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Logbuch SONNE 247

Vom 27. März bis 28. April sind MARUM-Wissenschaftler_innen unter Fahrtleitung von Prof. Dr. Katrin Huhn mit dem Forschungsschiff SONNE auf Expedition vor der neuseeländischen Küste. Zusammen mit ihren Kolleg_innen von den Universitäten Jena und Bremen, vom AWI und den neuseeländischen Forschungsinstitutionen NIWA und GNS wollen sie submarine Hangrutschungen untersuchen. Hierfür sollen in zwei Arbeitsgebieten östlich der Nordinsel Neuseelands Proben vom Meeresboden mit dem neuen Meeresboden-Bohrgerät MARUM-MeBo200 erbohrt werden. Die gewonnenen Sedimentkerne sollen Aufschluss geben über potentielle Auslösemechanismen von Hangrutschungen sowie das Alter und die Mobilität dieser Rutschmassen. Dazu sind bereits an Bord erste geochemische, sedimentologische, mineralogische und geotechnische Beprobungen geplant. Parallel dazu wird der Meeresboden im Untersuchungsgebiet mittels der an Bord vorhandenen hydroakustischen Lote kartiert, um Informationen über den Aufbau der oberen Sedimentschichten zu gewinnen.

Hier berichten die Wissenschaftler_innen in einem Logbuch vom Leben und Arbeiten an Bord.

Logo der Expedition SO 247

 

Freitag 29. April

So, jetzt ist es soweit: die letzten WissenschaftlerInnen gehen von Bord. Zeit Abschied zu nehmen...

Nachdem wir am Mittwochmorgen bei strahlendem Sonnenschein in Auckland eingelaufen waren, wurde es ziemlich hektisch an Bord. Unsere Container mussten verladen, MeBo abgebaut, zwei Container an der Pier mit unserem Equipment gestaut, Labore sauber gemacht, Rechner aufgeräumt, der Fahrtbericht fertig geschrieben werden und und und… aber noch viel mehr Arbeit wartete auf das Schiff: zig Techniker sind an Bord gekommen, Essen für fast 10 Monate muss verstaut werden, Müll abgeladen und noch vieles vieles mehr. Da bleibt nicht viel oder gar keine Zeit, an Land zu gehen. Hafentage gehören definitiv zu den anstrengenderen. Und wieder einmal bewundere ich, mit welcher Ruhe und Professionalität die Mannschaft auch dieses meistert.

Wir gehen jetzt von Bord und machen Platz für die nächsten 40 WissenschaftlerInnen, die mit neuem, frischem Enthusiasmus loslegen: Labor einrichten, Geräte vorbereiten, sich mit dem Schiff vertraut machen, um dann ab Sonntag einem anderen Geheimnis der Meere auf den Grund zu gehen – klingt irgendwie vertraut und doch ist es gefühlt schon eine kleine Ewigkeit her.

Was mir nach 31 Tagen auf See zu sagen bleibt: es war eine tolle Reise - viel Arbeit, aber auch viel Spaß und das gutes Gefühl, viele neue spannende Daten im Gepäck zu haben: 109 Wärmestrommessungen, 481.9 Meter MeBo-Kern, 156,9 Meter Schwerelotkern gewonnen an 53 Stationen, zwei erfolgreiche MDP Einsätze und dazu noch knapp 900 Kilometer hydroakustische Daten. Das alles ist nur möglich, wenn jeder mit anfasst! Und damit zum Schluss mein ganz persönlicher Dank an ALLE: die gesamte Crew der SONNE: von der Brücke, über die Maschine, bis hin zum Deck und natürlich auch an alle meine KollegInnen für ihr hervorragende Arbeit und die schöne Zeit an Bord!!

Und jetzt freue ich mich auf meine Familie und meine Lieben zuhause, die ich durchaus in den letzten Wochen das eine oder andere Mal vermisst habe. Aber das gehört halt dazu und wie gesagt – es hat sich gelohnt…

Mit den besten Grüßen von Land verabschiedet sich von der SO247 - Katrin

 

Rückblickend auf die letzten Arbeiten an Rock Garden

Zurück im Steingarten (Arbeitsgebiet „Rock Garden“) nehmen wir direkt die nächste MeBo-Bohrung in Angriff, die wir gleich im ersten Anlauf erfolgreich in der Zielteufe beenden. Hier zahlt sich wie schon zuvor in Tuaheni unsere Strategie aus, in beiden Arbeitsgebieten erst einige Vorarbeiten zu leisten, um dann möglichst durchgängige Sedimentabfolgen zu erhalten. Die zweite Bohrung ist nicht weit entfernt von der ersten, offenbart aber schon auf den ersten Blick, dass die rezente Sedimentationsgeschichte und Tektonik hier deutlich anders ablief.

Mit dem über 100 Meter langen MeBo-Kern von Tuaheni und mehr als 30 Meter langen Kernen aus dem sehr schwierig zu bohrenden Rock Garden begeben wir uns für Offshore-Neuseeland in ganz neue, bisher unerreichbare Tiefen und so bin ich schon jetzt gespannt, wie es hier mit Bohrprojekten weitergeht – sehr wahrscheinlich wird in etwa zwei Jahren mit dem Bohrschiff Joides gebohrt, dem ich jetzt mit der hier gewonnenen Erfahrung noch viel mehr entgegenfiebere als ohnehin schon.

Nach einer größeren Expedition kommt immer wieder die Frage: was hat am meisten beeindruckt, was war am spannendsten? In diesem Fall das Gesamtkunstwerk – 80 Leute auf einem Schiff, dabei mehr als vier Wochen lang eine sehr reibungslose Zusammenarbeit und entsprechend gelöste Stimmung, selbst in Momenten der Spannung, die präzises Agieren erfordern. Um doch etwas herauszugreifen: die Minuten, in denen MeBo wieder an Bord zurück kommt, mit butterweichen Schwenks des A-Rahmens genau abgestimmt sowohl auf die Dünung als auch die Winde, ein ganz kurzer Moment der Besinnung, dass alles technisch gut gelaufen ist, und sofort wieder die erwartende Spannung auf das, was die Kernrohre bergen.
Jetzt ist das wissenschaftliche Programm zu Ende. Technisch ist diese Expedition ein voller Erfolg (erster Einsatz von MeBo200 und dichte Druckkerne) und wir haben eine enorme Menge hochspannender wissenschaftlicher Daten gewonnen, die uns für einige Zeit beschäftigen, bisher so nicht mögliche Einblicke in die komplizierte Natur von Gashydratvorkommen und ihre Wechselwirkungen mit tektonischen und Hangrutschungsprozessen ermöglichen werden, woraus wir wiederum Hypothesen entwickeln, die es dann zu testen gilt – so wird aus einem Ende gleich ein neuer Anfang.

Das wissenschaftliche Bohren, sowohl an Land als jetzt auch auf See, begleitet mich nun schon einige Jahre und so erkenne ich immer mehr, wie wichtig es ist, nach unten zu schauen, die Vielfalt dort zu erkunden, um unseren Planeten besser verstehen und schätzen zu lernen. Mir ist wohl bewusst, dass das ein seltenes Privileg ist, an den Momenten der Beprobung des Unbekannten teilzuhaben, der Blick in Wellen und Wolkenbilder macht dies besonders spürbar. Und gleichzeitig ist es der beste Ansporn für die nächste Erkundung, immer wieder.

Zum Schluss noch ein ganz anderes Thema, da der Text doch recht sachlich geworden ist: auch die Kurzweil nach langen und anstrengenden Arbeitstagen ist nicht zu kurz gekommen, sondern wir haben in fröhlicher Runde gefeiert – und das ist gut so.

Es grüßt von Bord, Nina

 

Montag, 25. April

Gestern war Geburtstag, Gareth Cruthley, einer unserer Neuseeländischen Forscherkollegen feiert seinen Geburtstag auf See. Wieder einmal, das hat er in den letzten fünf Jahren schon viermal gemacht.

Die Forschung geht natürlich weiter, diesmal sind wir dran. Wärmestrommessungen die ganze Nacht. Manche bedauern uns, dass wir die Nacht arbeiten müssen, während sie selber ein bisschen feiern dürfen. Es ist aber ganz nett, die Sonde mit Musikuntermalung auszusetzen. Mit Musikuntermalung geht doch vieles besser. Die regelmäßigen Kontrollgänge bescheren einem dann auch mitfühlende Kommentare.

Wir leiden derweil mit unserem Gerät am Meeresboden. Aus den zackeligen Schrieben der Zuglast auf dem Tiefseedraht ahnen wir schon, dass der Meeresboden zu hart ist, um beprobt werden zu können. Wir versuchen es trotzdem immer wieder, ohne ein gewisses Risiko ist keine neue Erkenntnis zu gewinnen. Das Risiko besteht aber nur für die Geräte.

Der letzte Arbeitstag der Reise beginnt mit Salamitoast. Irgendeine abwechslungsreiche Leckerei gibt es jedesmal zum Frühstück. Den letzten Arbeitstag kann man natürlich auch in Stunden aufteilen, und genau das muss die Fahrtleiterin nun hinbekommen. Wie viele Schwerelotkerne passen in die verbleibenden Stunden? Werden wir Dinge finden, die wir bisher nicht gefunden haben? Wird es noch eine Wendung in den Reiseergebnissen bringen?

Am Ende der Reise sind wir natürlich schlauer als am Anfang. Das heißt, wir haben eine bessere Vorstellung, wo Schwerelotkerne möglich sind, wo mit Gashydraten zu rechnen ist, wo nicht. Entsprechend gezielt werden die Positionen angefahren und dem Boden mit dem geeigneten Gerät zu Leibe gerückt.

Dr. Thomas Pape (MARUM) analysiert die letzten Proben parallel zum Packen.

Große Aufregung im Hangar: beim letzten Kern riecht es nicht nur nach Schwefelwasserstoff, sondern es werden auch Gashydrate gefunden. An Aufräumen und Packen ist also nicht zu denken, alle Register werden gezogen, nichts darf übersehen werden, nichts unbeobachtet bleiben. Also ist der letzte Kern nicht der letzte, sondern der vorletzte. Wenn das Ende nicht gut ist, ist es nicht das Ende.

Im vorletzten Schwerelotkern endlich Gashydrate!!

Während das MeBo-Team nach langen Schichten im lichtlosen Kontrollcontainer nun an der frischen Luft mit dem umfangreichen Abbau ihres Systems beschäftigt ist, wird im Nasslabor mit Hochdruck an den Kernen gearbeitet. Entsprechend kompakt wird morgen die Zeit für das Kistenstauen genutzt werden müssen. Der See-Container steht übermorgen früh pünktlich auf der Pier in Auckland.

