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Simulierter Manganknollen-Abbau beeinträchtigt die Ökosystem am Ozeanboden langfristig

29.04.2020
Ungestörter Meeresboden mit der für das DISCOL-Gebiet typischen, geringen Manganknollendichte (links). 26 Jahre später sind die Pflugspuren noch deutlich sichtbar (rechts). Foto: ROV-Team/ GEOMAR
Ungestörter Meeresboden mit der für das DISCOL-Gebiet typischen, geringen Manganknollendichte (links). 26 Jahre später sind die Pflugspuren noch deutlich sichtbar (rechts). Foto: ROV-Team/ GEOMAR

Tiefseebergbau könnte eine Möglichkeit bieten, dem zunehmenden Bedarf an seltenen Metallen zu begegnen. Seine Umweltauswirkungen sind bisher jedoch nur zum Teil bekannt. Zudem fehlen klare Standards, die den Abbau regulieren und verbindliche Grenzwerte für die Auswirkungen auf die dort lebenden Organismen festlegen. Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie beschreiben nun zusammen mit Kollegen vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Alfred-Wegener-Institut und weiteren Instituten, dass mit dem Tiefseebergbau einhergehende Störungen auch die natürlichen Ökosystemfunktionen und Mikrobengemeinschaften im Meeresboden langfristig beeinträchtigen. Ihre Ergebnisse präsentieren sie im Fachmagazin Science Advances.

Im Rahmen des Projekts „MiningImpact“ – initiiert vom „Joint Programming Initiative of Healthy and Productive Seas and Oceans“ (JPIOceans) und gefördert vom BMBF – nahm das Bremer Max-Planck-Institut jetzt die kleinsten Meeresbodenbewohner und ihre Leistungen unter die Lupe. Die nun vorliegende Studie zeigt, dass auch die Mikroorganismen im Meeresboden massiv vom Tiefseebergbau betroffen wären. Das Team um Antje Boetius, Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie und Direktorin am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, untersuchte den Zustand des Meeresbodens ebenso wie die Aktivität der Mikroorganismen im sogenannten DISCOL-Gebiet im tropischen Ostpazifik, etwa 3.000 Kilometer vor der Küste Perus.

Dort hatten im Jahr 1989 deutsche Forscher in einem Manganknollengebiet in 4.000 Metern Wassertiefe den Meeresboden auf einer Fläche mit einem Durchmesser von gut dreieinhalb Kilometern mit einer Egge umgepflügt, um einen Abbau zu simulieren. Die Pflugspuren sind auch noch 26 Jahre später klar zu erkennen. Im Vergleich zu ungestörten Regionen des Meeresbodens lebten in den alten Spuren nur etwa zwei Drittel der Bakterien, in frischeren Pflugspuren sogar nur die Hälfte. Verglichen mit ungestörten Flächen waren die Raten verschiedener mikrobieller Prozesse auch nach einem Vierteljahrhundert um drei Viertel verringert. „Unsere Berechnungen haben ergeben, dass die Mikroben frühestens nach 50 Jahren wieder ihre übliche Funktion voll ausüben können“, so Erstautor Tobias Vonnahme.

Jürgen Titschack vom MARUM hat für die Studie die Computer-Tomographie-Daten der untersuchten Sedimente erhoben und die Auswertung geleitet. „Der natürliche Lebensraum der Mikroorganismen ist das Sediment am Meeresboden. Der Tiefseebergbau zerstört jedoch das natürliche Sedimentgefüge und verändert somit tiefgreifend den Lebensraum der Mikroorganismen. Die dreidimensionale CT-basierte Charakterisierung der Sedimente erlaubt es, diese Veränderungen zu visualisieren und teilweise auch zu quantifizieren – eine wichtige Hintergrundinformation für alle weiteren Analysen.“

Kontakt:

Dr. Jürgen Titschack
Marine Sedimentologie
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Originalveröffentlichung:

Tobias R. Vonnahme, Massimiliano Molari, Felix Janssen, Frank Wenzhöfer, Matthias Haeckel, Jürgen Titschack, Antje Boetius (2020): Effects of a deep-sea mining experiment on seafloor microbial communities and functions after 26 years. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.aaz5922

Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie

 

Probennahme an einer 6 Jahre alten Pflugspur. Foto: ROV-Team/GEOMAR
Probennahme an einer sechs Jahre alten Pflugspur. Foto: ROV-Team/GEOMAR