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Logbuch SONNE 251

Ein internationales Forschungsteam ist vom 3. Oktober bis 2. November mit dem Forschungsschiff SONNE auf Expedition vor der japanischen Ostküste. Dort ereignete sich im März 2011 das Tohoku-Erdbeben, das einen verheerenden Tsunami auslöste.
Der erste Fahrtabschnitt der Reise unter Fahrtleitung von Prof. Dr. Michael Strasser von der Universität Innsbruck führt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Region des Epizentrums zum Japangraben (Bereich "Leg-A" in der Karte unten). Um die geologischen Spuren des Tohoku-Bebens zu erforschen, werden Teile dieses Tiefseegrabens vermessen und beprobt. Das Beben verursachte dort zahlreiche Rutschungen und verschob ganze Sedimentpakete über 50 Meter weit. Auf dem zweiten Fahrtabschnitt unter Fahrtleitung von MARUM-Wissenschaftler Prof. Dr. Achim Kopf wird ein weiteres Gebiet im Nankaitrog untersucht, in dem regelmäßig starke Erdbeben auftreten (Bereich "Leg-B" in der Karte unten). Mit Hilfe eines Tauchroboters sollen Messinstrumente aus Schlammvulkanen geborgen und detaillierte Vermessungen und Beprobungen am Meeresboden durchgeführt werden. Die gewonnenen Daten und Proben sollen dazu beitragen, die Entstehung und Folgen von Erdbeben in diesem Gebiet besser zu verstehen.

Hier berichten die Forscherinnen und Forscher in einem Logbuch vom Leben und Arbeiten an Bord.

2. November

Gestern war der letzte Tag im Kumanobecken, und wir haben nochmal tüchtig gekernt und kartiert. Nebenbei wurden bereits die ersten Ausrüstungsgegenstände in den Laboren zusammengepackt, denn bereits um 5 Uhr morgens kam heute der Lotse an Bord von SONNE, und schon vor dem Frühstück war das Schiff feste an der Pier vertäut.

Ab dann glichen das Arbeitsdeck und die Labore einem Bienenstock, wo alle herumschwirrten und Dinge verstauten, während ein großer japanischer Kran das ganze Stückgut und den ROV-Container von Bord hob und umgekehrt einen Kühlcontainer für unsere Kerne bereitstellte. Unsere japanischen Kollegen sowie das Kieler ROV-Team und die Bremer Wissenschaftler packten alle Proben und anderes Equipment in die jeweiligen Container, weil am Tag darauf in Japan Feiertag ist. Am Abend waren alle erschöpft und nach einem Monat auf See fahren alle müde, aber vom Erfolg der Reise beseelt, nach Hause.

Die eigentliche Forschungsarbeit beginnt dann in etwa 5-6 Wochen, wenn unsere Container in Bremen ankommen und in den Laboren der verschiedenen Institute in Bremen, Innsbruck und Japan weiter analysiert werden.

Der Kühlcontainer wird angeliefert und an Deck gehoben, um dann mit Kernen und anderem Equipment bequem gestaut werden zu können.
Foto: A. Kopf, MARUM

Der ROV Container auf einem Gabelstapler, wo er zum Weitertransport per Truck und Schiff vorbereitet wird.
Foto: A. Kopf, MARUM

31. Oktober

Der letzte Tag des Monats bescherte uns gutes Wetter und die finale Möglichkeit, das CORK-Observatorium vom Bohrstrang abzubergen. Aufgrund der vormaligen Schwierigkeiten beim Lösen des Hotstab-Zapfens traf PHOCA auch Vorbereitungen, die gesamte MeBo-Bohrstange zu lösen. In nervenaufreibender Kleinarbeit wurde geschraubt und gehakt, und letztlich erfolgte die Bergung nach 4 Stunden am Meeresboden. Dieser Erfolg krönt die erstklassige Leistung des Teams vom GEOMAR und nimmt vielen an Bord die Anspannung über die letzten Tage.
Nun geht es zum Endspurt der Stationsarbeiten, und dann bald zurück in Richtung Heimat.

Das letzte MeBo-Bohrlochobservatorium, ein sog. CORK-A, nach seiner Ankunft an Bord von FS SONNE.
Foto: A. Kopf, MARUM

30. Oktober

Unsere Vermessungsarbeiten im Kumanobecken hatten in den vergangenen beiden Nächten weitere Gasaustritte identifiziert. Diese sogenannten „flares“ weisen auf tiefe Fluiddynamik im Akkretionskeil hin. Da jedoch der japanische Kolbenlottechniker nicht mehr da ist, können wir dessen Gerät auch nicht benutzen. Folglich haben wir improvisiert und der Wärmestromlanze ein Kernrohr parallelgeschaltet. Zunächst dringt die Wärmestromlanze in den Meeresboden, etwas später füllt sich dann das Kernrohr. Somit haben wir nun doch die Möglichkeit, an den Fluidaustritten zu schauen, ob die Temperaturwerte erhöht sind und welche Fluide (Gas, tief entstandene Wässer) an die Oberfläche kommen.
An bislang drei Orten haben wir mit dem „neuen“ Instrument erfolgreich gekernt. Parallel dazu bereitete sich das ROV PHOCA Team auf den letzten Tauchgang der Reise vor. Dazu morgen mehr.