Herzlichst Norbert

PD Dr. Sabine Kasten (AWI) beim Beproben des letzten Schwerelotkerns

Sonntag, 24. April

Liebe Logbuch-Leser und Leserinnen,

zuerst einmal müssen wir uns entschuldigen, dass wir uns so lange nicht gemeldet haben, aber die letzten Tage auf See sind immer mit viel Arbeit vollgepackt. Die Auswertungen laufen, erste Ergebnisse liegen vor und werden diskutiert und der Fahrtbericht muss auch geschrieben werden. Zudem haben wir am Dienstag richtig viel Arbeit an Deck bekommen. MeBo hatte die beiden Tage davor seine letzte Bohrstation im ungestörten Tuaheni-Hangbereich abgeteuft. Bei 105.4 mbsl hatten wir unsere Zieltiefe erreicht. Die tiefste Bohrung mit MeBo bisher überhaupt. Natürlich waren alle wie immer gespannt auf den Kerngewinn. Sobald MeBo an Deck war, wurden die Kerne ausgestaut und von Zweierteams – Lennart + Cornelius und David + Isaac, zum Hangar getragen. Deren erste Kommentare: „ Ziemlich schwer heute.“ waren schon verheißungsvoll. Aber mit jedem vollen Liner wurde die Begeisterung größer und als dann der gesamte Kern mit 98% (!!!) Kerngewinn im Hangar lag, sah das schon beeindruckend aus.
Natürlich müssen so viele Meter Kern auch geschnitten, gescannt und beprobt werden. Und alle haben das Ziel, an Bord noch mit vielen Beprobungen fertig zu werden. Da sieht man dann auch weit nach Mitternacht noch Licht im Geotechnik-Labor…
Kurze Zeit später gab es dann noch einen Grund zu feiern: wir konnten einen druckdichten MDP-Kern bergen. Leider blieb nicht die Zeit, den sofort zu entgasen und so mussten wir alle noch bis zum nächsten Morgen warten, um zu sehen, ob der Einsatz des MDP wirklich erfolgreich war… und somit kamen wir aus dem Feiern gar nicht mehr raus. Dr Thomas Pape (MARUM) konnte zusammen mit Jürgen Hohnberg und David Wunsch (Corsyde) am Mittwoch Vormittag Erfolg vermelden. Der MDP hat auch erfolgreich Gas gesammelt und die Entgasung verlief reibungslos! Mit diesem sehr guten Ergebnis ging es dann am Mittwoch nochmal gen Süden – die zweite Runde Rock Garden.

 

Donnerstag, 21. April

Jürgen Hohnberg – unser ältestes wissenschaftliches Crew-Mitglied, stellt seine Arbeiten am MDP vor

In der Schule habe ich gelernt, dass es differentiell unendlich kleine Teilchen gibt, sogar auch imaginäre. Als „Holzwurm“ entwickelte ich meine Fähigkeiten im Bohren von Löchern, durchbohrte so manchen Stamm und produzierte dabei viele Späne. Ich dachte mir, als Holzwurm kannst Du sogar mit einem Holzkopf immer oben schwimmen. Deshalb studierte ich und lernte, dass es nichts gibt, das nicht geht – getreu dem Motto: Geht nicht gibt’s nicht!

In der Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau Berlin habe ich diesen Grundsatz u. a. bei der Entwicklung von Manganknollenkollektoren vertieft und tauchte dabei gedanklich in die Tiefsee ab. Als dann Prof. Erwin Suess (Geomar Kiel) in einem tonnenschweren TV-Greifer massenhaft Gashydrate an Bord der alten Sonne brachte, fragte mich Prof. Gerhard Bohrmann (MARUM), ob man den Greifer nicht druckdicht abdichten könne? Das ging nun wirklich nicht! Oder? …mit einem Kolbenlot müsste es klappen?! Damit begann für mich die Entwicklung diverser Geräte in der Drucktechnik für die Tiefsee. Bei vielen Forschungsfahrten auf SONNE, METEOR, Logachev, Pourquoi Pas, Celtic Explorer, griechischen und rumänischen Dampfern lernte ich Erfolg und Misserfolg kennen – blieb aber immer meinem Motto treu: geht nicht gibt‘s nicht.

Nachdem ich während einer Reise vor Japan sinngemäß in den „kalten Moonpool“ der Joides gesprungen war und dem immer lauter werdenden Ruf der Wissenschaft nach druckdicht eingekesselten Bohrkernen gefolgt bin, eröffneten sich für mich mehrere Projekte.
Die Entwicklung eines Druckkern-Probenehmers für das MeBo war dabei eine riesen Herausforderung, die mich anfangs sogar manchmal an meinem Grundsatz zweifeln ließ. Die Idee, die hohen Drücke in der Tiefsee nicht nur bei der Dimensionierung von Wandstärken für Druckbehälter zu berücksichtigen, sondern als aktive, mir zur Verfügung stehende Kraft nutzen zu können, ermöglichte mir, meinem Grundsatz treu zu bleiben:

Geht nicht gibt’s nicht!

Ab heute gibt es sie auch für das MeBo200, die MDP-Druckkerne - macht was draus Ihr Geologen, Physiker, Biologen und Chemiker.

Es grüßt von Bord des TFS SONNE - Jürgen

Sonntag, 17. April

Ich wache auf. In regelmäßigem Rhythmus, ein leises, kurzes Zirpen wie von einer einsamen weit entfernten Grille im Sommer. Darüber vernehmbar plötzlich, irgendwo in der Tiefe unter mir, ein gedämpftes, in Stufen langsam lauter werdendes aber niemals lautes, mal brummendes mal röhrendes, mal orgelndes Geräusch wie von einem Motor, begleitet von einem entfernten doch deutlichen Rauschen schnell und turbulent strömenden Wassers. Mit dem weiteren Erwachen kehren, einer nach dem anderen, weitere Sinne zurück und bereichern mein Bewusstsein. Die mich umgebende Dunkelheit, vermeintlich schwarz und undurchdringlich, tränkt ein milchiger Schein, dessen schwaches Leuchten in rhythmischer, in mir noch zu schneller, fast blitzender Folge, ein grünliches Schimmern färbt. Ein kurzer Schreck raubt mir meine letzte Verbindung zur Traumwelt – unter meinem Rücken, von unsichtbarerer Hand, mit großer Kraft gehoben, versteilt sich meine Schlafstatt und droht, mich rollend auszuwerfen. Doch das Heben findet schnell, sehr schnell ein Ende, verharrt kurz, um dann in ein Sinken überzugehen. Heben - Rollen - Sinken - Rollen - Heben – Sinken ... dieser Rhythmus macht mir nun endgültig klar, wo ich mich befinde. Nicht in Jena, in meiner Einraumwohnung am Saaleufer kurz vor dem Morgengrauen, wo ich mir im Halbwachen noch, nur durch die durchdringende Seismik der frühen Straßenbahnen gestört, Gedanken über den kommenden Tag, die Vorlesung, die Studierenden, und manchmal auch das Wetter mache. Nein, ich bin auf der SONNE, genauer dem TFS SONNE, Deutschlands jüngstem und modernsten Forschungsschiff, vor der Ostküste der Nordinsel Neuseelands im Südpazifik. Kaum ein Ort auf der Welt ist weiter entfernt von Jena als dieser hier mitten auf dem Wasser, unter uns zwischen 600m und 3000m Meter Wasser, positioniert über dem „Felsengarten“, dem „Rock Garden“, wie die unterseeische Landschaft hier genannt wird.

Was macht ein Hydrogeologe der Friedrich-Schiller-Universität in Jena mitten in Thüringen, dem Grünen Herzen Deutschlands, der sich mit vorsorgenden und nachsorgenden Boden- und Grundwasserschutz, mit Fluidfluss- und Stofftransport und mit Nanopartikeln und Kolloiden in Boden und Grundwasser beschäftigt, mitten auf dem Südpazifik? Wie die meisten, die in der Vergangenheit an Bord eines Schiffes gegangen sind, bin auch ich ein Forschender und Suchender, auf dem Weg nach einer neuen, anderen Welt, die sich in meinem Fall nicht mehr in den weißen Flecken des Globus finden kann – die sind an Land schon alle vermessen und beschrieben. Meine „neue Welt“ findet sich in einem wahrhaften „Mikrokosmos“, erkenn- und erforschbar nur mit modernen mikroskopischen und spektroskopischen Methoden: Ich suche zu klären, ob – ähnlich wie in terrestrischen Umweltsystemen, zum Beispiel im Boden oder im Grundwasser – auch hier in den Meeressedimenten aber unter ganz anderen Bedingungen, nanopartikuläre organo-mineralische Mischphasen existieren und welche Rolle diese im Kreislauf von Kohlenstoff, Stickstoff, Eisen, Mangan, Aluminium und Silizium spielen. Sind diese natürlich gebildeten Partikel, ähnlich wie in terrestrischen Systemen, an den zahlreichen biogeochemischen Prozessen, der Mineralneu und -umbildung sowie der Speicherung von organischen Molekülen beteiligt? Dienen sie der Basis des Lebens im marinen Sediment, den Mikroorganismen, gleichzeitig als Substrat zum Stoffwechsel und zum „Atmen“? Oder „fristen“ sie nur ein vorübergehendes Dasein als metastabile Zwischenphasen hin auf dem Weg zu den „Lagerstätten der chemischen Elemente“ unter anoxischen Bedingungen, den verschiedenen Sulfiden, Hydroxiden und Karbonaten?
Neben dieser Fragestellung widme ich mich hier an Bord mit mir in meiner Ein-Mann-Arbeitsgruppe der ersten – in doppeltem Sinne – mineralogischen Beschreibung der Sedimentabfolge in den Zielgebieten der unterseeischen Rutschungskomplexe in den Gebieten „Rock-Garden“ und „Tuaheni“. Erste mineralogische Beschreibung, weil die Sedimente zumindest in den von uns geborgenen Kernen noch niemand vor mir mineralogisch untersucht hat, und erste vorläufige, weil mit der Technik, die ich mit an Bord genommen habe, keine endgültige Feststellung getroffen werden kann. Meine Technik, die Infrarotspektroskopie, kann hier nur erste Hinweise geben, aber diese mit „Wucht“. Mit der hauseigenen Bibliothek gesammelter IR-Spektren von Umweltmineralen und Stoffen, die mir hier zur Verfügung steht, ist eine Charakterisierung und Klassifizierung der unterschiedlichen Sedimentabfolgen und der sedimentbildenden vermuteten Mineralklassen und Typen, bestens möglich.

