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Kohlfisch - Küstenzone

Kohlfisch

Was ist eigentlich ein Kohlfisch?
Rosemarie Acker, Hamburg

„...ein nordischer Seefisch mit schwarzer Schnauz“, so beschreibt ihn 1854 das „Deutsche Wörterbuch“ der Gebrüder Grimm. Schwarz wie ein Köhler – einer der vielen Namen des Kohlfisches – ist er aber nur auf der Oberseite. Wobei diese auch dunkelviolett oder grünlich schimmern kann. Das Maul ist ebenfalls schwärzlich, die Flossen grau, der Bauch weiß. Der Unterkiefer steht bei älteren Kohlfischen stark vor. Der Kinnfaden fehlt oft, obwohl der Fisch eng mit Dorschen verwandt ist, die diese Bartel typischerweise tragen. Früher wurden bis zu 1,70 Meter lange und 30 Kilo schwere Brocken in Nordatlantik und Nordsee gefangen. Doch seit den 1930er Jahren wird Kohlfisch unter dem Namen Seelachs vermarktet. Eine derart gute Strategie, dass das grauweiße, feste Fleisch immer häufiger in deutschen Pfannen und Töpfen landet und der Bestand stark überfischt wurde. Etwa acht Prozent allen verzehrten Fisches stammt hierzulande mittlerweile von Pollachius virens. Meist als Fischstäbchen oder eben als Seelachs oder Lachsersatz, dann meist kräftig rot gefärbt. Dabei braucht sich der schmackhafte Köhler weder als Fischfrikadelle noch als Filet hinter seinem Cousin, dem Lachs, zu verstecken.

Korallenbleiche

Kann man das Korallenbleichen eigentlich auch auf Satellitenbildern erkennen?
Volker Bannert, Schweiz, per Email

In den letzten Jahren hat sich die Auflösung der Späher aus dem All rasant verbessert. Mittlerweile können Satelliten wie IKONOS mit Auflösungen von ein bis vier Metern auch das Ausbleichen von Korallen aus dem All direkt erkennen. Allerdings bleibt nach wie vor die indirekte Methode über die Auswertung von Wassertemperaturen an der Oberfläche ein wichtiges Instrument. So hat im Sommer 2006, während eines der größten Ausbleichungs-Ereignisse im australischen Great Barrier Reef, der Satellit MODIS mit seiner wesentlich geringeren Auflösung wertvolle Daten geliefert.

Korallen vertragen nur eine sehr enge Temperatur-Spanne. Ist es zu kalt sterben sie, ist es zu warm, stoßen sie ihre wichtigen Algen-Untermieter aus. Auf diese sind sie aber angewiesen, da sie mit ihnen in einer engen Partnerschaft leben. Bleiben die Temperaturen zu lange sehr warm, sterben die Korallen ebenfalls ab. Die Untermieter verleihen ihnen auch ihre bunten Farben. Daher führen hohe Temperaturen zu dem Ausbleichen der Korallen. Um genau zu wissen, was vor Ort vor sich geht, sind aber auch Taucher immer noch unersetzlich.

Korallenfarbe

Wie entstehen die verschiedenen Farben der Korallen?
Helmut Braun, St. Ulrich

Die Farbe bestimmter Korallenarten entsteht durch ein Zusammenspiel von verschiedenen Pigmenten. Sie lassen sich sowohl im Korallengewebe selbst als auch in den mit Korallen in Symbiose lebenden einzelligen Algen, den sogenannten Zooxanthellen, nachweisen. „Wie stark die Zooxanthellen die Farbgebung beeinflussen, hängt zum einen von ihrer Anzahl pro Korallengewebeoberfläche (Millionen pro Quadratzentimeter) ab, zum anderen von der eigentlichen Konzentration der einzelnen Pigmente in den einzelnen Algenzellen –  vorrangig Photosynthese-Pigmente, wie verschiedene Chlorophylle“, sagt Dr. Malik Naumann vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie in Bremen. „Die Farben der Koralle selbst sind normalerweise von denen ihrer zahlreichen Algen-Symbionten überlagert.“ Diese oft leuchtend bunten Korallenpigmente kommen in der Regel nur zum Vorschein, wenn die Symbiose auf Grund von schädlichen Umweltveränderungen im Zuge der sogenannten Korallenbleiche zusammenbricht. Die Koralle stößt ihre Symbionten ab, was in den meisten Fällen zum Absterben der Koralle und somit auch zum endgültigen Verlust der Farbe führt. Als Konsequenz der Erderwärmung ist die Korallenbleiche momentan weltweit für eines der größten bisher beobachteten Korallensterben verantwortlich.