Das neue „Wärmestrom-Kerngerät“, ein an Bord improvisiert gebautes Instrument, vor seinem Einsatz im Kumanobecken.
Foto: A. Kopf, MARUM

Flares in der Wassersäule, hier auf einem neu entdeckten Schlammvulkan, weisen auf Fluidausstrom aus der Tiefe.
Bild: C. Ferreira, MARUM

28. Oktober

Mit dem größten abzubergenden Observatorium, einem sogenannten Piezometer, gehen wir ins Wochenende, das es an Bord eigentlich gar nicht gibt, weil ja rund um die Uhr an 7 Tagen pro Woche gearbeitet wird.

Das Wetter schlägt in Japan derzeit Kapriolen und Sonne und Regen mit wechselnden Winden geben sich die Hand. Daraus resultieren immer nur extrem kurze Gutwetterfenster, von denen wir gestern und heute je eines nutzten, das ROV einzusetzen. Während heute der SmartPlug abgeborgen wurde, schraubte PHOCA gestern den MeBoPlug aus dem Bohrstrang, den das MARUM-MeBo dort im Sommer 2012 setzte. Alle Instrumente funktionierten und lieferten reichhaltig Daten, die den Zusammenhang von Schlammvulkanaktivität und Erdbebentätigkeit erklären könnten.

Der „MeBoPlug“, ein kleines Bohrlochobservatorium, wird vom ROV Team an Walter Menapace und Timo Fleischmann übergeben. Auf der Platine befinden sich 720 Mbyte an Daten des Schlammvulkans, die auf dem Laptop gesichert werden.
Foto: A. Kopf, MARUM

Das „SmartPlug“ Piezometer kommt sicher an Deck.
Foto: S. Trütner

27. Oktober

Während wir abwechselnd Wärmestrom messen, mit dem ROV tauchen, oder hydro-akustisch vermessen, nimmt der Schiffsalltag seinen Lauf. Gestern Abend wurden mit ROV PHOCA die ersten Observatorien geborgen und an Bord gebracht bei feinstem Wetter – heute pfeift der Wind dagegen und wir messen Wärmestrom.

Weil die Seeluft und Arbeit hungrig machen, mühen sich Andre Garnitz und sein Team um unser leibliches Wohl. Bis über 75 Brötchen werden jeden Tag auf SONNE gebacken, und weil das Team in der Kombüse viele andere Dinge zu tun hat, wird es hierbei von einem Automaten assistiert, der frappierende Ähnlichkeit mit R2D2 hat und auch liebevoll so genannt wird. Die Küche an Bord ist jedenfalls reichhaltig und lecker – man ist an gute Restaurants erinnert und vergisst manchmal, dass man auf einem Arbeitsschiff ist.

Die Messe von FS SONNE ist rund um die Uhr geöffnet, aber zu den Mahlzeiten herrscht besonders großer Andrang.
Foto: A. Kopf, MARUM

Der R2D2 getaufte Brötchenautomat in der Schiffskombüse.
Foto: A. Kopf, MARUM

26. Oktober

Gestern gab es einen gefährlichen Brand im ROV Container. Glücklicherweise war das jedoch lediglich das Thema der allwöchentlichen Rettungsübung, zu der alle antreten müssen, ganz gleich ob SONNE-Crew oder wissenschaftliches Team. Man sprintet folglich mit fester Kleidung und Rettungsweste zum Sammelpunkt, sobald man den ohrenbetäubend lauten Alarm auf dem Schiff hört. Dort wir die Anwesenheit geprüft und jeder einem entsprechenden Rettungsboot zugeordnet.
Während die Wissenschaftler dann „entlassen sind“, spielt die SONNE-Besatzung dieses Szenario durch und maskierte Crewmitglieder in voller Sicherheitsmontur wandern über das Deck und durch die Korridore.

Zu diesem Zeitpunkt setzten wir jedoch schon wieder unsere Wärmestrom-Messungen auf Schlammvulkan MV1 fort. Wie aus dem Sedimentkern bereits befürchtet, fanden wir auf diesem Hügel jedoch Karbonatkrusten vor, so dass uns das Gerät einige Male umfiel.