Die dritte Frage, die mich und uns umtreibt, ist, welche Mikroorganismengemeinschaften an den biogeochemischen Prozessen beteiligt sind und welche Stoffwechselwege diese beschreiten. Dass Mikroorganismen die dominante Lebensform in (Tief-)seesedimenten darstellen, ist unübersehbar. Neben den typischen Färbungen der Sedimente mit natürlichen Pigmenten, die durch mikrobielle Prozesse entstanden sind, lässt sich hier und da immer wieder eine orangefarbene Einsprengung oder ein Lineament finden, das teilweise mit einer schleimartigen Substanz gefüllt ist: Extrazelluläre polymere Substanzen, ein sicherer Hinweis dafür, dass sich hier ein Konsortium von Mikroorganismen „häuslich“ eingerichtet hat.
Foraminiferen-Type, der vermutlich im Pleistozän ausgestorben ist

Foraminiferen-Type, der vermutlich im Pleistozän ausgestorben ist. Die Sedimentlage, aus der diese Foraminiferen stammen, ist durch ein ca. 40cm mächtiges Sedimentbett aus schluffig-tonigem Material überdeckt.

Prof. Dr. Kai Totsche (Uni Jena)

Der Verfasser – Prof. Dr. Kai Totsche (Uni Jena) an der Reling des TFS SONNE. Kurz vor der Abfahrt aus Wellington

Mikrobieller „Schleim“

Mikrobieller „Schleim“, also extrazelluläre polymere Substanzen (EPS), die von Konsortien bestimmter EPS-bildender Mikroorganismen zur „Verbesserung“ ihres Lebensraumes und zu ihrem Schutz gebildet werden.

Blick auf den Arbeitsplatz des hydrogeologischen-mineralogischen Labors auf der FS SONNE

Blick auf den Arbeitsplatz des hydrogeologischen-mineralogischen Labors auf der FS SONNE mit Computer, Monitoren und Presswerkzeug. Links: digitales Binokular Leica EZ4 mit einer Optik, die bis zu 35facher Vergrößerung erlaubt. Der unscheinbare Kasten auf dem Tisch in der Mitte des Bildes ist des Nicolet IS10 FT-IR Spektrometer.

Für die hierzu notwendigen Untersuchungen nehme ich gemeinsam mit PD Dr. Sabine Kasten vom AWI Bremerhaven Proben aus den Sedimenten, die tiefgefroren nach Deutschland zurück gebracht und dort nach allen Regeln der molekularbiologischen Kunst auf funktionelle Diversität und Aktivität untersucht werden.

Alle Arbeiten nach der Beprobung der Sedimentkerne im Kühllabor (unserem bordeigenen „Vorhof zur Antarktis“) finden in den Laboren auf Arbeitsdeck 3 der FS SONNE statt. In einem beeindruckend modernen, überraschend geräumigen und klimatisierten Labor habe ich mich hierzu mit Infrarot-Spektrometer, hydraulischem Presswerkzeug, Binokular mit digitaler Kamera, Objektträgern, Vials, Pistillen, Mörser, Salzsäure, Wasserstoffperoxid, Hydrauliköl, Skalpell, Spateln, Pinzetten, und vielen andere Kleinigkeiten eingerichtet.
 
Apropos einrichten. Hierzu musste ausgepackt werden und das kann nur wenn richtig eingepackt wurde: Nicht nur dafür ein ganz herzlicher Dank an meine Arbeitsgruppe zurück in Jena, zum einen für die tolle Unterstützung beim Vorbereiten und Verpacken der Transportboxen mit allem wissenschaftlichem Gerät für die Expedition, zum anderen aber auch für das besondere „Mitnehmsel“, das ich beim Rüsten des Labors zu meiner großen Freude vorgefunden habe: Eine Fotokollage aller Mitglieder meiner AG. In aller Ehre schmückt dieses Bild nun die zentrale Stelle meines Labors zwischen den Bullaugen, gerahmt von dem wunderbaren, stets wechselnden Blick auf den Ozean.

Jeder Tag an Bord hält eine Überraschung bereit. Aus der Vielzahl dieser nur ein kleines, unscheinbares Beispiel. Eine vermutete Aschelage (Tephra eines Vulkanausbruchs) im Sediment erregt immer wieder unsere Aufmerksamkeit. Um ein IR-Spektrum der Tephren zu erhalten, muss eine kleine Menge aus der Lage entnommen, zermörsert, mit Kaliumbromid vermischt, und mittels der Hydraulikpresse und dem Presswerkzeug zu einem Pressling umgewandelt werden. Dieser Pressling wird dann im Spektrometer „beleuchtet“ und das Extinktionsspektrum im Infrarotbereich (Wärmestrahlung) vermessen. Die Analyse des Spektrums wies überaschendweise deutlich auf die Anwesenheit von Opal hin, einer Sonderform des Quarzes (SiO2xH2O), der biogener Natur ist. Zurück in den Kühlcontainer, die Aschelage nochmal beprobt und unter dem Binokular bei 20-facher Vergrößerung inspiziert verrät sie ihr Geheimnis und erweist sich als eine Mischung aus Quarzscherben und…zahllosen Foraminiferen!

Diese nicht einmal millimetergroßen Einzeller leben am Meeresgrund. Sie schützen sich durch den Bau eines Gehäuse, das aus Karbonaten, aus mit Proteinen (Eiweißen) verklebten Mineralpartikeln der Umgebung („Mineralorganischer Partikel, da bist du!“) oder eben aus biogenem Opal bestehen können. Da wir keine Experten für Foraminiferen an Bord haben, muss die Lösung dieses Rätsels auf unsere Rückkehr an die FSU in Jena harren, denn dort, der Zufall will es, gibt es einen Experten für Ostracoden und Foraminiferen. Ich bin sehr gespannt…

Nach 14 Stunden Arbeit neigt sich ein weiterer langer Tag dem Ende zu. Das Zeitgefühl für größere Einheiten als ein Tag hat sich ohnehin schon nach kurzer Zeit an Bord verloren. Das Schiff, auch ein Mikrokosmos mit einer ganz eigenen Gesellschaft aus wissenschaftlicher, schifftechnischer und nautischer Crew, hat alles an Bord, was für ein nahezu autarkes Leben notwendig ist. Ein Lebensraum mitten auf der scheinbar unendlichen See und – in Rock Garden Gebiet – tatsächlich nichts anderes als die weite See.

Struktur bekommt das Leben an Bord durch zwei „diurnale“ Rhythmen, vorgegeben durch den Wechsel des Licht und Dunkels von Tag und Nacht und den Zeitplan der Mahlzeiten an Bord. Morgens („lass ich aus, ich möchte ja noch von einer Schwimmweste getragen werden, wenn es nötig ist“), mittags und abends gibt es ein sehr gutes und verblüffend abwechslungsreiches Essen, das alle Geschmäcker und Vorlieben bedient. Dazwischen um 10 Uhr und nochmal um 15 Uhr die Möglichkeit, einen Kaffee zu trinken und beim Fachsimpeln über ein wissenschaftliches Problem oder einen überraschenden Befund eine Kleinigkeit zu essen.

Der Hunger und der Schlaf kommen hier an Bord von allein. Keine Probleme mit dem Einschlafen, Körper und Geist sind gleichermaßen gefordert, ersterer durch das ständige ausgleichen des Rollens und Neigens des Bodens aufgrund der See, letzterer, weil er immerzu mit Spekulieren, Vermuten, Berechnen, Enträtseln und Wundern beschäftigt ist… eben dem Wesen des Naturforschens und „Finden Wollens“. Die Seeluft tut ihr übriges um einen rechtschaffenen und wohlverdienten Schlaf zu finden…
Es ist Nacht – gerade haben wir einem fantastischen Naturschauspiel beiwohnen dürfen. Direkt an der Bordwand achtern des Schiffes jagt eine große Schule Tümmler in atemberaubender Geschwindigkeit und beindruckender Unterwasserakrobatik extrem schnell flüchtenden Fischen hinterher. Dazwischen dümpeln drei oder vier Albatrosse, die sich wohl erhoffen, der eine oder andere Fisch möge auf der Flucht vor dem jagenden Delphin ihm in den Schnabel springen. Das Schauspiel dauert lange an, aber es ist spät und morgen (heute) wartet ein weiterer langer und spannender Arbeitstag… Ich geh in meine Kammer, schließe die Tür und betrachte das Bild meiner Familie, meiner Frau und meiner beiden, jetzt schon erwachsenen Kinder. Mit der Expedition auf dem TFS Sonne ist ein Traum wahr geworden, den ich gerne wiederholen will, aber zurück an Land geht ein anderer Traum hoffentlich noch für sehr lange Zeit weiter…

Ein letztes Wort noch zu der Crew, der Mannschaft der FS SONNE auf all ihren Positionen, den offensichtlichen und weniger offensichtlichen. Ein starkes Team, offen, menschlich, herzlich, einsatzbereit, kompetent, und immer auch ein helfendes „Händchen“ nicht nur für technische Probleme.

Herzlichen Dank Euch und dem Master, Kapitän Oliver Meyer von dem TFS SONNE!

P.S: Noch harren meine halbschlafenden, frühmorgendlichen Sinneseindrücke der Aufklärung, die ich dem Leser dieses Blogs nicht vorenthalten will. Das etwa alle drei Sekunden ertönende kurze Zirpen ist das Geräusch eines Teils des Hydroakustiksystems, das zur Lotung und Vermessung der See und des Untergrundes als eines der vielen wissenschaftlichen Bordinstrumente insbesondere auch von uns zur Vermessung des Meeresgrundes genutzt wird. Das Motorengeräusch verursacht der Wasserstrahl-Jet, der als Teil des dynamischen Positionierungssystems, das das TFS SONNE an Ort und Stelle hält, so dass auch in großer Tiefe mit dem MeBo200 auf dem Meeresboden gebohrt werden kann. Das milchig schimmernde Leuchten ist das des Meeres, das durch zwei großzügige Bullaugen in meine Kammer auf Deck 3 eindringt. Das überlagernde grünliche Flackern geht vom halbsekündlichen rhythmischen Blinken zweier kleiner grüner LED aus, die Anzeigen, dass das schiffseigene EDV-Netzwerk betriebsbereit ist und nur darauf wartet, mit unseren Messdaten gefüttert zu werden. Und das Rollen meines Bettes, tja, das muss ich glaube ich nicht erklären, hier auf der See, deren ewiger Horizont neues verheißt und deren immerwährender Takt in Dünung und Wellen den mechanischen und akustischen Orgelpunkt an Bord orchestrieren…

Kai U. Totsche, Wissenschaftler an Bord der FS SONNE, SLAMZ-Expedition
Der Südpazifik von der FS SONNE…

Der Südpazifik von der FS SONNE…

Prof. Dr. Nina Kukowski von der FSU Jena

Prof. Dr. Nina Kukowski von der FSU Jena, Co Fahrtleiterin der SLAMZ-Expedition, beim Separieren von Foraminiferen nach ihrer Form sowie Abtrennung von Quarzklasten und -bruchstücken der Tephra.

