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Logbuch Heincke 387

Ein Ziel der Expedition ist, die Menge des am Meeresboden austretenden Methans abzuschätzen. Methan ist ein Treibhausgas und tritt in verschiedenen Wassertiefen am Kontinentalrand westlich von Spitzbergen in Form von Gasblasen aus. Je nach Wassertiefe und Durchmischung der Wassersäule kann das Methan in die Atmosphäre gelangen und so zum Methaninventar beitragen.

Ein weiteres Ziel der Reise ist es, das Wechselspiel zwischen am Meeresboden austretenden Gas und Gashydraten im Untergrund besser verstehen zu lernen. In 2009 haben die Ergebnisse von Westbrook et al. (Geophysical Research Letters 36, L15608) für Aufsehen gesorgt, da die Wissenschaftler genau in der Wassertiefe Gasaustritte fanden, wo sich Gashydrate durch Erwärmung des Bodenwassers um etwa 1°Celsius in den letzten 30 Jahren zersetzen könnten. Wäre dies der Fall, dann wäre diese Region die erste, in der der globale Klimawandel am Meeresboden „angekommen“ ist und zur Auflösung von Gashydrat führen könnte. Da enorme Mengen an Methan in Gashydrat der Kontinentalränder gespeichert sind, lohnt sich hier eine nähere Betrachtung. Das Arbeitsgebiet befindet sich westlich von Spitzbergen. Die Forschungsgenehmigung erlaubt die Arbeiten in einem recht weitläufigen Gebiet konzentriert sich aber vor allem auf ein kleines Hauptarbeitsgebiet, wie in der Karte dargestellt.

Das Forschungsschiff HEINCKE

Das wissenschaftlich-technische Team besteht vor allem aus Mitarbeitern des MARUM. Die Idee zu der Reise kam aus dem MARUM und die Expedition wird durch das MARUM finanziert. Dabei sind Nico Nowald, Christian Ferreira, Miriam Römer, Thomas Pape, Patrizia Geprägs, Leah Schrödter und Michal Tomczyk. Ergänzt wird das Team durch Werner Dimmler von der Firma FIELAX , Michael Glockzin vom Institut für Ostseeforschung in Warnemünde, Jan Boehlmann von der Hochschule in Bremerhaven und Benoît Berges von der University of Southampton, die mit unterschiedlicher Expertise zu den wissenschaftlichen Zielen der Reise beitragen. Geleitet wird die Expedition durch Heiko Sahling.

5. September

Das Wetter bleibt weiterhin wechselhaft. An einem Tag ist der Wind zu stark, um das ROV MARUM-CHEROKEE zu Wasser zu lassen, am nächsten Tag geht es wettermäßig so gerade noch. Inzwischen konnten wir aber das ROV schon neun Mal erfolgreich einsetzten und haben einen sehr guten Überblick über die Gasaustritte am Meeresboden gewonnen.

Beim letzten ROV-Tauchgang erlebten wir eine große Überraschung bei der Messung der Methankonzentrationen im Oberflächenwasser. Während wir im gesamten Arbeitsgebiet normalerweise nur wenige ppm an der Meeresoberfläche gemessen haben, schnellten die Konzentrationen plötzlich in den zweistelligen ppm-Bereich. Dies ist ein klarer Beleg dafür, dass zumindest ein Teil des Methans, welches am Meeresboden austritt, auch in die Atmosphäre gelangt. Dies konnten wir allerdings nur für die flachsten Gasaustritte in 80-90 m Wassertiefe belegen. Sobald wir im tieferen Wasser sind, geht das Methan in Lösung. Zumindest finden wir mittels der Messungen keine Hinweise mehr auf erhöhte Konzentrationen im Oberflächenwasser. Möglich werden diese Erkenntnisse durch eine ausgeklügelte Apparatur aus dem Institut für Ostseeforschung in Warnemünde. Unser Kollege Michael vom IOW ist unermüdlich rund um die Uhr im Einsatz damit wir diese Messungen kontinuierlich und präzise während der gesamten Reise durchführen können.