Die Wärmestrommessungen werden von Timo Fleischmann im Labor überwacht.
Foto: A. Kopf, MARUM

Sicherheitsübung auf dem „orangen“ Deck von SONNE
Foto: A. Kopf, MARUM

25. Oktober

Auf dem Rückweg ins Studiengebiet bietet die Transitfahrt eine gute Möglichkeit für ein „Science meeting“, für das die unterschiedlichen Gruppen an Bord ihre Erkenntnisse aus der ersten Woche Forschungsarbeit auf Abschnitt 2 unserer Expedition aufarbeiten und den anderen Teilnehmern vorstellen. Durch den Austausch von Geophysik, Sedimentologie, Geotechnik, Geochemie und anderen Fachgebieten ergibt sich aus den Einzelbeobachtungen ein umfassenderes Bild, das weiterreichende Interpretationen zulässt.

Zu den schwierigsten Aufgaben der Fahrt gehörte, die stellenweise nur sehr kurzen Kerne auf Schlammvulkanen in die Geologie des Nankaitrogs einzubinden. Spannend war nach dem Meeting das Öffnen eines Vortageskerns von Schlammvulkan MV1, der nicht einmal einen Meter lang war und der das Kernrohr fast zerstört hatte, als das Kerngerät in den Meeresboden drang. Nach dem Öffnen zeigten sich kalkhaltige Festgesteine von einigen Zentimetern Dicke, die aus Methangas entstehen und am Meeresboden auskristallisieren. Hierbei frieren sie ihre geochemische Zusammensetzung ein und können so mit den modernen Wässern der Schlammvulkane verglichen werden. Sie sind also Zeugen aus der Vergangenheit und erzählen uns die Geschichte der bisherigen Schlammvulkanaktivität.

Die meisten Karbonatstücke sind Teile von kleinen Schornsteinen, durch die das Gas hinaufwandert und am Meeresboden oxidiert wird. Leider erlauben erst präzise Messungen im Labor zuhause, aus welcher Tiefe das Material genau aus der Subduktionszone aufgestiegen ist.
Kern am Schlammvulkan MV1, der stark gestört ist und Karbonatklasten (links vom Kern) aufweist. Im Hintergrund arbeiten Jana Molenaar und Jasper Moernaut an einzelnen Proben. Fhoto: A. Kopf, MARUM

Kern am Schlammvulkan MV1, der stark gestört ist und Karbonatklasten (links vom Kern) aufweist. Im Hintergrund arbeiten Jana Molenaar und Jasper Moernaut an einzelnen Proben. Foto: A. Kopf, MARUM

Science meeting in Besprechungsraum neben der Messe von FS Sonne, wo wir in kurzen Vorträgen unser Ergebnisse austauschen und diskutieren. Christian Ferreira berichtet hier von neu gefundenen Methanaustritten. Foto: A. Kopf, MARUM

Science meeting in Besprechungsraum neben der Messe von FS Sonne, wo wir in kurzen Vorträgen unsere Ergebnisse austauschen und diskutieren. Christian Ferreira berichtet hier von neu gefundenen Methanaustritten. Foto: A. Kopf, MARUM

24. Oktober

Nach einer Tour de force am gestrigen Sonntag, wo wir nochmal vier Kolbenlote genommen haben, geht es nun wieder kurz gen Yokohama, wo ein Pilotboot den japanischen Kerntechniker aufnimmt, der leider nicht bis zum Ende unserer Expedition an Bord bleiben kann.

Die Kernarbeiten waren insofern erschwert, weil die Kernlokationen im Kuroshio-Strom stattfanden, der an der Oberfläche um vier Knoten Strömungsgeschwindigkeit erreicht. Somit wird das Kerngerät am Draht stark ausgelenkt und trifft dann einige hundert Meter hinter dem Schiff auf den Meeresboden. Punktgenaue Kernentnahme erfordert somit perfektes Manövrieren auf der Brücke, insbesondere, weil man vor Japan wegen der zahlreichen Seekabel des Tsunamifrühwarnsystems viele Kabeltrassen vermeiden muß. Hinzu kam dann noch ein aufkommendes Tiefdruckgebiet mit Wind von sieben bis acht Windstärken.

