaftler müssen wir darauf vorbereitet sein und unsere Programme flexibel an die jeweils herrschenden Bedingungen anpassen können.

Auch am Adventwochenende war der Tauchroboter QUEST täglich im Einsatz. Dass der erste Advent gekommen war, haben wir nur registriert, weil der Steward in der Messe – unserer Schiffskantine – die Tische mit Weihnachtsdeckchen geschmückt hatte. Im übrigen gleichen sich die Tage. Gearbeitet wird an sieben Tagen in der Woche. Schließlich sind Schiffsexpeditionen teuer – und die Zeit an Bord ist immer sehr knapp bemessen.

Der Tauchgang am Samstag bescherte uns wieder eine Premiere, da wir erstmals einen neu entwickelten Gasprobennehmer eingesetzt haben. Das Gerät sammelt Gasproben am Meeresboden und konserviert sie unter dem dort herrschenden Druck. Dadurch geht beim Aufstieg durch die Wassersäule kein Gas verloren. Der Vorteil: im Bordlabor kann die exakte Konzentration gemessen werden.

Bartwürmer in 2.000 Metern Wassertiefe. Die Organismen siedeln im Schutz zerklüfteter Karbonatgesteine am östlichen Wall des Amsterdamm-Schlammvulkans. Das Bild wurde mit der neuen HDTV-Kamera des QUEST aufgenommen.

Während des Tauchgangs am Sonntag haben wir schon den dritten und bisher heftigsten Gasaustritt auf dem Amsterdam-Schlammvulkan gefunden. Er ist mit Muscheln und hauchdünnen Bartwürmern besiedelt. Unsere französische Kollegin Karine Olu hat dort eine interessante Versuchsanordnung installiert: Mit dem QUEST ließ sie zwei Behälter auf dem Meeresboden absetzen. Karine hofft, dass sich die Bartwürmer dort ansiedeln und vermehren. Die Behälter mit den lebenden Tieren sollen im kommenden Jahr während einer Ausfahrt mit dem französischen Forschungsschiff „Pourquoi pas?“ geborgen werden. Wenn alles gut geht, können die biologischen Funktionen der Bartwürmer dann in den Labors an Land eingehender untersucht werden.

Seit genau einer Woche sind wir jetzt mit der METEOR unterwegs und haben viel spannendes und wissenschaftlich interessantes erlebt. Noch bleiben uns dreieinhalb Tage, bevor wir wieder nach Heraklion, unserem Ausgangshafen, zurück dampfen müssen. Definitiv zu wenig Zeit, um all die wissenschaftlichen Programmwünsche umzusetzen, die wir während des heutigen Meetings im Konferenzraum der METEOR diskutierten.

Viele Grüße im Namen aller Fahrtteilnehmer!
Gerhard Bohrmann

André Gaßner bereitet den Einsatz eines Probennehmers vor, mit dem das im Meeresboden zirkulierende Porenwasser beprobt werden soll. Der am DFG-Forschungszentrum Ozeanränder arbeitende Dipl-Geologe nutzt die METEOR-Expedition, um Material für seine Doktorarbeit zu sammeln.

Mit dieser Karbonat-Gesteinsprobe kam auch eine Schnecke an die Oberfläche.

Freitag, 1. Dezember, 2 Uhr nachts

Schiffsposition:
35°40 Nord, 31°20 Ost,
85 Seemeilen westlich von Zypern

Wetter:
20°C, nordöstliche Winde 2-3 Beaufort,
Seegang 0,5 bis 1 Meter

Nachschicht auf der METEOR: Zur Zeit vermessen wir mit unserem Forschungsschiff den Meeresboden im östlichen Teil unseres Arbeitsgebiets. Dort bedecken zahlreiche Schlammvulkane den Meeresboden. Einen davon wollen wir spätestens nächste Woche genauer unter die Lupe nehmen, um ihn mit dem Amsterdam-Schlammvulkan (siehe Logbucheintrag vom 28.11.) zu vergleichen. Die Kartierung des Meeresbodens, die in dieser Nacht auf dem Programm steht, verschafft uns die Informationen, um einen geeigneten „Kandidaten“ auszuwählen. Außerdem können so die kleinen Zeitlücken zwischen den Stationsarbeiten sinnvoll genutzt werden. „Auf Station sein“ heißt für uns: das Schiff liegt auf einer vorher bestimmten Position, von der aus dann die im voraus geplanten wissenschaftlichen Untersuchungen ablaufen.

Die beiden letzten Tage der Expedition waren wirklich aufregend und haben so viele neue Erkenntnisse gebracht, dass es schwer fällt, sie in kurzen Worten zusammen zu fassen. Die beiden Tauchgänge am Mittwoch und Donnerstag haben uns buchstäblich die Augen geöffnet. So konnten wir mit einem Sonargerät, also einer Schallmesstechnik, im zentralen Teil des Amsterdam-Schlammvulkans Gasblasen in der Wassersäule orten. Darauf hin kam der QUEST zum Einsatz. Mit ihm war es ein Leichtes, entlang der Blasenströme abzutauchen und schließlich die Austritte am Meeresboden beobachten.

