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25 Jahre Kühlhaus für Schlamm und Steine

11.03.2019
MARUM feiert 25-jähriges Bestehen des Bohrkernlagers mit Symposium
Das Bohrkernlager des International Ocean Discovery Program (IODP) im Bremer MARUM. Hier lagern Kerne aus dem Atlantik, dem Arktischen Ozean, dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer und der Ostsee.
Das Bohrkernlager des International Ocean Discovery Program (IODP) im Bremer MARUM. Hier lagern Kerne aus dem Atlantik, dem Arktischen Ozean, dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer und der Ostsee. Foto: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen; V.Diekamp

Auf der Forschungslandkarte des internationalen Meeresforschungsprogramms IODP (International Ocean Discovery Program) ist Bremen nicht mehr wegzudenken. Die Hansestadt steht in einer Reihe mit College Station in Texas (USA) und Kochi (Japan). In diesen drei Städten werden die Bohrkerne aufbewahrt, die auf internationalen Ozeanbohr-Expeditionen seit 1968 gewonnen wurden. Jedes einzelne von ihnen enthält eine einzigartige Sammlung von Meeresbodenproben. Das Bremer Bohrkernlager am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen ist das größte der drei Archive. Über 155 Kilometer würden die aneinandergelegten Bohrkernabschnitte messen, die aktuell hier gelagert werden, und mit der Fahrtplanung der Expeditionen wird die Zahl der Kerne künftig wachsen.

„Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt kommen nach Bremen, um hier Kerne anzuschauen und zu beproben“, sagt Prof. Gerold Wefer, der maßgeblich an der Etablierung des Standorts beteiligt war. Er ist mit IODP – damals noch Ocean Drilling Program (ODP) – seit einer Fahrt von Oktober bis Dezember 1986 verbunden, es ging zum Kontinentalrand Perus. Bekannt war ihm das Programm als Postdoc in Kiel natürlich vorher schon. „Wenn man einmal acht Wochen eng auf einem Forschungsschiff zusammenarbeitet, dann möchte man hinterher auch im internationalen Team gemeinsam am Material forschen“, sagt Wefer. Lebenslange Arbeitsbeziehungen und sogar Freundschaften entstehen dadurch, das ist eine der Besonderheiten, die all jene bestätigen, die bei solch internationalen Expeditionen dabei waren. Verbundenheit mit dem Programm ist eine andere – auch für Gerold Wefer. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Wolfgang Berger leitete er die Fahrt Leg 175 vor der Küste Westafrikas 1997.

Verbunden ist Gerold Wefer noch immer mit dem internationalen Bohrprogramm – und natürlich dem Bohrkernlager. Etabliert wurde das Kernlager 1994, damals noch im Schuppen 3 in der Überseestadt und quasi als Filiale des Kernlagers an der Texas A&M University (USA). Aus den USA sollten die ersten 75 Kilometer an Bohrkernen aus dem Atlantischen Ozean kommen, für die das neue Kernlager ausgeschrieben wurde. Ziel der Ausschreibung war es, durch ein weiteres Kernlager die internationalen Partner besser einzubinden. Neben der Lagerung, erinnert sich Gerold Wefer, waren Probennahmen an den eingelagerten Kernen und intensive Beprobungskampagnen nach jeder neuen Expedition – so genannte Sampling Parties – Teil des Bremer Angebots. 1993 entschied eine Kommission, dass Bremen den Zuschlag für das neue Bohrkernlager bekommt. Die ersten Kerne trafen 1994 in Bremen ein – zwar nicht die vereinbarten Kerne aus dem Atlantik, sondern neu gewonnene. Zu groß war die Sorge, dass die Kerne beim Transport beschädigt werden könnten.

Im Rahmen des neuen Programms Integrated Ocean Drilling Program (IODP) wurden 2003 im Zuge des Kernumverteilungsprojekts – Core Redistribution Project – jedem der drei Kernlager in Deutschland, den USA, und Japan eine Region der Weltmeere zugeteilt. Zwischen 2006 und 2008 wurden mehr als 200 Kilometer Kerne umverteilt und entweder in Bremen, College Station oder in Kochi archiviert. Seitdem lagert das Bremer Team Material aus dem Atlantik, dem Arktischen Ozean, dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer und der Ostsee. In dieser Phase wurde das Programm ausgebaut, mehr Länder beteiligten sich – immer getrieben vom Interesse und der Möglichkeit, neue Forschungsfragen zu bearbeiten. „Der Zusammenschluss der Partner mit weltweiter Expertise und erhöhten Mitteln bot einzigartige Möglichkeiten, mehr und tiefer zu bohren, um gesellschaftlich relevante Fragen, zum Beispiel zum Klimawandel oder zu Naturgefahren, zu beantworten“, sagt Gerold Wefer.

