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Zum rauchenden Vulkan von Saunders Island

PS119 – 6. Wochenbericht, 13. bis 19.5.19

Wie in der Woche zuvor verbrachten wir auch die 6. Woche im südlichsten Bereich der Südsandwich Platte vom Back-Arc Spreizungsrücken der Segmente 8 und 9 im Westen bis zur Kemp Caldera. Die Vulkankette ist Teil der östlich anschließenden Kollisionszone mit der Südamerikanischen Platte. Das Expeditionslogo der Reise PS119 zeigt symbolhaft den Spreizungsrücken auf der linken Seite und nach rechts folgend Vulkan, Fore-Arc-Bereich und Subduktionszone.

Anlandung von Pinguinen auf einem Eisberg. Foto: Carsten Zillgen
Pinguine nutzen bei der Anlandung auf einem Eisberg einen Wellenberg. Foto: Carsten Zillgen

Die Wetterbedingungen, die von Sonntag bis Dienstagmorgen weitere Tauchgänge verhinderten, erlaubten uns erst wieder am Dienstag mit ROV MARUM-QUEST zum Meeresboden abzutauchen. Die Zwischenzeit nutzten wir zum Einsatz anderer Beprobungsgeräte. So haben wir am Sonntag, den 12. Mai mit einem drei Meter langen Schwerelot und einem Multicorer den tiefsten Bereich der Kemp Caldera beprobt.

Die bis dahin vermessenen Parasoundprofile über den Krater zeigten im tiefsten Bereich geringmächtige Sedimentlagen an, deren mineralogische und chemische Zusammensetzung im Hinblick auf hydrothermale Einlagerungen von großem Interesse ist. Mit den Kerngeräten gelang es, eine Sedimentabfolge von 230 Zentimetern zu beproben, die uns aufgrund ihrer Farben und unterschiedlichen Sedimentzusammensetzungen überraschte.

Reinste biogene Opalschlämme kamen zum Vorschein, die aus Diatomeen-Skeletten aufgebaut werden. Kieselalgen werden in großen Mengen im Oberflächenwasser des Südozeans südlich der Polarfront gebildet und ihre Skelette werden nach dem Absterben am Meeresboden im sogenannten Opalgürtel abgelagert. Besonders auffällig in dem gewonnenen Kern sind Matten der Diatomeen-Gattung Thalassiotrix, welche als extrem nadelförmige Zellhüllen aus Biogenopal aufgebaut sind und bei monospezifischem Auftreten im Sedimentkern wie nasse Papiertaschentücher aussehen. Die reinen Opalschlämme sind in einigen Abschnitten durch Metallsulfide stark verfärbt, sodass die Abfolge insgesamt die Hydrothermalaktiviät innerhalb der Caldera über die Zeit dokumentiert.

Am Montag, den 13. Mai haben wir etwa 60 Kilometer westlich der Kemp Caldera an der östlichen Flanke von Rückensegment E8 Sedimente mit einem Kolbenlot beprobt. Die Ablagerungen des 8,70 Meter langen Kerns haben hohe Anteile an vulkanischen Komponenten und unsere Geochemiker sind daran interessiert, den Einfluss hydrothermaler Aktivität und besonders die Eisengeochemie daran zu untersuchen.

Analyse der Sedimentkerne im Nasslabor II der POLARSTERN. Foto: Yiting Tseng
Analyse der Sedimentkerne im Nasslabor II der POLARSTERN. Die Sedimentkerne nahe der Spreizungszentren zeigen besonders abwechslungsreiche Farben. Foto: Yiting Tseng

Aus diesem Interesse heraus werden im Abstand von jeweils 10 Zentimetern Porenwasserproben gewonnen, an denen Alkalinität und Eisenkonzentrationen bereits an Bord bestimmt werden. Die weiteren Nährstoffe und spezifische gelöste Komponenten werden nach der Reise in den Laboren der Heimatinstitute gemessen.