Samstag, 16. April

Heute muss ich etwas früher als in den letzten Tagen aufstehen. Der Wecker klingelt um 04:45, denn die Rückkehr des MeBo200 vom Meeresboden ist für 06.00 Uhr geplant. In den vergangen Stunden ist das Bohrgerät bis in etwa 30 m Tiefe vorgedrungen, um tiefe Sedimente des sogenannten Tuaheni Rutschungskomplexes zu bergen. Schnell unter die Dusche. Danach muss im Labor das Sammeln von Sedimentproben, die nach der Wiederkehr des MeBos rasch konserviert werden müssen, vorbereitet werden. Da wir an diesen Proben zum Beispiel den Methan-Gehalt im Porenwasser bestimmen wollen, müssen sie schnellstmöglich aus den MeBo-Kernen präpariert werden.

Mit einem Kaffee-Becher, der auf dem Schiff Mugg genannt wird, bleibt noch ein wenig Zeit den faszinierenden Sonnenaufgang über der See zu genießen. Mittlerweile finden sich immer mehr Wissenschaftler auf dem Arbeitsdeck ein, und dann ist MeBo auch schon auf das Arbeitsdeck achtern gehievt. Wenig später tragen uns Lennart, Robert, Cornelius und Ryan schon die ersten, 3.5m langen, MeBo200-Kerne zum Hangar, wo die erste Beprobung für die Untersuchung von Gasen in den Kernen stattfindet. Anschließend werden die Plastikrohre in denen sich die Kerne befinden von einem größeren Team um Lisa, Anne, Birgit, Josh und Isaac mit weiteren Informationen beschriftet und verpackt. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team und jeder weiß, welchen der vielen notwendigen Handgriffe er selbst zu tun hat. Bereits bei diesen Arbeiten ist durch die transparenten Plastikrohre zu erkennen, dass mit MeBo wieder sehr viele Meter interessantes Kernmaterial gewonnen wurden.
Sedimentkerne an Bord
Nachdem die Kerne ordnungsgemäß beschriftet und die Proben versorgt sind, können wir das Frühstück angehen. Anders als in vielen anderen Schiffen liegt der Essensraum, die Messe, nicht unterhalb der Wasserlinie des Schiffs, sondern sozusagen im ersten Ober-Geschoss. Die Aussicht durch die großen Panomara-Fenster der Messe auf die neuseeländische Küste ist zum Genießen, und in den letzten Tagen sind mehrfach Delfin-Schulen nah an uns vorbei gezogen. Beim Essen werden aber auch die ersten Beobachtungen und die zukünftigen Vorgehensweisen besprochen.

Bereits wenige Stunden später wird weiteres Kernmaterial an Deck gehievt. An zwei verschiedenen Meeresboden-Stationen wurde das Schwerelot eingesetzt, um rasch einen Überblick über die Sediment-Beschaffenheit nahe dem Meeresboden zu gewinnen. Damit es bei der großen Menge an Kernmaterial auf dem Schiff kein Durcheinander gibt, hat Birgit eine großformatige Tabelle an die Wand gehangen, an der alle erledigten Arbeitsschritte abgehakt werden.

Die Kollegen vom MeBo-Team haben zwischenzeitlich die gereinigten Kernrohre wieder in das MeBo200 eingesetzt und weitere Wartungsarbeiten durchgeführt. Zu unserer Freude kann es bereits am Nachmittag wieder zum Meeresboden herabgelassen werden kann. Es ist geplant, dass diesmal direkt neben der vorherigen Bohrung Sedimente aus noch größerer Tiefe erbohrt werden. Auch für morgen ist also zu erwarten, dass wir wieder viel spannendes Kernmaterial ‚zur Untersuchung auf den Tisch‘ bekommen, und viele Einträge in die Tabelle zu machen sind.

Es grüßt von Bord der Sonne - Thomas
Kernbeschreibung

Der Kernbearbeitungsplan hängt im Hangar, so dass immer alle wissen, welcher Kern gerade in welchem Labor in Bearbeitung ist.

Freitag, 15. April

TGIF „Thank God it´s Friday“ – Endlich Wochenende! Das heißt für uns, die Hydroakustik, dass auch wir, wie alle auf dem Schiff, unserem gewohnten Schichtplan folgen. Unser Hydroakustik-Team besteht aus einer bunten Mischung aus Neuseeland und Deutschland: Gareth, Stuart, Matt und Lina.

Wir besetzen das Hydroakustiklabor rund um die Uhr - soweit dies erforderlich ist. Sobald sich die SONNE bewegt, schaltet einer von uns die Aufzeichnung der Echolote an, um auch keinen Zentimeter des spannenden Meeresbodens zu verpassen. Zum einen wird der Meeresboden mit dem Multibeam-Echolot abgefächert. Dadurch erhält man alle morphologischen Strukturen des Bodens. Zusätzlich gibt es dann noch das Parasound mit dem sogar die oberen internen Strukturen des Meeresbodens untersucht werden können. Dies ist zugleich der aufwendigste Teil unserer Schichten. Wir müssen immer darauf achten, dass der Meeresboden nicht aus unserem Beobachtungsfenster verschwindet. Und nebenher läuft dann noch das Fischerei-Echolot, das EK60. Mit dem wir allerdings nicht die tierischen Bewohner des Meeres beobachten, sondern vielmehr versuchen wir damit die Gasflares, die dem Meeresboden an einigen Stellen entweichen, zu finden.
Das Hydroakustik-Team

Das Hydroakustik-Team: Lina Podszun (MARUM), Matt Jeromson (Uni Auckland), Dr. Stuart Henrys and Dr. Gareth Crutchley (GNS Science).

Wenn die Daten aufgezeichnet sind, müssen sie anschließend noch in andere Datenformate konvertiert und von Fehlmessungen bereinigt werden. Dann können sie zum Beispiel zur Festlegung neuer Bohrlokationen oder Heatflow-Messungen genutzt werden.

Außerdem erstellen wir auch die Karten, in denen wir eintragen, wo welche Schwerelote genommen, Heatflow-Messungen gemacht oder wo MeBo ausgesetzt wurde. Sonst verliert man nach über drei Wochen auf See und unzähligen Stationen schon mal den Überblick. Unser ›Map-Matt‹ bekommt täglich neue Aufträge für verschiedene Karten aus den unterschiedlichen Laboren.

Jeder von uns macht pro Tag sechs Stunden Schicht, in denen er sich um die Aufzeichnung der Echolote kümmert – Tag wie Nacht. Jeden Tag routieren wir im Schichtplan, so dass es jeden Tag einen anderen für die Nachtschicht trifft. Aber so viele ›Nieten‹ hatten wir auf der Fahrt bisher noch gar nicht. Wenn MeBo mal nicht über Nacht im Wasser ist und wir stattdessen Wärmestrom messen, übernehmen die Heat-Flow-Boys unser Labor. Sie haben dann neben ihren Geräten auch unsere Echolote mit im Auge. Im Prinzip ist aber immer geschäftiges Treiben in unserem Labor - nicht zuletzt weil bei uns der zentrale Drucker steht. Und natürlich weil es immer etwas Süßes gibt, haben wir häufig Besuch.

Und wenn wie heute ein Gravity-Core aus 1300 Metern genommen wird, was bei der Tiefe dann gut über eine Stunde dauert, kann man sich zwischendurch immer wieder mal nach draußen setzen und die Sonne genießen. Und spätestens wenn unser MeBo heute Nachmittag wieder abtaucht, haben wir hier Feierabend und lassen den Tag mit einem Bierchen im Hangar ausklingen.

Viele Grüße von See
– das Hydroakustik-Team

Dienstag, 12. April

Seit gestern Nacht ist die Heatflow-Lanze fleißig am Arbeiten. Bei Wassertiefen von knapp 3000 Metern dauern die Messungen deutlich länger als in den flachen Bereichen bei Tuaheni. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass die 12 Stationen über ein markantes Rückensegment seewärts von Rock Garden länger gedauert haben als erwartet. Nach dem Mittag können wir dann aber wieder mit Schwerelot weiter von der Deformationsfront hinauf zu Rock Garden loslegen. Die beiden letzten Stationen des Tages sollen markante Flare-Strukturen, die wir in der Wassersäule kartiert haben, beproben. Diese Flares scheinen über längere Zeiträume aktiv zu sein, da sie bereits bei früheren Fahrten u.a. mit dem alten FS SONNE bereits 2007 kartiert wurden.

Parallel dazu laufen in den Laboren Analysen und Messungen an den Kernen. Erste Daten der Porenwasseranalytik geben keinen Hinweis auf Gashydrate im gerade erbohrten MeBo-Kern GeoB20824-3. Ein ähnliches Bild auch in den Methangehalten. Aber natürlich will keiner vorschnell irgendwelche Aussagen treffen. Ein belastbares Ergebnis liefert erst die Gesamtschau aller Daten, sobald alle Messungen abgeschlossen sind.

