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Biomaris Preis 2013

Dr. Doris Abele

Die Preisträgerin 2013 über ihre Forschungsarbeiten:

Polare Ökosysteme sind in besonderm Maß von der Klimaerwärmung betroffen. Wie alle Ökosysteme sind sie jedoch hochkomplex und unterliegen ausserdem ständiger natürlicher Veränderung. Um die Vielfalt der physikalischen, geologischen und biologischen Zusammenhänge zu verstehen, muss man lange genug in der Kälte ausharren. In meinem Fall handelt es sich um das Küstenökosystem der Insel King-George Island in der Westantarktis. Die massiven Veränderungen durch das Abschmelzen des Gletschers in der Bucht konnte ich mit eigenen Augen über die Jahre verfolgen. Um die Auswirkungen der Gletscherschmelze auf die physikalischen Bedingungen und die polaren Lebensgemeinschaften der Tiere und Algen zu verstehen, benötigt man allerdings eine größere Gruppe von Spezialisten aus so unterschiedlichen Fachrichtungen wie Gletscherforschung und Metereologie, Geologie und Biogeochemie, und weitere Experten für die unterschiedlichen Organismengruppen im Ökosystem, von den Bakterien über das Plankton bis hinauf zu den Pinguinen und Robben am oberen Ende der Nahrungskette.
 
Genau acht Mal war ich zwischen 1996 und 2011 auf der argentinischen Forschungsstation Carlini in der Antarktis, wo ich als Zoologin die Biologie der kleinen Meerestiere, Muscheln, Schnecken und der Krebse untersuchte. Jedesmal wenn ich dorthin zurückkehrte, war die letzte Etappe der langen Reise eine Fahrt mit dem Schlauchboot um die Insel, und jedes Mal sah die Insel grüner und sahen die Eismasse kleiner aus. In weniger als 20 Jahren hat sich die große Eiszunge des Gletschers völlig auf das Land zurück gezogen. Tatsächlich ist der Anstieg der Lufttemperatur in der Westantarktis besonders schnell und lässt fast die Meeresgletscher massiv schrumpfen. Dadurch steigt in anderen Regionen der Erde der Meeresspiegel an und bedroht auch unsere Küsten.

Als ich vor 15 Jahren anfing mich mit der Klimaerwärmung zu beschäftigen, waren die Zusammenhänge längst noch nicht so klar wie heute. Allerdings hatten Kollegen vom Argentinischen Antarktis Institut (IAA) 1991 begonnen, auch die Wassertemperatur systematisch zu registrieren - jeden Monat einmal und immer an der gleichen Stelle der Bucht. Diese Langzeit-Messserie und auch die ersten genauen Ausmessungen der Gletscherfront waren die Datensätze, mit denen wir beginnen konnten, ganz objektiv (also nicht durch “Hingucken”) die physikalischen Veränderungen des Systems zu beschreiben. Nur mit einem interdisziplinären Projekt, in welchem Wissenschaftler des Alfred-Wegener Instituts (AWI) und Kollegen aus verschiedenen deutschen Universitäten und anderen europäischen Ländern mit den argentinischen Kollegen zusammen arbeiten, können wir mitlerweile zeigen, wie sich der schnelle Rückzug des Eises und die wärmeren Luft- und Wassertemperaturen auf das Ökosystem als ganzes auswirken.

Neben der Koordination des Gesamtprojekts habe ich mich dabei mit der Anpassung polarer Tiere an die sich verändernde Meeresumwelt befasst. Wir setzen die Tiere im Experiment Stressbedingungen aus, die sie auch unter natürlichen Bedingungen in der sich verändernden Umwelt erleben und messen ihre Lebensfunktionen (Physiologie) und die biochemischen Veränderungen auf die Ebene der Zellen. Wichtig sind aber auch die Anpassungsmechanismen im Verhalten und die Veränderungen in der Populationsstruktur z.B. im Hinlick auf das maximal erreichbare Lebensalter einer Art, welches sich mit zunehmender Erwärmung verringert. Auch die großen Sedimentmengen, die der schmelzende Gletscher in die Bucht entlässt, beeinträchtigen verschiedene Tier- und Algenarten unterschiedlich stark, wodurch sich die Artenzusammensetzung im Ökosystem verändert. Unsere Bucht ist nur ein Beispiel für viele Küstenregionen. Einmal untersucht kann man nach ähnlichen Veränderungen in anderen Gebieten fahnenden und so das Ausmaß des Temperaturanstiegs hier und an anderen Orten der Westantarktis vergleichen. So können wir verstehen, wie die Erwärmung immer weiter in den kalten Süden der Antarktis vordringt und prognostizieren, wie sich dies auf die dortigen Ökosysteme, aber letztlich auch auf unsere eigenen Küsten auswirkt.
Impressionen von der Preisverleihung finden Sie hier.

Eine Pressemitteilung zur Verleihung des Biomaris Forschungspreises finden Sie hier.
Foto: C. Wiencke
Imposantes Panorama! Die argentinische Forschungsstation A. Carlini, Arbeitsplatz von Doris Abele auf der King-George-Insel.
Foto: C. Wiencke

Foto: G. Husmann
Einer der Wohn- und Laborcontainer des Dallmann-Labors im Spätherbst.
Foto: G. Husmann

Foto: D. Abele
Der Weg von Bremerhaven auf die King-George-Insel ist weit. Die letzte Etappe wird mit einer argentinischen Propellermaschine zurück gelegt.
Foto: D. Abele