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Stage 2. Sangerhausen – Illmenau

Karte der 2. Etappe
Etappe 2 durchquert das Thüringer Becken und verläuft größtenteils über Gesteine der Trias. Eine interessante Ausnahme bildet der Kyffhäuser, der aus wesentlich älteren, paläozoischen Gesteinen aufgebaut ist. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe & Staatliche Geologische Dienste Deutschlands

Die zweite Etappe beginnt in Sangerhausen, in den Ausläufern des Südharzes. Der heutige Harz ist das Relikt eines einst gewaltigen Gebirges, das sich vor 350 bis 300 Millionen Jahren fast über ganz Mittel- und Südeuropa erstreckte. Der Harz lag zu dieser Zeit in Äquatornähe und in der Kollisionszone zwischen zwei großen Erdplatten. Diese Kollision bildete schließlich den Superkontinent Pangaea. Im Laufe der Jahrmillionen seither sind die Berge (Hochgebirge) zu Hügeln (Mittelgebirge) abgetragen worden. Diese Mittelgebirge sind in ganz Europa zu finden: das Zentralmassiv in Frankreich, das Iberische Meseta-Hochland, die Ardennen-Eifel und das Rheinische Schiefergebirge. Da der Harz der Rest eines 300 Millionen Jahre alten Gebirges ist, sind die meisten dort gefundenen Gesteine sehr viel älter. In Sangerhausen hingegen befinden wir uns bereits außerhalb des Harzes und finden im Untergrund Bundsandstein (Unter Trias). Der Bundsandstein ist etwa 250 Millionen Jahre alt und wurde abgelagert, als der Superkontinent Pangaea entstand. Damals herrschte in Deutschland ein extrem trockenes Klima, mit Landschaften, wie wir sie heute in den ausgetrockneten Seen von Nevada, Bolivien oder dem Iran vorfinden. Der Bundsandstein besteht aus roten Sandsteinen mit Kieseln und wurde in großen Schwemmkegeln abgelagert, die durch erodiertes Material aus den Gebirgen der Pangaea gespeist wurden.

Bundsandstein
Bundsandstein des Thüringer Beckens in Stadtroda. (Bild: ArtMechanic; Copyright: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0)

In Sangerhausen befinden wir uns am nördlichen Rand des Thüringer Beckens, eine Beckenlandschaft im zentralen und nördlichen Teil Thüringens. Die verschiedenen Sedimentschichten des Thüringer Beckens mit Erfurt im Zentrum kann man sich als einen Tellerstapel vorstellen. Jeder Teller wurde in der Trias abgelagert, aber es gibt eine klare Reihenfolge. Der unterste Teller im Stapel hat den größten Durchmesser und weist die ältesten Schichten auf. Das ist der 251 bis 243 Millionen Jahren alte Bundsandstein. Darauf folgt ein kleinerer Teller aus 243 bis 235 Millionen Jahre altem Muschelkalk. Darüber liegt ein noch jüngerer und kleinerer Teller, der aus 235 bis 199,6 Millionen Jahre altem Keuper (Dolomit, Tonschiefer und Evaporitgestein) besteht. Im Laufe der Zeit sind durch tektonische Einflüsse auf die Gesteinsschichten einige Risse, Spalten und Falten in den verschiedenen Sedimentstapeln ("Tellern") entstanden. Die zweite Etappe der Deutschland-Tour geht einen echten Nord-Süd-Querschnitt durch das Thüringer Becken an.

Die erste bedeutende Erhebung der zweiten Etappe ist das Kyffhäuser-Gebirge (473 m ü. NN). Dieses Mittelgebirge entspricht einer tektonischen Verschiebung, die den ursprünglich schön aufeinandergesetzten Tellerstapel zerstört hat. Auf der geologischen Karte erscheint das Kyffhäuser-Gebirge als eine Insel älterer, paläozoischer Gesteine im Norden des Thüringer Beckens, das ansonsten von Triasgesteinen dominiert wird. Die Fahrer müssen hier also Erhebungen aus alten, paläozoischen Gesteine erklimmen, die man sonst zum Beispiel im Harz erwarten würde. Diese Vorkommen gehen letztendlich auf die Kollision zwischen der europäischen und der afrikanischen Erdplatte zurück, die vor etwa 95 Millionen Jahren auch die Alpen bildete. Durch die Kollision entstanden mehrere tiefreichende Störungen in der Erdkruste Mitteleuropas. Die alten, paläozoischen Gesteinsschichten des Kyffhäuser-Gebirges erreichten entlang einer dieser Störungen, dabei den gesamten Trias-Tellerstapel durchstoßend, die Oberfläche.

Kyffhäuser
Der Kyffhäuser ragt wie eine Insel aus älteren paläozoischen Gesteinen, in einem Meer von triassischen Gesteinen, heraus. Dieser geologische Wechsel wird auch der heutigen Landschaft sehr deutlich, denn der relativ hohe paläozoische Kyffhäuserberg ist bewaldet, während die Trias im Untergrund des Thüringer Beckens überwiegend als landwirtschaftliche Fläche genutzt wird. (Bild: Pixabay.com; Copyright: Public Domain)

Der zweite Anhöhe des Tages bringt die Fahrer entlang der Gedenkstätte Buchenwald auf den Ettersberg. Der Ettersberg befindet sich etwa im Zentrum des Thüringer Beckens und entspricht einer asymetrischen bogenförmigen Faltung in den Muschelkalkschichten. Der Muschelkalk ist eigentlich das zweite Tellerchen des Stapels, wenn man von oben herab zählt. Deswegen erwarten wir, dass er, in der Mitte des Beckens, unter Keupersedimenten begraben ist. Durch die starke Aufwölbung der Schichten am Ettersberg konnte der Muschelkalk die jüngeren, darüber liegenden Keuperschichten aufdehnen, schwächen und schließlich verdrängen. Über die Nordflanke des Ettersbergs steigen die Fahrer auf ca. 480 Meter Höhe, bevor sie über die steilere Südflanke in die Stadt Weimar gelangen. Der Rest der Etappe führt die Fahrer über eine leicht hügelige Landschaft an den Südrand des Thüringer Beckens. Das Ziel in Ilmenau liegt genau auf der Grenze zwischen dem Thüringer Becken und dem Thüringer Wald. Geologisch gesehen ist es die Grenze zwischen den triassischen Sedimentgesteinen im Norden (Thüringer Becken) und den viel älteren metamorphen und magmatischen Gesteinen im Süden (Thüringer Wald). Mehr dazu morgen! Mein Geheimtipp für den heutige Etappensieg: Nils Politt.

Ettersberg Falte
Ettersberg asymmetrische bogenförmige Falte, die den Muschelkalk am Ettersberg an die Oberfläche bringt, umgeben von Sedimenten des Keuper im Tal. Bearbeitet nach Wagenbreth & Steiner (1990): Geologische Streifzüge, Landschaft und Erdgeschichte zwischen Kap Arkona und Fichtelberg. Leipzig.
Buchenwald
Der Ettersberg ist die zweite Erhebung des Tages und führt die Fahrer an der Gedenkstätte Buchenwald vorbei. (Bild: Thomas Springer; Copyright: Wikimedia Commons Public Domain)