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- Aussterbeereignis im Devon
Nährstoffüberschuss lässt Ozeane ersticken
In der gesamten Erdgeschichte unterscheiden Geologen fünf Massenaussterbeereignisse, die besonders schwerwiegend waren. Eines davon ist das Massenaussterbeereignis im Devon vor 374 Millionen Jahren – mehr als 300 Millionen Jahre vor dem Meteoriteneinschlag, der vermutlich zum Aussterben der Dinosaurier geführt hat.
Das Devon war eine eigentümliche Zeit: Große Fische regierten in den Ozeanen und Korallenriffe florierten, aber es gab noch keine großen Landtiere. „Das devonische Klima lässt sich am besten als extremes Treibhausklima beschreiben, mit deutlich mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre als heute“, sagt Dr. David De Vleeschouwer vom MARUM. Dennoch konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bislang nicht genau sagen, wie schnell die Erde während des devonischen Massenaussterbeereignis unbewohnbar wurde.
Aus Gründen, die noch immer von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern diskutiert werden, wurde das Meerwasser während des Devon-Massensterbens sauerstoffarm. „Dieses Ereignis hat den Großteil der Lebewesen im Ozean erstickt, und die äußerst unterschiedlichen Korallenriffe aus der devonischen Periode gehörten zu den größten Opfern“, erklärt Co-Autorin Anne-Christine Da Silva von der Universität Lüttich (Belgien), wobei eine Hauptursache bislang nicht identifizierbar sei. Tatsächlich ist der Sauerstoffgehalt des Meerwassers im Laufe des Aussterbens zweimal gesunken. Nachweisen können Forscherinnen und Forscher das durch Schwarzschiefer, der sich in der Erdkruste wie in einem Archiv abgelagert hat. Schwarzschiefer ist reich an organischen Bestandteilen, denn zum Verrotten des organischen Materials fehlte der Sauerstoff.
David De Vleeschouwer und sein Team haben eine Technik namens Zyclostratigraphie genutzt. „Wir haben Informationen aus geologischen Abschnitten genutzt, die sich über das devonische Aussterben erstrecken, und zwar aus Belgien, Polen, China, Kanada und den USA. In allen Abschnitten haben wir die Auswirkungen gefunden, die aus den zyklischen Veränderungen der Exzentrizität der Erdumlaufbahn um die Sonne resultieren“, erklärt De Vleeschouwer. Als Exzentrizität wird bezeichnet, wie stark die Ellipse der Erdumlaufbahn von der Kreisform abweicht. Wenn die Exzentrizität niedrig ist, dreht sich die Erde um die Sonne auf einer Umlaufbahn, die einem perfekten Kreis sehr nahe ist. Ist die Exzentrizität hoch, kreist die Erde elliptisch um die Sonne.
Änderungen in der Exzentrizität sind sehr rhythmisch, mit fester Periodendauer von 100.000 und 405.000 Jahren. Die Autorinnen und Autoren haben diese Zyklen genutzt, um die Dauer zwischen den beiden Schwarzschieferschichten einzugrenzen und dabei herausgefunden, dass die zweite Episode mit niedrigem Sauerstoffgehalt 600.000 Jahre nach der ersten begonnen hat. Dieses Ergebnis sei die erste präzise Zeitmessung dieser Episode in der Evolution des Lebens auf der Erde, betont De Vleeschouwer. Zudem sei sie viel kürzer als erwartet. Eine genaue Zeitmessung gibt Aufschluss darüber, welche biogeochemischen Prozesse während des Aussterbens eine wesentliche Rolle gespielt haben und welche nicht.
Darüber hinaus hat das Team festgestellt, dass der Hauptimpuls des Aussterbens mit einer längeren Periode geringer Exzentrizität zusammenfiel. Das bedeutet, dass die Erdumlaufbahn mehrere zehntausend bis hunderttausend Jahre lang nahezu kreisförmig war, was zu einem recht stabilen Klima führte. Diese unveränderlichen Klimata wurden durch eine verlangsamte Ozeanzirkulation und eine Schichtung der Wassersäule ersetzt, die beide einen niedrigen Sauerstoffgehalt in den Weltmeeren begünstigten.
Für das Autorenteam sind die Landpflanzen eine der Ursachen des Aussterbeereignisses. Während der Devonzeit entwickelten sie tiefe Wurzelsysteme und holzige Gewebe. Dadurch hatten sie den evolutionären Vorteil, verschiedene Umgebungen besiedeln zu können. Dieser Erfolg der Bodenpflanzen hatte allerdings seinen Preis: Wenn eine Pflanze stirbt, wird ihre Biomasse in die Gewässer und in den Ozean gespült. „Die devonischen Meere wurden also mit Nährstoffen von verrottenden Pflanzen überschüttet, ein Prozess, bei dem Sauerstoff aufgenommen und anderes Leben ausgehungert wird“, erklärt David De Vleeschouwer. „Allerdings ist die Evolution der Landpflanzen ein langsamer und allmählicher Prozess. Nur wenn die Erdumlaufbahn eine verlangsamte Ozeanzirkulation begünstigte, reicht das aus, um das Erdsystem über einen Kipppunkt hinaus zu treiben, was wiederum das Aussterben der devonischen Biomasse zur Folge hatte.“
Kontakt:
David De Vleeschouwer
Telefon: 0160 3353 848
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]
Beteiligte Institute:
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen
Analytical, Environmental and Geo-Chemistry (AMGC), Vrije Universiteit Brussel (Belgien)
Sedimentary Petrology Laboratory, Université de Liège (Belgien)
Paleomagnetic Laboratory, Universiteit Utrecht (Niederlande)
Institute of Geology and Geophysics, Chinese Academy of Science Beijing (China)
Department of Geography–Geology, Illinois State University (USA)
Department of Geosciences, University of Alaska, Fairbanks (USA)
Weiter Informationen/Bildmaterial:
Ulrike Prange
MARUM Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0421 218 65540
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]
David De Vleeschouwer, Anne-Christine Da Silva, Matthias Sinnesael, Daizhao Chen, James E. Day, Michael T. Whalen, Zenghui Guo und Philippe Claeys:
Timing and pacing of the Late Devonian mass extinction event regulated by eccentricity and obliquity. Nature Communications 8, 2017; DOI: 10.1038/s41467-017-02407-1