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Der Erfolg der Kieselalgen

24.03.2015
kieselalgen

Die marine Kieselalge Craspedodiscus sp. unter dem Rasterelektronenmikroskop
Foto: O. Romero, MARUM

Erosion an Land begünstigte die Ausbreitung spezieller Mikroalgen in den Ozeanen

Die zu den Mikroalgen zählenden Diatomeen traten vor etwa 40 Millionen Jahren ihren Aufstieg zu einem der wichtigsten Produzenten von Biomasse an. Was sie so erfolgreich werden ließ, hat nun ein internationales Forscherteam anhand von Meeresbodenablagerungen in Kombination mit Computersimulationen untersucht. In ihrer Studie, die nun im Wissenschaftsmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Science USA) veröffentlicht wurde, beschreiben die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen der Erosion silikathaltiger Gesteine an Land und dem evolutionären Erfolg der marinen Diatomeen.

Mikroskopisch kleine pflanzliche Meeresorganismen wie die Diatomeen nutzen die Energie aus dem Sonnenlicht, um das im Ozeanwasser gelöste Kohlenstoffdioxid in organisches Material, also in Biomasse umzuwandeln. Sterben die Mikroalgen ab, sinken ihre Überreste teilweise zum Meeresboden und das zuvor gebundene Treibhausgas Kohlenstoffdioxid wird dem globalen Kohlenstoffkreislauf entzogen. Den Diatomeen kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu, denn mehr als die Hälfte des Kohlenstoffs, der heutzutage auf diesem Wege in Meeressedimenten eingelagert wird, geht auf ihr Konto.

Diatomeen werden häufig auch als Kieselalgen bezeichnet, da sie Kieselsäure aus dem Meerwasser in Siliziumdioxid umwandeln und so ihre schachtelförmigen Zellhüllen aufbauen. Die ersten ihrer Art tauchten vor ungefähr 200 Millionen Jahren in den Ozeanen auf, aber erst etwa 160 Millionen Jahre später traten sie ihren Aufstieg zu einem der wichtigsten Biomasseproduzenten weltweit an. Zu dieser Zeit nahm die Vielfalt der Diatomeenarten zu und sie eroberten nach und nach alle Ozeane.

Was sie vor 40 Millionen Jahren so erfolgreich machte, hat ein internationales Wissenschaftlerteam nun genauer untersucht. Für ihre PNAS-Studie kombinierten die Forscher um Erstautor Pedro Cermeño, Wissenschaftler am spanischen Meeresforschungsinstitut ICM, die Ergebnisse von Untersuchungen der Meeresbodenablagerungen mit Computermodellen. Hierbei schauten sie sich die Verfügbarkeit von Kieselsäure an – dem für Diatomeen unverzichtbaren Baustoff. Schon damals konkurrierten die Kieselalgen mit winzigen Einzellern, den Radiolarien, die für ihren Skelettbau den gleichen Grundstoff nutzen. Frühere Untersuchungen zeigten, dass zur damaligen Zeit die Radiolarien immer weniger Kieselsäure in ihre Skelette einbauten. Bisherige Vermutungen sahen in diesem zusätzlich zur Verfügung stehenden Anteil an Kieselsäure den entscheidenden Vorteil für die Kieselalgen. „Unsere Daten zeigen aber, dass dies nicht der einzige Grund sein kann, weshalb sich die Diatomeen durchsetzten“, sagt MARUM-Wissenschaftler und Co-Autor der Studie Dr. Oscar Romero. „Entscheidend zu ihrem Erfolg beigetragen hat der zusätzliche Eintrag von Silikat-Verbindungen wie der Kieselsäure durch die Erosion an Land.“

Die Erosion silikathaltiger Gesteine wie Granit oder Basalt ist eine der Hauptquellen der Kieselsäure im Ozean. Indikatoren für die Stärke der Verwitterungsprozesse an Land sind ebenso wie die Evolution der Diatomeen in den Klimaarchiven der Meeresbodensedimente gespeichert. Mit Hilfe dieser Klimadaten konnten Romero und seine Kollegen zeigen, dass die Ausbreitung der Diatomeen in eine Zeit fiel, zu der eine stärkere Verwitterung zu einem erhöhten Eintrag von Kieselsäure in die Ozeane führte. Diese erosionsbedingte Düngung des Ozeans könnte Auswirkungen sowohl auf den globalen Kohlenstoffkreislauf als auch auf die komplette Nahrungskette haben. Für ein besseres Verständnis der einzelnen Zusammenhänge sind allerdings weitere Studien erforderlich.

Publikation:

Continental erosion and the Cenozoic rise of marine diatoms
Pedro Cermeño, Paul G. Falkowski, Oscar E. Romero, Morgan F. Schaller, and Sergio M. Vallina

PNAS, doi: 10.1073/pnas.1412883112

Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:

Jana Stone
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65541
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Die Weltkarte zeigt die Konzentration von Kieselsäure im Oberflächenwasser (Angaben in Mikromol/kg in einer Wassertiefe von 50 Metern). Hohe Gehalte treten heutzutage entlang der Kontinentränder und rund um die Antarktis auf. Die weißen Punkte markieren Stationen, an denen Proben vom Meeresboden entnommen wurden.

Die marine Kieselalge Cocconeis pinnata unter dem Rasterelektronenmikroskop
Foto: O. Romero, MARUM