Korallenriff

Das Great Barrier Reef vor Australien kennen viele. Aber wo liegt das zweitgrößte Riff der Welt?
Franka Wurm, per Email

„Riff, das: schmale Bank oder kammartige Klippenreihe im Meer (Sand-, Stein-, Felsenriff), unter oder nur wenig über der Wasseroberfläche; zum Teil durch Korallenbauten entstanden.“ So steht es in Meyers Online Lexikon. Weltweit gibt es 7.000 tropische oder subtropische Flachwasserriffe, die 600.000 Quadratkilometer Fläche einnehmen.

Als zweitgrößtes Korallenriff wird das Riff vor Belize angesehen. Es erstreckt sich etwa 260 Kilometer entlang der Karibikküste des mittelamerikanischen Staates. Seit Oktober 1996 zählt das 96.300 Hektar große System zum Weltkulturerbe. Der Artenreichtum dieses Riffs und der dahinter liegenden Mangrovenküste ist enorm: 178 Landpflanzenarten, diverse Seegräser, dazu 500 Fisch- und fast ebenso viele Molluskenarten wie etwa Meeresschnecken. Nicht zu vergessen ist die mit 300 bis 700 Tieren vermutlich größte Population der Westindischen Seekuh. Haupteinnahmequelle für Devisen von Belize ist inzwischen der Tourismus. Im Jahr 2006 kamen bereits über 236.000 Touristen. Da wundert es nicht, dass einige Bereiche des Weltkulturerbes bereits Anzeichen des Niedergangs aufweisen: Beschädigungen durch ankernde Boote, übereifriges Sammeln der Korallen, Einleitung von Chemikalien, die auf den küstennahen Plantagen versprüht werden, und Abwässerzuleitungen setzen dem größten Riffs der nördlichen Hemisphäre derzeit zu.

Krabben

Warum werden Krabben eigentlich beim Kochen rosa?
Carsten Westerholt, Viborg

Wie Hummer und Langusten zählen Krabben, die ja eigentlich korrekter Nordseegarnelen heißen, zu einer Gruppe farbenprächtiger Krebstiere, den Zehnfüßern. Direkt vom Kutter gekauft, schön pink und frisch gekocht, sind sie eine Delikatesse. Vor dem Genuss muss nur noch die Schale herunter. In eben dieser Chitinhülle spielt sich auch der Farbwechsel ab. Denn beim Kochen werden die braunen Farbpigmente zerstört, die die roten Proteine verdecken. Diese sind mit dem Carotin in Möhren verwandt. Übrigens: Nicht nur beim Kochen wechseln Nordseegarnelen ihre Farbe. Am Meeresboden tarnen sie sich nach Bedarf mal mit helleren, mal mit dunkleren Brauntönen. So verschmelzen sie optisch mit dem Untergrund und sind für Räuber wie Fische oder Robben schwerer zu erkennen. Den Krabbenfischern gehen trotzdem jährlich etwa 25.000 in die Netze. Damit rangieren die Nordseegarnelen unter den fünf meistgenutzten Arten der Nordsee.

Kreuzförmige Anker

Hat die Kreuzform bei Ankern einen christlichen oder einen rein technischen Ursprung?
Georg Bönnighausen, per Email

Auf den Oberarm eines Seemanns tätowiert - so kennen auch Landratten den kreuzförmigen Anker, den so genannten Stockanker. Als einer der ältesten Ankertypen hat er sich aus einem einfachen, mit einem Stein beschwerten Holzkreuz entwickelt. Ein moderner Stockanker besteht aus einem Schaft, an dessen unterem Ende zwei Arme mit schaufelähnlichen Spitzen, den Fluken, angebracht sind. Quer zu den Fluken ist am oberen Ende des Schaftes der namensgebende Stock so angebracht, dass sich der Anker, egal wie man ihn dreht, nie flach auf dem Boden aufliegt. Der Stock bewirkt, dass sich immer eine Fluke in den Meeresboden eingraben kann und so das Schiff an Ort und Stelle hält. Die Kreuzform des Ankers hat also einen rein technischen Zweck. Wie Abbildungen auf Münzen belegen, nutzten die Griechen schon Jahrhunderte vor Christi Geburt derartige Anker. Auch wenn die Kreuzform des Ankers nicht auf das Christentum zurückgeht, besteht doch eine Verbindung zwischen beiden. Als verstecktes Kreuzsymbol diente nämlich das so genannte Ankerkreuz, oder auch Mondsichelkreuz, den Christen als Erkennungszeichen zur Zeit der Christenverfolgung. Heutzutage steht der Anker mit dem Stock - auch auf dem Arm eines Seemanns - als Symbol der Treue.