Am MARUM werden aber nicht nur Kerne gelagert. Das Lager umfasst – vor allem seit dem Umzug auf den Campus der Universität – eine Infrastruktur für Forschende mit Laboren und vielfältigen Analysemöglichkeiten. So kommen internationale Forschende, um hier selbst Proben zu nehmen, Bohrkerne zu beschreiben oder sie zu analysieren – oder sie lassen sich Proben zuschicken. In einem Vierteljahrhundert sind so mehr als eine Million Proben zusammengekommen.

Dass die Besucherinnen und Besucher gern zum Arbeiten nach Bremen kommen, daran hat auch das siebenköpfige Team des Bohrkernlagers seinen Anteil. Es sorgt dafür, dass die Bohrkerne sachgerecht gelagert werden, die Infrastruktur auf dem höchsten Stand ist und den Besuchern ein produktives Arbeitsumfeld geboten wird. Ein Aushängeschild des Wissenschaftsstandortes Bremen.

 

Geschichte des Bohrprogramms IODP:

1968 Gründung Deep Sea Drilling Project (DSDP), genutzt wurde das Bohrschiff GLOMAR CHALLENGER, in den 70er-Jahren treten England, Frankreich, Deutschland, Japan und die UdSSR als Partner dem Programm bei.

1983-2003: Ocean Drilling Program (ODP), das Bohrschiff JOIDES RESOLUTION ersetzt die GLOMAR CHALLENGER.

2003-2013: Integrated Ocean Drilling Program (IODP), Ausbau der internationalen Partnerschaften, Tiefseebohrschiff CHIKYU und sogenannte Mission Specific Platforms ergänzen das Programm, um in verschiedenen Gebieten wissenschaftlich zu arbeiten. Das European Consortium for Ocean Research Drilling (ECORD) wird europäischer Partner und organisiert die Mission Specific Platform-Expeditionen.

2013-2023: International Ocean Discovery Program (IODP), Wissenschaftsplan “Illuminating Earth's Past, Present, and Future” mit vier Forschungsschwerpunkten: Climate, Deep Life, Planetary Dynamics und Geohazards.

 

 

Kontakt:
Ulrike Prange
MARUM Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 0421 218 65540
E-Mail: [Bitte aktivieren Sie Javascript]

 

Das MARUM gewinnt grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Rolle des Ozeans und des Meeresbodens im gesamten Erdsystem. Die Dynamik des Ozeans und des Meeresbodens prägen durch Wechselwirkungen von geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen maßgeblich das gesamte Erdsystem. Dadurch werden das Klima sowie der globale Kohlenstoffkreislauf beeinflusst und es entstehen einzigartige biologische Systeme. Das MARUM steht für grundlagenorientierte und ergebnisoffene Forschung in Verantwortung vor der Gesellschaft, zum Wohl der Meeresumwelt und im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Es veröffentlicht seine qualitätsgeprüften, wissenschaftlichen Daten und macht diese frei zugänglich. Das MARUM informiert die Öffentlichkeit über neue Erkenntnisse der Meeresumwelt, und stellt im Dialog mit der Gesellschaft Handlungswissen bereit. Kooperationen des MARUM mit Unternehmen und Industriepartnern erfolgen unter Wahrung seines Ziels zum Schutz der Meeresumwelt.

Mehr Informationen:

Über ECORD 

Über IODP 

Bildmaterial

Urheberhinweis: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

 

Wissenschaftliches Symposium am Dienstag, 12. März 2019:

Zum 25-jährigen Bestehen des Bremer Bohrkernlagers veranstaltet das MARUM ein wissenschaftliches Symposium. Zu den Sprecherinnen und Sprechern und deren Co-Autorinnen und -autoren gehören:

Larry Mayer (University of New Hampshire, Durham)

Gilbert Camoin (French National Centre for Scientific Research, Paris)

Ursula Röhl, Thomas Westerhold, Heiko Pälike (MARUM, Universität Bremen), Jim Zachos (University of California Santa Cruz)

Kenneth Miller (Rutgers University, New Brunswick)

Appy Sluijs (Universität Utrecht)

Ian Hall (Cardiff University)

Verena Heuer, Kai-Uwe Hinrichs and Julius Lipp (MARUM, Universität Bremen), Fumio Inagaki and Yuki Morono (Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology)

Gerhard Bohrmann, Marta Torres, Klaus Wallmann and Thomas Pape (MARUM, Universität Bremen)

Wolfgang Bach (MARUM, Universität Bremen)

Jan Behrmann (GEOMAR, Kiel)

Das Symposium beginnt um 9 Uhr im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5, in Bremen.