Die Kernarbeiten verliefen nichtsdestotrotz erfolgreich, und das wissenschaftliche Team freut sich auf die Auswertung des Materials (und auf eine Partie Tischfußball nach Feierabend).
Das Pilotboot Shinano holt den japanischen Kolbenlottechniker Ei Hatakeyama ab, der auf einer anderen Mission benötigt wird. Foto: A. Kopf, MARUM

Das Pilotboot Shinano holt den japanischen Kolbenlottechniker Ei Hatakeyama ab, der auf einer anderen Mission benötigt wird. Foto: A. Kopf, MARUM

Im Hangar von FS SONNE werden die letzten Kolbenlotkerne beprobt. Nach Feierabend  bleibt manchmal Zeit für eine Runde Tischkicker. Foto: A. Kopf, MARUM

Im Hangar von FS SONNE werden die letzten Kolbenlotkerne beprobt. Nach Feierabend bleibt manchmal Zeit für eine Runde Tischkicker. Foto: A. Kopf, MARUM

22. Oktober

Heute ist wieder ein Tauchtag, das Wetter ist passabel, und alle sind gespannt auf Schlammvulkan MV4. Dort hatten wir vor vier Jahren zwei Observatorien deponiert, die es nun zu bergen gilt.

Nach kurzer Suche fand PHOCA eines der Observatorien, das über eine Leitung ins tiefe MeBo-Bohrloch Druck- und Temperaturdaten aufzeichnet. Diese Daten geben uns Aufschluss über die Deformation der Gesteine in der Tiefe, insbesondere vor und während Erdbeben. Das Observatorium ist ein kurzer Druckkörper aus Edelstahl, der mit einem Zapfen (hotstab) an die Leitungen im Bohrloch ankoppelt. Dieser Zapfen saß leider so fest, dass er sich vom Tauchroboter nicht lösen ließ. Stattdessen improvisierten die Piloten und schraubten die gesamte MeBo-Bohrstange ab. Diese ist zu lang und zu schwer, um vom ROV direkt zum Schiff transportiert zu werden, so daß ein weiterer Tauchgang nötig wird, das Instrument sicher zu bergen.
ROV PHOCA findet das MeBoCORK Observatorium, das mittlerweile von Organismen bewachsen ist. Foto: ROV GEOMAR

ROV PHOCA findet das MeBoCORK Observatorium, das mittlerweile von Organismen bewachsen ist. Foto: ROV GEOMAR

 

21. Oktober

Die Tage vergehen im Flug, und das internationale Wissenschaftsteam an Bord, 34 Personen aus zehn Ländern, arbeitet harmonisch mit den verschiedenen Geräten an Bord. Mittlerweile haben wir sowohl im Kumanobecken als auch auf verschiedenen Schlammvulkanen Kolbenlotkerne genommen. Insbesondere ein Schlammvulkankern zeigte interessante Porenwässer, die vermutlich tief im Akkretionskeil mobilisiert worden sind. Der Umbau von Tonmineralen mit zunehmendem Druck und Temperatur treibt Frischwasser aus dem Mineralgitter und führt zu geringer Salinität, aber Anreicherung anderer gelöster Elemente.

Die genaue chemische Zusammensetzung wird nach der Expedition analysiert und weist uns auf die Tiefe und Temperaturbedingungen der Fluide. Gleichzeitig geben uns auch mitgeschleppte Gesteinsklasten im Schlamm Aufschluss über die geodynamische Entwicklung der Nankai-Subduktionszone.
Blick in die riesige Kabine des wissenschaftlichen Fahrtleiters, wo Strategien diskutiert und die Stationspläne gemacht werden. Foto: A. Kopf MARUM

Blick in die riesige Kabine des wissenschaftlichen Fahrtleiters, wo Strategien diskutiert und die Stationspläne gemacht werden. Foto: A. Kopf, MARUM

19. Oktober

Aufgrund der gestrandeten Ausrüstungscontainer für unsere Fahrt musste kurzfristig der Tauchroboter PHOCA nach Japan beordert werden. Das Team um Fritz Abegg bereitete fieberhaft alles vor und heute wurde das erste Mal in 2000 Meter getaucht – für PHOCA ein Tiefenrekord.

Auf dem gashydrathaltigen Schlammvulkan fanden wir verschiedene Sedimenttypen und maßen die Temperatur, um das Zentrum höchster Aktivität (d.h. Ausstrom von Wässern, Gas und Schlamm aus großer Tiefe) zu finden. Es befindet sich im Südwesten des kleinen untermeerischen Bergs.

Offenbar sind auch zahlreiche Organismen von der Dynamik des Schlammvulkans angetan. Ein Oktopus war über unseren Besuch mit hellem Licht weniger erfreut und stellte sich zum Kampf auf.

Oktopus auf dem Schlammvulkan im Kumanobecken, Japan
Foto: ROV GEOMAR

ROV PHOCA beim Aussetzen von FS SONNE
Foto: S. Trütner, MARUM

18. Oktober

Nach einem viertägigen Hafenstopp in Yokohama dampfen wir nun ins Kumanobecken. Die wichtigsten Aktivitäten im Hafen drehten sich um die Inbetriebnahme der Wärmestromlanze sowie des Tauchroboters PHOCA unserer Kollegen des GEOMAR, die erfolgreich verlief. Zudem besuchte ein Team von GOOGLE Culture das Schiff, so dass demnächst ein virtueller Schiffsrundgang auf SONNE im Internet möglich sein wird.