Kreuzfahrtschiffe

Warum sind Passagierschiffe weiß?
Charlotte Spindler, Zürich

„Die Frage stellt sich nicht, denn das ist nicht immer so“, sagt Peter Hackmann, Sprecher der Papenburger Meyer Werft, befragt nach der scheinbar bevorzugten Farbwahl von Kreuzfahrtreedereien. Schließlich sind längst nicht alle Kreuzfahrer weiß. So liefert die Papenburger Renommierwerft eine Reihe blau-weißer Schiffe an die Reederei Celebrity Cruises. Und die Rümpfe der Majestäten der Meere, Queen Mary und QE 2, sind schlicht schwarz. Von „bunten Vögeln“ wie der Aida ganz zu schweigen. Gleichwohl kreuzen viele weiße Passagierschiffe über die Weltmeere, und buchstäblich Weiße Flotten befahren Flüsse und Binnenseen. Weiß, die Quintessenz aller Farben, reflektiert das Sonnenlicht sehr effektiv und trägt in der Karibik und anderen tropisch-subtropischen Fahrtgebieten dazu bei, dass Schiffe nicht allzu sehr aufheizen. In Zeiten effektiver Klimaanlagen ist dies allerdings kein ausschlaggebendes Argument, Cruise Liner weiß zu streichen. Bleibt nur der Rückgriff auf die Farbpsychologie: mit reinem Weiß sind viele positive Assoziationen verbunden. Im alten Ägypten war Weiß die Farbe der Freude und des Glücks; heute symbolisiert es Licht, Unschuld und Sauberkeit. Wer also die Gangway eines weißen Traumschiffs erklimmt, lässt den grauen Alltag hinter sich und betritt eine Welt, die hell ist, heil und sauber – zumindest aus Sicht der Werbestrategen.

Kraken

Nehmen Tintenfische Hilfe vom Menschen an?
Ingeborg Schiller, Berlin

Während ihres Urlaubs auf Mallorca hatte Frau Schiller ein denkwürdiges Erlebnis mit einem scheinbar gestrandeten Tintenfisch. Beim Versuch, diesen in tieferes, vermeintlich rettendes Wasser zu bugsieren, stellte die Urlauberin fest, dass das Tier neben ihren Füßen her schwamm. "So legten er und ich eine Wegstrecke von ca. 20 Metern zurück", berichtet Frau Schiller, "während der Tintenfisch etwa alle zwei Meter seine Tentakel ausbreitete und diese wellenförmig bewegte. ... Als mir das Wasser weit über die Knie reichte, verabschiedete er sich mit einer Tintenwolke und schwamm mit beschleunigtem Tempo in tiefes Wasser."

Aus dem geschilderten Verhalten schließt Meeresbiologe Jakob Parzefall, dass Frau Schiller es mit einem Kraken der Gattung Octopus zu tun hatte, die eigentlich in Felsspalten zuhause ist. Dieser Kopffüßer versteht es, mit Hilfe seiner Tentakel sehr geschickt zu kriechen bzw. zu laufen und schwimmt nur, wenn er sich gestört fühlt. "Vermutlich ist das Tier vor Frau Schiller geflohen und hat dabei Pausen bei dem ihm nicht sehr genehmen Schwimmen eingelegt", meint der Hamburger Professor. Auch die Tintenwolke, die normalerweise dem Schutz vor Feinden dient, spreche für eine Fluchtstimmung. Zwar handele es sich bei Kraken um recht intelligente Tiere: "Aber das von Frau Schiller gezeigte Verhalten konnte das Tier sicher nicht als Hilfe verstehen. Dafür bietet sein artspezifisches Verhaltensrepertoire keine Anhaltspunkte".

