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Nature Geoscience: Überraschung in der Tiefsee - MARUM-Forscher veröffentlichen neue Erkenntnisse zum ozeanischen Kohlenstoffkreislauf

Feb 28, 2010
An Bord des Forschungsschiffes nimmt Dr. Mahyar Mohtadi Proben des Sedimentkernes.
Zusammen mit Kollegen aus den USA haben die MARUM-Wissenschaftler Professor Dierk Hebbeln und Dr. Mahyar Mohtadi die Geschichte des Kohlendioxidaustausches zwischen Ozean und Atmosphäre erforscht. Meeresablagerungen aus dem östlichen Südpazifik lieferten dafür Daten, die den Zeitraum vom Ende der letzten Eiszeit bis heute abdecken. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie nun in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature Geoscience.
Das Weltmeer spielt im Kohlenstoffkreislauf eine überragende Rolle. So nimmt es etwa die Hälfte des vom Menschen verursachten Kohlendioxids auf und mildert damit den Treibhauseffekt. In anderen Epochen der Erdgeschichte, zum Beispiel gegen Ende der letzten Eiszeit, hat der Ozean dagegen verstärkt Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben und damit zur Klimaerwärmung beigetragen. Einen solchen Fall haben die Bremer Meeresgeologen Prof. Dierk Hebbeln und Dr. Mahyar Mohtadi im östlichen Südpazifik untersucht. Dabei sind sie zu überraschenden Ergebnissen gekommen.

Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass das Kohlendioxid, das in der Schlussphase der letzten Eiszeit aus dem Ozean in die Atmosphäre entwich, mit einer ganz bestimmten Wasserschicht, dem Antarktischen Zwischenwasser, transportiert wurde. In diese Schicht wurde das Treibhausgas am Ende der letzten Eiszeit aus dem darunter liegenden Ozeanstockwerk, dem Antarktischen Tiefenwasser, eingespeist.

Um diese Annahme zu überprüfen, untersuchten die beiden MARUM-Wissenschaftler gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen einen Sedimentkern, der aus 1.000 Meter Wassertiefe stammt und vor der Küste Chiles gewonnen wurde. Die Lokation, an dem der Kern aus dem Meeresboden gestochen wurde, ist von besonderer Bedeutung. Hier nämlich speist der südliche Ozean Antarktisches Zwischenwasser in den Pazifik ein. Als die Bremer Geologen ihre Proben auswerteten, war die Überraschung perfekt: „Für die Annahme, dass das Kohlendioxid aus dem tiefen südlichen Ozean stammt und von dort in das Antarktische Zwischenwasser gelangte, konnten wir keine Belege finden“, sagt Prof. Dierk Hebbeln.

Die Ablagerungen vom Meeresboden enthalten Überreste von Kleinstlebewesen, sogenannte Foraminiferen. Diese nahmen das Forscherteam näher unter die Lupe. Denn die mikroskopisch kleinen Organismen haben zu ihren Lebzeiten Kohlenstoff aus dem Antarktischen Zwischenwasser aufgenommen und in ihre Kalkschalen eingebaut. Durch geochemische Analysen konnten die MARUM-Forscher feststellen, wie lange dieser Kohlenstoff schon von der Atmosphäre abgeschnitten im Tiefenwasser verweilte. Der Befund war eindeutig: „Die Foraminiferen müssen nacheiszeitlichen Kohlenstoff aus dem Antarktischen Zwischenwasser aufgenommen haben, sagt Dr. Mohtadi. „Er stammt jedenfalls nicht aus dem eiszeitlichen Reservoir. Dafür ist er nicht alt genug.“

Diese Ergebnisse für das Antarktische Zwischenwasser zeigen also, dass der tiefe südliche Ozean nicht die Quelle für den CO2-Anstieg in der Atmosphäre am Ende der letzten Eiszeit gewesen sein kann, wie Wissenschaftler bislang annahmen. „Unsere Daten zeigen, dass ein anderer Mechanismus dafür gesucht werden muss“, sagt. Dr. Mohtadi. „Welcher dafür infrage kommt, ist indes noch ungewiss. Es könnte sein, dass eine andere Wassermasse im Pazifik für den Austausch mit der Atmosphäre verantwortlich ist“.

Um das Rätsel zu lösen, haben sich die MARUM-Wissenschaftler bereits wieder auf die Suche begeben. Derzeit analysieren sie weitere Sedimente aus dem Ostpazifik vor der Küste Chiles. Zudem planen sie, auch Meeresablagerungen aus dem westlichen Pazifik zu untersuchen. So hoffen sie, in enger Kooperation mit Kollegen aus Chile und den USA, das Kohlendioxidrätsel im Pazifik schon bald aufklären zu können.


Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Jana Stone
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel. 0421 – 218-65541
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zwischen geologischen und biologischen Prozesse und liefert Beiträge für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane.

Die untersuchten Schalen der Foraminiferen gewinnen die Wissenschaftler aus den Meeresablagerungen.