Wir erreichen nun bei bestem Wetter das Arbeitsgebiet von Abschnitt 251-2, um gleich die gesamte Nacht Wärmestrommessungen über einen Schlammvulkan zu machen.

Wärmestromlanze an Deck von FS SONNE kurz vor dem Einsatz auf dem Schlammvulkan

Blick auf Yokohama nach dem Auslaufen

17. Oktober

FS Sonne befindet sind bereits wieder im Hafen von Yokohama, Japan, wo der erste Fahrtabschnitt von SO251 am Samstag 15. Oktober mit dem Einlaufen morgens um 8 Uhr zu Ende ging. Wir können auf einen überaus erfolgreichen Teilabschnitt zurückblicken, in dem wir alle prioritären Ziele des EAGER-Japan-Projekts für den Japan Graben erreicht haben:

Während unserer Fahrt haben wir den gesamten Japan Trench Tiefseegraben zwischen 36° bis 40.3° N kartiert. Sechs 10 Meter lange Kerne konnten erfolgreich aus über 7 Kilometer Wassertiefe gewonnen werden, um die sedimentären Prozesse und Ablagerungsereignisse entlang des gesamten Japan Graben Subduktionszone zu dokumentieren. Ebenfalls haben wir an drei Lokationen entlang des Kontinentalabhangs 5 Meter lange Doppel-Kerne gezogen. Diese Kerne vom Abhang werden in den Schifflabors und später in den Laboren der Forschungsgruppe für Marine Geotechnik am MARUM, Universität Bremen, auf Sedimentfestigkeit und Deformationsverhalten unter Einwirkung dynamischer Spannungen, wie sie bei Großerdbeben wirken, untersucht. Daraus werden wir ableiten können, bei welchen Erdbebenerschütterungen Sediment vom Abhang in den Tiefseegraben transportiert wird. Mit diesen Erkenntnissen werden wir das geologische Archiv vergangener Erdbeben im Japan Graben quantitativ auf die Stärke vergangener Erdbeben analysieren können.

SO251-A Science Party (v.l.n.r. Gauvain Wiemer, Yukihiko Nakano, Dominik Jaeger, Timo Fleischmann, Katarina Bachmann, Marie Rex, Martin Kölling, Christian dos Santos Ferreira, Sebastian Trütner, Karl Lange, Jasper Moernaut, Neeske Lübben, Kazuko Usam, Alex Rösner, Mareike Höhne, Asuka Yamaguchi, Jana Molenaar, Toshyia Kanamatsu, Michael Strasser, Paul Töchterle, Ken Ikehara, Tobias Schwestermann, Jess Hillmann, Toshyia Fujiwara, Matt Ikari, Cecilia McHugh, Tian Sun, Witold Szczucinski, Arata Kioka)

Desweiteren haben wir auf 39.3° nördlicher Breite ein rund 175 Kilometer langes Ost-West Profil senkrecht zum Streichen der Subduktionszone vermessen. Die Profilelinie entspricht exakt der Spur einer früheren bathymetrischen Vermessung von JAMSTEC aus dem Jahr 2007, welche 4 Jahre vor dem großen Tohoku-oki Erdbeben durchgeführt wurde. Aus der Differenz zwischen unseren neuvermessenen bathymetrischen Daten (nach dem Erdbeben) und den Daten der JAMSTEC Kollegen (vor dem Erdbeben) erhoffen wir uns neue Erkenntnisse darüber, ob, und wenn ja, um welchen Betrag sich der Meeresboden nahe der nördlichen Begrenzung der Bruchfläche des 2011-Erdbebens verschoben hat.

Last but not least haben wir erfolgreich eine Kernlokation der Sonne Ausfahrt SO219A aus dem Jahre 2012 wiederholt. Damals haben wir in den chemischen Analysen des Sedimentporenwassers interessante Anomalien gemessen, die wir als transiente Signale – ausgelöst durch die Ablagerungen durch das Erdbeben von 2011 – interpretierten. Nun, 5 ½ Jahre nach dem Erdbeben, können wir dank erneuter Beprobung des Porenwassers an dieser Lokation die Veränderung studieren und Prozessraten quantifizieren.

Knapp die Hälfte des Science Teams des ersten Fahrtabschnitts ist bereits von Bord gegangen, unter anderem auch Jess Hillmann, die bisher die Logbucheinträge beigetragen hat. Neu an Bord gekommen sind das Geomar ROV – Team, Achim Kopf als Fahrtleiter für den zweiten Abschnitt und weiter Wissenschaftler aus Bremen und internationalen Partnerinstitutionen. Wir machen uns bereit für den zweiten Fahrtabschnitt, der uns ab morgen ins Kumano Becken der Nankai Subduktionszone bringen wird.

Komplette bathymetrische Karte entlang der Trench Achse des Japangraben, wie wir sie während SO251-A aufzeichnen konnten. Gelbe Punkte sind insgesamt 9 Kernlokationen mit rund 75 Meter Kerngewinn.

12. Oktober

Wir nähern uns dem Ende unserer Reise, und alle an Bord sind beschäftigt, da immer noch eine Menge Kerne zu verarbeiten sind. Zum Glück haben wir weiter Sonnenschein und ruhige See, so dass wir ideale Bedingungen haben sollten, um die letzten beiden Kerne heute Abend und morgen früh zu gewinnen. Danach starten wir den langen Transit zurück nach Yokohama, der rund 24 Stunden dauern wird, da wir jetzt im Norden unseres Arbeitsbereichs im Japan-Graben sind. Wir werden zweifellos so lange arbeiten, bis wir wieder im Hafen sind, da alle Kerne verarbeitet, beprobt und sorgfältig für den Transport nach Bremen verpackt werden müssen.

Ein Kernabschnitt wird an Deck dem Kernrohr entnommen.
Foto: Sebastian Tütner

Dr. Witold Szczucinski reinigt die Archivhälfte des Kerns.
Foto: Jess Hillman

Der letzte Schritt der Kern-Verarbeitung erfolgt durch das Sedimentologie-Team unter Leitung von Dr. Ken Ikehara und Dr. Cecilia McHugh. Mit Hilfe ihrer Assistenten Tobias Schwestermann und Jana Molenaar beschreiben die sedimentologischen Merkmale der Kerne im Detail. Dies hilft uns festzustellen, woher die Sedimente im Graben stammen und durch welche Mechanismen sie in dieses Gebiet transportiert wurden. Diese Beschreibung wird unter Verwendung einer Vielzahl von Techniken an Bord des Schiffes durchgeführt. Zuerst wird jeder Abschnitt des Kerns von Dr. Kazuko Usami fotografiert, dann wird er im Detail beschrieben und alle Informationen im Protokoll festgehalten. Während dieses Kernprotokoll zusammengestellt wird, werden kleine Stichproben aus besonderen Abschnitten entnommen und von Dr. Asuka Yamaguchi unter dem Mikroskop untersucht. Schließlich misst Dr. Toshiya Kanamatsu die so genannte magnetische Suszeptibilität des Kerns: Sind magnetische Minerale im Sediment vorhanden, können sie Hinweise darauf liefern, wo die Sedimente entstanden sind. Dr. Witold Szczucinski aus der Sedimentologie-Gruppe entnimmt manchen Kernen Unterproben, um DNA kleiner Organismen, wie den Foraminiferen, zu suchen. Dies kann uns Informationen darüber liefern, woher die Sedimente ursprünglich gekommen sein könnten und welche Prozesse zur Umlagerung geführt haben könnten. Ist all dies getan, werden die Kerne sorgfältig für ihre lange Reise zurück nach Bremen verpackt, wo sie weiter untersucht werden.

In den vergangenen Logbuch-Beiträgen haben wir den gesamten Workflow der Kernuntersuchung an Bord beschrieben, aber eine weitere sehr wichtige Gruppe arbeitet an Bord – das Hydroakustik-Team. Wir werden nächstes Mal mehr über ihre Arbeit berichten!

Die Kerne im Sedimentologie-Labor warten auf ihre Beschreibung!
Foto: Jess Hillman

10. Oktober

Nach einigen Tagen mit Regen und grauem Himmel scheint die Sonne endlich wieder und das Meer ist ruhig. Dies ist eine sehr willkommene Abwechslung nach den Beeinträchtigungen durch Taifun Chaba und mehrerer anderer Sturmtiefs in der letzten Woche, was zu einer eher rauen See führte – keine idealen Bedingungen, um Kerne zu gewinnen. Trotz allem gelang es uns, wichtige Daten zu sammeln: wir haben drei 10-Meter lange Kerne aus dem Graben und vier 5-Meter lange Kerne aus dem Hang gewinnen können. Wir planen, in den nächsten 24 Stunden noch mehr Proben zu nehmen, und drücken daher die Daumen, damit dieses gute Wetter weiter anhält!

