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Ist das Temperaturrätsel dieser Warmzeit gelöst?

02.08.2022
Kontroverse um neue Methoden zu Klimarekonstruktionen
Verschiedene Variablen beeinflussen über Jahrtausende, wie Sonnenstrahlen auf die Erde treffen. Dazu gehören Exzentrizität (die elliptische Abweichung der Erde um die Sonne), Obliquität (Neigung der Erdachse) und Präzession. Das bedeutet, dass die Erdachs
Verschiedene Variablen beeinflussen über Jahrtausende, wie Sonnenstrahlen auf die Erde treffen. Dazu gehören Exzentrizität (die elliptische Abweichung der Erde um die Sonne), Obliquität (Neigung der Erdachse) und Präzession. Das bedeutet, dass die Erdachse sich wie ein Kreisel verhält, und zwar in einem Rhythmus von 21.000 Jahren. Die Reaktion des Klimas auf diese astronomischen Zyklen sind ein Test für die Klimamodelle. Grafik: Thomas Laepple

Hat sich das Klima in den vergangenen 10.000 Jahren stetig erwärmt, oder gab es vor 10.000 bis 6.000 Jahren eine große Warmzeit? Aufgrund der Widersprüche zwischen geologischen Aufzeichnungen und Klimasimulationen ist dieses Problem ein wichtiges Forschungsthema in der Paläoklimaforschung. Da Daten aus Meeressedimenten Verschiebungen zu bestimmten Jahreszeiten aufweisen können, ist der Vergleich von geologischen Daten und physikalischen Modellen mit vielen Unsicherheiten behaftet und wird in der Forschung immer wieder diskutiert.

Dr. Samantha Bova und Kolleg:innen von der State University of New Jersey (USA) hatten im Januar 2021 in der Zeitschrift Nature eine neue Methode vorgestellt, um Daten aus Meeressedimenten zu korrigieren. Darin erklären sie, dass sich das Klima sowohl in den geologischen Daten und Modellen kontinuierlich erwärmt habe und die bisherige Diskrepanz zwischen Klimamodellen und geologischen Daten gelöst sei.

Prof. Thomas Laepple vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung sowie Kollegen aus den USA hinterfragen in einem Kommentar in Nature nun die Schlussfolgerungen dieses Artikels. Sie zeigen, dass die neue Methode die Komplexität des Klimasystems zu stark vereinfacht und die Methode eine Konsistenz zwischen Klimamodellen und geologischen Daten bevorzugt. Nicht nur Daten aus Meeressedimenten weisen eine Verschiebung zu einer Jahreszeit auf, sondern auch das Klima reagiert unterschiedlich auf die Sonneneinstrahlung zu verschiedenen Jahreszeiten. Dadurch ist die Frage wieder offen, warum sich Klimamodelle und geologische Daten sich in dieser Zeitperiode widersprechen.

„Unsere Ergebnisse sind auch deshalb interessant, weil sie uns vielleicht aus einer wissenschaftlichen Sackgasse führen“, erläutert Thomas Laepple die Bedeutung des neuen Befunds. Die Frage, wie die jahreszeitlichen Schwankungen der Sonneneinstrahlung und der Temperatur gekoppelt sind, ist ein Schlüssel für das Verständnis von Klimaveränderungen auf langen Zeitskalen. „Da verfeinerte Messmethoden, wie sie am MARUM entwickelt werden, in Zukunft auch ohne Korrekturmethoden die jahreszeitliche Veränderung auflösen können, haben wir vielleicht bald die Möglichkeit dieses Problem endlich zu lösen.“

Originalveröffentlichung: 

T. Laepple, J. Shakun, F. He, S. Marcott: Concerns of assuming linearity in the reconstruction of thermal maxima. Nature (2022). DOI: https://doi.org/10.1038/s41586-022-04831-w