Was den heutigen Tag neben aller wissenschaftlichen Arbeit zudem noch besonders macht: wir haben die Hälfte der Reise rum. Das heißt: BERGFEST. Und so beginnen viele fleißige Hände gegen 18:00 Uhr mit dem Aufbau einiger Stehtische und dem Schmücken des Hangars. André – unser Koch an Bord – hat sich netterweise bereit erklärt, zur Feier des Tages gegen 20 Uhr Pizza zu liefern. Dazu gibt es Bier, Wein und Alkoholfreies. Ganz allmählich trudeln alle ein. Der letzte Schwerelotkern des Tages liegt kurz vor 20 Uhr an Deck und nachdem alles geschnitten und weggeräumt ist, kommen die letzten Wissenschaftler auch dazu. Angesichts dessen, was wir in den letzten Wochen schon alles erreicht haben, und den vielen guten Proben, die uns die nächsten Jahre beschäftigen werden, ist die Stimmung fröhlich und gelöst. Dazu weht ein kühles Windchen. Aber es ist immer noch angenehm an Deck zu stehen und zu erzählen, wenn einem die Musik im Hangar nicht gefällt. Bei einer so bunten Truppe sind die Musikgeschmäcker natürlich verschieden, aber zum Glück gibt es durchaus einige generationsübergreifende Klassiker, die alle auf die Tanzfläche treiben. Und so beginnt die zweite Hälfte der Reise auf dem Transit zurück ins nördliche Arbeitsgebiet …

Typische Flare-Struktur aufgenommen mit dem EK60 des TFS SONNE

Montag, 11. April

Der Tag begann relativ ruhig. MeBo war fleißig am Bohren und so hatten alle die Möglichkeit, die Schwerelotkerne aufzuarbeiten und die Labore vorzubereiten auf den Ansturm der MeBo-Kerne. Gegen Mittag hatte MeBo eine Bohrtiefe von 35 Metern erreicht und die Gamma-Ray und Dual-Induktion-Sonde kamen zum Einsatz. Bis das Gerät dann an Deck war, wurde es später Nachmittag. Der erste Blick auf die Kerne war verheißungsvoll. Die Liner schienen voll zu sein, denn an einigen sah man schon Sediment am Kernfänger austreten. Sobald Lennart und Cornelius das erste Kernrohr zum Hangar getragen hatten, war ihr Fazit schon, die sind schwerer als sonst. Nach dem Ziehen der Liner dann die Freude für alle: Kerngewinn bei mehr als 80%. Ganz offensichtlich sind die Sedimente sehr gasreich, nur keine Hinweise auf Gashydrate. Durch den Liner können wir zwar Bereiche ausmachen, wo das Sediment stark verflüssigt ist, aber es sind keine Gashydrate zu beobachten. Warten wir mal, was die Methan- und Porenwasseranalyse sagen werden.

Alle freuen sich riesig über volle Liner.

 
Da macht es dann auch allen Spaß, bis spät abends zu arbeiten: Infrarot-Kameramessungen, Kerne in Segmente schneiden, beschriften und erstmal ins Kühllabor damit. Da findet dann auch schon mal ein bisschen Sediment seinen Weg zum Gesichtsschmuck.

Zum Schluss alles gut aufklaren und den Hangar für die Nachtschicht sauber überlassen.

Lisa, Anne, Lennart, Robert und Jannis (vl) übergeben am Ende eines langen Tages, nachdem alle MeBo-Kerne beschriftet und im Kühllager verstaut sind, den Hangar wieder sauber der Mannschaft.

Samstag, 9. April

Südpazifik S40° 2,044’ / E178° 9,709’: dass ich alte Landratte irgendwann in meinem Leben nochmal auf einem deutschen Forschungsschiff weit weg von der Küste rumschippern würde, hätte ich während meines Studiums auch nicht gedacht. Und nun sitze ich hier zusammen mit meinem Kollegen Jürgen Hohnberg an Deck des TFS Sonne und warte gespannt darauf, dass das MeBo mit „unserem“ MDP erfolgreich auftaucht. MDP steht übrigens für MeBo-Druckkern-Probennehmer. Dieser MDP wurde in den vergangenen Jahren am MARUM von Jürgen speziell für den Einsatz im MeBo70/200 konzipiert, entwickelt, getestet und in Betrieb genommen. Diese Art von Kernrohren sieht im Prinzip genau wie die üblichen MeBo-Kernrohre aus, wurde aber entwickelt, um Sedimentproben unter Erhalt des am Probennahmeort vorherrschenden in-situ Drucks an Bord des Schiffes zu befördern. Mit den herkömmlichen Kernrohren erfahren die Kerne beim „Auftauchen“ einen Druckausgleich, was dann unter anderem dazu führt, dass Hydrate unter den Druck- und Temperaturbedingungen an Deck schnell zerfallen und für eine weitere Beprobung nicht mehr zur Verfügung stehen. Da die Probe im MDP – anders als bei den konventionell eingesetzten Kernrohrsystemen – während des Bergevorgangs des MeBo200 keine Druckveränderung wahrnimmt, erlaubt dies die Probenahme von Hydraten in ihrem ursprünglichen Zustand und deren weitere Untersuchung im Labor. So können sowohl das in Hydratform gebundene Gasvolumen als auch die Zusammensetzung des austretenden Gases an verschiedenen Druckhaltepunkten bestimmt werden.

David Wunsch und Jürgen Hohnberg – Mitarbeiter der Firma Corsyde an Bord des TFS Sonne (vl)

 
Beim ersten Einsatz des MDPs auf dieser Fahrt konnte ein neues Kolbenprinzip erfolgreich getestet werden. Dieses Prinzip erlaubt es, den geschnittenen Kern sehr schnell in den Liner zu ziehen. Und so haben wir mit unserem Kernprinzip in einer Tiefe von 81 Meter einen 1,2 Meter langer Kern mit einem Kerngewinn von über 90% gewonnen. Große Freude für uns alle! Und jeder Tauchgang wird genutzt, um zu testen und zu verbessern. Wir kommen dem Ziel immer näher und sind zuversichtlich, einen „echten“ Druckkern an Bord während der SO247 beproben zu dürfen. Bis dahin heißt es für uns Ingenieure: schrauben, tüfteln und mit den Kollegen des MeBo-Teams zu diskutieren.

Obwohl ich zu Beginn der Reise noch nicht ganz sicher war, was mich hier erwarten würde, gefällt mir das „Seeleben“ sehr gut. Alle arbeiten zusammen. Es geht auch an kritischen Punkten ruhig und immer in Absprache zu. Nebenbei genieße ich die frische Luft und die Sonne an Deck – und freue mich darauf, hoffentlich mal wieder von meiner „Landarbeit“ auf’s Meer zu wechseln…

In diesem Sinne grüßt von Bord mit dem alten Bergmannsgruß „Glück auf“ auf ein gutes Gelingen auf allen Stationen in den kommenden Tagen

- David

Die MDPs (MeBo-Druckkern-Probennehmer) vor ihrem Einsatz bereits eingebaut in das MeBo200.

Freitag, 8. April

Die SONNE Reise SO247 ist eine MeBo200 Reise. Und genau das ist es, was wir tun. Für das noch neue MeBo200 bedeutet das die Einbrennphase. „Shake down cruise“, wie die andere Hälfte der Welt sagen würde, trifft es auch ganz gut.

Die aufgehende Sonne sieht das MeBo auch wieder durch die Wasseroberfläche auftauchen. Das Entladen der „core barrels“ für 14 Meter erreichte Bohrtiefe ist weniger zeitraubend, als für über 80. Der spannende Moment ist ja immer das Öffnen der Kerne, die harte Probe, ob alle Überlegungen bezüglich Geologie, Technologie und verwendeten Parametern richtig waren. Natürlich haben wir hier steinigen Boden erwartet, deswegen wurde „rotary drilling“, das Drehbohrverfahren, eingesetzt. Die eleganten durchsichtigen Plastikliner im Innern des „core barrel“ sind bei so harter Beanspruchung eher hinderlich, also weggelassen. Überraschung: alle „core barrels“ sind voll mit grauem, klebrigem und steifen Sediment. Die Truppe ist gut vorbereitet auf diese Eventualität. Mit einem Kompressor, zur Hochdruckwasserpumpe modifiziert, einem Stempel und einem maßgenauen Anschluss wird der Schlamm aus seiner titanenen Ummantelung gedrückt (siehe Foto unten). Nackt und bloß, einer Leberwurst ohne Pelle nicht unähnlich, liegt der Kern dann vor uns. Des Forschers Herz schlägt aber erst dann höher, wenn der Kern seines Porenwassers beraubt ist, wenn er aufgeschlitzt in zwei Hälften auf der Bank liegt, wenn die Spritzen mit kreisrunden Schlammproben aufgezogen wurden. Ja dann darf der Kern zur geotechnischen Analyse.

Dr. Jannis Kuhlmann (MARUM) und Dr. Andreas Goepel (Uni Jena) pressen an Deck den Kern aus den Bohrstangen (core barrels).

Dr. Jannis Kuhlmann betreibt im Nachbarlabor das geotechnische Messarsenal zur Bestimmung der Festigkeit dieser grauen Masse. Der Fallkegel-Versuch wirkt etwas archaisch, da er einfach die Abdrucktiefe eines genormten Kegels ins Probenmaterial misst. Nach DIN ISO TS 17 892-12 ist dies die aktuell verwendete Methode, robust und einfach zu bedienen. Für das sehr bindige Sediment aus diesem Gebiet ist das Scherflügel-Experiment besser geeignet. Selbst hier musste Jannis die stärkere Torsionsfeder einsetzen, damit der notwendige Drehwinkel in weniger als einer halben Stunde erreicht wird. Freundliche Unterstützung bekommen die „heat flow boys“ durch seine Messung der Wärmeleitfähigkeit am Kern. Wir erwarten, Zusammenhänge mit Vulkanaschen und Verdichtung zu sehen.

Noch vor der Kaffeezeit geht MeBo wieder zu Wasser. Bei ruhiger See geht das routiniert von der Hand. Von den Offizieren auf der Brücke wird für die Bohraktivität eine Positionsgenauigkeit von besser als 5 Meter gefordert, auf offener See und das über Tage.
Dazu wird das Schiff am Himmel aufgehängt, genau genommen am GNSS, am Global Navigation Satellite System. Ein ziemlich aufwendiges Seapath-320 Empfangssystem kann mindestens 20 Satelliten gleichzeitig verfolgen, einige vom amerikanischen GPS, einige vom russischen GLONASS, noch keine vom europäischen GALILEO. Das Ergebnis wird mit 4 Nachkommastellen der Winkelminuten angegeben, also mit 20 Zentimeter Auflösung. Da schwankt die Antenne im Mast deutlich mehr. Schon die dritte Nachkommastelle steht wie festgenagelt, das heißt, besser als zwei Meter auf dem Punkt. SONNE ist schon ein geniales Schiff.

Es grüßt von Bord der SONNE - Norbert

 

Donnerstag, 7. April

Rock Garden! Wir sind im südlichen Arbeitsgebiet angekommen. Was auf der Karte wie „nebeneinanderliegend“ aussieht, erfordert sechs Stunden Dampfzeit. Nein, wir haben keine Dampfmaschine mehr an Bord sondern einen modernen und feinfühligen dieselelektrischen Antrieb, man sagt es aber immer noch so.