Krakenorgane

Kraken haben je drei Herzen und Blutkreisläufe. Arbeiten die parallel oder quasi in Reihe geschaltet zusammen?
Günter Herrmann, per Email

Kraken zählen zu den achtarmigen Tintenfischen. Sie verfügen tatsächlich über drei Herzen, die allerdings nur einen gemeinsamen Blutkreislauf antreiben. Das Hauptherz befindet sich im Eingeweidesack in der Körpermitte. Anders als das menschliche Herz hat es zwei Ausgänge für arterielles Blut. Eine Hauptschlagader führt zum Kopf, eine weitere Aorta versorgt die inneren Organe. Zusätzlich verfügen Kraken über zwei weitere Herzen an der Basis der Kiemen, mit denen der lebensnotwendige Sauerstoff aufgenommen und an das Hauptherz weiter geleitet wird. „Im Prinzip sind die Herzen also in Reihe geschaltet“, sagt Prof. Frank Melzner. Die Meerestiere haben allerdings ein physiologisches Problem: „Tintenfische weisen im Mittel höhere Stoffwechselraten auf als etwa Fische“, erklärt der Kieler Meeresbiologe. „Weil sie den weniger effizienten Farbstoff Hämocyanin besitzen, kann ihr Blut nicht so viel Sauerstoff transportieren. Deswegen haben Kraken im Lauf der Evolution zusätzliche Herzen entwickelt.“ Zudem unterstützen aktiv pulsierende Venen die Blutzirkulation: „Diese kontraktilen Gefäße nehmen den Herzen also einen Teil der Arbeit ab und stellen sicher, dass alle Organe ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden.“

Krabbenwanderung Kuba

Welche roten Krebse machen im Frühjahr die kubanischen Straßen unsicher?
Margarethe Rauch, Stuttgart

Bei den fraglichen Tieren handelt es sich um Landkrabben aus der Familie der Gecarcinidae. Sie leben in jenen sumpfigen Wäldern, die das Hinterland der berühmt-berüchtigten Schweinebucht an der Südwestküste Kubas bilden. Dort legen sie ihre Wohnhöhlen im feuchten Waldboden an und ernähren sich von Früchten und Pflanzenresten. Eiablage und Fortpflanzung finden jedoch im karibischen Meer statt.
An dämmrigen Aprilabenden ergießt sich eine mehrere Dutzend Kilometer breite Flut von Abermillionen Krabben aus den Wäldern Richtung Ozean. Dabei müssen die Tiere auch die verkehrsreiche Küstenstraße passieren, die in das Touristenzentrum Playa Giron führt - und das wird vielen zum Verhängnis. In der Laichsaison ist die Straße mit einer Zentimeter dicken, rötlichen Paste aus überfahrenen Krabben bedeckt. Aber auch die Autofahrer müssen leiden: viele PKW bleiben mit aufgeschlitzten Reifen liegen.
Im März 2001 erwischte es auch Teilnehmer der Konferenz, die zum 40. Jahrestag der Schweinebucht-Invasion stattfand: mehr als 20 Reifen wurden Opfer der scharfen Krabbenschalen. Ganz zur Freude der ortsansässigen Automechaniker, die während "ihrer" Krabbensaison pro Tag bis zu Hundert Reifen flicken müssen.

Küstenabbrüche Ostsee

Seit wann gibt es Aufzeichnungen über Abbrüche an der Ostseeküste?
Wolfgang Althof, per Email

Wind und Wetter nagen seit jeher an den Steilufern der Ostseeküste. Zuletzt auf Rügen und in der Eckernförder Bucht. „Etwa 70% der deutschen Ostsee-Außenküsten unterliegen der Abtragung“, sagt Prof. Ralf-Otto Niedermeyer vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Güstrow. In einem Kataster hat das Landesamtes gut 600 Abbrüche protokolliert. Es umfasst auch ältere Vorfälle; etwa den von 1958, als auf Rügen nach winterlichen Regenfällen 15 000 Kubikmeter Kreide und Geschiebemergel in die Tiefe rauschten. In der Fachliteratur sind diese älteren Ereignisse gut dokumentiert. Ernst Günter Kannenberg hat sich, beginnend mit seiner 1950 erschienen Dissertation den Küstenabbrüchen in Schleswig-Holstein gewidmet. In einer klassischen Studie, die bereits 1914 erschien, beschreibt Konrad Keilhack den Abbruch von 250 000 Kubikmeter Kreide als Folge einer winterlichen Sturmflut im Bereich der Wissower Klinken auf Rügen. Wesentlich weiter reichen geologische Untersuchungen zurück. Im Bereich der Kieler Bucht zeigen bathymetrische Karten in 14 bis 16 Meter Wassertiefe ein Steilufer, das vor über 9 000 Jahren bei nacheiszeitlich niedrigerem Meeresspiegel geformt wurde und sicherlich ebenfalls von Abbrüchen betroffen war.