Es war ein faszinierendes Schauspiel, das uns die HDTV-Kamera des Tauchroboters in die Bordlabors übertrug: Wie Seifenblasen aus einem Strohhalm quollen an verschiedenen Stellen einzelne Methangasblasen aus dem grauen Meeresboden. Auch eine Krabbe interessierte sich für die Gasblasen. Sie setzte sich über die Austritte, wobei die Gasblasen über ihren Bauch seitlich abperlten. Wir hatten den Eindruck, als nehme sie ihr tägliches Bad im Whirlpool.

Wissenschaftlich bedeutsam ist, dass wir Methangas-Austritte in 2.000 Metern Wassertiefe sowie Blasenströme erstmals in diesem Teil des Weltozeans nachweisen konnten. Methangas, das aus dem Meer in die Atmosphäre gelangt, wirkt dort als starkes Treibhausgas. Deshalb ist es wichtig, solche Erscheinungen zu untersuchen.

Das Methangas entsteht vorwiegend in tieferen Sedimentschichten. Dort bildet es sich aus organischen Partikeln, steigt durch feine Risse im Meeresboden auf und perlt am Meeresboden aus. Kann das Methangas nicht in die Wassersäule austreten, bildet sich im Meeresboden so genanntes Methanhydrat. Diese Verbindung aus Wasser und Gas hat eine geringere Dichte als der umgebende Meeresboden. Die Folge: das Methanhydrat schwimmt auf und reißt dabei Sedimentfetzen mit. Ergebnis ist ein von Trichtern und Eintiefungen durchsetzter Meeresboden, wie wir ihn bereits im zentralen Teil des Amsterdam-Schlammvulkans beobachten konnten.

Ingenieur Hans-Jürgen Hohenberg und sein Team betreuen das Autoklav-Kolbenlot.

Inzwischen ist es uns gelungen, Methanhydratproben vom Meeresboden zu gewinnen. Dazu setzen wir ein Schwerelot ein. Im Prinzip ein Hohlzylinder, mit dem die Sedimente aus dem Meeresboden gestanzt werden. Da Methanhydrate auf dem Weg vom Meeresboden auf das Arbeitsdeck der METEOR wegen des abnehmenden Drucks aber instabil und zerfallen würden, benutzen wir ein spezielles Lot, das so genannte Autoklav-Kolbenlot. Es funktioniert wie eine Druckkammer und bringt die Proben unter den am Meeresgrund herrschenden Druckverhältnissen ans Tageslicht, wo sie mit flüssigem Stickstoff eingefroren, sprich: konserviert werden.

Nächtliche Grüße im Namen aller Fahrtteilnehmer
Gerhard Bohrmann

Kameramann Erick Sick und Autor Achim Pollmeier dokumentieren die Expedition für die ZDF-Reihe "Abenteuer Wissen" und für Arte.

Nächtlicher Einsatz des ROV QUEST auf dem Arbeitsdeck.

Auf der Kommandobrücke der METEOR:
Aus diesem Leitstand mit Blick auf das Arbeitsdeck werden die Winden zum Einsetzen der Forschungsgeräte gefahren.

Dienstag, 28. November, 21 Uhr

Schiffsposition:
35°19 Nord, 30°17 Ost
75 Seemeilen südlich von Antalya, Türkei

Wetter:
20°C, nördliche Winde 3-4 Beaufort, gering bewölkt

Soeben kehrte der Tiefseeroboter QUEST von einem minutiös geplanten, 13-stündigen Tauchprogramm in mehr als 2.000 Metern Wassertiefe zurück. Im Licht der zahlreichen Scheinwerfer haben Bootsmann und Matrosen das Hightech-Gerät fest und sicher auf dem Arbeitsdeck verlascht.

Diesem ersten Höhepunkt unserer Expedition ging eine Vermessung des Meeresbodens voraus, die wir am Montag über dem südlichen Anaximander-Gebirge mithilfe des bordeigenen Fächerecholots durchführten. Im Unterschied zu einem Einzellot, das nur die Wassertiefe direkt unter dem Schiff registriert, tastet das Fächerecholot einen mehrere Kilometer breiten Streifen in Fahrtrichtung des Schiffes ab.

Eines unser Zielgebiete war der Amsterdam-Schlammvulkan. Dort haben wir die Fächerbreite auf zwei Kilometer begrenzt, um eine möglichst hohe Auflösung der Messdaten und somit ein gutes Abbild des Vulkans zu erhalten. Bisherige Abbildungen des Schlammvulkans waren nämlich aufgrund der gröberen Auflösung wenig aussagekräftig. Der neue Datensatz liefert uns jetzt eine beeindruckend detaillierte Karte des Vulkans.

Der Amsterdam-Schlammvulkan: aufgenommen mit dem Fächerecholot an Bord der METEOR.

