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Forscher untersuchen spektakuläre heiße Quellen am Meeresboden

05.03.2017
Aus einem sogenannten Kranzwasserschöpfer entnimmt das Fluidgeochemie-Team der Jacobs University Bremen Wasserproben, die aus der hydrothermalen Wolke stammen. Von links nach rechts: Gastwissenschaftler Jan Hartmann, Dr. Charlotte Kleint, Student Nico Fröhberg.
(Quelle: Marie Heidenreich, PTJ)

Rauchende Schlote am Meeresboden, filigrane Säulenformationen, Entenmuscheln in schimmerndem Wasser – derart außerirdisch anmutende Landschaften haben Meeresforscher auf einer Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE am Meeresboden erblickt. Die 39 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Dr. Andrea Koschinsky von der Jacobs University in Bremen erforschten heiße Quellen an Unterwasservulkanen des Kermadec-Bogens vor Neuseeland.
An den Vulkanen der Region sind bereits einige Reihe von sogenannten hydrothermalen Quellen bekannt, von denen während der Expedition SO253 einige detailliert untersucht wurden. Der unbemannte Unterwasserroboter MARUM-QUEST spürte dabei auch eine bislang unbekannte Quelle auf. So tauchte er mitten in ein Feld hinein, in dem heiße kohlensäurereiche Flüssigkeit aus dem Meeresboden austritt. Die Lebenswelt quillt in 670 Meter Wassertiefe vor Tieren über: Es wimmelt von Entenmuscheln und Seepocken, außerdem entdecken die Forschenden Röhrenwürmer, Fische, Langusten, Garnelen, Anemonen und bis zu 30 Zentimeter lange Muscheln. Auf dem dunkleren Untergrund leuchten im Scheinwerferlicht des Roboters helle, flauschig aussehende Bakterienmatten auf. „Oft ist die Suche nach hydrothermalen Feldern wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Es ist toll, dass wir auf der Fahrt auch neue Hydrothermalfelder und heiße Quellen entdeckt haben“, sagt Andrea Koschinsky und freut sich über den Fund.

Die Fluidchemikerin von der Jacobs University Bremen hat die Expedition des Forschungsschiffs SONNE geleitet, von der sie Ende Januar zurückgekehrt ist. Fünf Wochen lang erforschte sie gemeinsam mit Geologen, Physikern, Chemikern und Biologen aus Deutschland, Neuseeland, Frankreich und den USA den Einfluss von heißen Quellen an untermeerischen Vulkanen in relativ geringer Wassertiefe auf die Ozeane: „Ziel der Fahrt war es herauszufinden, in welcher Weise die Stoffe aus den heißen Quellen einen Einfluss auf die Zusammensetzung und die Bioproduktivität der oberen Wasserschichten haben“, erklärt Koschinsky. Neben der Jacobs University waren fünf weitere deutsche Partner an der Exkursion beteiligt. Dazu zählen die Universität Bremen mit dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM), das Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Bremen sowie die Universitäten Oldenburg, Hamburg und Münster. Die Forschungsfahrt wurde in enger Kooperation mit Wissenschaftlern der University of Otago und GNS Science in Neuseeland durchgeführt.

Im Gegensatz zu den mittelozeanischen Rücken, an denen die hydrothermalen Quellen oft in über 2000 Meter Wassertiefe liegen, reichen viele untermeerische Vulkane des Kermadec-Bogens bis in wenige 100 Meter Wassertiefe hinauf. Ihre hydrothermalen Wolken können so auch die oberen Meeresregionen erreichen. Die Erkenntnisse der Forscherinnen und Forscher deuten darauf hin, dass es auf die Frage nach dem Einfluss der heißen Quellen keine pauschale Antwort gibt: „Manche dieser heißen, metallreichen Lösungen sind so salzhaltig, dass sie aufgrund ihrer hohen Dichte wie eine Salzlinse in den Vulkankratern liegen bleiben oder über deren Ränder quellen“, berichtet die Wissenschaftlerin, „bei anderen Hydrothermalquellen konnten wir dagegen die Ausbreitung des Eisens, eines lebenswichtigen Spurenelements im Ozean, über weite Entfernungen verfolgen.“

Der Kermadec-Vulkanbogen vor Neuseeland ist eine der geologisch aktivsten Regionen der Welt: Hier taucht die Pazifische Platte unter die Australische Kontinentalplatte ab. Am Riss in der Erdkruste haben sich Vulkane gebildet, die sehr häufig ausbrechen und ihre Gestalt ändern. Gleichzeitig sind sie auch die Basis für die Entwicklung der heißen Quellen und ihrer Lebewelt am Meeresboden. Die Expedition reiste beispielsweise zu einem sehr aktiven Vulkan, der zuletzt im Jahr 2008 ausgebrochen ist. Dabei stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass von dem Vulkankegel nur noch eine etwa 90 Meter hohe Lavasäule übriggeblieben war. „Aus Spalten in dieser Säule trat an einigen Stellen warme schimmernde Flüssigkeit aus, die wir beprobt haben und in denen bereits hydrothermales Leben zu finden war“, so Fahrtleiterin Andrea Koschinsky.

Diese und weitere Proben sind nun per Containerschiff auf dem Weg nach Deutschland. Das Team ist inzwischen wieder zurück an den Heimatinstituten. Hier warten die Forschenden darauf, dass Mitte März die Container mit den Proben ankommen, die einmal um die halbe Erde transportiert werden. Der Unterwasserroboter MARUM-QUEST hat bei seinen 19 Tauchgängen neben einmaligen Videoaufnahmen vom Meeresboden alleine 150 Kilogramm Gesteinsproben und circa 100 Proben der heißen Lösungen an Bord gebracht.

Dazu kommen hunderte weiterer Wasserproben, die mit Wasserschöpfern aus verschiedenen Wasserschichten der umgebenden Regionen genommen wurden, um die Ausbreitung der hydrothermalen Stoffe zu verfolgen. Die Forscher werden die Wasser- und Gesteinsproben und in Alkohol eingelegten Tiere und Mikroorganismen in den kommenden Jahren untersuchen und so ihrem Ziel ein Stück näher kommen: Zu verstehen, welchen Einfluss heiße Quellen an Vulkanbögen auf die Stoffe und das Leben im Ozean haben.


Weitere Informationen:

Expeditionsblog
Interview mit Andrea Koschinsky auf der Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Andrea Koschinsky
Professor für Geowissenschaften
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Telefon: +49 421 200-3567

Kontakt:
Thomas Joppig
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Telefon: +49 421 200-4504

Der Tiefseeroboter MARUM-QUEST steuert einen Weißen Raucher aus elementarem Schwefel an, um dort eine Probe zu entnehmen, die später an Bord des Forschungsschiffes untersucht wird. (Foto: MARUM, Universität Bremen)

Andrea Koschinsky, Professorin für Geowissenschaften an der Jacobs University, hat die erfolgreiche Forschungsfahrt geleitet.
(Quelle: Marie Heidenreich, PTJ)