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Stage 3. Ilmenau – Erlangen

Karte 3. Etappe
Die 3. Etappe führt die Fahrer zunächst über vulkanisches Gestein des Thüringer Waldes. Danach geht es über Keuperschichten des südwestdeutschen Stufenlandes. An einigen Stellen sehen die Fahrer aber auch erste Jurafelsen auf ihrer Deutschland Tour. Auch der finale Anstieg dieser Etappe, der Rathsberg, besteht aus jurassischem Sedimentgestein. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe & Staatliche Geologische Dienste Deutschlands

Nach einer erholsamen Nacht in Ilmenau steigen die Fahrer aus dem Thüringer Becken in den Thüringer Wald auf. Genauer gesagt durchquert die Deutschland Tour 2021 dabei die Oberhofer Mulde, die den größten und östlichsten geologischen Abschnitt des Thüringer Waldes darstellt. Wie das Thüringer Becken ist auch die Oberhofer Mulde ein angehobenes geologisches Becken. Allerdings ist dieses Becken durch tektonische und vulkanische Vorgänge dermaßen zerrüttet worden, dass es viel schwieriger ist, die originären Beziehungen und Hierarchien zwischen den verschiedenen Gesteinsschichten zu rekonstruieren. Die Fahrer überqueren zwei sehr unterschiedliche Arten magmatischen Gesteins: einerseits Granitgesteine, die unterirdisch bei langsamem Abkühlen kristallisierten. Andererseits vulkanische Gesteine, die aus heißer Lava, welches auf die Erdoberfläche floss und dabei schnell abkühlte, entstand oder in vulkanischen Gängen nahe der Erdoberfläche erstarrten (Rhyolite, Latite und Trachyte).

Die letztgenannten Gesteine gehören zur sogenannten Rotliegend-Gruppe des Perms. Sie sind die stillen Zeugen des intensiven Vulkanismus vor rund 300 Millionen Jahren, als verschiedene Kontinentalplatten kollidierten, untereinander geschoben wurden und schließlich den Superkontinent Pangaea bildeten. Die etwa 320 Millionen Jahre alten Granitgesteine sind dabei die etwas älteren. Der sogenannte Hauptgranit bildet also das Fundament für die Schichten der darüber liegenden, etwas jüngeren Rotliegend-Gruppe. Bei Frauenwald nähern sich die Radler der ältesten Gesteinsformation, die in dieser Deutschland Tour besprochen werden soll: dem Vesser-Komplex aus dem Kambrium (~500 Millionen Jahre alt), der auf der geologischen Karte wie eine Insel aus marinem Sedimentgestein in einem großen von vulkanischen Gesteinen geprägtem Gebiet. Der Vesser-Komplex gehört geologisch nicht zum Thüringer Wald, sondern zum Thüringer Schiefergebirge, aber aufgrund der komplizierten tektonischen Geschichte und der vielen Störungen in der Region hat er hier isoliert die Oberfläche erreicht.

 

Thuringian Forest Geology
Kleiner Auszug aus der geologischen Karte des Thüringer Waldes. Der schwarze Pfeil zeigt den Verlauf der ersten Kilometer der dritten Etappe, meist über vulkanischem Gestein. Verändert nach Gretarsson (2013, Wikipedia CC BY-SA 3.0), basierend auf GÜK200.
Hermannstein
Nur wenige Kilometer von Ilmenau entfernt kann man den Großen Hermannstein besteigen (nur zu Fuß!). Der Große Hermannstein besteht aus Rhyolith und ist ein beliebter Kletterfelsen im Thüringer Wald, der auch von Johann Wolfgang von Goethe oft besucht wurde. (Bild: Giorno2; Copyright: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0)

Nach dem Verlassen des Thüringer Waldes gelangen die Fahrer ins Südwestdeutsche Stufenland, welches durch eine Reihe von geologischen und geomorphologischen Schichtstufen gekennzeichnet ist. Zunächst treffen sie auf die gleiche triassische Sedimentabfolge, die sie bereits in der zweiten Etappe im Thüringer Becken vorgefunden haben: Schwemmfächer des Bundsandsteins, die sich zur Zeit des Superkontinents Pangaea bildeten; die Karbonat-Ablagerungen des Muschelkalks, die sich in einem flachen Meer bildeten, als der Meeresspiegel anstieg und der Superkontinent Pangaea in mehrere kleinere Kontinente zerbrach; und schließlich die Schichten des Keuper, die bei wieder absenkendem Meeresspiegel entstanden und die Ausfällung von Salzen, Anhydriten, Gips, dabei sowohl submarine Fächer als auch kontinentale Auenablagerungen ermöglichte.

Zwischen Coburg und Sesslach bewegen sich die Fahrer wieder ein paar Millionen Jahre vorwärts und landen im Jura (201,3 bis etwa 145 Millionen Jahre vor heute). Der Jura repräsentiert einen weiteren Meeresspiegelanstieg. Die heutige Jura-Berührung hält sich allerdings in Grenzen, da diese dritte Etappe die topographisch etwas höher gelegene Fränkische Alb weitgehend umfährt. Stattdessen rasen die Fahrer bis Erlangen meist auf Keuper-Schichten. Die Fränkische Alb wird aber die Kulisse für die vierte und letzte Etappe, deren Geologie wir morgen genauer beschreiben werden. Um den heutigen Ankunftsort Erlangen zu verstehen, ist es jedoch notwendig, den geologischen Aufbau des Rathsbergs zu betrachten. Hier finden sich am Fuß des Berges grobkörnige Keuper-Sandsteine, die aber im oberen Teil von kalkhaltigen Mergelschichten aus dem Jura abgelöst werden. Bevor die Fahrer das Ziel erreichen, durchlaufen sie also noch einmal die gleiche Phase des Meeresspiegelanstiegs wie auch zwischen Coburg und Sesslach: von der Trias in den Jura! Bleibt abzuwarten, wer noch etwas Dino-Power in den Beinen hat, um diese dritte Etappe zu gewinnen... Meine Vermutung ist, dass John Degenkolb heute der Schnellste im Feld sein wird.

South German Scarplands
Verallgemeinerter Ost-West-Querschnitt durch Bayern, der die geologische Struktur des südwestdeutschen Stufenland gut erkennen lässt. Erlangen und Nürnberg sind auf Schichten des Keupers gebaut. Der Schlussanstieg der 3. Etappe, der Rathsberg, bringt die Fahrer ein erstes Mal in den Frankenjura. Morgen, bei der 4. Etappe, werden die Fahrer den größten Teil des Tages auf Gesteinen des Oberen Juras verbringen, der in Deutschland oft als Malm oder Weißer Jura bezeichnet werden. Angepasst von Bayerisches Landesamt für Umwelt.
Keuper
Ein klassisches Beispiel für Keuper-Gestein. Die Steinbruchwand am Äulesberg (Vellsberg) zeigt die Grabfeld-Formation. Man kann unten massive Gipsschichten und oben dunkelrote Mergelschichten erkennen. Der gesamte Steinbruch besteht aus Schichten des Keupers. (Bild: BerndH; Copyright: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0)