Rock Garden, der Name ist Programm. Der Boden sieht zerklüftet aus, keine Sedimentdecke, die den rauen Untergrund zudecken würde wie eine barmherzige Schneedecke. Wir fahren also eine hydroakustische Vermessung. Hochfrequentes Fächerecholot, um die Gestalt des Bodens gut zu erfassen, weniger hochfrequentes Sedimentecholot, um auch noch ein bisschen in die dritte Dimension schauen zu können. Die akustische „Durchleuchtung“ des Bodens warnt uns vor: dünne Deckschichten und starke Echos deuten auf einen harten Boden und eine harte Zeit für die Beprobungsgeräte hin.

Der Vormittag steht ganz im Zeichen der Schwerelote. Nur drei Meter Kernrohr werden aufgelegt und das bei unverändert einer Tonne Gewicht auf dem Kopf. Der Kerngewinn von nur max. 1,5 Meter bestätigt die Vermutungen. Nächste Lokation, andere Sedimente, mehr Mut. Jetzt werden sechs Meter aufgelegt und … belohnt. Fast fünf Meter Kerngewinn. Neue Position, neuer Mut und … er erweist sich als Übermut. Wir müssen ein verbogenes Kernrohr in Kauf nehmen. Gelernt haben wir trotzdem etwas: der Boden bietet Standsicherheit für das 10 Tonnen schwere MeBo und es gibt Sedimenttaschen, in denen das MeBo einen sicheren Anfang für eine tiefere Bohrung finden wird.

Kernschlachten im Hangar – immer ein Ereignis für alle.

Als erstes dürfen immer die Geochemiker an den Kern, um Porenwasserproben zu gewinnen.

Genau dahin gehen wir am Nachmittag, um das Bohrgerät in Position zu bringen. Diesmal liegen die interessanten Bereiche flacher, es sind nur ca. 30 Meter Kerngestänge an Bord. Harter Boden und tiefer liegende Horizonte mit vermuteter Gasfüllung lassen ein weiteres Eindringen nicht zu.

Während MeBo auf dem Weg nach unten zum Boden ist, profitieren wir alle vom versammelten Wissen der neuseeländischen und deutschen Kollegen. Alan Orpin vom NIWA, dem Neuseeländischen „Crown Research Institute of Water and Atmospheric Research“, öffnet uns die Augen. Was hat Schafzucht mit Sedimentlagen am Kontinentalhang zu tun? Nun, Neuseeland ist ein kleines Land, trotzdem bergig und mit Regen gesegnet. In der Konsequenz haben die Bäche und Flüsse bis zum Meer nur einen kurzen Weg und ein großes Gefälle. Gemäßigte Breiten und ausreichend Regen sind ideale Bedingungen für dichten Wald, dichter Wald ist eine ideale Bedingung, um den Boden nach oben zur Atmosphäre hin zu entwässern und nach unten hin zu fixieren. Den Wald gibt es nicht mehr, dafür 14 Millionen Schafe, die zuverlässig dafür sorgen, dass kein Grün über die Grasnarbe hinauswächst. Genau wie in der Lüneburger Heide würde sich ohne Schafe der Wald als endemischer Bewuchs nach weniger als hundert Jahren erholt haben.

Und so kommt es, dass man warfenmäßig Regenperioden in den Seesedimenten wiederfindet und als enorme Sedimentationsraten im Meer.

8.4.2016, es grüßt von Bord Norbert

Leider viel zu selten haben wir nette Begleiter im Wasser, denen die SONNE ebenfalls sehr zu gefallen scheint.

Mittwoch, 6. April

Nach einem erfolgreichen Arbeitstag an Deck zählen wir nun vier weitere Schwerelotkerne in unserem Kühlcontainer. Bis der Bohrkern jedoch sein Ziel erreicht, durchläuft er zahlreiche Arbeitsschritte, die oft nicht wenig Dreck verursachen. Dazu zählen unter anderen das Zerkleinern in einzelne Sektionen, Beschriften, Zersägen des Kerns und Abziehen der einzelnen Hälften. Am Ende müssen natürlich alle Spuren beseitigt werden, was natürlich nicht nur das Reinigen und Reparieren des Equipments, sondern auch das allseits beliebte Deckschrubben, beinhaltet.

Nach getaner Arbeit müssen sich natürlich auch Wissenschaftler und Crew mal von den Strapazen erholen. Dies gelingt am besten beim abendlichen Zusammensitzen, Musik machen, Lesen auf dem Sonnendeck oder aber einem entspannten Schläfchen in der sanft schaukelnden Hängematte. Denjenigen, denen es noch nicht gereicht hat oder die aufgrund der zahlreichen Kalorien des guten Essens ein schlechtes Gewissen bekommen haben, nutzen oft die Möglichkeit, sich zusätzlich im Sportraum auszupowern. Zu beliebten Freizeitaktivitäten zählen seit neustem auch Tischtennis und Kicker im Hangar. Im freundschaftlichen Wettstreit duellieren sich hier Studenten, Doktoranden, Professoren und Crewmitglieder.
Wenn irgendwann das Arbeitsdeck hell erleuchtet ist und es in den meisten Kabinen langsam dunkel wird, folgt eine angenehme Nacht mit leisem Rauschen der Wellen und der sanften Schaukelbewegung des Schiffs.

Es grüßen von Bord des TFS SONNE - Anne und Lisa.

 

Das Geochemie-Team

Während die Kollegen und Kolleginnen an Deck bei der Arbeit an der frischen Luft zumindest zeitweise die schönen Spätsommer-Sonnenstrahlen genießen können, findet ein Deck tiefer im 4 °C kalten „Kühlkeller“ eine erste Beprobung der Sedimentkerne durch die Geochemiker des Alfred-Wegener-Instituts unter der Leitung von PD Dr. Sabine Kasten und Prof. Dr. Marta Torres von der Oregon State University statt.

Ausgestattet mit den roten Polaranzügen des Alfred-Wegener-Instituts konzentrieren sich die Arbeiten hier auf die Gewinnung des Feststoffes (Sediment) und des Porenwassers, das sich in den Porenräumen des Sedimentes befindet. Diese Untersuchungen geben Aufschlüsse über die im Meeresboden ablaufenden biogeochemischen Prozesse und Stoff-Flüsse.

Ingrid Dohrmann gewinnt im Kühlraum Porenwasser aus den Sedimenten mit Hilfe einer hydraulischen Presse.

Auch die Ammoniumgehalte des Porenwassers werden – wie hier von Ingrid Dohrmann - direkt an Bord mit Hilfe eines Leitfähigkeitsdetektors gemessen.

Um den Einfluss der Temperatur auf die geochemischen Bedingungen der Proben, die aus z.T. mehr als 600 Metern Wassertiefe stammen, zu minimieren, müssen diese Probenahmen schnellstmöglich bei 4°C an Bord der Sonne durchgeführt werden.

Die Analysen hier an Bord (Bilder links und unten) behandeln dabei vor allem die Eisen-, Ammonium, Silikat-, Phosphat und Chloridgehalte im Porenwasser. Diese Messungen sollen erste Einblicke in die biogeochemischen Prozesse im Porenraum der Sedimente sowie auf mögliche Hangrut-schungsereignisse und Gashydrat-Vorkommen geben.

Julia Fronzek bestimmt den Silikatgehalt des Porenwassers photometrisch im Geo-chemie-Labor an Bord der SONNE.

Das Geochemie-Team im Kühlkeller des TFS SONNE: PD Dr. Sabine Kasten, Julia Fronzek, Ingrid Dohrmann, Prof. Dr. Marta Torres (von links).

Zurück in Deutschland werden die Proben auf Haupt- und Spurenmetalle sowie organisches Material hin untersucht, um weitere Erkenntnisse diesbezüglich zu erlangen.

Schöne Grüße von Bord der SONNE senden Ingrid, Sabine, Marta und Julia!

Dienstag 5. April

Gestern gegen Mitternacht kam der erste lange Sedimentkern, erbohrt mit MeBo200, an Deck. Gegen 20 Uhr haben wir bei einer Tiefe von 82,3 Metern unter dem Meeresboden die Station beendet und mit der Bergung des MeBo begonnen. Alle haben gespannt an Deck gewartet. Trotz der inneren Aufregung verlief alles gut. Beim Öffnen der Kerne gab es dann für alle eine kleine Überraschung. Die Liner waren bis zu einer Tiefe von 23 Metern mit mehr als 60% Kerngewinn gut gefüllt. Danach gab es leider einige leere Kernrohre, bevor dann ab einer Tiefe von 65 Metern die Kernliner wieder mit mehr als 75% Kerngewinn gefüllt waren. Die erste Frage natürlich: warum dieses Loch? Warum darüber und darunter so guter Kerngewinn und dann große Bereich fast gar nichts. Inzwischen war es schon knapp 1:30 Uhr und alle sind erst einmal schlafen gegangen. Die ersten Analysen zeigten dann am nächsten Tag, dass die Sequenzen im oberen Kernabschnitt eine Vielzahl von Turbiditen aufweisen. Es finden sich immer wieder sandige Lagen im Kern. Um aber eine belastbare Theorie entwickeln zu können, sind noch viele weitere Untersuchungen zu Hause im Labor nötig. Was uns aber alle bereits jetzt sehr freut ist, dass wir mit MeBo200 erstmals Material aus einer Tiefe von 82 Metern gewinnen konnten, was gleichzeitig auch der längste je am Hikurangi Margin gewonnene Kern ist. Es warten also noch viele spannende Analysen und Ergebnisse auf uns…

In der Nacht gingen die Arbeiten an Bord gleich weiter: die Wärmestromkartierung der Tuaheni Rutschmassen waren gegen Mittag abgeschlossen und wir haben uns erstmal von unserem ersten Arbeitsgebiet verabschiedet und sind nun auf dem Transit zum etwas weiter südlich gelegenen zweiten Arbeitsgebiet: Rock Garden… und MeBo wird in der Zwischenzeit für seinen nächsten Einsatz fertig gemacht.

Frauke Ahrlich (MARUM) verfolgt das Geschehen an Deck im Steuercontainer - „dem mobilen Büro“, von dem aus die Arbeiten des MeBo200 am Meeresboden gesteuert werden. Kommuniziert wird per Walkie-Talkie. Gleichzeitig kann sie, wann immer nötig, kleine Verbesserungen der Software programmieren. Leider liegen die Temperaturen im Container meist deutlich unter den Außentemperaturen, um ein sicheres Arbeiten der vielen Rechner zu gewährleisten. Da sind die „Gäste“, die mit kurzen Hosen aus der Sonne kommen, manchmal schon über Mütze und dicke Jacke verwundert.

Werner Schmidt und Dr. Tim Freudenthal (MARUM) bei der Vorbereitung zum nächsten Einsatz des MeBo200.