Vor einigen Tagen haben wir das Schwerelot eingesetzt, um Gashydrate am Meeresboden zu beproben. Leider enthielten die Sedimentkerne keine Hydrate; aber es war doch ein gutes Gefühl, einmal jene Sedimente vom Meeresboden in den Händen zu haben, die wir bislang nur akustisch kartiert oder mit dem ROV gesehen hatten. Wir sind allerdings nicht die einzigen an Bord, die sich dafür interessieren, denn die Geologie ist das große Hobby von Koch Ronald. Er kennt sich in Sachen Gesteinen wirklich aus und hatte einen von einem Eisberg transportierten Gesteinsbrocken aus dem Kernfänger des Schwerelots schon bestimmt, als wir noch mit dem Zerlegen der Kernsegmente an Deck beschäftigt waren. Auch die von uns an Land gesammelten Fossilien konnte er sofort einordnen. Besonders erfreuten ihn die Brachiopoden, da er für diese Gruppe besonderes Interesse hegt. Im Beruf ist Ronald ebenso professionell wie in seinem Hobby: Er kocht hervorragend, und wir genießen das Essen alle sehr!

Das deutsche Forschungsschiff MARIA S. MERIAN war zeitgleich mit uns im Arbeitsgebiet tätig. Im fast täglichen Austausch haben wir die geplanten Arbeiten abgesprochen. Meist arbeiteten die Schiffe in weiter voneinander entfernten Gebieten. Gestern, am 4. September, hat die MERIAN das Arbeitsgebiet verlassen und Kurs auf den Hafen von Emden gesetzt.

Uns begleiten häufiger Delphine, was stets ein schöner Anblick ist. Auch große Wale wurden schon gesichtet. Für einige sind es die letzten Tage auf See, denn am Sonntag, den 9. September, laufen wir den Hafen von Longyearbyen auf Westspitzbergen an, von wo aus ein Teil der Gruppe zurück fliegt.

An Bord sind alle wohl auf. Viele Grüße, im Namen aller Fahrtteilnehmer,

Heiko Sahling

Apparatur zur Messung des Methans.

Kenner in Sachen Küche und Gesteine: Koch Ronald Klafack.

Schwerelot an Deck!

31. August

Gerade wünschten wir uns die glatte See, die wir vor einigen Tagen hatten. Denn heute zwingt uns das Wetter, die Stationsarbeiten einzustellen. Bei ostsüdöstlichen Winden mit 8 Bft ist das Leben auf dem Schiff recht beschwerlich. Während Deutschland unter Hochdruckeinfluss steht, zieht hier ein Tiefdrucksystem durch, das uns auch in den kommenden Tagen windiges, unbeständiges Wetter bescheren wird. Wir hoffen aber, schon morgen wieder das ROV tauchen lassen zu können.

Bei ruhiger See schwimmen die Eissturmvögel als ständige Begleiter um uns herum, bestaunen neugierig die Geräte, die aus dem Wasser kommen und hoffen natürlich auf Nahrung. Viele Fische haben wir mit dem ROV am Meeresboden beobachten können, wobei es sich dabei wohl um Seelachs handelte. Wir brauchten allerdings eine Weile, bis wir feststellen mussten, dass die Fische mit ihrer Schwimmblasen im Sonar starke Reflektionen erzeugen, die den Gasblasenaustritten am Meeresboden ähneln. Aber inzwischen können wir die Unterschiede erkennen und haben im Verlauf der sechs ROV-Tauchgänge viele, viele Gasaustritte gefunden und die Austrittsmengen bestimmen können.

