Logo Universitat Bremen

Grundlagenforschung auf dem Gebiet der marinen Kohlenstoffspeicherung

23.03.2022
ERC Consolidator Grant für Jan-Hendrik Hehemann
Jan-Hendrik Hehemann erhält vom Europäischen Forschungsrat rund 2 Millionen Euro Förderung für seine Grundlagenforschung am MARUM. Fotos: Jens Lehmkühler
Jan-Hendrik Hehemann erhält vom Europäischen Forschungsrat rund 2 Millionen Euro Förderung für seine Grundlagenforschung am MARUM. Fotos: Jens Lehmkühler

Jan-Hendrik Hehemann erhält mit dem ERC Consolidator Grant eine der höchstdotierten persönlichen Auszeichnungen des Europäischen Forschungsrats. Er und Ingenieurwissenschaftler Andreas Fischer, ebenfalls von der Universität Bremen, bekommen in den kommenden Jahren jeweils rund 2 Millionen Euro für ihre Grundlagenforschung.

Professor Jan-Hendrik Hehemann und sein Team am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, am Fachbereich Biologie/Chemie und am Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI) Bremen freuen sich, dass ihre gemeinsam entwickelten Ideen auf dem Gebiet der marinen Kohlenstoffspeicherung vom Europäischen Forschungsrat für die kommenden fünf Jahre gefördert werden.

Die Klimakrise erfordert neue Wege, um die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre zu verringern. Das ERC-Project „Discover molecular pathways for glyco-carbon sequestration“ (C-Quest) untersucht den molekularen Mechanismus der Kohlenstoff(dioxid)speicherung von Algen im Ozean. C-Quest postuliert, dass besondere Polysaccharide aus Algen eine Kohlenstoffsenke im Ozean bilden. „Algen synthetisieren extrazelluläre Polysaccharide aus Kohlenstoffdioxid und positionieren sie auf ihrer Oberfläche. Sie bilden eine Art von Haut oder Schutzwand. Diese Wand müssen die Bakterien durchdringen, wenn sie an die leichtverdaulichen Nährstoffe, Proteine, Fette und Nukleinsäuren innerhalb der Algenzelle heranzukommen versuchen“, erläutert Hehemann. „Für die Alge ist es also überlebenswichtig, dass diese Polysaccharide für die Bakterien schwer verdaulich sind. Sonst könnten die Bakterien die Schutzwand mit der Hilfe von Enzymen durchbrechen und anschließend die Alge von innen bis zu ihrem Tod hin verdauen.“

Mehrfachzucker als Senke im Ozean

Diese Schutz-Polysaccharide werden im Ozean von Algen durch Photosynthese aus dem Treibhausgas Kohlenstoffdioxid gebildet. Da Algen diese Polysaccharide schneller bilden als Bakterien sie mit Enzymen wieder abbauen können – was Kohlenstoffdioxid wieder freisetzen würde – bilden die Polysaccharide eine globale Senke für das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid. Sie helfen also dabei, in unbekannter Menge Kohlenstoffdioxid im Ozean zu speichern und das Klima in unbekanntem Ausmaß zu regulieren.

Diese Hypothesen werden nun im C-Quest-Projekt untersucht. Die Annahmen und Untersuchungsmethoden hat Jan-Hendrik Hehemann mit seiner von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Emmy-Noether-Forschungsgruppe in den vergangenen Jahren an der Universität Bremen am MARUM und am MPI Bremen entwickelt. Hierbei handelt es sich um neuartige bioanalytische und biokatalytische Methoden. Sie erlauben es erstmals, Polysaccharide mit ausreichender molekularer Auflösung im Meer zu messen. So kann ihr Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung erfasst und ihre Abbaubarkeit durch Bakterien im Labor ermittelt werden. Professor Hehemann hat in Hamburg Biochemie studiert und in Frankreich an der Biologischen Forschungsstation Roscoff und der Pierre & Marie Curie University Paris (jetzt Sorbonne) als Marie Curie Fellow promoviert (2010). Anschließend hatte er zwei mit Stipendien finanzierte Postdoc-Anstellungen an der Universität Victoria (Kanada) und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA. Ab 2015 forschte er fünf Jahre in einem Emmy-Noether-Projekt als Gruppenleiter vernetzend am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologe und am MARUM der Universität Bremen. Seit 2021 ist er Heisenberg-Professor mit Leitung des Brücken-Departments für Kohlenstoffspeicherung und Glykobiochemie am Fachbereich 2, am MARUM und am MPI.

Zweiter ECR Grant für Andreas Fischer

Ein zweiter ECR Consolidator Grant geht an Ingenieurwissenschaftler Professor Andreas Fischer. Mit dem vom Europäischen Forschungsrat geförderten Forschungsvorhaben InOGeM (Indirect Optical Geometry Measurement) will Fischer die Grundlagen für das Messen mit Licht erarbeiten. „Dazu wird statt einer klassischen direkten Messung die Position der Bauteiloberfläche indirekt gemessen. Dabei wird das umgebende Luftvolumen optisch ermittelt. Aus dem natürlich vorhandenen Abdruck des Bauteils in der Luft wird dann auf die Bauteilgeometrie geschlossen“, erläutert er den Hintergrund. „Damit sind erstmals weniger die optischen Eigenschaften des Bauteils, sondern der das Bauteil umgebenden Luft für den Messerfolg entscheidend. Folglich spielt die zunehmende Vielfalt der zu messenden Geometrie und des Materials eine untergeordnete Rolle – und es ergibt sich ein neuer, frei gestaltbarer Freiheitsgrad für die optische Geometriemesstechnik!“

Mit der fünfjährigen Förderung ergibt sich für Fischer nun die einzigartige Möglichkeit, mit einem interdisziplinären Team diesen grundlegend neuen Messansatz einschließlich seines aussichtsreichen Anwendungspotentials zu erforschen. Mit den Erkenntnissen soll eine neue Generation von optischen Messinstrumenten entstehen, was die Messtechnik in Zukunft befähigen soll, mit der gestiegenen Vielfalt in der Fertigungswelt schrittzuhalten.

„Ich freue mich sehr für die beiden Wissenschaftler und ihre Arbeitsgruppen und für die Universität Bremen über die Bewilligung dieser begehrten Förderungen“, sagt Rektor Professor Bernd Scholz-Reiter über die Entscheidung des Europäischen Forschungsrates. „Dies ist eine weitere wichtige Anerkennung ausgezeichneter Grundlagenforschung an der Universität Bremen und eine großartige Unterstützung. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind dabei in Forschungsbereichen aktiv, die für uns alle von großer Bedeutung sind.“

Der ERC-Grant: eine begehrte Auszeichnung

Der ERC Consolidator Grant ist eine der höchstdotierten Fördermaßnahmen der Europäischen Union für einzelne Wissenschaftler. Der Europäische Forschungsrat unterstützt damit exzellente Forscherinnen und Forscher in ihrer innovativen Grundlagenforschung.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Jan-Hendrik Hehemann
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften
Fachbereich Biologie/Chemie, Universität Bremen
Telefon: +49 (0)421 218-65775
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]

 

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.