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Kleinste Schritte, grösste Wirkung
20.10.2014
Vor etwa sechs- bis neuntausend Jahren herrschte in den unteren Wasserschichten des östlichen Mittelmeers Sauerstoffmangel. Es bildeten sich Faulschlämme, sogenannte Sapropele, die heute in Meeresablagerungen aus jener Epoche als dunkle Lagen gut erkennbar sind. Ein Team um den Biogeochemiker Dr. Lars Wörmer untersuchte jetzt einen nur sechs Zentimeter kurzen Abschnitt eines solchen Sedimentkerns. Im Fokus standen dabei organische Moleküle, sogenannte Lipid-Biomarker. Diese Zellbausteine stammen von einzelligen Meeresorganismen, sogenannten Archaeen, die bis heute in allen Ozeanen leben. Als sie starben, wurden deren Überreste und mit ihnen die Lipide am Meeresboden abgelagert. Heute nutzen Klimaforscher die in den Sedimenten enthaltenen Lipide als Indikatoren, die stellvertretend für direkte Messungen, Informationen über vorzeitliche Umweltbedingungen im Meer liefern.
„Bislang mussten wir, wenn es um Lipide ging, unsere Proben aufwändig für die Messprozedur vorbereiten“, sagt MARUM-Mitarbeiter Dr. Lars Wörmer. „Außerdem benötigten wir vergleichsweise viel Probenmaterial, was auf Kosten der zeitlichen Auflösung unserer Ergebnisse ging.“ Jetzt kooperierte das Forscherteam mit der auf dem Bremer Universitätscampus ansässigen Firma Bruker Daltonik GmbH. Gemeinsam nahm man die nur wenige Zentimeter große Sedimentprobe aus dem Mittelmeer mit einem speziellen Laser unter die Lupe, der mit einem Massenspektrometer gekoppelt war. Auf diese Weise „tasteten“ die Wissenschaftler kleine Stückchen Sediment mit mehr als 4.000 Messungen ab. Dabei lagen die Messpunkte nur jeweils winzige 250 Tausendstel Millimeter voneinander entfernt.
Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen: „Unsere Messungen liefern Informationen über die damals herrschenden Meerwasserbedingungen. Und zwar mit bislang unerreichter zeitlicher Auflösung“, sagt Lars Wörmer, Erstautor des PNAS-Artikels. „Während wir mit herkömmlichen Methoden nur eine Auflösung von Jahrhunderten erzielen, bietet uns die neue Methode Informationen, die jeweils nur vier Jahre auseinander liegen.“ Wörmer und Kollegen konzentrierten sich auf zwei verwandte Lipide, deren Verhältnis zueinander mit der Oberflächentemperatur des Meerwassers variiert.
„Vier Jahre – das mag für Laien nach einem groben Raster klingen“, sagt Prof. Kai-Uwe Hinrichs, Leiter der Arbeitsgruppe Organische Geochemie am MARUM. „Aber uns ermöglicht das völlig neue Einblicke in vergangene Umweltereignisse.“ So entdeckten die PNAS-Autoren durch weitere Analysen, dass vor Jahrtausenden das Klima und damit die Bildung der Faulschlämme im östlichen Mittelmeer durch schwankende Intensitäten der Sonneneinstrahlung beeinflusst wurden. „Der Rhythmus, in dem die Meerwassertemperaturen und andere Bedingungen im Meer vor einigen Jahrtausenden schwankten, ist vom sogenannten de Vries-Zyklus geprägt“, sagt Hinrichs. Dieser solare Zyklus hat eine mittlere Periode von etwa 210 Jahren und bestimmte mit über das Auf und Ab von Temperatur und Niederschlag im Mittelmeerraum. Diese Faktoren prägten wiederum die Sauerstoffverhältnisse im Meerwasser und waren damit entscheidende Vorbedingungen für die Bildung von Faulschlämmen.