Die HEINCKE ist im übirgen mit hervorragenden Sonarsystemen ausgestattet, die wir sehr ausgiebig nutzen. Mit dem EK 60 und dem EM 710 können wir die aufsteigenden Gasblasenströme ganz wunderbar kartieren. Zudem liefert das Fächerlot nicht nur die Morphologie des Meeresbodens sondern Karten der Rückstreuung. Diese geben uns Auskunft über die Beschaffenheit des Meeresbodens. Wir nutzen all diese Information, um zu verstehen, an welche geologischen Strukturen die Gasaustritte gebunden sind. Auch bei den heutigen Windverhältnissen ist die Datenqualität der hydroakustischen Geräte hervorragend.

Ein bisschen „maddellig“ von der ständigen Schaukelei, sonst aber wohlauf grüßen das Expeditionsteam aus stürmischer See!

Heiko Sahling

Erinnerung an ruhigere Tage: Eissturmvögel suchen die Nähe der HEINCKE

Sog. Backscatter (=Rückstreuung)-Aufnahmen aufgenommen mit dem schiffseigenen Sonar.

27. August

Während einer Fächerlotkartierung haben wir in der letzten Nacht den wohl nördlichsten Punkt unserer Reise bei 79°30' Nord erreicht. Dort hatten wir klaren Blick bis zum Horizont. Im Norden stand am blauen Himmel die Mitternachtssonne. Etwa 30 Seemeilen nördlich von hier beginnt das Eis der Arktis. Mit der Exkursion nach Norden sind wir einem Sturm, der in unserem Hauptarbeitsgebiet bei 78°40'N in Böen bis zu 9 Beaufort erreichen sollte, ausgewichen. Letztendlich wehte es dann wohl doch nicht so stark, so dass wir heute schon wieder mit dem ROV MARUM-CHEROKEE tauchen können.

Das "kleine" ROV CHEROKEE vom MARUM kann bis etwa 1 000 Meter Wassertiefe tauchen und wird von den beiden Piloten Nico Nowald und Werner Dimmler geflogen. In Vorbereitung auf die Reise hat Nico, unterstützt durch das MARUM-Werkstattteam, mit viel Engagement neue Geräte in das Fahrzeug integriert. Allen Beteiligten daheim an dieser Stelle ein großes Dankeschön, denn die ausgefeilten Lösungen funktionieren bisher ganz hervorragend. Dazu gehört vor allem das horizontal scannende Sonar, welches nun durch seine besondere Position ganz oben am ROV eine nahezu freie Rundumsicht hat. Damit können wir austretende Gasblasen sehr gut kartieren und sogar akustisch quantifizieren – das Thema der Doktorarbeit von Michal Tomczyk.

Mit den eigens dafür an einen Ausleger montierten "Gas Bubble Sampler" können wir die Gasblasen auffangen und unter in situ Druck mit an die Meeresoberfläche zur weiteren Analyse heraufbringen. Erste Ergebnisse zeigen, dass es sich bei dem austretenden Gas vor allem um mikrobiell gebildetes Methan handelt. Bisher haben wir Gasaustritte in Meerestiefen von 80 und 280 Meter gefunden und quantifiziert. Das Gas tritt weiträumig an vielen hundert Austrittstellen aus. Eine der Hauptaufgaben unsere Reise ist es, die Menge des austretenden Methans abzuschätzen.

Die Gestalt des Meeresbodens am Kontinentalrand vor Spitzbergen wurde in den Eiszeiten geprägt und ist vielfach mit Geröll bedeckt, das mit Gletschern transportiert und bei deren Schmelze am Meeresboden abgelagert wurde. Inzwischen ist der Ozeangrund unseren Beobachtungen zufolge Lebensraum für Seeigel und zahlreiche andere Tiergruppen wie Schnecken, Muscheln, Seeanemonen oder Manteltiere.

An Bord sind alle wohlauf und die Stimmung ist bestens.
Es grüßt von der HEINCKE im Namen aller Fahrteilnehmer,

Heiko Sahling

Das Tauchfahrzeug MARUM-CHEROKEE

Aufnahme des CHEROKEE-Sonars: Farbige Bereiche markieren austretende Gasblasen.

