Logo Universitat Bremen

Sonntag, 16. August - Mont Réal

Als der Airbus A340 am frühen Nachmittag in Frankfurt abhebt, sind es noch knapp 5.900 Kilometer, umgerechnet mehr als sieben Flugstunden, bis zum ersten Ziel dieser Reise. Wir folgen dem Lauf des Rheins, queren die Nordsee und bald darauf die schottischen Highlands. Nach vier Stunden haben wir das grönländische Inlandeis passiert und erreichen die Labradorsee, die unter einer geschlossenen, blendend weißen Wolkendecke liegt.

Vor dem Hintergrund moderner, GPS-gestützter Navigationsverfahren, hat die Vorstellung, dass baskische und bretonische Fischer bereits vor mehr als 500 Jahren den Atlantik überquerten, um in dem Seegebiet knapp elf Kilometer unter uns ihre Netze zu füllen – ohne Seekarten, dafür auf Gott und ihrem siebten Sinn für das Meer vertrauend – etwas Unwirkliches. Von den Wikingern, die schon lange zuvor in offenen bauchigen Booten von Grönland aus westwärts gesegelt waren, gar nicht erst zu reden. 1497 brach der in englischen Diensten stehende Giovanni Caboto von Bristol auf, setzte einen westlichen Kurs und fand neues Land, „new founde launde“, das spätere Neufundland. Joao Fernandes, ein portugiesischer Seefahrer, bekam weiter nördlich Land in Sicht: Labrador, das ihm seinen Namen verdankt. Fernandes besaß weitläufige Ländereien auf den Azoren; er war lavrador, Großgrundbesitzer. 1530 wird die geografische Bezeichnung erstmals auf einer Karte verewigt. Heute bilden die Insel Neufundland und Labrador eine von zehn kanadischen Provinzen.

Als wir die Küste Labradors nördlich von Happy Valley erreichen, hat sich die Wolkendecke leider nicht aufgelöst. Nur auf dem Display ist die karge Natur der Landschaft zu erahnen. Der Verkehrsknoten Happy Valley, zugleich NATO-Luftwaffenstützpunkt, wird in wenigen Tagen Ausgangspunkt unserer ersten Exkursion sein. Von dort werden wir dann Richtung Norden zum Torngat-Nationalpark aufbrechen.

Kurs Südwest, noch gut eintausend Kilometer bis zum heutigen Ziel. Die Flugroute folgt dem St. Lorenz. Mitte der 30er-Jahre des 16. Jahrhunderts segelte Jacques Cartier aus St. Malo den großen Strom hinauf. Am 2. Oktober 1535, schon 1.600 Kilometer vom Atlantik entfernt, stieß er am Fuß eines markanten Hügels auf eine große Ansiedlung der St. Lorenz-Irokesen. Zu Ehren seines Königs nannte er die Erhebung „Mont Réal“. 70 Jahre später waren die Irokesen verschwunden und französische Siedler versuchten mit wechselndem Erfolg ihr Glück. Kein Wunder, dass der Ortsname Montreal erst ab 1705 in offiziellen Dokumenten auftaucht.

Im Anflug auf den internationalen Flughafen Pierre Elliott Trudeau ist der Mont Real nur zu erahnen. Um 14:3o Uhr Ortszeit setzt unser Airbus auf. Blauer Himmel, 28 Grad Celsius. Eigentlich das richtige Wetter, um den „Mont Réal“, heute ein weitläufiger Park, zu erkunden.

Albert Gerdes

zurück zur Hauptseite
Foto: A. Gerdes, MARUM

Das Quartier du Musée am Fuß des Mont Royal (rechts im Hintergrund).

Foto: A. Gerdes, MARUM

Die Universitée de Quebec à Montreal, UQAM. Sie ist die ArcTrain-Partneruniversität.

Foto: A. Gerdes, MARUM

Im Universitätviertel. Im Hintergrund das alte Gebäude der Technischen Hochschule, heute Teil der UQAM.