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Wissenschaft trifft Kultur

08.06.2020
MARUM-Wissenschaftler und Google Arts & Culture starten zum UN-Welttag der Ozeane das Online-Projekt „Into the Deep“
Achtern auf dem Forschungseisbrecher POLARSTERN: Mit vereinten Kräften wird der Tauchroboter MARUM-QUEST während der Expedition PS 119 erstmals in antarktischen Gewässern ausgesetzt. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Achtern auf dem Forschungseisbrecher POLARSTERN: Mit vereinten Kräften wird der Tauchroboter MARUM-QUEST während der Expedition PS 119 erstmals in antarktischen Gewässern ausgesetzt. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture

Der Ozean zwischen Picasso und Monet. Meeresforscherinnen und -forscher im größten digitalen Museum der Welt. In mehr als 20 Online-Ausstellungen nimmt ein internationales Forscher-Team, unter der Fahrtleitung von Prof. Dr. Gerhard Bohrmann vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, die Besucherinnen und Besucher der Internet-Plattform Google Arts & Culture mit auf Expedition. Abtauchen zum Meeresboden. Den Ozean entdecken.

Mit außergewöhnlichen Fotografien, 360 Grad-Bildern, Videos, Interviews und Reportagen führt die Schiffsexpedition des Forschungsschiffs POLARSTERN in die Gewässer rund um Südgeorgien und die Südsandwich-Vulkaninseln. Die Mission: Den Meeresboden in den antarktischen Gewässern erkunden und die heißen und kalten Quellen aufspüren, denn bisher ist nur wenig bekannt über den Meeresboden in diesem schwer zugänglichen Seegebiet. Drei Fahrten führten den Meeresgeologen Gerhard Bohrmann und sein internationales Team bisher in diese sehr raue und stürmische Region. Die Premiere: Auf der Fahrt mit dem Forschungseisbrecher POLARSTERN, die im Mittelpunkt des Projektes „Into the Deep“ steht, konnten die Forschenden erstmals den ferngesteuerten Tauchroboter MARUM-QUEST in antarktischen Gewässern aussetzen und den Meeresboden nicht nur optisch untersuchen.

Gewaltige Schlote erheben sich dort am Grund des Meeres. Über 300 Grad Celsius heiße Flüssigkeiten strömen aus und treffen auf das kalte Meerwasser. Dabei fallen Metallsulfide aus, die als schwarzer Rauch sichtbar sind. „Wir konnten einzigartige chemosynthetisch-lebende Ökosysteme erforschen. Die Organismen haben eine besondere Art des Stoffwechsels erfunden: Ihre Energie basiert nicht, wie an Land auf dem Licht der Sonne über die Photosynthese, sondern auf den chemischen Substanzen, die aus dem Meeresboden kommen“, so Bohrmann. Wie diese sogenannten Hydrothermalfelder aussehen und wie schwierig es für das Expeditionsteam war, bei eisigen Temperaturen und Windstärken bis Beaufort 12 zu arbeiten und zum Beispiel aus dem Meeresboden Sedimentkerne zu ziehen, ist jetzt auf Google Arts & Culture zu sehen.

Fahrtleiter Gerhard Bohrmann über das Projekt: „Für uns als Wissenschaftler ist es immer sehr interessant, wenn unsere Forschung aus einer anderen Perspektive aufgenommen wird, deswegen war die Zusammenarbeit mit dem Team von Google Arts & Culture spannend. Besonders gefreut hat mich vor allem aber auch, dass der Künstler Christopher von Deylen unsere Expedition in einem Video verarbeitet hat und mit seiner Stimme in unseren 360 Grad-Touren durch POLARSTERN führt.“

Eine weitere Premiere während der Expedition: Die Telepräsenz, die extra eingerichtet wurde, damit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Land bei jedem Tauchgang live dabei sein und für die Forschungsarbeiten am Meeresboden ihr Expertenwissen einbringen konnten. „Auf unserer Fahrt wurde diese Telepräsenz erstmals auf einem deutschen Forschungsschiff erfolgreich eingesetzt. Kollegen aus aller Welt haben sich zugeschaltet. Wir haben diese Telepräsenz auch genutzt, damit die Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Wilhelmsburg in Hamburg, die unsere Fahrt sieben Wochen lang vom Klassenzimmer aus begleitet haben, ihre Fragen live an uns stellen konnten. Es hat mich beeindruckt, wie gut die Schulklassen vorbereitet waren und unsere Forschungsthemen aufgearbeitet haben“, so Bohrmann. Unter dem Themenschwerpunkt „Future Education. Sharing Science“ fand der Austausch mit Schule seinen Platz auf der Google Arts & Culture-Seite.

Initiiert, organisiert und begleitet haben das Projekt „Into the Deep“ der Fotograf und Ausstellungskurator Holger von Neuhoff und die Autorin Stephanie von Neuhoff, die seit über 20 Jahren die Arbeit von Meeresforscherinnen und Meeresforschern in Ausstellungen, Büchern und Online-Projekten dokumentieren. „Die größte Bühne der Welt ist der Ozean. Sie immer wieder neu für ein breites Publikum zu öffnen, ist unser Anliegen“, sagt Stephanie von Neuhoff. Und Holger von Neuhoff ergänzt: „Wir haben Gerhard Bohrmann und sein Team stets im Geiste Alexander von Humboldts begleitet, der einst an seinen Freund Goethe schrieb: Die Natur muss gefühlt werden. Wir müssen uns heute fragen: Wie können wir in unserer digitalisierten Welt die Natur fühlen? Und wie können wir Vernetzungen schaffen, die uns im permanenten Datenstrom noch das große Ganze begreifbar machen? Diese Fragen führten letztlich zu der Zusammenarbeit mit Google Arts & Culture und so war es möglich, Wissenschaft zwischen den großen Museen dieser Welt zum Welttag der Ozeane zu präsentieren.“