23. August

Wow, so funktioniert das also! Thomas Pape hat mir soeben erklärt, wie Patrizia und er es schaffen, das Methangas aus dem Wasser zu extrahieren. Unterdruck ist das Stichwort. Dieser „zieht“ quasi das Gas zwischen den Wassermolekülen hervor, sodass sich zwei Phasen, eine Wasser- und darüber eine Gasphase bilden.

Doch wie kommt man nun an das reine Gas? – Über ein kniffliges System aus Schläuchen und Hähnen, die zur richtigen Zeit geöffnet und geschlossen werden müssen, wird „evakuiertes“, das bedeutet von jeglichem Gas gereinigtes Wasser, unter Atmosphärendruck der Wasserphase zugefügt. Dadurch wird das bis dahin entspannte Gas in Bedrängnis gesetzt und sammelt sich am obersten Rand der Probenflasche. Noch ist dort der Hahn geschlossen. Thomas öffnet ihn jetzt allerdings kontrolliert. Sofort wird das Gas vom nachströmenden Wasser weiter empor in einen Messkolben gedrückt. Tata! 8,4 ml sind abzulesen!

Mit Hilfe einer Spritze entnimmt Thomas diese beschauliche Menge, und Patrizia und er können sie dann in einem weiteren Messverfahren untersuchen. Genau das ist es nämlich, was die beiden auf dieser Reise interessiert: die Zusammensetzung des Methangases, das hier vor Spitzbergens Küste am Schelf dem Meeresboden entweicht.

Die Wasserprobe haben die beiden ROV-Piloten Werner und Nico mithilfe des Tauchroboters MARUM-CHEROKEE während eines ersten Tauchgangs heute Vormittag aus einer Tiefe von 80 m mit an Bord gebracht. Über Bildschirme und Videoüberwachung habe ich es zusammen mit allen anderen aus unserer Zentrale, dem Trockenlabor, verfolgt. Wahnsinnig aufregend war das! Ich habe richtig mitgefiebert, als Nico die am Meeresgrund austretenden Gasbläschen mit dem grobmotorischen Greifarm des ROVs in einem selbstkonstruierten Trichter eingefangen hat. Ein Jubelschrei ging los, als die ersten Gasbläschen so durch einen Schlauch ins Innere des ROVs flutschten, wo sie sicher verstaut mit an die Wasseroberfläche gebracht wurden.

Ich kann es selber kaum fassen, doch ich bin jetzt mittendrin in der Wissenschaft. Seit einigen Tagen bin ich nun also schon auf der HEINCKE im arktischen Meer unterwegs. Die anfängliche Seekrankheit ist überstanden. Es wird gesellig. Das Bordleben spielt sich ein. Mir gefällt, wie jeder hier sein Arbeitsgebiet hat und doch alles aufeinander aufbaut und ineinandergreift.

Miriam und Christian z.B. sind Spezialisten für Hydroacoustics. Sie kartieren mit Singlebeam EK60 und Multibeam EM710 (Fächerecholot) den Meeresboden und finden so heraus, wo sich die Gasaustritte befinden. Miriam erstellt anhand der Daten Karten, die uns und den ROV-Piloten zeigen, wo sich ein Tauchgang lohnt. Während des Tauchgangs kommen natürlich Werner und Nico, die Piloten, aber auch Michael und Jan auf ihre Kosten. Diese beiden wollen Aussagen über die Größe der Gasbläschen machen und sind auf die Videoaufnahmen und Fotos des Tauganges angewiesen. Michael erfasst Methan im Oberflächenwasser. So kann er nachweisen, ob das Treibhausgas in der oberen Wassersäule ankommt.

Heiko, als Fahrtleiter behält bei all dem den Überblick. Er kümmert sich um die Organisation, macht den Ablauf und hält die Gruppe zusammen. Selbst für mich findet er immer wieder kleine Projekte. Ich gehe zwar Wache und helfe beim Kartieren, doch ansonsten habe ich keinen eigenen Auftrag. Das ist auf der einen Seite total toll, weil ich so überall reinschnuppern kann, auf der anderen Seite stehe ich manchmal aber auch nur daneben. Da tut so ein kleines Projekt ganz gut. Beklagen will ich mich aber keinesfalls!

