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Stage 4. Erlangen – Nürnberg

Stage1map
Etappe 4 spielt sich größtenteils in der Fränkischen Schweiz ab, das ist der nördliche Teil der Fränkischen Alb. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe & Staatliche Geologische Dienste Deutschlands

Am Sonntag werden die Fahrer den größten Teil des Tages in der Fränkischen Schweiz verbringen. Keine Sorge, wir überqueren dabei keine Landesgrenzen. Mit dem Begriff Schweiz werden oft deutsche Orte oder Gebiete bezeichnet, die etwas hügeliger sind als die umliegenden Regionen. Die Fränkische Schweiz ist der nördliche Teil der Fränkischen Alb. In Deutschland werden die Gesteine der Jura-Periode in drei Gruppen unterteilt: Die älteste Gruppe ist der schwarze Jura oder Lias, die mittlere Gruppe ist der braune Jura oder Dogger, und die jüngste Gruppe ist der weiße Jura oder Malm. Die Fahrer werden während der Etappe auf Gesteine aller drei Jura-Serien treffen und dabei eine 70 Millionen Jahre lange Geschichte von Meeresspiegelveränderungen durchlaufen, die zwischen 205 und 135 Millionen Jahre zurückreicht. Diese jurassische Sediment-Abfolge ist eine Besonderheit, denn sie repräsentiert eine außergewöhnlich lange Zeitspanne, in der Mitteleuropa durchgehend von einem Meer bedeckt war. Hier, im Fränkischen Jura, kann dieser Gesteinsschichtstapel bis zu 600 Meter dick sein.

Middle Jurassic paleogeography
Während des Juras wurde der größte Teil Mitteleuropas von flachen Meeren überflutet. Nur die topographisch höher gelegenen Gebiete wie das Zentralmassiv in Frankreich, das Rheinische Schiefergebirge in Deutschland, das London-Brabant-Massiv in Großbritannien und Belgien und das Böhmische Massiv in der Tschechischen Republik ragten als Inseln heraus. Verändert nach Meschede (2005). Geologie Deutschlands. Springer.

Das erdgeschichtliche Geschehen wurde vom Auseinanderbrechen des Superkontinents Pangaea dominiert (Video von Wrigth et al., 2020, Earth Science Reviews). Mit Beginn des Juras endet die Geschichte dieses Superkontinents, als der Atlantik, zunächst im Süden, sich langsam öffnete und in Folge Nordamerika begann abzudriften. Das fortschreitende Auseinanderbrechen mit simultanem Meeresspiegel-Anstieg ließ auch Meerwasser bis nach Mitteleuropa vordringen. Geologische Zeugen haben die Fahrer gestern am Rathsberg bereits durchfahren. Zu Beginn des Jura existierte in Mitteleuropa ein Flachmeer mit verschiedenen Inseln, z.B. das Böhmische Massiv und das Rheinische Massiv. Es herrschte ein tropisches Klima mit üppiger Vegetation und tief verwitterten Böden. Im Lias und Dogger finden wir meist mächtige, dunkle und tonige Schichten, die weitgehend aus Abtragungsmaterial dieser Böden bestehen. Der darüber folgende Malm setzt sich weitgehend aus karbonatreichen Sedimenten, wie Mergeln, Kalksteinen und Dolomitsteinen, zusammen. Die Fahrer steigen von ca. 300 Meter ü. NN in Erlangen (Keuper) auf ca. 550 Meter ü. NN in der Fränkischen Schweiz (Malm) auf und kommen damit von größtenteils über oder auf Meeresniveau abgelagerten Keuperschichten zu einigen Zehnermetern unter der Meeresoberfläche abgelagerten Jurasedimenten. Die Ablagerung unterschiedlicher Sedimenttypen und die nachfolgende tektonische Hebung haben also die geomorphologische Beziehung zwischen diesen beiden Sedimenteinheiten auf den Kopf gestellt.

Walberla
Auf dem Weg von Kirchehrenbach hinauf zur Ehrenbürg und zum Walberla stößt man nacheinander auf Keuperschichten (Obertrias), dann auf Lias-Schichten (Unterjura), dann auf Doggerschichten (Mitteljura), um schließlich die Malmkalke (Oberjura) zu erreichen (Bild: Ermel; Copyright: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0).
Turmkarst
Ein imposanter Felsturm dominiert das Dorf Tüchersfeld in der Fränkischen Schweiz. Die steil aufragenden Felsen sind Überreste eines Riffs, das während des Spätjuras in einem tropischen Flachmeer florierte (Bild: Ustill, Copyright: Wikimedia Commons CC BY-SA 2.0).
Druidenhain
Die Felsen des Druidenhains sind eine so genannte Karre. Die oberjurassischen Kalksteine sind wasserlöslich ("Steter Tropfen höhlt den Stein"), insbesondere bei saurem Regen. Bei Wasserzutritt entlang kleiner Risse können durch Korrosion tiefe Spalten im Kalkstein entstehen. Gezeigt ist ein Beispiel für Verkarstung (Bild: Pascal Dihé; Copyright: CC BY-SA 4.0).

Am Ende des Juras sank der Meeresspiegel, und große Teile Süddeutschlands wurden festländisch. Seitdem sind die Kalke des Weißen Jura der Verkarstung ausgesetzt. Das bedeutet, dass die Kalk- und Dolomitgesteine durch leicht saures Regen- und Flusswasser gelöst werden. Das gelöste Material wird vom Wasser weggetragen und hinterlässt eine von Dolinen und Höhlen geprägte Landschaft. Die Fränkische Schweiz ist voll von besonders sehenswerten Verkarstungsbeispielen, wie der Riesenburg, dem Druidenhain, dem Pottenstein, dem Zeckensteinfelsen und der Sophienhöhle. Der Verkarstungsprozess, der die spät­jurassischen Gesteine auf so spektakuläre Weise aushöhlte, begann in der Kreidezeit, dauert aber bis heute an und wird so lange andauern, wie die karbonatreichen Gesteine korrosiven Regen- und Flusswässern ausgesetzt sind. Dieser Verkarstung ist es übrigens zu verdanken, dass die heutige Etappe ein so interessantes Höhenprofil aufweist: Auf und ab durch die oft trockenen Täler der Fränkischen Schweiz, bis die Fahrer schließlich etwa 2000 Höhenmeter auf dem Zähler haben. Dann geht es hinab ins Pegnitz- und Regnitztal, wo sie die guten alten Keuperschichten erneut antreffen, auf denen Nürnberg gebaut wurde. Mein Tipp für heute ist, dass Maximilian Schachmann der Tagessieger wird.

Ammonites
The Gesteine des fränkischen Juras sind fossilreich. Das Foto zeigt Ammoniten (ausgestorbene Weichtiere), die in Schleifhausen gefunden wurden. Ammoniten sind hervorragende Indexfossilien, Geowissenschaftler können dabei eine bestimmte Art oder Gattung einer bestimmten Schicht und zeitlichem Intervall zuordnen. (Bild: Takkk; Copyright: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0)
Ammonite attacked by belemnite
Ein Ammonit wird von einem Kopffüßler im Flachwasser des Jura angegriffen. (Bild: Figure 7 in Klug et al., 2021, Swiss Journal of Paleontology, Copyright: CC BY-SA 4.0)
Sophienhöhle
Die Sophienhöhle ist eine natürliche Höhle im Fränkischen Jura. Dolinen und Höhlen sind typische Merkmale einer Karstlandschaft, die durch die Lösung von Gesteinen entstanden sind. (Bild: Lohrelei; Copyrigt: Pixabay license, public domain)