Foto: Tobias Schwestermann

Sobald die Kerne vom Geochemie-Team beprobt worden sind, werden sie in zwei Hälften geteilt. Die Archivhälfte geht an die Sedimentologie-Gruppe, während die Arbeitshälfte an die „Physical-Property“-Gruppe geht. Diese Gruppe untersucht die physikalischen Eigenschaften der Proben. Dr. Gauvain Wiemer und Dr. Matt Ikari und ihre Assistenten Sebastian Trütner, Mareike Höhne, Marie Rex, Jess Hillman und Alex Rösner führen hierzu verschiedene geotechnische Analysen durch. Diese Tests ermöglichen es uns, die Scherfestigkeit und den Wassergehalt der Sedimente in den Kernen zu bestimmen. Diese Informationen sind sehr wichtig, um verstehen zu können, wie seismische Ereignisse die Festigkeit der Sedimente auf dem Meeresboden beeinflussen, und die Rolle verschiedener Faktoren bestimmen zu können, die Sedimentbewegungen und Erdrutsche und als Folge Tsunamis verursachen können. Während der Fahrt nehmen wir Kerne aus dem Graben (in Wassertiefen von 7.500 bis 8.200 Meter) und am Hang (in Wassertiefen von ca. 5200 Meter). Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen einen deutlichen Kontrast zwischen den physikalischen Eigenschaften der Sedimente an diesen Stellen, die wir auf die unterschiedlichen Prozesse in den verschiedenen Tiefen zurückführen würden. Wir erhalten auch einige interessante neue Daten, die mehrere Theorien bestätigen, an denen das „Physical-Property“-Team am MARUM arbeitet.

Mareike Höhne, Marie Rex und Sebastian Tütner untersuchen die physikalischen Eigenschaften der Sedimente im Labor. Foto: Tobias Schwestermann

Messung der Scherfestigkeit des Sediments
Foto: Jess Hillman

8. Oktober

Heute Morgen war es auf SONNE sehr still nach einer anstrengenden Nacht mit viel Kerngewinn. Wir haben uns das gute Wetterfenster zunutze gemacht und erlangten einen 10 Meter langen Kern aus dem Tiefseegraben und zwei weitere, 5 Meter lange Kerne etwas flacher am Kontinentalhang. Der lange Kern war hierbei besonders spannend, weil die Lokation bereits auf der vorangegangenen Reise SO219 im Jahr 2012 beprobt wurde und so ein Vergleich möglich ist, was seitdem abgelagert wurde. Der eine Kurzkern wird heute im Tagesverlauf geöffnet und beschrieben, während der zweite ungeöffnet nach Hause transportiert wird, um am MARUM geotechnische Deformations-Experimente machen zu können.

Das Kolbenlot wird an der Schiffsseite abgesenkt. Foto: Kazuko Usami

Dr. Martin Kölling und Paul Töchterle bringen die Rhizonen an, um Proben des Porenwassers aus dem Kernsegment zu nehmen. Foto: Jess Hillman

Heute wollen wir insbesondere die Geochemie betrachten, deren Analysen Dr. Martin Kölling und die studentischen Assistenten, Paul Töchterle und Neeske Lübben, durchführen. Die Chemiegruppe bekommt alle Kerne zuerst, da manche der Parameter zeitkritisch bestimmt werden müssen, ehe der Kern sich durch Druckentlastung und Erwärmung verändert. Als erstes werden an den Schnittstellen zwischen den 1 Meter langen Kernsegmenten mit Spritzen Zylinder aus dem Sediment gestanzt, an denen die Methankonzentration gemessen wird. Anschließend werden mit Rhizonen, kleinen porösen Röhrchen an einer Spritze, gefilterte Porenwässer aus dem Sediment gesaugt. Einige Analysen werden anschließend im bordeigenen Labor gemacht, während der Rest einer jeden Probe gekühlt aufbewahrt und für detailliertere Untersuchungen ans MARUM verschifft wird.
Die geochemische Analyse der Porenwässer kann Aufschluss darüber geben, wann genau das Sediment am Meeresboden abgelagert wurde, und ob es gegebenenfalls durch seismische Ereignisse wie das Tohuku-Oki Erdbeben in 2011 mobilisiert wurde. An der Grenze “normal” abgelagerter Sedimente und dem umgelagerten Material entsteht ein charakteristischer chemischer “Fingerabdruck”, wo die ansonsten in chemischem Gleichgewicht stehenden Profile verändert werden. Diese Abweichungen helfen uns folglich, Zeit und Ort von Massenumlagerungen besser zu verstehen.

Aus dem Kern wird Porenwasser zur Bestimmung der Alkalinität extrahiert. Foto: Jess Hillman

6. Oktober

Gestern Abend nach über fünf Stunden geduldigen Wartens war die Aufregung auf dem Arbeitsdeck groß, als unser erster Kern aus dem Japan-Graben an Bord kam: 9,76 Meter Sediment aus einer Tiefe von 8019 Meter. Kerne aus einer solch großen Tiefe zu gewinnen, ist eine beachtliche Leistung und wir sind froh, so ein großartiges Team von Wissenschaftlern und Besatzung an Bord zu haben, das den reibungslosen Ablauf aller Prozesse sicherstellt.