„In den kommenden Monaten und Jahren wollen wir die neue Methode auf weitere Biomarker ausdehnen, um mehr über die ökologischen Verhältnisse im vorzeitlichen Ozean zu erfahren“, sagt Prof. Hinrichs. „Wir wollen aber auch Ablagerungen aus Meeresgebieten mit besonders hohen Sedimentationsraten untersuchen. Damit werden wir eine zeitliche Auflösung im Bereich von Monaten erreichen!“
Veröffentlichung:
Lars Wörmer, Marcus Elvert, Jens Fuchser, Julius Sebastian Lipp, Pier Luigi Buttigieg, Matthias Zabel, Kai-Uwe Hinrichs: Ultra-high-resolution paleoenvironmental records via direct laser-based analysis of lipid biomarkers in sediment core samples
In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Early Online Edition, 20. Oktober 2014: http://www.pnas.org/content/early/2014/10/15/1405237111.abstract
Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Albert Gerdes
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65540
Email: [Bitte aktivieren Sie Javascript]
„Bislang mussten wir, wenn es um Lipide ging, unsere Proben aufwändig für die Messprozedur vorbereiten“, sagt MARUM-Mitarbeiter Dr. Lars Wörmer. „Außerdem benötigten wir vergleichsweise viel Probenmaterial, was auf Kosten der zeitlichen Auflösung unserer Ergebnisse ging.“ Jetzt kooperierte das Forscherteam mit der auf dem Bremer Universitätscampus ansässigen Firma Bruker Daltonik GmbH. Gemeinsam nahm man die nur wenige Zentimeter große Sedimentprobe aus dem Mittelmeer mit einem speziellen Laser unter die Lupe, der mit einem Massenspektrometer gekoppelt war. Auf diese Weise „tasteten“ die Wissenschaftler kleine Stückchen Sediment mit mehr als 4.000 Messungen ab. Dabei lagen die Messpunkte nur jeweils winzige 250 Tausendstel Millimeter voneinander entfernt.
Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen: „Unsere Messungen liefern Informationen über die damals herrschenden Meerwasserbedingungen. Und zwar mit bislang unerreichter zeitlicher Auflösung“, sagt Lars Wörmer, Erstautor des PNAS-Artikels. „Während wir mit herkömmlichen Methoden nur eine Auflösung von Jahrhunderten erzielen, bietet uns die neue Methode Informationen, die jeweils nur vier Jahre auseinander liegen.“ Wörmer und Kollegen konzentrierten sich auf zwei verwandte Lipide, deren Verhältnis zueinander mit der Oberflächentemperatur des Meerwassers variiert.
„Vier Jahre – das mag für Laien nach einem groben Raster klingen“, sagt Prof. Kai-Uwe Hinrichs, Leiter der Arbeitsgruppe Organische Geochemie am MARUM. „Aber uns ermöglicht das völlig neue Einblicke in vergangene Umweltereignisse.“ So entdeckten die PNAS-Autoren durch weitere Analysen, dass vor Jahrtausenden das Klima und damit die Bildung der Faulschlämme im östlichen Mittelmeer durch schwankende Intensitäten der Sonneneinstrahlung beeinflusst wurden. „Der Rhythmus, in dem die Meerwassertemperaturen und andere Bedingungen im Meer vor einigen Jahrtausenden schwankten, ist vom sogenannten de Vries-Zyklus geprägt“, sagt Hinrichs. Dieser solare Zyklus hat eine mittlere Periode von etwa 210 Jahren und bestimmte mit über das Auf und Ab von Temperatur und Niederschlag im Mittelmeerraum. Diese Faktoren prägten wiederum die Sauerstoffverhältnisse im Meerwasser und waren damit entscheidende Vorbedingungen für die Bildung von Faulschlämmen.
„In den kommenden Monaten und Jahren wollen wir die neue Methode auf weitere Biomarker ausdehnen, um mehr über die ökologischen Verhältnisse im vorzeitlichen Ozean zu erfahren“, sagt Prof. Hinrichs. „Wir wollen aber auch Ablagerungen aus Meeresgebieten mit besonders hohen Sedimentationsraten untersuchen. Damit werden wir eine zeitliche Auflösung im Bereich von Monaten erreichen!“
Veröffentlichung:
Lars Wörmer, Marcus Elvert, Jens Fuchser, Julius Sebastian Lipp, Pier Luigi Buttigieg, Matthias Zabel, Kai-Uwe Hinrichs: Ultra-high-resolution paleoenvironmental records via direct laser-based analysis of lipid biomarkers in sediment core samples
In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Early Online Edition, 20. Oktober 2014: http://www.pnas.org/content/early/2014/10/15/1405237111.abstract
Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Albert Gerdes
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65540
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Dr. Lars Wörmer, Erstautor des PNAS-Artikels, beprobt einen Sapropel-Kern aus dem Mittelmeer. An seiner Seite Masterstudentin Susanne Alfken.