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Erste einheitliche Übersicht über biologische Diversität in den Weltmeeren und am Ozeanboden

04.02.2022
Im Rahmen von 15 internationalen Tiefseeexpeditionen konnten Sedimente aus allen wichtigen Ozeanregionen analysiert werden. Das deutsche Forschungsschiff SONNE war an zwei internationalen Expeditionen beteiligt, die von Forschenden des Senckenberg-Institu
Im Rahmen von 15 internationalen Tiefseeexpeditionen konnten Sedimente aus allen wichtigen Ozeanregionen analysiert werden. Das deutsche Forschungsschiff SONNE war an zwei internationalen Expeditionen beteiligt, die von Forschenden des Senckenberg-Instituts in Deutschland geleitet wurden. Foto: Thomas Walter

Die biologische Artenvielfalt der Weltmeere ist größer als bislang angenommen. Ein internationales Team von Forschenden, darunter auch Wissenschaftler des MARUM, haben jetzt eine erste einheitliche Übersicht über diese genetische Vielfalt in Science Advances veröffentlicht. Sie basiert auf der Analyse von DNA-Sequenzen von der Oberfläche bis zu Tiefseesedimenten. Dafür wurden Sedimente und Proben analysiert, die auf insgesamt 15 internationalen Tiefseeexpeditionen gewonnen wurden. Im Fokus stand dabei vor allem der Vergleich zwischen küstennahen Ökosystemen und denen in der Tiefsee.

Das weitgehend unbekannte Leben in den Sedimenten der Tiefsee, von Tieren bis hin zu Mikroben, trägt dazu bei, die absinkenden (an)organischen Stoffe zu recyceln und/oder zu binden. Diese absinkenden Partikel stammen von Organismen, die in Ufernähe leben und zu großen Teilen aus mikroskopischem Plankton bestehen. Am Ozeanboden lebende, also benthische Ökosysteme sind die Grundlage für zwei wichtige Ökosystemleistungen: das gesunde Funktionieren der Nahrungsnetze der Ozeane und das Binden von Kohlenstoff. Beides beeinflusst das Erdklima entscheidend.

Forschende des Norwegian Research Centre (NORCE), des Bjerknes Centre for Climate Research (Norwegen), der Universität Genf (Schweiz) sowie des CNRS, des IFREMER in Frankreich und des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen haben die DNA von Lebewesen in Tiefseesedimenten aus allen großen Ozeanbecken sequenziert und diese neuen Daten mit bestehenden Datensätzen aus der lichtdurchfluteten und der dunklen Wassersäule verglichen. Damit wird zum ersten Mal ein einheitliches Bild der gesamten eukaryotischen Artenvielfalt des Ozeans von der Oberfläche bis zu den Sedimenten der Tiefsee gezeichnet, so dass meeresökologische Fragen zum ersten Mal auf globaler Ebene und im gesamten dreidimensionalen Raum des Ozeans behandelt werden können.

„Mit fast 1.700 Proben und zwei Milliarden DNA-Sequenzen von der Oberfläche bis zum Tiefseeboden weltweit erweitert diese so genannte Hochdurchsatz-Umweltgenomik unsere Möglichkeiten, die biologische Vielfalt der Tiefsee, ihre Verbindung zu den darüber liegenden Wassermassen und dem globalen Kohlenstoffkreislauf zu untersuchen und zu verstehen“, sagt Tristan Cordier, Forscher am NORCE und Bjerknes Centre for Climate Research und Hauptautor der Studie.

Was lebt in dieser dunklen und lebensfeindlichen Umgebung?

Durch den Vergleich von DNA-Sequenzen war es möglich, einheimische benthische Organismen von sinkendem Plankton zu unterscheiden, das aus der darüber liegenden Wassersäule auf den Meeresboden gelangt war.

„Diese Studie zeigt, dass das Ökosystem des Tiefseebodens, das eine entscheidende Schnittstelle für eine Vielzahl von Funktionen des Erdsystems darstellt, aus biologischen Akteuren besteht. Rund zwei Drittel davon sind uns bislang nicht bekannt“, sagt Co-Autor Raphael Morard vom MARUM.

Die Ergebnisse der Studie sind auch wichtig für die Arbeit mit fossiler DNA von Morard und seinen Kolleg:innen im Rahmen des Exzellenzclusters „Der Ozeanboden – unerforschte Schnittstelle der Erde“, der am MARUM angesiedelt ist.

Originalpublikation:

Cordier T., Barrenechea Angeles I., Henry N., Lejzerowicz F., Berney C., Morard R., Brandt A., Cambon-Bonavita M.A., Guidi L., Lombard F., Martinez Arbizu P., Massana R., Orejas C., Poulain J., Smith C.R., Wincker P., Arnaud-Haond S., Gooday AJ.J., de Vargas C., Pawlowski J. 2022. Patterns of eukaryotic diversity from the surface to the deep-ocean sediment. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.abj9309

 

Im Rahmen von 15 internationalen Tiefseeexpeditionen konnten Sedimente aus dem Abyssal in allen wichtigen Ozeanregionen analysiert werden. Schwarze Korallen in 1960 m Tiefe im Atlantischen Ozean. Foto: MEDWAVES/IEO/ATLAS-Projekt.
Im Rahmen von 15 internationalen Tiefseeexpeditionen konnten Sedimente aus dem Abyssal in allen wichtigen Ozeanregionen analysiert werden. Schwarze Korallen in 1960 m Tiefe im Atlantischen Ozean. Foto: MEDWAVES/IEO/ATLAS-Projekt.

 

Kontakt:

Dr. Raphael Morard
Mikropaläontologie – Paläoozeanographie
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]

Beteiligte Einrichtungen:

NORCE – Norwegian Research Centre (Norway)

Bjerknes Centre for Climate Research (Norway)

University of Geneva (Switzerland)

Institute of Oceanology of the Polish Academy of Sciences (Poland)

CNRS – National Center for Scientific Research (France)

IFREMER – Institut français de recherche pour l'exploitation de la mer (France)

National Oceanography Centre, Southampton (UK)

Senckenberg Research Institute and Natural History Museum (Germany)

MARUM – Center for Marine Environmental Sciences at the University of Bremen (Germany)

CSIC – Institute of Marine Sciences (Spain)

IEO – Spanish Institute of Oceanography (Spain)

Center for Microbiome Innovation, University of California San Diego (USA)

School of Ocean and Earth Science and Technology, University of Hawai'i at Mānoa (USA)

 

Mehr Informationen:

Veröffentlichungen zum Thema, an denen Raphael Morard beteiligt ist: