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Methanhydrate und Klimaerwärmung

02.01.2014
Untersuchungsinstrument
Untersuchungsinstrumente der Expedition am Meeresboden vor Spitzbergen.
Foto: GEOMAR Kiel

Vor Spitzbergen wird in einigen hundert Metern Wassertiefe immer wieder Methangas beobachtet, dass aus Gashydratvorkommen am Meeresboden stammt. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Bremer Zentrums für Marine Umweltwissenschaften, MARUM, konnte jetzt zeigen, dass die Gasaustritte sehr wahrscheinlich natürlichen Ursprungs sind und nicht durch die Klimaerwärmung verursacht werden. Die Studie ist in der international renommierten Fachzeitschrift Science erschienen.

Methanhydrate sind fragil. Die Mischung aus Methangas und Wasser ist als eisförmiger Feststoff am Meeresboden nur bei niedrigen Temperaturen und hohem Druck stabil. In einigen Regionen, so auch im Nordatlantik vor Spitzbergen haben Forscher wiederholt Gasaustritte entdeckt, deren Ursache zunächst unklar war. Eine Hypothese war, dass die zunehmende Erderwärmung die Hydratschichten langsam auflöst. Mit Hilfe umfangreicher Untersuchungen, die in den vergangenen Jahren vor der norwegischen Inselgruppe stattfanden, konnte eine internationale Forschergruppe unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigen, dass die Methanaustritte sehr wahrscheinlich eine natürliche Ursache haben.

„Als wir 2008 zum ersten Mal deutliche Methanaustritte vor Spitzbergen beobachteten, waren wir alarmiert“, sagt der Leiter der Studie, Prof. Dr. Christian Berndt vom GEOMAR. „Die Gasblasen stammten aus einer Tiefe, in der Gashydrate gerade noch stabil sind. Wir wussten, dass schon eine relativ geringe Erwärmung das Hydrat auflösen kann“, so Berndt weiter. Die große Frage war, wo die Ursache für die Ausgasungen liegt. Mit Hilfe mehrerer Expeditionen in den folgenden Jahren gelang es, Stück für Stück Licht ins Dunkle dieses Rätsels zu bringen.

Naheliegend war die Vermutung, dass die zunehmende Erderwärmung bereits bis in die Regionen des Atlantiks vorgedrungen ist. Doch die Untersuchungen, bei denen unter anderem auch das deutsche Forschungstauchboot JAGO zum Einsatz kam, wiesen deutlich auf natürliche Ursachen hin. „Zum einen haben wir festgestellt, dass die saisonalen Temperaturschwankungen in dieser Region ausreichen, um die Stabilitätszone der Gashydrate mehr als einen Kilometer den Hang hoch und runter zu schieben“, so Prof. Berndt. „Ferner haben wir an den Austrittsstellen der Methangase am Meeresboden Karbonate gefunden“, erläutert Dr. Tom Feseker vom MARUM. Dies seien deutliche Indikatoren, dass die Ausgasungen schon über sehr lange Zeiträume, wahrscheinlich schon seit mehreren 1000 Jahren stattfinden, so Feseker weiter.

Entwarnung wollen die Forscher in Hinblick auf die Klimaerwärmung aber trotzdem nicht geben. Über lange Zeiträume wird sich auch der tiefe Ozean erwärmen. Insbesondere die polaren Regionen sind davon betroffen. Hier schlummern noch enorme Mengen von Methanhydrat im Untergrund. „Als starkes Treibhausgas stellt Methan ein besonderes Risiko dar, durch die Freisetzung großer Mengen, die Erderwärmung weiter zu beschleunigen“, so Prof. Berndt. „Deshalb ist es notwendig, insbesondere solch kritische Regionen wie vor Spitzbergen langfristig weiter zu beobachten“, meint der Kieler Geophysiker abschließend.

Originalarbeit:
Berndt, C., T. Feseker, T. Treude, S. Krastel, V. Liebetrau, H. Niemann, V. J. Bertics, I. Dumke, K. Dünnbier, B. Ferré, C. Graves, F. Gross, K. Hissmann, V. Hühnerbach, S. Krause, K. Lieser, J. Schauer, and L. Steinle, 2014: Temporal constraints on hydrate-controlled methane seepage off Svalbard. Science, http://www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.1246298

Links:
www.geomar.de Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

Ansprechpartner:
Dr. Andreas Villwock, GEOMAR, Kommunikation & Medien, Tel.: 0431 600-2802, [Bitte aktivieren Sie Javascript]
Albert Gerdes, Tel. 0421 218-65540, [Bitte aktivieren Sie Javascript]
Foto: GEOMAR Kiel

Karbonatkrusten am Beobachtungspunkt HYBIS in 385 Metern Wassertiefe. Zum Größenvergleich: die weissen Organismen rechts im Bild haben einen Länge von etwa 15 cm. Karbonate solcher Größe benötigen zur Bildung mehrere 100 Jahre.