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Kalkstein in der Tiefsee

28.11.2016
Kalkstein

Die untersuchte Kalksteinsäule am Meeresboden in 734 Metern Wassertiefe, aufgenommen vom Tauchroboter MARUM-QUEST
Foto: MARUM, Universität Bremen

Auf einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR im Arabischen Meer entdeckten MARUM-Wissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen 2007 vor der Küste Pakistans eine Kalksteinsäule. Ihre Untersuchungen zeigten eine feine Schichtung des Kalksteins, verursacht durch zyklischen Sedimenteintrag. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Scientific Reports.

Im Arabischen Meer vor der Küste Pakistans haben MARUM-Wissenschaftler und -Wissenschaftlerinnen 2007 während eines Tauchganges mit dem Tiefseeroboter MARUM-QUEST in 734 Metern Wassertiefe eine Säule entdeckt, die aus dem Meeresboden ragte. Während der METEOR Expedition M74/3 konnte die Säule vom Roboter zur weiteren Untersuchung im Labor geborgen werden. „Mit großem Geschick haben unsere beiden QUEST-Piloten die Greifarme des Tiefseeroboters jongliert, um die unhandliche Probe vom Meeresboden zu trennen und sie dann auf der vorderen Arbeitsplattform des Roboters für den Aufstieg zum Schiff zu fixieren“, berichtet der Fahrtleiter Gerhard Bohrmann. Fast einen halben Meter lang und mit einem Durchmesser zwischen 12 und 17 Zentimetern erwies sich diese Struktur nach genauerer Untersuchung als Kalkgestein. Diese Kalksteinsäule ist kein Relikt einer versunkenen Stadt, sondern ein Produkt von Mikroorganismen. An Stellen, an denen Methangas aus dem Meeresboden austritt, siedeln sich spezielle Mikroorganismen an, die Methan verwerten können. Bei der Umsetzung von Methan aus dem Untergrund und Sulfat aus dem Meerwasser entsteht Schwefelwasserstoff und Kalk wird ausgeschieden. Da diese Reaktion nur ablaufen kann, wenn kein oder nur sehr wenig Sauerstoff vorhanden ist, bilden sich solche Kalksteine nur sehr selten auf, aber zumeist im Meeresboden. „Da diese Kalksteine nicht im sauerstoffhaltigen Meerwasser gebildet werden, wachsen sie sozusagen nach unten, in das sauerstofffreie Sediment hinein“, erklärt Dr. Tobias Himmler vom MARUM. „Diese Kalksteinsäule jedoch konnte nach oben in die Wassersäule wachsen, weil in diesem Bereich des nördlichen Arabischen Meeres in 734 Metern Wassertiefe kaum Sauerstoff vorhanden ist.“ Auch wenn sich solche Sauerstoff-Minimum-Zonen weltweit ausdehnen, sind säulenförmige Kalkstrukturen wie diese am Meeresboden selten zu finden.

Ein Längsschnitt der Säule enthüllte ihre Besonderheit: Sie ist aus einzelnen, weniger als einem Millimeter dünnen Schichten aufgebaut. Tobias Himmler hat die fein geschichtete Säule untersucht und insgesamt 204 Schichten gezählt. Die Säulenbasis wurde vor etwa 1.130 Jahren gebildet. Wie mikrotomographische Untersuchungen zeigten blieb die Struktur durchlässig genug, so dass sich das Methangas aus der Austrittstelle am Meeresboden weiterhin seinen Weg durch die Säule bis nach oben zu den Mikroorganismen bahnen konnte.

Mit weiteren Untersuchungen konnten die Geologen zeigen, dass wiederkehrende Sedimenteinträge zur Schichtung beitragen. Die Sedimentpartikel blieben auf Mikrobenmatten auf der Spitze der Kalksteinsäule liegen. „Die Schichtung entsteht hauptsächlich durch den Indischen Monsun, weil dieser den Partikelfluss im Arabischen Meer auf saisonaler Ebene steuert“, so Himmler. Somit beeinflusst ein atmosphärischer Prozess die Kalkausscheidung an Methanaustrittstellen im Arabischen Meer in mehreren hundert Metern Tiefe am Meeresboden. Die Kalksteinsäule stellt also laut Himmler und seinen Mitautoren ein bisher unerforschtes Klimaarchiv in dieser Monsunregion dar.

Originalveröffentlichung:
Tobias Himmler, Germain Bayon, David Wangner, Frieder Enzmann, Jörn Peckmann & Gerhard Bohrmann
Seep-carbonate lamination controlled by cyclic particle flux
Veröffentlicht in Scientific Reports, doi: 10.1038/srep37439

Bakterienmatten im Arabischen Meer besiedeln die Methanaustrittsstellen in 730 Meter Wassertiefe und führen zur Bildung von Kalksäulen.
Foto: MARUM, Universität Bremen

Geborgene Kalksteinsäule im Labor an Deck des Forschungsschiffs METEOR.
Foto: MARUM, Universität Bremen; V. Diekamp

Einsatz des Tauchroboters MARUM-QUEST vom Forschungsschiff METEOR während der Expedition M74/3 im Arabischen Meer.
Foto: MARUM, Universität Bremen; V. Diekamp

Unterwasseraufnahmen aus dem Arabischen Meer

 
Weitere Informationen / Bildmaterial:
Jana Stone
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0421 218 65541
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