Für mich gehen momentan gleich zwei Wünsche in Erfüllung: die Arktis bereisen und bei einer Forschungsfahrt mit dabei zu sein. Ich schätze mich also über die Maßen glücklich! Und es bleibt spannend an Bord. So ein Forschungsschiff an sich ist schon ein ganz eigener Kosmos. Ohne den Kapitän, die Mannschaft und natürlich den Koch läuft nichts. Ich bin erfreut, wie willkommen unsere Gruppe der Wissenschaftler von der Crew aufgenommen wurde. So darf auch ich mich mal zum wachhabenden Matrosen dazugesellen. Und auch der ein oder andere von ihnen kommt auf der Sicherheitsrunde oder sogar während der Freiwache bei uns vorbei, um ein wenig zu plauschen oder einen Tauchgang mitzuerleben.

Mit jeder Menge Fragen im Kopf sende ich beste Grüße von ewiger Sonne selbst während der Nachtwache!

Leah Schroedter

Leah Schroedter, Bachelor-Studentin im vierten Semester und Autorin dieses Logbuch-Eintrags, ist als HiWi mit an Bord der HEINCKE.

Das Ende eines Tauchgangs: MARUM-CHEROKEE wird geborgen.

Auf den Spuren des Treibhausgases Methan.

Die CHEROKEE-Piloten Nicolas Nowald und Werner Dimmler.

22. August

Die Tage an Land waren windstill. Doch ausgerechnet als wir am Montag den 20. August 2012 aufs Schiff gehen, weht ein steife Brise. Diese hindert uns allerdings nicht daran, die Geräte aufzubauen und die Labore einzurichten. Derweil kreuzt das Schiff im Windschatten der Berge im Isfjord auf und ab. Am Kai war für die HEINCKE kein Platz, da das Kreuzfahrtschiff BREMEN erwartet wird. Aufgrund des Windes von 7 Bft halten wir uns im geschützten Fjord bis zum Dienstagmorgen 21. August auf. Beim Auslaufen spüren wir alle, dass wir länger nicht auf See waren. Einigen ist mulmig, anderen geht es schlechter. Langsam fahren wir mit 4-5 Knoten gegen den Wind in das Arbeitsgebiet, um die Stationsarbeiten mit einer Schallgeschwindigkeitssonde zu beginnen.

Seitdem steht die Kartierung bekannter wie auch neuer Gasaustritte im Vordergrund. Sowohl mit dem Fächerlot EM 710 als auch mit dem Fischereilot EK 60 lassen sich die Gasaustritte als sogenannte „Flares“, also als Fahnen in der Wassersäule registrieren. Aus Wassertiefen um 90 Meter erreichen einige Gasblasenströme sogar die Meeresoberfläche, wie das Bild des Fischereilots beweist (siehe Abbildung).

Inzwischen ist Mittwoch, der 22. August, und bei Windstärken um 4 Bft hat sich das Meer merklich beruhigt und allen geht es wieder gut. Den heutigen Tag haben wir zur Kalibrierung des Fächerlots EM 710 genutzt, denn auch wenn das System schon sehr gut arbeitet, sind die letzten Ungenauigkeiten doch störend.

Wir alle genießen die herrliche Kulisse der „spitzen Berge“ die namensgebend für die Inselgruppe waren. Die Temperaturen liegen bei 4°Celsius und auf den Bergen ist schon der erste Schnee liegengeblieben. Inzwischen kennt hier auf dem Schiff jeder jeden; an Bord sind 12 Besatzungsmitglieder und ebenso viele Wissenschaftler. Alle sind wohlauf und die Laune ist bestens.

Die Küste West-Spitzbergens von der HEINCKE aus gesehen.

Vor Spitzbergen triit Methan aus dem Meeresboden aus. Mit dem Lot wird erkennbar, dass die Gasfahnen (grün) an der Meeresoberfläche in die Atmosphäre übergehen.