Küstenlänge I

Wie lang sind die Meeresküsten der fünf Erdteile?
Ludwig Rademacher, telefonisch

In seinem Buch "Die fraktale Geometrie der Natur" gibt der Chaostheoretiker Benoit Mandelbaum folgende Anekdote zum besten: Ein Bekannter ließ Kinder die Länge der US-amerika-nischen Ostküste schätzen. "Nachdem ein "vernünftiger" Wert geraten wurde... erklärte er, daß diese Zahl enorm größer wird, wenn der Umfang jeder kleinen Bucht mit vermessen wird, dann der von jedem Vorsprung und jeder Krümmung, dann der Abstand zwischen den kleinen Teilchen, jedem Molekül, jedem Atom, usw. Offensichtlich ist die Küste so lang, wie ihr sie machen wollt. Die Kinder haben das sofort verstanden - mit Erwachsenen hatte Kasner mehr Mühe."

So gesehen, lieber Herr Rademacher, haben Sie uns ein vertracktes, um nicht zu sagen fraktales Problem aufgegeben. Mandelbrot meint, "alle Meßmethoden führen letztlich zu dem Schluß, daß die Länge einer typischen Küstenlinie sehr groß und so schlecht bestimmt ist, daß sie am besten als unendlich angesehen wird." Bleibt also nur die zweitbeste Lösung: Und da kommt es entscheidend auf den Maßstab der Karten an, die man verwendet. Will man etwa eine stark zergliederte Fjordküste ausmessen, so variiert die Länge typischerweise um das Fünffache - je nach dem, ob man Karten im Maßstab 1:30 Millionen oder 1:50.000 zugrunde legt.

Mit Blick auf die fünf Kontinente ergeben sich bei einem mittleren Maßstab von etwa 1:200.000 zu folgenden Werte: Europa 37.200 km, Asien 70.600 km, Amerika 104.200 km, Afrika 30.500 km, Australien 19.500 km, Antarktis 24.300 km. Macht zusammen 286.300 Kilometer. Manche Autoren, die feinere Maßstäbe zugrunde legen, kommen auf 500.000 oder gar 777.000 Kilometer, immerhin das neunzehnfache des Äquatorumfangs. Fazit: Es kommt also ganz drauf an...

Quellen: B. Mandelbaum, Die fraktale Geometrie der Natur; Basel
1987, S.
H.J. Brosin, Das Weltmeer; Thun/Frankfurt, o.J.

Küstenlänge II

Welches Land hat die längste Küstenlinie weltweit: Russland oder Kanada? Peter Hoffmann, per Email

Wenn ein Wanderer eine Tour entlang der kanadischen Küstenlinie unternähme und dabei täglich 20 Kilometer zurücklegte, wäre er mehr als 33 Jahre unterwegs. Laut amtlichem Atlas misst die kanadische Küste einschließlich der ungezählten Buchten und Inseln nämlich 243.042 Kilometer. Das ist weltweit Spitze. Zwar kommt das World Fact Book des US-Auslandsnachrichtendienstes CIA nur auf 202.080 Kilometer; das ist aber immer noch mehr als das Fünffache der russischen Küstenlänge von 37.653 Kilometern. Der Vergleich hat allerdings einen Haken. Die Messungen der Kanadier basieren auf topografischen Karten im Maßstab von 1:25.000. Würden die Küstenlinie mit genaueren Karten etwa auf der Basis 1:5.000 vermessen, wäre das Ergebnis entsprechend präziser und die Distanz würden zunehmen. Ein Maßstab von 1:1.000 ergäbe eine weitere Steigerung der Genauigkeit – und der Länge. In seinem Buch „Die fraktale Geometrie der Natur“ schrieb Benoit Mandelbrot deshalb einst: „Die Länge einer Küstenlinie erweist sich als ein undefinierbarer Begriff.“ Sie solle daher am besten als unendlich angesehen werden. So betrachtet wären die Küsten Russlands und Kanadas jeweils unendlich, wohl aber nicht gleich lang.