Am Dienstag, den 14. Mai stand die Kemp Caldera erneut im Mittelpunkt unserer Forschung. Es wurden mehrere CTD-Stationen mit Wasserschöpferbeprobungen nahe dem Hydrothermalgebiet, im Zentrum der Kraterstruktur und in ihrem Randbereich durchgeführt. Anhand der Anomalien in Trübung, Redoxpotential, Temperatur und im Methangehalt wollen wir den Einfluss des aktiven Hydrothermalgebietes auf die Meerwasserchemie untersuchen. Am Dienstag folgte dann ein ROV Tauchgang am nördlichen Rand der Kemp Caldera in 1.100 Meter Wassertiefe an einer Lokation, an der wir mehrfach in der Wassersäule Gasblasenaustritte akustisch detektieren konnten. Beim Tauchen mit ROV MARUM-QUEST konnten wir allerdings den Austritt der Gasblasen am Meeresboden nicht finden und haben uns auf die Beprobung von neu entdeckten Schornsteinen mit Fluidaustritten konzentriert.

Fluidprobennehmer. Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
Schimmernde Ventfluide, die mit 230°C aus einem Schornstein der Kemp Caldera herausfließen und mit einem Fluidprobennehmer beprobt werden. Diese Fluide sind eisenreich und mit einem pH-Wert von 2,3 recht sauer. Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Ein Schwarzer Raucher dessen Fluidaustrittstemperatur bei 230°C lag, hatte einen hohen Eisengehalt und den bisher geringsten pH-Wert von 2,3, während ein zweiter Schornstein bei einer Temperatur von 200°C kaum Eisen enthielt und einen pH-Wert von 5,5 zeigte. Erst die genaue Analyse der Fluide in den Laboren zuhause wird uns verraten, ob die Chemie der Fluide auch mit den Ausfällungsprodukten der Schornsteine im Einklang steht.

Obwohl sich während der drei Tauchgänge in der Kemp Caldera weitere Tauchzielwünsche ergeben haben, mussten wir wegen weiterer Ziele der Expedition am Mittwoch, den 15. Mai die Kemp Caldera verlassen. Die Route führte uns in den nordwestlichen Bereich der Südsandwichplatte, an den Inseln Leskov, Visokoi and Zavadovski vorbei in den Fore-Arc-Bereich. Es wurde ein OFOBS-Profil über einem Fore-Arc-High durchgeführt, um Indikatoren für mögliche kalte Quellen zu finden. Dort haben in früheren Jahren britische Wissenschaftler serpentinisierte Mantelgesteine gedredgt, die in anderen Meeresgebieten auch mit Fluidaustritten am Meeresboden assoziiert sind.

In der Nacht ging es weiter nach Süden, wo wir am Morgen des 17. Mai die Vulkaninsel Saunders Island erreichten. Unsere Vulkanologen planten einen Besuch mit Probennahme und photogrammetrischer Vermessung durch Drohnenflüge. Aufgrund des Wetters, das sich im Laufe des Tages sehr verbesserte, konnten Drohnenvermessungsflüge von der POLARSTERN aus durchgeführt werden, vor allem nachdem das Schiff seinen Weg in die Cordelia Bucht fand und dort sehr nahe an die Insel heran kam.

 

POLARSTERN fährt bei sonnigem Wetter aus der Cordelia Bucht von Saunders Island. Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen; Volker Ratmeyer
POLARSTERN fährt bei sonnigem Wetter aus der Cordelia Bucht von Saunders Island. Im Hintergrund ist rechts der 991 Meter hohe Gipfelkrater des Mount Michael zu sehen, aus dem Rauchwolken aufsteigen. Foto: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen; Volker Ratmeyer

Ein weiterer Tauchgang in dem Hydrothermalgebiet E2 Süd konnte am Samstag, den 18. Mai sehr erfolgreich abgeschlossen werden, bevor sich das Wetter in der Nacht wesentlich verschlechterte. Da ein orkanartiger Sturm für die zweite Nachhälfte und den anschließenden Morgen angekündigt wurde, sind wir mit POLARSTERN in der Nacht nach Osten gedampft und haben uns am Sonntagmorgen in den Windschatten der Vulkaninsel Zavodovski zum Abwettern gelegt.

Bei Windstärken zehn bis elf mit gelegentlichen Spitzenwerten nach Beaufort 12 haben wir hier im Schutze der Insel drei bis vier Meter hohe Wellen, während außerhalb z.T. über acht Meter hohe Wellen abgeschätzt werden. Obwohl unser Schiff heute etwas mehr schaukelt als sonst, fühlen wir uns auf der POLARSTERN sicher und behütet. Allerdings sind zumindest zum Frühstück und Mittagessen nicht alle Wissenschaftler gesichtet worden. Es grüßt im Namen aller Fahrtteilnehmer

Gerhard Bohrmann, FS POLARSTERN, Sonntag, der 19. Mai 2019