Sonntag, 3. April

Es ist Sonntag an Bord. Sonntags ist es immer ein bisschen ruhiger als sonst, diesmal besonders. Letzte Nacht wurden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt, wir sind jetzt auf Neuseeländischer Winterzeit, Deutschland 10 Stunden voraus. Es gab also Zeit genug zum Ausschlafen.

Wir sind vom Wetter beglückt, nur 4 Bft, wenig Dünung und irgendwann kommt auch die Sonne raus. Spätestens, wenn die Sonne ihren Lauf von Ost über Nord nach West beendet, bereitet sie uns einen schönen Untergang. Auch unserer MeBo Bohroperation ist das Glück hold, es läuft und läuft und läuft ..., schon die letzten 24 Stunden durch. Weitere werden folgen. Was erbohren wir? Eine Grenzschicht innerhalb der Rutschmasse bei circa 50 Metern unter Flur ist schon erreicht. Sie war durch seismische Vorerkundungen vorhergesagt. Dort ist sie als prominentes Echo aufgetreten. Die Freude ist groß, wenn die mit geophysikalischen Methoden vorhergesagten Grenzen sich in der Geologie so wiederfinden, auch wenn diese Freude nur durch dezentes Kopfnicken zur Schau gestellt wird.

Der wissenschaftliche Austausch an Bord lässt sich so intensiv wie sonst kaum irgendwo gestalten. Prof. Marta Torres (Oregon State University, Corvallis), eine Expertin für Gashydrate, erklärt uns sehr anschaulich, wann wir Gashydrate im Boden erwarten können. Keine Überkonzentration von Methan – keine Gashydrate; kein Platz im Porenraum für die "Kristalle" – kein Gashydrat. Wo aber Gashydrate sind, da sind auch Bakterien zu erwarten. Gashydrat ist Energie und wo Energie ist, da ist auch Leben. Sofort erhebt sich ein Raunen im Raum: "Ja, haben wir in einem der letzten Kerne gesehen". Selbst die Hinterlassenschaften der Bakterien liefern noch wertvolle Protein- und DNA-Informationen. ESP (Extracelluläre Polymere Substanzen). "Don't call it ‚Schleim‘!“ ist ein spontaner Ausruf unserer deutsch-neuseeländischen Forschergemeinschaft. Und natürlich wurde „der Schleim“ sofort beprobt und liefert neue Anknüpfungspunkte für gemeinsame Forschungsfragen der Bremer und Jenaer Kolleg_innen.

Orange-bräunlich eingefärbte Bereiche zeigen Extracelluläre Polymere Substanzen im Kern GeoB20802-4 bei circa 24,5 Meter Tiefe.

Wir sind eine erfahrene Truppe an Bord mit der Erfahrung von vielen Expeditionen auf dem Buckel. Wie erfahren muss man eigentlich sein, um einen wertvollen Beitrag leisten zu können? Georg Forster war 17, als er auf die zweite Weltumsegelung von James Cook auf die Resolution einschiffte. Nicht allein, sondern als Assistent seines Vaters. Er brachte seine Fähigkeit als Zeichner mit, dass er sehr viel im Sinne eines "forschenden Lernens" mitgenommen hat, zeigte sich in seinen einfühlsamen ethnologischen Forschungen der Südseeinselwelt.
Auf jeden Fall ist Bordzeit prägend.

3.4.2016, Norbert Kaul

 

Samstag, 2. April

Die Nacht zu Samstag war wieder eine lange Nacht des Wärmestroms. Wir arbeiten uns quer und längs über eine Rutschmasse in Wassertiefen von 500 bis 700 Metern. Die hochauflösenden Karten aus bathymetrischen Vermessungen früherer Fahrten der neuseeländischen und deutschen Kollegen geben ein detailliertes Bild eines chaotisch zerbrochenen Gesteinskomplexes. Die Analogie zu einem Gletscher, einem Gesteins-Gletscher mit Spalten und Fließlinien drängt sich auf.

Das Wärmestrom-Team (von links: Bernd Heesemann, Dr. Norbert Kaul, Prof. Heiner Villinger (Uni Bremen)). Der vierte im Bunde, Arne Schwab, sitzt gerade am Überwachungsmonitor und fehlt deshalb leider auf dem Bild.

 
Wir erkunden also nun die dritte Dimension, die Tiefe des Meeres und den Boden darunter auf den Spuren von James Cook. Warum James Cook? Er hat auf seiner ersten Reise mit der Endeavour (1768 - 1771) Neuseeland "entdeckt" und große Teile der Küstenlinie vermessen. Die Beschreibung der Küstenlinie ist die Erkundung der ersten Dimension. Auch Cook war mit den modernsten Hilfsmitteln seiner Zeit ausgerüstet, um mehr zu erreichen, z.B. mit dem Harrison Chronometer. Damit war ihm die zuverlässige Bestimmung der geographischen Länge möglich, also die Eintragung auf einer zweidimensionalen Seekarte. Heute, im 21sten Jahrhundert, schreiben wir "entdecken" in Anführungszeichen, denn es bedeutete ja zu Cooks Zeiten, für die Weißen beschreiben und für die Krone in Besitz nehmen. Die Maoris kannten ihr Land vorher schon gut. Wie werden das wohl die Fische und die Muscheln sehen?

An Bord unserer neuen SONNE geht die Forschung Hand in Hand weiter. Die spannenden Ergebnisse der ersten Wärmestromstation versuchen wir noch an diesem Tag mit einem Schwerelotkern zu überprüfen. Dieser Kern wird in einer Schlauchfolie ins Labor getragen. Alles muss schnell gehen. Lassen sich die Temperaturanomalien am Kern nachweisen? Finden wir Indikatoren für Gashydrat? Es herrscht ein konzentriert hektisches Treiben am Kern, denn beide Effekte sind nach kurzer Zeit wortwörtlich verflogen. Geophysiker, Geochemiker, Geologen, alle geben ihr Bestes, um hier an Bord gemeinsam zu verstehen, wie der Meeresboden funktioniert.

Nach der Beprobung der Sedimente und einer letzten finalen Begutachtung wird das Material aus dem „Schlauchfolienkern“ wieder ins Meer gegeben.

Das MeBo-Team hatte den Tag über Zeit, das Gelernte aus dem ersten Einsatz zu verarbeiten und umzusetzen. Die Männer und Frau des Teams sind also bestens vorbereitet für den nächsten Einsatz. MeBo geht am Nachmittag zu Wasser und ist gerüstet für lange Tage und Nächte mit monotoner Bohrroutine am Meeresgrund. Einzig und allein, so monoton ist die Routine nicht: JEDER Handgriff muss sitzen, jede Umdrehungszahl, jeder Volumenstrom, jede Temperatur muss richtig sein für diese Art von Sediment, für diesen Vorschub, für diese Bindigkeit in der Mineralzusammensetzung. Wir alle hoffen auf lange Kerne durch die Rutschmasse hindurch bis hinunter zu deren Basis.

3.4.2016, Norbert

Abends werden die letzten Kerne noch beschriftet und im Kühlraum verstaut, um morgens dann gleich „geschlachtet“ zu werden (von links: Birgit Meyer-Schack, Lennart Siemann (Uni Bremen), Anne Reusch und Lisa Schulze (Uni Jena)).

Freitag, 1. April

Seit etwa Mitternacht bohrt MeBo und so hatten alle außer dem MeBo-Team eine ruhige Nacht - und auch einen ruhigen Tag? Weit gefehlt: die Zeit wird genutzt, um die vielen schon geborgenen Meter Schwerelotkerne und den ersten MeBo-Kern weiter zu bearbeiten, so dass in den Laboren und im Hangar ein munteres Treiben herrscht. Die Kerne werden in eine Arbeits- und ein Archivhälfte geteilt, zwischendurch kühl gelagert, geologisch beschrieben? und gescannt. So gibt es ein dauerndes Kommen und Gehen der Kerne in den einzelnen Laboren und viele neugierige Augen entdecken immer wieder Neues: Diatomeen (Kieselalgen), eine große Gastropode (Schnecke) und andere Lebewesen, Tephralagen (Ablagerungen aus vulkanischen Eruptionen), Farbwechsel in den meist sehr kohäsiven Sedimenten.

Am späten Nachmittag steigt dann die Spannung: MeBo kommt mit einem neuen langen Kern an Bord. Und jetzt zeigt sich, dass das Kernteam mittlerweile sehr routiniert ans Werk geht: Infrarotbilder, die sorgfältige Beschriftung der Kerne und das Teilen in etwa einen Meter lange Abschnitte gehen zügig voran, bevor alle zum verspäteten Abendessen eilen. Wirklich alle – nein, das Heatflow-Team steht schon bereit zum Einsatz auf dem Arbeitsdeck, aber davon in einem späteren Beitrag ...

Von Nina Kukowski

Das „Kern-Beschreibungsteam“ bei der Arbeit

Erste Probennahme an den gerade gewonnenen MeBo-Kernen erfolgt direkt im Hangar.

Donnerstag, 31. März

Der heutige Tag begann für alle sehr früh und sehr aufregend. MeBo kam gegen 6 Uhr morgens vom ersten Bohrgang wieder an Deck. Die letzten 14 Stunden hat das MeBo200 den ersten Sedimentkern aus dem ungestörten Kontinenthang gewonnen, der uns als Referenzkern für die Untersuchungen der gerutschten Sedimente dienen soll. Die Kerntiefe betrug 17,83 Meter, bei einem Kerngewinn von über 90 Prozent! Was uns riesig gefreut hat.

Nach nur 12 Stunden Wartung war MeBo wieder einsatzbereit. Mit neuen Linern (Rohre zur Probennahme) bestückt, ist das Gerät bereits wieder auf dem Weg nach unten, um in einer Wassertiefe von 575 Metern unmittelbar nordöstlich der Tuaheni-Rutschung zu bohren. Ein so schnelles Vorbereiten des Gerätes, Warten und Wiederaufrüsten verlangt viel Erfahrung und vor allem organisiertes Arbeiten. Da kann man nicht lange nach Werkzeug oder sonstigem Equipment suchen. Deshalb verwundert es auch nicht, wenn man einen Blick in den mitgebrachten Werkstattcontainer wirft. Jedes Teil hat seinen festen Platz: vom Mutterschlüssel bis zur Kehrschaufel. Übrigens etwas, was alle Gewerke hier an Bord gemein haben. Alles hat seinen festen Platz.