Auf Google Arts & Culture finden sich mehr als 200.000 Kunstwerke, über sechs Millionen Fotos, Videos, Manuskripte und Dokumente zu Themen rund um Kunst, Kultur, Geschichte und Wissenschaft. „Mit der neuen Online-Ausstellung können wir nun hinter die Kulissen des Forschungsschiffs POLARSTERN blicken und die Forscherinnen und Forscher auf ihrer besonderen Reise – auch bis in die Tiefen des Meeres – begleiten”, sagt Simon Rein, Program Manager Google Arts & Culture. „Mit Google Arts & Culture möchten wir den freien Zugang zu Kunst, Kultur und Wissenschaft weltweit ermöglichen. Wir freuen uns sehr, mit ‚Into the Deep‘ gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem MARUM zum Welttag der Ozeane beizutragen."

„Die beeindruckende und emotionale Präsentation von Meeresforschung bis in die Tiefsee eröffnet neue Einblicke für alle Interessierte in bislang unbekannte Bereiche unseres Planeten – mit einer gelungenen Kombination von modernster Meerestechnik mit den Online-Kapazitäten von Google Arts & Culture“, fasst der Vorsitzende des Konsortiums Deutsche Meeresforschung und Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, Prof. Dr. Ulrich Bathmann, das Projekt zusammen.

Das Online-Projekt wird unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und auf der BMBF-Projektseite bei Google Arts & Culture präsentiert.

Kontakt:

Prof. Dr. Gerhard Bohrmann
Telefon: 0421 218-65050
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]

Stephanie von Neuhoff
Telefon: 0151 62 39 42 78
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Bis zu acht Meter hohe Wellen fluteten während der Expedition PS 119 zeitweilig das Arbeitsdeck von POLARSTERN. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Bis zu acht Meter hohe Wellen fluteten während der Expedition PS 119 zeitweilig das Arbeitsdeck von POLARSTERN. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture

 

Beteiligte Einrichtungen an Expedition PS 119:

Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven

British Antarctic Survey, Cambridge (GB)

Boone Pickens School of Geology, Oklahoma State University, Stillwater (USA)

Centrum für Naturkunde (CeNak), Universität Hamburg

College of Earth, Ocean, and Atmospheric Sciences, Oregon State University, Corvallis (USA)

Institut für Geographie und Geologie der Universität Greifswald

Institut de Physique du Globe Paris, Sorbonne, Paris (F)

MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen

National Oceanography Centre, Southampton (GB)

School of Biological Sciences, Queens University Belfast, Portaferry (GB)

School of Earth and Environment, University of Leeds (GB)

 

Aussetzen des OFOBS (Ocean Floor Observation Bathymetry System) der AWI-Tiefseegruppe während der Expedition PS 119. Das OFOBS ist ein Multifunktionsschlitten mit einer Kamera, einem Side Scan-Sonar und einem Vorauslot. Aus den Daten, die das Gerät liefert, werden hochaufgelöste Karten vom Meeresboden erstellt, sogenannte Mikro-Bathymetrien.
Aussetzen des OFOBS (Ocean Floor Observation Bathymetry System) der AWI-Tiefseegruppe während der Expedition PS 119. Das OFOBS ist ein Multifunktionsschlitten mit einer Kamera, einem Side Scan-Sonar und einem Vorauslot. Aus den Daten, die das Gerät liefert, werden hochaufgelöste Karten vom Meeresboden erstellt, sogenannte Mikro-Bathymetrien. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Bei Windstärken von bis zu Beaufort 12, Schneetreiben und eisigen Temperaturen hielt das Expeditions-Team sieben Wochen auf See durch.
Bei Windstärken von bis zu Beaufort 12, Schneetreiben und eisigen Temperaturen hielt das Expeditions-Team sieben Wochen auf See durch. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Der Meeresgeologe Prof. Dr. Gerhard Bohrmann, Fahrtleiter der POLARSTERN-Expedition PS 119, in der MARUM-Technikhalle vor dem Tauchroboter MARUM-SQUID. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Der Meeresgeologe Prof. Dr. Gerhard Bohrmann, Fahrtleiter der POLARSTERN-Expedition PS 119, in der MARUM-Technikhalle vor dem Tauchroboter MARUM-SQUID. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Nach einigen Wochen auf See kreuzte POLARSTERN diesen blau schimmernden Eisberg – ein ruhiger Moment während einer ansonsten äußerst stürmischen Forschungsreise. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Nach einigen Wochen auf See kreuzte POLARSTERN diesen blau schimmernden Eisberg – ein ruhiger Moment während einer ansonsten äußerst stürmischen Forschungsreise. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture
Sobald das Gerät sicher auf dem Grund des Ozeans steht, werden die 12 leeren Röhren in den Meeresboden gedrückt. Anders als das Schwerelot, das mit großer Wucht in den Meeresgrund eindringt und dabei den Übergangsbereich vom Meerwasser zum Sediment komprimiert, bringt der Multicorer ungestörte Oberflächensedimente mit exakt dem darüber liegenden Wasser ohne Verwirbelungen an Bord.
Ausbringen des Multicorers vor Südgeorgien: Sobald das Gerät sicher auf dem Grund des Ozeans steht, werden die 12 leeren Röhren in den Meeresboden gedrückt. Foto: Holger von Neuhoff, Google Arts & Culture