Die Echolot-Karte zeigt, dass der äußere Wall des Kraterrandes einen Durchmesser von rund drei Kilometern hat. Im Zentrum des Kraters entdeckten wir ein flaches, leicht erhöhtes Plateau von etwa einem Kilometer Durchmesser. Unseren Interpretationen zufolge handelt es sich dabei um einen aktiven Schlammaustritt. Durch einen Riss im südlichen Kraterrand ergießen sich die Schlammströme – ähnlich wie die Lava eines herkömmlichen Vulkans – in die angrenzende Tiefseeebene.

Mit dieser fantastischen Karte in der Hand fiel es sehr leicht, den heutigen Tauchgang mit dem QUEST zu planen. Der erste Tauchgang auf einer Expedition ist ja immer etwas besonders. Die Erwartungen sind groß, und keiner weiß so recht, was einem da unten am Meeresboden erwartet. So ging das QUEST kurz nach dem Frühstück zu Wasser.

Wir nutzten diesen Tauchgang, um vor allem die westlichen bzw. südwestlichen Kraterbereiche zu erkunden. Dabei achteten wir insbesondere auf das Vorkommen von Muscheln und Bartwürmern; Organismen, die in Symbiose mit Bakterien leben und sich dort ansiedeln, wo Fluide, also Flüssigkeiten und Gase, aus dem Meeresboden austreten. Diese versorgen die Tiere mit allen notwendigen Nährstoffen. Für uns heißt das: wo Muscheln und Bartwürmer leben, sind immer auch Austrittsstellen zu finden.

Zu unserer großen Überraschung fanden wir den äußere Kraterrand recht dicht besiedelt. Eigentlich hatten wir solch dichte Vorkommen eher im Zentrum des Schlammvulkans erwartet. Deshalb planen wir am Mittwoch einen weiteren Tauchgang, der uns Aufschluss über die Verhältnisse im Zentrum des Kraters gibt. Wir sind schon jetzt sehr gespannt, welche Überraschungen diesmal auf uns warten.

Viele Grüße im Namen aller Fahrtteilnehmer
Gerhard Bohrmann

Der Tauchroboter QUEST geht zu Wasser.

Abgestorbene Bartwürmer am Amsterdam-Schlammvulkan.

Die französische Meeresökoloin Karine Olu-Le Roy mit der Probenausbeute des heutigen QUEST-Tauchgangs.

Sonntag, 26. November, 22.10 Uhr

Schiffsposition:
35°15 Nord, 26°55 Ost,
20 Seemeilen südlich der Insel Kasos

Wetter:
18°C, nördliche Winde 2-3 Beaufort, wolkenloser Himmel

Heute, am Sonntagvormittag um 10 Uhr, hieß es „Leinen los“. Von Kreta aus lief das Forschungsschiff METEOR zum dritten Fahrtabschnitt seiner 70. Expedition aus. An Bord 32 Besatzungsmitglieder; außerdem 29 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Techniker, Ingenieure sowie zwei Filmemacher des ZDF - ein internationales Team aus Deutschland, Frankreich, der Türkei und Mazedonien. Ziel unserer Expedition ist das untermeerische Anaximander-Gebirge vor der türkischen Südküste. Dieses Gebirge gab uns bislang etliche wissenschaftliche Rätsel auf, von denen wir das eine oder andere während der kommenden 12 Tage gerne lösen möchten.

So ist die Anaximander-Region die bisher einzige im Mittelmeer, in der Methanhydrate – eine feste, eisähnliche Verbindung aus Methangas und Wasser - beprobt werden konnten. Daneben sind am Meeresboden Gas- und Wasseraustritte bekannt. Sie liefern den Tiergemeinschaften wichtige Nährstoffe und führen gleichzeitig zur Ausbildung von Kalksteinen. Diese bislang weitgehend unbekannten Lebensräume in 1.700 bis 2.500 Metern Wassertiefe wollen wir mit modernster Technik wie etwa dem Tauchroboter Quest untersuchen.

Als wir am Samstag an Bord gingen, war das Arbeitsdeck der METEOR mit vielen unterschiedlich großen Aluminiumkisten übersät. Sie enthielten – gut verpackt - unser wissenschaftliches Equipment. Inzwischen haben wir fast alle Kisten geleert und mit deren Inhalt die 20 Bordlabore ausgestattet. Natürlich stehen auch Vorbesprechungen zwischen wissenschaftlicher und nautischer Leitung sowie Diskussionen und Meetings zwischen Wissenschaft und Technik auf dem Programm. Die fächerübergreifende Zusammenarbeit während der kommenden Tage will schließlich gut vorbereitet sein.

Derzeit sind wir auf dem Weg in unser Arbeitsgebiet. Diesen gut 24-stündigen Transit nutzen wir zur weiteren, intensiven Vorbereitung auf die Forschungseinsätze. Jetzt richten sich alle Blicke auf den Montag Vormittag. Dann erreichen wir unser Arbeitsgebiet und es kann endlich losgehen mit der Forschung.

Viele Grüße im Namen aller Fahrtteilnehmer
Gerhard Bohrmann

An der Pier im Hafen von Heraklion: Das taglicht media-Team interviewt Fahrtleiter Gerhard Bohrmann.

Auf dem Arbeitsdeck der METEOR: Die Expedition wird vorbereitet. Rechts das Meeresmobil MOVE.