Küstenlänge III

Wie werden eigentlich Küstenlängen vermessen?
Margit Böhme, per E-Mail

Wo früher ausschließlich Landvermessertrupps unterwegs waren, sind heute Satelliten, Schiffe, Flugzeuge und Hubschrauber im Einsatz, um präzise topografische Geobasisdaten für Küsten und Inseln zu erheben. So beauftragt die Forschungsstelle Küste des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) alljährlich flugzeuggestützte Messungen per Laserscanner. Bei einer Messdichte von drei Laserpunkten je Quadratmeter lassen sich so hochgenaue Geländemodelle berechnen; Orthofotos ergänzen die Laserscans. Dabei handelt es sich um verzerrungsfreie Luftbilder mit einer Auflösung von zehn Zentimeter je Pixel. Messtrupps kontrollieren die Genauigkeit der Fernerkundungsdaten mit satellitengestützten Referenzmessungen vor Ort. Aus den so erhobenen Daten lässt sich unter anderem ableiten, dass allein an Niedersachsens Küste Hauptdeiche mit einer Länge von 610 Kilometern bestehen. Hinzugerechnet werden müssen die Hauptdeiche und Schutzdünen auf den Inseln von 35,1 beziehungsweise 97,3 Kilometer Länge. „Die Ermittlung der Küstenlängen ist aber eher ein Nebenprodukt", sagt Holger Dirks vom NLWKN. „In erster Linie nutzen wir die Daten für die Planung von Maßnahmen des Küstenschutzes."

Küstenschutz Flandern

Während holländische Nordseeküste Seelands massiv mit Sperrwerken und Deichen geschützt ist, scheint die angrenzende belgische Küste Flanderns nur durch eine „Bürgersteigkante“ geschützt zu sein. Warum?
Markus Gothan, per Email

In den vergangenen 900 Jahren hat sich die belgisch-niederländische Nordseeküste stark verändert. Ab 1134 setzte die Dünkirchen III-Transgression Flandern und das nördlich angrenzende Schelde-Maas-Delta unter Wasser. Durch den Meeresspiegelanstieg entstanden vor allem in Flandern neue, teils mehrere Kilometer breite Dünenketten. Gemeinsam mit älteren Dünen aus der Zeit vor Christi Geburt schützen diese teilweise mehr als 30 Meter hohen Sandgebilde heute etwa 50 Prozent der 65 Kilometer langen belgischen Küstenlinie. „Die andere Hälfte ist durch Deiche geschützt“, sagt Dr. Jan Seys vom Flämischen Meeresforschungsinstitut in Ostende. Die Werke Jacob von Ruisdahls und anderer Meister der holländischen Landschaftsmalerei belegen, dass sich der Dünengürtel auch entlang der holländischen Nordseeküste erstreckt. In Seeland jedoch, zwischen Rotterdam und Antwerpen, greifen die Mündungsarme von Schelde und Maas tief ins Landesinnere, das zudem noch unter dem Meeresspiegel liegt. Deshalb wurde hier nach der verheerenden Sturmflut vom Februar 1953 der gigantische Deltaplan umgesetzt: ein System aus Deichen und Dämmen, das erst vor zehn Jahren abgeschlossen wurde.

Küstenzone

Stimmt es, dass Küstenzonen besonders dicht besiedelt sind?
Martin Eicher, Regensburg

Die Küstenzonen zählen zu den besonders stark vom Menschen beanspruchten Räumen. Tourismusprojekte, Städte- und Hafenbau haben besonders seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs viele Küstenstriche geprägt. Gerade diese Gebiete werden vom Klimawandel besonders stark bedroht durch vermehrte Stürme und einen steigenden Meeresspiegel. Anfang 2007 erschien die erste Studie, die sich gezielt mit der Küstenbevölkerung und deren Bedrohung durch den Klimawandel auseinandersetzte. Einem Forscherteam aus New York und London zufolge leben 643 Millionen Menschen, in Gebieten die sich weniger als zehn Meter über den Meeresspiegel erheben. In Ländern wie den Niederlanden oder Vietnam beträgt dieser Anteil sogar über 70 Prozent. Insgesamt macht dieser Küstenstreifen nur etwa zwei Prozent der Landfläche aus, aber es lebt etwa ein Zehntel der Weltbevölkerung hier. Und dieser Anteil wächst stark an: Schon heute liegen 15 der 20 größten Städte in diesem Bereich und der weltweite Anteil der Stadtbevölkerung wächst überproportional.