Mittwoch, 30. März

Den heutigen Tag haben wir genutzt, um noch mehrere Tests mit dem MeBo durchzuführen und Schwerelotkerne entlang eines Profils vom ungestörten Hang über die gerutschten Massen zu ziehen. Insgesamt konnten 10 Kerne gewonnen werden und alle Arbeitsgruppen sind fleißig dabei, Kerne zu öffnen und Proben zu nehmen. Nachdem die Kerne geöffnet werden, sind es immer die Geochemiker, die die Ersten sind, die an der Arbeitshälfte beproben dürfen. Hier heißt es schnell sein, um keine wertvollen Proben zu verlieren.

Prof. Dr. Marta Torres (Oregon State University, Corvallis) arbeitet an der Analyse des gewonnenen Porenwassers.

Das kann manchmal auch eine ganz schön kalte Angelegenheit sein, da viele der direkten geochemischen und mineralogischen Beprobungen am Kern im Kühllabor bei 4°C durchgeführt werden müssen. Da freut man sich, wie in diesem Fall unser Mineraloge an Bord, Prof. Dr. Kai-Uwe Totsche (Uni Jena), dann auf ein bisschen wärmende Sonne an Deck.

Mehr Impressionen aus dem Kühlkeller dann in den nächsten Tagen.

Prof. Dr. Kai-Uwe Totsche (Uni Jena) kommt gerade aus dem Kühllabor.

Dienstag, 29. März

Tag 3 vor der neuseeländischen Ostküste. Wir schaukeln uns alle so langsam ein, sowohl generell an Bord als auch in den verschiedenen Laboren.

Nach dem erfolgreichen gestrigen Tag ging es gestern Abend direkt mit dem ersten Wärmestrom-Profil weiter. Heiner, Norbert, Bernd und Arne schlagen sich erfolgreich die Nacht um die Ohren und wir freuen uns alle über die Heatflow-Ergebnisse am heutigen Morgen. Während die Heatflow-Gruppe also fleißig war, freute sich die Hydroakustik über eine ausbleibende Nachtschicht und konnte so am Abend im Hangar am gemeinschaftlichen Begrüßungstreffen teilnehmen.

Aber es ging für alle früh ins Bett, denn am heutigen Morgen wurde direkt mit einem weiteren Schwerelot in den Tag gestartet. Während das Kernteam auf den Nachschub wartet, werden im Hangar noch die übrigen Kernsegmente von gestern aufgesägt und direkt zur Geochemie und anschließend zur Geotechnik weiter gegeben.

Seit dem frühen Morgen war auch das MeBo-Team fleißig bei den Vorbereitungen zum ersten Bohreinsatz. Pünktlich zur Kaffeepause am Vormittag wurde das MeBo ins Wasser gelassen. Bei strahlendem Sonnenschein standen wir an Deck und beobachteten, wie das Meeresbodenbohrgerät abtaucht. Wir sind gespannt auf unseren ersten MeBo-Kern, der morgen früh an Deck kommen soll.

Sonnige Grüße von der SONNE senden Lennart und Lina. Wir müssen jetzt los – heute Abend gibt es Currywurst zum Abendbrot.

Montag, 28. März

Heute Morgen gegen 6 Uhr UTC haben wir die Zwölf-Seemeilen-Zone verlassen und konnten mit den hydro-akustischen Registrierungen beginnen. Als erste Station wurde im Bereich der Tuaheni Rutschung ein erstes Wasserschallprofil aufgenommen, um daran die Lote an Bord zu kalibrieren. Im Anschluss ging es dann gleich weiter mit den ersten Schwerelotkernen.

Der erste Kern wurde an der späteren Lokation des MeBo Leg 1 GeoB20802 gezogen. Es handelt sich hierbei um die sogenannte Referenzlokation im ungestörten Bereich des Kontinenthanges. Wir erhoffen uns von der Untersuchung dieses Kernes ein besseres Verständnis der physikalischen, sedimentologischen und geochemischen Eigenschaften der Sedimente in einem „Pre-Failure“-Zustand, d.h. bevor sie destabilisiert sind und es zur Ausbildung der Tuaheni Rutschung kam. Der Kerngewinn des Schwerelotkernes lag bei 4,20 Metern. Die Kernsegmente wurde unmittelbar an Deck geöffnet und sofort wurde mit der Beprobung begonnen.

Dr. Jannis Kuhlmann (MARUM), Dr. Andreas Goepel (Uni Jena) und Birgit Meyer-Schack (MARUM) bei der Kernbeprobung

Dr. Sabine Kasten (AWI), Dr Andreas Goepel (Uni Jena), Dr. Alan Orpin (NIWA), Ryan Jemerson und Isaac Hardy-Ward (Uni Auckland) (von links nach rechts)

Prof. Dr. Nina Kukowski (Uni Jena), Dr. Joshua Mountjoy (NIWA) bei der Infrarotkamera-Messung

Sonntag, 27. März

Heute geht’s nun endlich wirklich richtig los. Den Vormittag nutzten wird noch für einen „Probelauf“ der Kernbearbeitung. Jeder im Team hat seine feste Aufgabe beginnend bei den Arbeiten an Deck bis hin zum Ablauf der Probennahme und den ersten Auswertungen und Interpretationen an Bord. Dann weiß jeder, wann / wo / wie man gebraucht wird.

Besonders spannend wurde es heute, als das MeBo200 erstmals auf unserer Reise ins Wasser kam. Ein Hafenbeckentest soll sicherstellen, dass alle Systeme gut laufen und nachdem das Gerät seit mehreren Monaten gelegen hat, ist es unbedingt notwendig, es vor dem ersten Einsatz einmal aufzurichten. Alle verfolgen die einzelnen Schritte aufmerksam von Land oder von Bord. Alles lief routiniert und reibungslos ab und wurde natürlich von allen an Bord interessiert beobachtet.
Zum Glück lief alles super. Alle Systeme funktionieren und das MeBo200-Team war sehr zufrieden und wir konnten pünktlich um 12 Uhr auslaufen. Und wie gebucht wieder: strahlender Sonnenschein, 24°C und leichte Brise. Zum Abschied konnten wir auch unseren neuseeländischen Kolleg_innen an Bord des Forschungsschiffs Tangaroa winken. Die Tangaroa ist das größte neuseeländische Forschungsschiff und war direkt am Morgen eingelaufen.
Obwohl die See relativ ruhig war, mussten sich doch alle erst ganz langsam „einschaukeln“. Zum Glück hatten sich alle bei unserer Bordärztin Anke bereits im Vorfeld eine kleine „Einschaukelhilfe“ besorgt und so blieb die große Seekrankheit bei allen aus und wenn überhaupt gab es nur ganz ganz leicht grüne Nasen.

Richtig viel Zeit, um seekrank zu werden, hatten wir auch gar nicht, weil es am Nachmittag gleich die erste Sicherheitsübung gab. Und alle haben sie mit Bravour gemeistert.

Der Lotse verlässt am Hafenausgang von Wellington das Schiff und nun beginnt das „Seeleben“.

Samstag, 26. März

Heute gab’s die erste kleine Tour mit der SONNE. Wir liegen jetzt nicht mehr an der Queens Wharf mitten in der Stadt, sondern sind an die Pier im Fährhafen verlegt worden. Auch bei diesem kleinen Auslaufen waren sich bereits alle einig, Auslaufen aus Wellington bei leichter Brise und Sonnenschein macht definitiv Spaß!
Nach dem Mittag ging es auch gleich los mit den ersten „Terminen“: Sicherheitseinweisung. Tim Henning – der 2. Nautische Offizier an Bord – hat die gesamte Wissenschaft mit den Sicherheitsregelungen und Vorkehrungen an Bord vertraut gemacht. Es gab einen Rundgang durchs Schiff inklusive „Probesitzen“ im Rettungsboot. Jeder an Bord ist einem der beiden Rettungsboote zugewiesen, wobei auch alle in einem unterkommen könnten. Im Ernstfall müssen sich alle mit Rettungsweste, warmer Kleidung, festem Schuhwerk und Kopfbedeckung an einem Sammelplatz an Deck einfinden, um in die Boote einzusteigen. Vorher natürlich nicht vergessen, die Kammer abzuschließen. Im Rettungsboot gibt es Trinkwasser und Kekse für die ersten Tage. Die routinierte Unterweisung und die Tatsache, dass an alle Eventualitäten gedacht wurde, hat alle sehr beruhigt. Aber mit Sicherheit möchte niemand wirklich je 7 x kurz 1 x lang hören (den allgemeinen Notfallalarm) oder gar kurz-lang-kurz-lang, das Signal zum Verlassen des Schiffes. Im Anschluss gab es im Besprechungsraum einige begrüßende Worte durch den Kapitän Oliver Meyer, die Schiffsärztin Anke Walther und den ersten Offizier Nils Aden.
Dann ging es los mit dem ersten wissenschaftlichen Meeting. Dies wird ein fester Bestandteil unserer nächsten 5 Wochen: jeden Tag 15:30 Uhr direkt nach Kaffee und Kuchen treffen wir uns alle, um gemeinsam anstehende Arbeiten zu planen.

 

Freitag, 25. März

Heute Morgen haben alle 39 Teilnehmer_innen der wissenschaftlichen Crew (Bild unten, zum Vergrößern anklicken) zwischen 8 und 9 Uhr an Bord des Tiefseeforschungsschiffs SONNE eingecheckt. Natürlich gab es erstmal ein ziemliches Gewusel im Hangar, aber nachdem alle ihre Schlüssel hatten, wurden die Kammern bezogen. Am Anfang ist man noch ein bisschen orientierungslos auf diesem riesigen Schiff mit den vielen Laboren, Kammern, Besprechungsraum etc. Es passiert auch allen immer wieder, dass man sich auf dem Schiff regelrecht verläuft. Zum Glück sind aber die verschiedenen Decks farbkodiert und man hat ziemlich schnell raus, wo man ist und wo man hin muss. Blaues Deck heißt übrigens Arbeiten und auf dem roten gibt’s was zum essen.
Nach dem Beziehen der Kammern wurden die Labore in Beschlag genommen, Kisten ausgepackt, Geräte aufgebaut, Kisten verstaut und obwohl wir es fast nicht für möglich hielten, haben alle Sachen ihren Platz gefunden. Ganz langsam kommt Ordnung ins Chaos. Hilfreich ist, dass wir neben vielen „Neulingen“ ein paar langjährige Schifffahrer_innen mit an Bord haben, die mit vielen kleinen nützlichen Hinweisen helfen können und zeigen, wie man am besten lascht, und erklären, was eigentlich Elefantenhaut ist und dass man für Betreten des Decks in offenen Schuhen einen Kasten Bier bezahlen muss….