Die Proben vom Meeresboden werden mit einem Kolbenlot gewonnen. Dieses Gerät besteht aus einem sehr schweren (1,1 Tonnen!) Gewicht am oberen Ende verbunden mit einem 10 Meter langen Metallrohr. Im Metallrohr steckt ein durchsichtiges Plastikrohr – Liner genannt. Nach erfolgreicher Probennahme ist dieser Liner dann mit der Probe vom Meeresboden – dem Kern – gefüllt. Ist der Kern erst einmal sicher an Deck, wird ein striktes Verfahren befolgt, um sicherzustellen, dass er korrekt beschriftet wird und alle Proben katalogisiert werden. Zunächst wird der Liner mit dem Kern aus dem Metallrohr herausgezogen und in ein Meter lange Abschnitte zerteilt, die mit Kunststoffkappen verschlossen werden.

Der erste Kern kommt an Bord.
Foto: Sebastian Trütner

Das Kolbenlot zur Beprobung des Meeresbodens wird ins Wasser gelassen.
Foto: Toby Schwestermann

Als wir all diese Arbeiten erledigt hatten, war es bereits später Abend. Daher beschlossen wir, die Kerne erst am nächsten Tag zu öffnen und dann mit den weiteren Untersuchungen fortzufahren. In der Nacht wurde der Graben weiter vermessen bis schwere See und Starkwinde durch Taifun Chaba uns zwangen, unseren Kurs zu verlassen und weiter südlich zu fahren, um den Sturm abzuwarten.

Heute Morgen dann waren die Wellen über vier Meter hoch. Dennoch waren wir gespannt darauf, den Kern zu öffnen und mit der Arbeit zu beginnen. Jeder Abschnitt des Kerns wird der Länge nach in zwei Hälften geteilt: Eine ist die Arbeitshälfte, die wir für geotechnische Messungen und Probenahmen verwenden, die andere ist die Archivhälfte zur Beschreibung der Sedimentologie. Wir werden ausführlicher über die geochemischen, geotechnischen und sedimentologischen Untersuchungen hier an Bord in den nächsten Logbucheinträgen berichten. Jetzt sind wir erst einmal damit beschäftigt, eine Menge schönen Schlamm zu untersuchen!

Fahrtleiter Dr. Michael Strasser untersucht die erste Probe aus dem Kernfänger.
Foto: Sebastian Trütner

Dienstag, 4. Oktober

Mit ein paar Tagen Verspätung stechen wir nun endlich von Yokohama aus in See und werden in Kürze unser Untersuchungsgebiet am Japan-Graben erreichen. Leider gab es bis zur letzten Minute Gerangel um die Ausrüstung, da unsere Container mit dem Equipment momentan irgendwo nahe Singapur gestrandet sind – auf Schiffen der insolventen Hanjin-Reederei. Glücklicherweise leihen uns unsere wunderbaren Kollegen von JAMSTEC den Großteil der benötigten Ausrüstung. Der Rest wurde im Gepäck verschiedener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und der Schweiz mitgebracht!

Alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind nun sicher an Bord und wir hatten genügend Zeit, unsere Labore vorzubereiten und erste Diskussionen zu wissenschaftlichen Zielen zu führen. Unsere Fahrtzeit ist verkürzt und ein Teil der Ausrüstung fehlt, doch „Not macht erfinderisch“: So versuchen wir nun, Prioritäten zu setzen und zu improvisieren, um alle unsere Ziele zu erreichen, was zu einer Reihe neuer Verfahren führte, um Proben vom Meeresboden zu sammeln und zu verarbeiten. Heute starteten wir mit einer „Mini-Konferenz“, auf der mehrere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Kurzvorträge über ihre vorherigen Forschungen in diesem Gebiet hielten. Dies war eine wertvolle Einführung für die weniger Erfahrenen unter uns und führte zu einigen interessanten Diskussionen neuer Forschungskonzepte.

Die einzig verbleibende Hürde zwischen uns und unserem Untersuchungsgebiet ist das bevorstehende Eintreffen von Taifun Chaba, der laut Vorhersage den Japan-Graben am 5. Oktober passieren soll. Wir werden ein Auge auf Vorhersage und Seegang haben und unseren Kurs so planen, dass wir dem Schlimmsten fern bleiben. Trotzdem könnten wir es mit den Auswirkungen der stürmischen See zu tun bekommen, weshalb sich unsere Schiffsärztin Anke bestens auf mögliche seekranke Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorbereitet hat!

FS SONNE verlässt den Hafen von Yokohama, im Hintergrund die Bay Bridge
Foto: Jess Hillmann

Das Forschungsschiff SONNE im Hafen von Yokohama
Foto: Jess Hillmann