19. August

Heute Abend kommt die HEINCKE in Longyearbyen an, exakt sechs Tage nach dem Auslaufen in Bremerhaven. Wir Wissenschaftler werden am Montag 20. August einsteigen und mit dem Aufbau aller Geräte beginnen und voraussichtlich am Dienstag, den 21. August, mit der Expedition beginnen.

Zeitgleich zu unserer Expedition wird das Forschungsschiff MERIAN unter der Leitung von Prof. Christian Berndt vom GEOMAR im Untersuchungsgebiet arbeiten. Dabei ergänzen sich die Untersuchungen und wurden im Vorfelde abgesprochen.

Einen Höhepunkt der Reise durften wir schon während einer Vorexkursion erleben. Vor kurzem wurden fossile Seeps nahe der Kreide-Tertiär-Grenze entdeckt und beschrieben (Hammer et al. 2011; P-cubed 306, 15-26). Einer der Autoren, Krzysztof Hryniewicz von der University of Oslo, hat sich bereit erklärt, uns zu dem Aufschluss zu bringen und uns einen Einblick zu geben, was über die Seeps bereits bekannt und was Gegenstand aktueller Untersuchungen ist. Dies ist eine sehr willkommene Gelegenheit für uns, eine ganzheitliche Sicht auf rezente und fossile Kohlenwasserstoff-Seeps zu bekommen.

Um den Aufschluss zu erreichen wurden wir, bei herrlichsten Sonnenschein und Temperaturen im einstelligen Celsius-Bereich, mit einem Boot von Longyearbyen den Isfjord hinauf in das Gebiet Diabas gebracht. Von dort wanderten wir drei Stunden ins Landesinnere und erklommen dabei ca. 500 Höhenmeter. In landschaftlich allerschönster Lage befindet sich der Aufschluss, der aus stark zerbrochenem Karbonat besteht. Die darin enthaltenen Fossilien lassen darauf schließen, dass es sich um ein Seep handelt, weil Vertreter aus Familien zu finden sind (Lucinidae, Thyasiridae), die auch heute noch an Seeps zu finden sind. Unser Guide, ein Feldgeologe mit Leib und Seele, war dankbar für unsere tatkräftige Unterstützung noch weitere, gute erhaltene Fossilien aus dem Aufschluss zu bergen. 18 Augen sehen eben doch mehr als nur zwei.

Auf den Spuren fossiler kalter Quellen in Spitzbergen.

13. August

Am Montag 13. Aug. 2012 beluden wir das Schiff in Bremerhaven. Auch wenn dieser kurze Hafenstopp noch Teil der vorhergehenden Expedition HE-367 ist, so war es uns gestattet die Geräte an Bord zu bringen. Die großen Geräte MARUM-Cherokee und das Schwerelot wurden an Deck gehoben und gelascht, Kisten verstaut und erste Laborgeräte aufgebaut. Umgehend wurde das MARUM-Cherokee durch das Team Nico Nowald, Götz Ruhland und Marco Klann mobilisiert. Dabei stellt die Integration der verschiedenen Datenformate in den Steuerstand des ferngesteuerten Tauchfahrzeugs, kurz: ROV, stets eine besondere Herausforderung dar. Peter Gerchow in seiner Funktion als Leiter des AWI-Rechenzentrums stand dabei dankenswerter Weise helfend zur Seite. Ein Test zeigte, alles in Ordnung, Unterwassernavigation, Schiffsposition und Schiffsrichtung können einwandfrei eingelesen werden. Auch die Verbindung ROV-Winde-Steuerstand funktionierte auf Anhieb und so hat das Gerät seinen ersten Trockentest an Deck bestanden. Am Montagabend nahm das Schiff dann Kurs auf Spitzbergen.

Ein Teil des MARUM-Teams beim Beladen der HEINCKE. Links außen Expeditionsleiter Dr. Heiko Sahling.